Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 2041/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 256/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen im Zeitraum vom 1. April 1999 bis 26. September 2002.
Die Klägerin ist ein mittelständisches Dienstleistungsunternehmen, das mit etwa 200 Mitarbeitern in den Bereichen Gebäudereinigung sowie Garten- und Landschaftsbau tätig ist. Der 1959 geborene Beigeladene ist Diplomingenieur. Er war mit dem seinerzeitigen Geschäftsführer der Klägerin persönlich bekannt. Die Klägerin und der Beigeladene schlossen am 1. April 1999 einen Honorarvertrag, in dem es u. a. wörtlich heißt:
"[ ] 1. Der Auftragsgeber erteilt dem Auftragnehmer ab 01.04.1999 den Auftrag zum Aufbau und zur Durchführung seines Personalmanagements. Hierzu gehören insbesondere die Organisation und Durchführung der Lohn- und Gehaltsabrechnung, der Aufbau des Personalcontrollings sowie die permanente Personalbetreuung. 2. Aufgrund des zeitlich hohen Aufwands, der für die genannten Aufgaben erforderlich ist, sichert der Auftragnehmer dem Auftragsgeber zu, ihm pro Monat mindestens 160 Stunden seiner Arbeitszeit zur Verfügung zu stellen. Ausgenommen sind Monate, in denen der Auftragnehmer seinen Urlaub geplant hat; dieser ist mit dem Auftraggeber mindestens sechs Monate vorher abzusprechen. 3. Der Arbeitsinhalt und das Arbeitsquantum wird innerhalb des betriebswirtschaftlichen Rahmens in Absprache mit dem Auftraggeber den betrieblichen Erfordernissen des Auftraggebers angepasst. 4. Das Entgelt für die Leistung des Auftragnehmers beträgt 29,- DM netto pro Stunde. Es wird nach monatlicher Rechnungslegung des Auftragnehmers mit einem Zahlungsziel von 7 Tagen beglichen. 5. [ ] 6. [ ]"
Am 1. Januar 2001 schlossen der Beigeladene und die Klägerin eine mit den Worten "Erweiterung Honorarvertrag" überschriebene Vereinbarung, in der es unter anderem wörtlich heißt:
"1. der Auftragnehmer wurde zusätzlich mit folgenden Aufträgen beauftragt: • Kostenoptimierung im Bereich Telekommunikation (Mobilfunk); ab Oktober 1999 •Schrittweiser Aufbau des Controlling (Kostenstellenrechnung, Buchungsanweisungen, Abweichungsanalysen, Vorschläge zur Erzielung geplanter Betriebsergebnisse); ab Juli 2000 2. das Entgelt für die Übernahme der in 1. genannten Zusatzaufträge wird wie folgt vereinbart: • Für die Kostenoptimierung im Bereich der Telekommunikation beträgt das monatliche Honorar weiterhin pauschal 855,-DM. • Ab 01.01.2001 beträgt das Honorar 33,50 DM netto pro Stunde. 3. die vereinbarten Änderungen gelten zunächst bis zum 31.12.2001. Das Honorar für den Zeitraum danach wird entsprechend des künftigen Auftragsvolumens und -inhaltes im Dezember 2001 zwischen den Vertragspartnern vereinbart. Sollte sich das Auftragsvolumen oder der Auftragsinhalt schon vorher deutlich verändern, so verabreden die Vertragsparteien eine Neuvereinbarung des Honorars schon vor dem Dezember 2001. [ ]".
Zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten wurden dem Beigeladenen von der Klägerin ein Büro - in dem dieser die weitaus meisten seiner für die Klägerin zu erbringenden Arbeiten verrichtete -, ein Schlüssel für die Betriebsräume, Büromaterial und ein Computer nebst der notwendigen Software zur Verfügung gestellt. Dieses Büro befand sich nicht im Stammbetriebsgebäude der Klägerin. Mit der Personalleiterin der Klägerin, Frau P - deren Arbeitsbereich sich mit dem des Beigeladenen überschnitt -, hatte der Beigeladene seinen Urlaub abzusprechen, damit sichergestellt war, dass Anrufe, die in dem vom Beigeladenen und Frau Pgemeinsam genutzten Büro ankamen, entgegengenommen wurden. Der Beigeladene war gehalten, Stundennachweise zu führen. Beginn und Ende seiner Arbeitszeit durfte er frei bestimmen. Bestimmte Personaldaten, auf die er zur Erfüllung seiner Aufgaben angewiesen war, konnte er nur mit Hilfe und in Anwesenheit eines Mitarbeiters der Klägerin von deren Hauptcomputer aus erheben. Im Krankheitsfall hatte er sich bei der Klägerin abzumelden. Eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhielt er nicht. Für die Einstellung von Vertretern respektive Hilfskräften bedurfte er der vorherigen Zustimmung der Klägerin. Ab Herbst 1999 hatte er die Bereichsleitersitzungen einzuberufen und zu leiten. Mit Datum vom 6. September 2002 stellte ihm die Klägerin ein Zwischenzeugnis aus, dessen Inhalt er selbst formuliert hatte.
Am 26. September 2002 wurde der Beigeladene mündlich zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt. Am 19. Februar 2003 berief ihn die (damalige) alleinige Gesellschafterin der Klägerin als Geschäftsführer ab. Am 12. Mai 2003 stellte die Klägerin dem Beigeladenen ein Schreiben zu, in dem es hieß, dass das Dienst- bzw. Beschäftigungsverhältnis vorsorglich zum nächstmöglichen Termin gekündigt werde. In dem vom Beigeladenen angestrengten Arbeitsgerichtsprozess (Arbeitsgericht Berlin Az. 50 Ca 6646/03) trug dieser vor, dass der Honorarvertrag am 1. April 1999 die Form eines freien Dienstverhältnisses vorgesehen habe, um zusätzliche Kosten für Sozialversicherungsbeiträge einzusparen. Der frühere Geschäftsführer der dortigen Beklagten habe von Anfang an deutlich gemacht, dass eine "feste Anstellung" nicht in Betracht komme. Der Arbeitsgerichtsprozess endete am 6. November 2003 durch einen Vergleich. In diesem heißt es wörtlich:
" [ ] 1. Die Parteien sind darin einig, dass das freie Mitarbeiterverhältnis auf der Grundlage des Honorarvertrages vom 01.04.1999 am 26.09.2002 endete. 2. Die Parteien sind weiter darüber einig, dass das Beschäftigungsverhältnis am 31.03.2003 endete. 3. D. Beklagte rechnet das Beschäftigungsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß ab und zahlt den sich aus der Abrechnung ergebenden Nettobetrag an d. Kl. aus. [ ]. 4. Die Bekl. zahlt an den Klg. zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitplatzes eine Abfindung [ ] in Höhe von 10.000 (zehntausend) EUR brutto. 5. Die Bekl. erteilt d. Kl. ein wohlwollendes auf Führung und Leistung erstrecktes Zeugnis. 6. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt."
Bereits am 14. Oktober 2003 hatte der Beigeladene bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung seines früheren sozialversicherungsrechtlichen Status gestellt. Er hatte u. a. angegeben, am Betriebssitz des Auftraggebers regelmäßig 40 Stunden wöchentlich tätig gewesen zu sein. Mit Schreiben vom 20. November 2003 bot die Klägerin dem Beigeladenen an:
"1. Herr J verpflichtet sich, gegenüber der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die C [gemeint: GmbH] bei der Abgabe vom Erklärungen bzw. durch Abgabe eigener Erklärungen dergestalt zu unterstützen, das bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellt bestehende Mißverständnis über den Status des ab 01.04.1999 bestehenden Honorarvertragsverhältnisses zu beseitigen. Hierfür wird Herr Jäckel alle gebotenen und erforderlichen Erklärungen abgeben. 2. Die C und Herr J sind sich darüber einig, daß angesichts des eingeleiteten Statusfeststellungsverfahrens ein erhebliches finanzielles Risiko auf die Czukommt. Für den Fall, daß auch durch die Mitwirkung von Herrn J das bereits eingeleitete Statusfeststellungsverfahren nach den § 7 a ff, SGB IV ohne eine Zahlungsverpflichtung der C endet, verpflichtet sich die GmbH zur Zahlung eines weiteren Abfindungsbetrages in Höhe von 17.500,00 EUR."
Die Klägerin trug im Verwaltungsverfahren vor, die Verpflichtung zu einer Mindeststundenzahl von 160 Stunden im Monat im Honorarvertrag vom 1. April 1999 habe lediglich dokumentieren sollen, dass die durchzuführenden Arbeiten sehr zeitintensiv gewesen seien. Die Beteiligten seien davon ausgegangen, dass zu Beginn der Tätigkeit des Beigeladenen dieser nahezu ausschließlich für die Klägerin tätig sein würde. Die Klägerin habe zu Beginn großen Wert darauf gelegt, dass wiederholtes Einarbeiten vermieden werden sollte. Der Beigeladene habe deshalb bei der Grundlagenermittlung und Grundlagenfeststellung möglichst vollzeitig tätig sein sollen. Er habe das Betriebsgebäude nur betreten und verlassen können, wenn Mitarbeiter der Klägerin auch vor Ort gewesen seien. Er habe seine Arbeitszeit hinsichtlich Lage und Dauer grundsätzlich selbst bestimmen dürfen. Lediglich aufgrund der Sachzwänge habe er tatsächlich erhebliche Arbeitszeit im bzw. für den klägerischen Betrieb geleistet. Er habe sich seine Abwesenheitszeiten nicht genehmigen lassen, jedoch abstimmen müssen. Auch Urlaubsanträge seien nicht genehmigt worden. Er habe sich seine freien Tage eingeteilt, wie er es gewollt habe. Die ihm übertragenen Aufgaben seien klassischerweise ausgegliederte Unternehmensbereiche. Seine Aufgaben aus dem Honorarvertrag entsprächen denen, die externe Unternehmen für Lohnabrechnung bzw. für Personalmanagement in den Pflichtenheften vorsähen. Zu Beginn der Tätigkeit habe der Beigeladene im Wesentlichen Aufbau- und Anfangsorganisationstätigkeiten durchführen sollen. Erst im Laufe der Zeit hätten sich diese hin zu Abrechnungs- und Betreuungs-/Managementtätigkeiten verschoben. Nachdem der zunächst beauftragte Bereich im Wesentlichen geleistet worden sei, habe die Klägerin den Beigeladenen um Aufbau eines Controllingsystems gebeten. Ausdrücklich sei in dem Vertrag vom 1. Januar 2001 eine Vereinbarung zur Anpassung des Auftragsvolumens und -inhaltes vereinbart worden.
Der Beigeladene habe quasi projektbezogene Tätigkeiten geleistet. Er habe die Ergebnisse bei der Klägerin abgeliefert, die dann die Umsetzung vorgenommen habe oder diese vom Beigeladenen im Einzelfall habe vornehmen lassen. Als Dienstleister habe der Beigeladene per se nur ein geringes Kapitaleinsatzrisiko gehabt. Allerdings habe er im Laufe der Zeit einer Mitarbeiterin der Klägerin angeboten, mit ihm gemeinsam bzw. für ihn tätig zu werden. Eine Weisungsabhängigkeit habe nie bestanden.
Mit Bescheid vom 13. Januar 2004 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Unternehmensberater/Controller der Klägerin vom 01.04.1999 bis 26.09.2002 selbständig ausgeübt habe.
Der Beigeladene erhob Widerspruch. Zumindest er sei bei Vertragsabschluss im April 1999 von einer Verpflichtung zu 160 Stunden monatlich ausgegangen. Er habe sämtliche ihm übertragenen Aufgaben während der betriebsüblichen Arbeitszeiten und darüber hinaus in den Räumen der Klägerin und unter Verwendung betrieblicher Ressourcen erledigt. Ihm sei die Personalreferentin Frau P fachlich und disziplinarisch unmittelbar unterstellt gewesen. Er sei bevollmächtigt gewesen, Arbeitsverträge und Kündigungen sowie Verträge mit EDV- oder Telekommunikationsanbietern zu unterzeichnen.
Die Klägerin wies darauf hin, dass dem Beigeladenen krankheits- und urlaubsbedingte Abwesenheitszeiten nicht vergütet worden seien. Die Personalreferentin Frau P sei ihm quasi als "Schnittstelle" zwischen ihm und dem Betrieb der Klägerin zugeordnet gewesen. Erst als Geschäftsführer sei er zu personalrechtlichen Entscheidungen bevollmächtigt gewesen. Sie reichte eine Erklärung des jetzigen Geschäftsführers sowie der Leiterin der Buchhaltung K sowie der Personalleiterin P vom 2. April 2004 ein, wonach der Beigeladene mehrfach und bestimmt erklärt habe, dass er freiberuflich tätig sein wolle.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2004 nahm die Beklagte aufgrund des Widerspruchs des Beigeladenen den Bescheid vom 13. Januar 2004 zurück und stellte fest, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Unternehmensberater/Controller im Rahmen einer abhängigen und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübt habe.
Hiergegen hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Berlin [SG] Klage erhoben. Sie hat zur Begründung ihr außergerichtliches Vorbringen wiederholt. Sie hat ergänzend vorgetragen, der Beigeladene habe teilweise zu Hause gearbeitet, insbesondere was die Arbeiten im Zusammenhang mit der Telekommunikationsstruktur betreffe, seien zu Hause vorgenommen worden.
Der Beigeladene hat u. a. darauf hingewiesen, dass das Controlling keinesfalls zu den Unternehmensaufgaben gehöre, welche an externe Unternehmen ausgelagert werden würden. Er habe ein Zwischenzeugnis (datiert vom 6. September 2002) erhalten. Zur Erstellung eines Zeugnisses (keiner Referenz) habe sich die Klägerin auch im arbeitsgerichtlichen Vergleich verpflichtet.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 9. Mai 2006 den früheren Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Klägerin angehört. Dieser hat u. a. erklärt, der Beigeladene sei auf bestimmte Daten aus dem Hauptcomputer angewiesen gewesen, welche er nur mit Hilfe eines weiteren Mitarbeiters habe abrufen können.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 9. Mai 2006 abgewiesen. Die Klage sei ohne weiteres Widerspruchsverfahren zulässig. Es sei allgemeine Meinung, dass es keines Vorverfahrens bedürfe, wenn ein Dritter durch einen Widerspruchsbescheid erstmals beschwert werde. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Die Beklagte habe zu Recht dem Widerspruch des Beigeladenen abgeholfen und den ursprünglichen Feststellungsbescheid vom 13. Januar 2004 nach § 85 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] in Verbindung mit § 45 Abs. 1, 49 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) zurückgenommen. Der Bescheid vom 13. Januar 2004 sei rechtswidrig gewesen. Die Tätigkeit des Beigeladenen im streitgegenständlichen Zeitraum sei eine Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV) gewesen. Nach dieser Vorschrift sei unter Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis zu verstehen. Hier überwögen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Der Beigeladene habe kein Unternehmerrisiko getragen und habe nicht über eine eigene Betriebsstätte verfügt. Er habe auch eingeschränkt einem Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit unterlegen. Er sei zur Überzeugung der Kammer in den Betrieb eingegliedert gewesen. Weitere Indizien seien der Umstand der Ausstellung eines Zwischenzeugnisses, die zeitabhängige Vergütung nach geleisteten Stunden sowie das Angebot der Klägerin zur Zahlung der Hälfte der nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge im Falle einer Korrektur der Angaben gegenüber der Beklagten.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Es sei falsch, auf fehlendes Unternehmerrisiko abzustellen, weil bei Dienstleistungen der Kapitaleinsatz generell von untergeordneter Rolle sei. Der Arbeitseinsatz des Beigeladenen sei nicht mehr eingeschränkt gewesen, als dies durch Abstimmen der Einsatzzeiten auch bei unabhängigen Dienstleistern üblich sei. Auch Dienstleister rechneten nach Stundensätzen ab. Für Selbständigkeit spreche, dass der Beigeladene auch andere Auftraggeber hätte haben können. Er sei nicht in dem Betrieb eingegliedert gewesen. Soweit er Einblicke erhalten habe, sei dies nur soweit erfolgt, wie dies zur Unternehmensberatung/Durchführung von Controlling erforderlich gewesen sei. Das Zwischenzeugnis vom 6. September 2002 sei kein Indiz, weil der damalige Geschäftsführer der Klägerin zur damaligen Zeit gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sei zu erkennen, was er da unterschreibeDas Vergleichsangebot vom November 2003 sei in der irrigen Annahme erfolgt, dass die Antragsrücknahme das Statusfeststellungsverfahren beenden würde. Der Beigeladene habe keinesfalls sich widersprechende Angaben machen sollen. Dem damaligen Geschäftsführer der Klägerin sei bekannt gewesen, dass der Beigeladene noch Beratungsleistungen insbesondere für eine Kirchengemeinde erledigt habe. Die Tätigkeit für die Klägerin habe lediglich einen unterstützenden Schritt in die Existenzgründung darstellen sollen. Grundlage der Vereinbarung sei gewesen, dass sich der Arbeitsplatz des Beigeladenen in dessen eigenen Räumlichkeiten befinden sollte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 9. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Urteilsbegründung für zutreffend.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Die Verwaltungsakte der Beklagten 25170959J000 hat bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung war aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Berufungsverfahren haben sich keine Gesichtspunkte gezeigt, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Tätigkeit des Beigeladenen Anlass geböten:
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 6. Buch; § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 3. Buch). Unter anderem Angestellte sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 5. Buch in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Dieser folgt die Pflichtversicherung in der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 11. Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, sowie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG-Urteile vom 8. 08. 1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 Seite 14 und vom 8.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 Seite 45) (so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 – B 12 KR 0/04 R – Juris).
Es überwiegen die Merkmale abhängiger Beschäftigung. Dazu kann -wie ausgeführt- auf die erstinstanzliche Entscheidung verwiesen werden. Dem Zwischenzeugnis kommt hierbei keine besondere Bedeutung zu. Dass selbstständige Dienstleister oft kein besonderes hohes Kapitalrisiko einzugehen haben, spricht nicht gegen die Berücksichtigung eines solchen Risikos und für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Gerade bei Dienstleistungen werden die Dienste regelmäßig als Arbeitnehmer erbracht. Dass es auch Umstände gibt, die für Selbstständigkeit sprechen, kann für das Ergebnis keine Bedeutung haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht billigem Ermessen, dass die Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen hat. Dieser ist als notwendig Beigeladener zwangsweise Verfahrensbeteiligter. § 197 a Abs. 2 Satz 3 SGG ("Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.") steht dieser Kostenverteilung nicht entgegen. Wie sich aus dem zweiten Halbsatz ergibt, wird in § 197 a Abs. 2 Satz 3 SGG lediglich klargestellt, dass dem Beigeladenen Kosten für sein persönliches Erscheinen von Gerichts wegen aber nicht auf Kosten der unterliegenden Partei erstattet werden.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen im Zeitraum vom 1. April 1999 bis 26. September 2002.
Die Klägerin ist ein mittelständisches Dienstleistungsunternehmen, das mit etwa 200 Mitarbeitern in den Bereichen Gebäudereinigung sowie Garten- und Landschaftsbau tätig ist. Der 1959 geborene Beigeladene ist Diplomingenieur. Er war mit dem seinerzeitigen Geschäftsführer der Klägerin persönlich bekannt. Die Klägerin und der Beigeladene schlossen am 1. April 1999 einen Honorarvertrag, in dem es u. a. wörtlich heißt:
"[ ] 1. Der Auftragsgeber erteilt dem Auftragnehmer ab 01.04.1999 den Auftrag zum Aufbau und zur Durchführung seines Personalmanagements. Hierzu gehören insbesondere die Organisation und Durchführung der Lohn- und Gehaltsabrechnung, der Aufbau des Personalcontrollings sowie die permanente Personalbetreuung. 2. Aufgrund des zeitlich hohen Aufwands, der für die genannten Aufgaben erforderlich ist, sichert der Auftragnehmer dem Auftragsgeber zu, ihm pro Monat mindestens 160 Stunden seiner Arbeitszeit zur Verfügung zu stellen. Ausgenommen sind Monate, in denen der Auftragnehmer seinen Urlaub geplant hat; dieser ist mit dem Auftraggeber mindestens sechs Monate vorher abzusprechen. 3. Der Arbeitsinhalt und das Arbeitsquantum wird innerhalb des betriebswirtschaftlichen Rahmens in Absprache mit dem Auftraggeber den betrieblichen Erfordernissen des Auftraggebers angepasst. 4. Das Entgelt für die Leistung des Auftragnehmers beträgt 29,- DM netto pro Stunde. Es wird nach monatlicher Rechnungslegung des Auftragnehmers mit einem Zahlungsziel von 7 Tagen beglichen. 5. [ ] 6. [ ]"
Am 1. Januar 2001 schlossen der Beigeladene und die Klägerin eine mit den Worten "Erweiterung Honorarvertrag" überschriebene Vereinbarung, in der es unter anderem wörtlich heißt:
"1. der Auftragnehmer wurde zusätzlich mit folgenden Aufträgen beauftragt: • Kostenoptimierung im Bereich Telekommunikation (Mobilfunk); ab Oktober 1999 •Schrittweiser Aufbau des Controlling (Kostenstellenrechnung, Buchungsanweisungen, Abweichungsanalysen, Vorschläge zur Erzielung geplanter Betriebsergebnisse); ab Juli 2000 2. das Entgelt für die Übernahme der in 1. genannten Zusatzaufträge wird wie folgt vereinbart: • Für die Kostenoptimierung im Bereich der Telekommunikation beträgt das monatliche Honorar weiterhin pauschal 855,-DM. • Ab 01.01.2001 beträgt das Honorar 33,50 DM netto pro Stunde. 3. die vereinbarten Änderungen gelten zunächst bis zum 31.12.2001. Das Honorar für den Zeitraum danach wird entsprechend des künftigen Auftragsvolumens und -inhaltes im Dezember 2001 zwischen den Vertragspartnern vereinbart. Sollte sich das Auftragsvolumen oder der Auftragsinhalt schon vorher deutlich verändern, so verabreden die Vertragsparteien eine Neuvereinbarung des Honorars schon vor dem Dezember 2001. [ ]".
Zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten wurden dem Beigeladenen von der Klägerin ein Büro - in dem dieser die weitaus meisten seiner für die Klägerin zu erbringenden Arbeiten verrichtete -, ein Schlüssel für die Betriebsräume, Büromaterial und ein Computer nebst der notwendigen Software zur Verfügung gestellt. Dieses Büro befand sich nicht im Stammbetriebsgebäude der Klägerin. Mit der Personalleiterin der Klägerin, Frau P - deren Arbeitsbereich sich mit dem des Beigeladenen überschnitt -, hatte der Beigeladene seinen Urlaub abzusprechen, damit sichergestellt war, dass Anrufe, die in dem vom Beigeladenen und Frau Pgemeinsam genutzten Büro ankamen, entgegengenommen wurden. Der Beigeladene war gehalten, Stundennachweise zu führen. Beginn und Ende seiner Arbeitszeit durfte er frei bestimmen. Bestimmte Personaldaten, auf die er zur Erfüllung seiner Aufgaben angewiesen war, konnte er nur mit Hilfe und in Anwesenheit eines Mitarbeiters der Klägerin von deren Hauptcomputer aus erheben. Im Krankheitsfall hatte er sich bei der Klägerin abzumelden. Eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhielt er nicht. Für die Einstellung von Vertretern respektive Hilfskräften bedurfte er der vorherigen Zustimmung der Klägerin. Ab Herbst 1999 hatte er die Bereichsleitersitzungen einzuberufen und zu leiten. Mit Datum vom 6. September 2002 stellte ihm die Klägerin ein Zwischenzeugnis aus, dessen Inhalt er selbst formuliert hatte.
Am 26. September 2002 wurde der Beigeladene mündlich zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt. Am 19. Februar 2003 berief ihn die (damalige) alleinige Gesellschafterin der Klägerin als Geschäftsführer ab. Am 12. Mai 2003 stellte die Klägerin dem Beigeladenen ein Schreiben zu, in dem es hieß, dass das Dienst- bzw. Beschäftigungsverhältnis vorsorglich zum nächstmöglichen Termin gekündigt werde. In dem vom Beigeladenen angestrengten Arbeitsgerichtsprozess (Arbeitsgericht Berlin Az. 50 Ca 6646/03) trug dieser vor, dass der Honorarvertrag am 1. April 1999 die Form eines freien Dienstverhältnisses vorgesehen habe, um zusätzliche Kosten für Sozialversicherungsbeiträge einzusparen. Der frühere Geschäftsführer der dortigen Beklagten habe von Anfang an deutlich gemacht, dass eine "feste Anstellung" nicht in Betracht komme. Der Arbeitsgerichtsprozess endete am 6. November 2003 durch einen Vergleich. In diesem heißt es wörtlich:
" [ ] 1. Die Parteien sind darin einig, dass das freie Mitarbeiterverhältnis auf der Grundlage des Honorarvertrages vom 01.04.1999 am 26.09.2002 endete. 2. Die Parteien sind weiter darüber einig, dass das Beschäftigungsverhältnis am 31.03.2003 endete. 3. D. Beklagte rechnet das Beschäftigungsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß ab und zahlt den sich aus der Abrechnung ergebenden Nettobetrag an d. Kl. aus. [ ]. 4. Die Bekl. zahlt an den Klg. zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitplatzes eine Abfindung [ ] in Höhe von 10.000 (zehntausend) EUR brutto. 5. Die Bekl. erteilt d. Kl. ein wohlwollendes auf Führung und Leistung erstrecktes Zeugnis. 6. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt."
Bereits am 14. Oktober 2003 hatte der Beigeladene bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung seines früheren sozialversicherungsrechtlichen Status gestellt. Er hatte u. a. angegeben, am Betriebssitz des Auftraggebers regelmäßig 40 Stunden wöchentlich tätig gewesen zu sein. Mit Schreiben vom 20. November 2003 bot die Klägerin dem Beigeladenen an:
"1. Herr J verpflichtet sich, gegenüber der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die C [gemeint: GmbH] bei der Abgabe vom Erklärungen bzw. durch Abgabe eigener Erklärungen dergestalt zu unterstützen, das bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellt bestehende Mißverständnis über den Status des ab 01.04.1999 bestehenden Honorarvertragsverhältnisses zu beseitigen. Hierfür wird Herr Jäckel alle gebotenen und erforderlichen Erklärungen abgeben. 2. Die C und Herr J sind sich darüber einig, daß angesichts des eingeleiteten Statusfeststellungsverfahrens ein erhebliches finanzielles Risiko auf die Czukommt. Für den Fall, daß auch durch die Mitwirkung von Herrn J das bereits eingeleitete Statusfeststellungsverfahren nach den § 7 a ff, SGB IV ohne eine Zahlungsverpflichtung der C endet, verpflichtet sich die GmbH zur Zahlung eines weiteren Abfindungsbetrages in Höhe von 17.500,00 EUR."
Die Klägerin trug im Verwaltungsverfahren vor, die Verpflichtung zu einer Mindeststundenzahl von 160 Stunden im Monat im Honorarvertrag vom 1. April 1999 habe lediglich dokumentieren sollen, dass die durchzuführenden Arbeiten sehr zeitintensiv gewesen seien. Die Beteiligten seien davon ausgegangen, dass zu Beginn der Tätigkeit des Beigeladenen dieser nahezu ausschließlich für die Klägerin tätig sein würde. Die Klägerin habe zu Beginn großen Wert darauf gelegt, dass wiederholtes Einarbeiten vermieden werden sollte. Der Beigeladene habe deshalb bei der Grundlagenermittlung und Grundlagenfeststellung möglichst vollzeitig tätig sein sollen. Er habe das Betriebsgebäude nur betreten und verlassen können, wenn Mitarbeiter der Klägerin auch vor Ort gewesen seien. Er habe seine Arbeitszeit hinsichtlich Lage und Dauer grundsätzlich selbst bestimmen dürfen. Lediglich aufgrund der Sachzwänge habe er tatsächlich erhebliche Arbeitszeit im bzw. für den klägerischen Betrieb geleistet. Er habe sich seine Abwesenheitszeiten nicht genehmigen lassen, jedoch abstimmen müssen. Auch Urlaubsanträge seien nicht genehmigt worden. Er habe sich seine freien Tage eingeteilt, wie er es gewollt habe. Die ihm übertragenen Aufgaben seien klassischerweise ausgegliederte Unternehmensbereiche. Seine Aufgaben aus dem Honorarvertrag entsprächen denen, die externe Unternehmen für Lohnabrechnung bzw. für Personalmanagement in den Pflichtenheften vorsähen. Zu Beginn der Tätigkeit habe der Beigeladene im Wesentlichen Aufbau- und Anfangsorganisationstätigkeiten durchführen sollen. Erst im Laufe der Zeit hätten sich diese hin zu Abrechnungs- und Betreuungs-/Managementtätigkeiten verschoben. Nachdem der zunächst beauftragte Bereich im Wesentlichen geleistet worden sei, habe die Klägerin den Beigeladenen um Aufbau eines Controllingsystems gebeten. Ausdrücklich sei in dem Vertrag vom 1. Januar 2001 eine Vereinbarung zur Anpassung des Auftragsvolumens und -inhaltes vereinbart worden.
Der Beigeladene habe quasi projektbezogene Tätigkeiten geleistet. Er habe die Ergebnisse bei der Klägerin abgeliefert, die dann die Umsetzung vorgenommen habe oder diese vom Beigeladenen im Einzelfall habe vornehmen lassen. Als Dienstleister habe der Beigeladene per se nur ein geringes Kapitaleinsatzrisiko gehabt. Allerdings habe er im Laufe der Zeit einer Mitarbeiterin der Klägerin angeboten, mit ihm gemeinsam bzw. für ihn tätig zu werden. Eine Weisungsabhängigkeit habe nie bestanden.
Mit Bescheid vom 13. Januar 2004 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Unternehmensberater/Controller der Klägerin vom 01.04.1999 bis 26.09.2002 selbständig ausgeübt habe.
Der Beigeladene erhob Widerspruch. Zumindest er sei bei Vertragsabschluss im April 1999 von einer Verpflichtung zu 160 Stunden monatlich ausgegangen. Er habe sämtliche ihm übertragenen Aufgaben während der betriebsüblichen Arbeitszeiten und darüber hinaus in den Räumen der Klägerin und unter Verwendung betrieblicher Ressourcen erledigt. Ihm sei die Personalreferentin Frau P fachlich und disziplinarisch unmittelbar unterstellt gewesen. Er sei bevollmächtigt gewesen, Arbeitsverträge und Kündigungen sowie Verträge mit EDV- oder Telekommunikationsanbietern zu unterzeichnen.
Die Klägerin wies darauf hin, dass dem Beigeladenen krankheits- und urlaubsbedingte Abwesenheitszeiten nicht vergütet worden seien. Die Personalreferentin Frau P sei ihm quasi als "Schnittstelle" zwischen ihm und dem Betrieb der Klägerin zugeordnet gewesen. Erst als Geschäftsführer sei er zu personalrechtlichen Entscheidungen bevollmächtigt gewesen. Sie reichte eine Erklärung des jetzigen Geschäftsführers sowie der Leiterin der Buchhaltung K sowie der Personalleiterin P vom 2. April 2004 ein, wonach der Beigeladene mehrfach und bestimmt erklärt habe, dass er freiberuflich tätig sein wolle.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2004 nahm die Beklagte aufgrund des Widerspruchs des Beigeladenen den Bescheid vom 13. Januar 2004 zurück und stellte fest, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Unternehmensberater/Controller im Rahmen einer abhängigen und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübt habe.
Hiergegen hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Berlin [SG] Klage erhoben. Sie hat zur Begründung ihr außergerichtliches Vorbringen wiederholt. Sie hat ergänzend vorgetragen, der Beigeladene habe teilweise zu Hause gearbeitet, insbesondere was die Arbeiten im Zusammenhang mit der Telekommunikationsstruktur betreffe, seien zu Hause vorgenommen worden.
Der Beigeladene hat u. a. darauf hingewiesen, dass das Controlling keinesfalls zu den Unternehmensaufgaben gehöre, welche an externe Unternehmen ausgelagert werden würden. Er habe ein Zwischenzeugnis (datiert vom 6. September 2002) erhalten. Zur Erstellung eines Zeugnisses (keiner Referenz) habe sich die Klägerin auch im arbeitsgerichtlichen Vergleich verpflichtet.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 9. Mai 2006 den früheren Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Klägerin angehört. Dieser hat u. a. erklärt, der Beigeladene sei auf bestimmte Daten aus dem Hauptcomputer angewiesen gewesen, welche er nur mit Hilfe eines weiteren Mitarbeiters habe abrufen können.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 9. Mai 2006 abgewiesen. Die Klage sei ohne weiteres Widerspruchsverfahren zulässig. Es sei allgemeine Meinung, dass es keines Vorverfahrens bedürfe, wenn ein Dritter durch einen Widerspruchsbescheid erstmals beschwert werde. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Die Beklagte habe zu Recht dem Widerspruch des Beigeladenen abgeholfen und den ursprünglichen Feststellungsbescheid vom 13. Januar 2004 nach § 85 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] in Verbindung mit § 45 Abs. 1, 49 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) zurückgenommen. Der Bescheid vom 13. Januar 2004 sei rechtswidrig gewesen. Die Tätigkeit des Beigeladenen im streitgegenständlichen Zeitraum sei eine Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV) gewesen. Nach dieser Vorschrift sei unter Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis zu verstehen. Hier überwögen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Der Beigeladene habe kein Unternehmerrisiko getragen und habe nicht über eine eigene Betriebsstätte verfügt. Er habe auch eingeschränkt einem Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit unterlegen. Er sei zur Überzeugung der Kammer in den Betrieb eingegliedert gewesen. Weitere Indizien seien der Umstand der Ausstellung eines Zwischenzeugnisses, die zeitabhängige Vergütung nach geleisteten Stunden sowie das Angebot der Klägerin zur Zahlung der Hälfte der nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge im Falle einer Korrektur der Angaben gegenüber der Beklagten.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Es sei falsch, auf fehlendes Unternehmerrisiko abzustellen, weil bei Dienstleistungen der Kapitaleinsatz generell von untergeordneter Rolle sei. Der Arbeitseinsatz des Beigeladenen sei nicht mehr eingeschränkt gewesen, als dies durch Abstimmen der Einsatzzeiten auch bei unabhängigen Dienstleistern üblich sei. Auch Dienstleister rechneten nach Stundensätzen ab. Für Selbständigkeit spreche, dass der Beigeladene auch andere Auftraggeber hätte haben können. Er sei nicht in dem Betrieb eingegliedert gewesen. Soweit er Einblicke erhalten habe, sei dies nur soweit erfolgt, wie dies zur Unternehmensberatung/Durchführung von Controlling erforderlich gewesen sei. Das Zwischenzeugnis vom 6. September 2002 sei kein Indiz, weil der damalige Geschäftsführer der Klägerin zur damaligen Zeit gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sei zu erkennen, was er da unterschreibeDas Vergleichsangebot vom November 2003 sei in der irrigen Annahme erfolgt, dass die Antragsrücknahme das Statusfeststellungsverfahren beenden würde. Der Beigeladene habe keinesfalls sich widersprechende Angaben machen sollen. Dem damaligen Geschäftsführer der Klägerin sei bekannt gewesen, dass der Beigeladene noch Beratungsleistungen insbesondere für eine Kirchengemeinde erledigt habe. Die Tätigkeit für die Klägerin habe lediglich einen unterstützenden Schritt in die Existenzgründung darstellen sollen. Grundlage der Vereinbarung sei gewesen, dass sich der Arbeitsplatz des Beigeladenen in dessen eigenen Räumlichkeiten befinden sollte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 9. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Urteilsbegründung für zutreffend.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Die Verwaltungsakte der Beklagten 25170959J000 hat bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung war aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Berufungsverfahren haben sich keine Gesichtspunkte gezeigt, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Tätigkeit des Beigeladenen Anlass geböten:
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 6. Buch; § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 3. Buch). Unter anderem Angestellte sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 5. Buch in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Dieser folgt die Pflichtversicherung in der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 11. Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, sowie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG-Urteile vom 8. 08. 1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 Seite 14 und vom 8.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 Seite 45) (so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 – B 12 KR 0/04 R – Juris).
Es überwiegen die Merkmale abhängiger Beschäftigung. Dazu kann -wie ausgeführt- auf die erstinstanzliche Entscheidung verwiesen werden. Dem Zwischenzeugnis kommt hierbei keine besondere Bedeutung zu. Dass selbstständige Dienstleister oft kein besonderes hohes Kapitalrisiko einzugehen haben, spricht nicht gegen die Berücksichtigung eines solchen Risikos und für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Gerade bei Dienstleistungen werden die Dienste regelmäßig als Arbeitnehmer erbracht. Dass es auch Umstände gibt, die für Selbstständigkeit sprechen, kann für das Ergebnis keine Bedeutung haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht billigem Ermessen, dass die Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen hat. Dieser ist als notwendig Beigeladener zwangsweise Verfahrensbeteiligter. § 197 a Abs. 2 Satz 3 SGG ("Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.") steht dieser Kostenverteilung nicht entgegen. Wie sich aus dem zweiten Halbsatz ergibt, wird in § 197 a Abs. 2 Satz 3 SGG lediglich klargestellt, dass dem Beigeladenen Kosten für sein persönliches Erscheinen von Gerichts wegen aber nicht auf Kosten der unterliegenden Partei erstattet werden.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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