Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 47 SO 1742/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 236/07 SO
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 07. August 2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit der Beschwerde wendet sich der Beklagte gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin in dem angefochtenen Beschluss, wonach er dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des vor dem Sozialgericht Berlin geführten Rechtsstreits, einer Untätigkeitsklage, zu erstatten habe.
Der Kläger beantragte bei dem Beklagten am 10. Januar 2007 die Kostenübernahme für eine sozialpädagogische Betreuung gemäß § 67 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30. Januar 2007 mit der Begründung ab, dass vorrangig Eingliederungshilfe nach §§ 54 ff. SGB XII zu gewähren sei und hierfür die sachliche Zuständigkeit beim örtlichen Sozialhilfeträger im Land Brandenburg liege, die Antragsunterlagen seien daher zuständigkeitshalber an den Landkreis Oberhavel weitergeleitet worden. Mit beim Beklagten am 12. Februar 2007 eingegangenem Schreiben vom 05. Februar 2007 erhob der Antragsteller gegen die Ablehnung seines Antrages Widerspruch. Mit Schreiben vom 26. Februar 2007 bestätigte der Beklagte den Eingang des Widerspruchs und teilte erneut mit, dass die Antragsunterlagen aufgrund fehlender sachlicher Zuständigkeit an das Sozialamt des Landkreises Oberhavel abgegeben worden seien. Mit beim Beklagten am 20. März 2007 eingegangenem Schreiben vom 19. März 2007 "Widerspruch bezüglich des Schreibens vom 26.02.07" begehrte der Kläger weiterhin die Prüfung seines Antrages auf Kostenübernahme für eine sozialpädagogische Betreuung gemäß § 67 SGB XII. Mit Schreiben vom 03. April 2007 bestätigte der Beklagte dem Kläger den Eingang dieses Schreibens und teilte erneut mit, dass die Antragsunterlagen an das Sozialamt des Landkreises Oberhavel gesandt worden seien. Der Kläger wurde gebeten, Anfragen direkt an den örtlichen Sozialhilfeträger zu richten. Mit Schreiben vom 23. Mai 2007 begehrte der Kläger erneut unter Bezugnahme auf seinen "Widerspruch vom 19. März 2007" die Kostenübernahme für die sozialpädagogische Betreuung und fügte den Ablehnungsbescheid des örtlichen Sozialhilfeträgers, Landkreis Oberhavel, vom 16. Mai 2007 zur Kenntnis bei. Am 31. Mai 2007 erkundigte sich der Kläger bei dem Beklagten telefonisch nach dem Sachstand. Er erhielt die Auskunft, dass sich sein Widerspruch in der Bearbeitung befinde und er die Möglichkeit habe, Rechtsmittel gegen den Bescheid des örtlichen Sozialhilfeträgers einzulegen.
Am 20. Juni 2007 hat der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Berlin erhoben und geltend gemacht, dass eine Bescheidung seines Widerspruchs ohne sachlichen Grund nicht erfolgt sei. Die formlose Weiterleitung seines Antrages an den für die explizit begehrte Leistung nach §§ 67 ff. SGB XII unzuständigen Träger entbinde den Beklagten nicht von der Pflicht, an ihn gerichtete Anträge auf Leistungen, für die er grundsätzlich zuständig sei, zu bearbeiten.
Nachdem der Beklagte am 25. Juni 2007 einen Widerspruchsbescheid erlassen hatte, erklärte die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 09. Juli 2007 die Untätigkeitsklage für erledigt und beantragte, gemäß § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Kosten zu entscheiden.
Der Beklagte hat beantragt, die Untätigkeitsklage abzuweisen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Für eine Untätigkeitsklage aufgrund einer schuldhaften Verzögerung habe angesichts der erforderlichen Sachverhaltsaufklärung im Zusammenhang mit einer veränderten Sach- und Rechtslage seit Anfang des Jahres 2007 kein Raum bestanden.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 07. August 2007 dem Beklagten die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Da der Beklagte den Kläger nicht von einem "zureichenden Grund" für die Nichtbescheidung innerhalb der Wartefrist in Kenntnis gesetzt habe, habe er ihm Veranlassung zur Erhebung der Untätigkeitsklage gegeben und ihm in vollem Umfang die durch die Erhebung der Untätigkeitsklage entstandenen Kosten zu erstatten.
Der Beklagte hat gegen den ihm am 20. August 2007 zugestellten Beschluss am 14. September 2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung führt er aus, dass er nicht untätig, sondern aus seiner Sicht unzuständig gewesen sei und dies, einschließlich der Abgabe des Vorgangs, dem Kläger wiederholt mitgeteilt habe. Die Zuordnung der Fallkonstellation des Klägers als Eingliederungshilfe oder als Hilfe bei besonderen Lebensverhältnissen mit sozialen Schwierigkeiten sei angesichts einer neuen Gesetzeslage ab dem 01. Januar 2007 nicht eindeutig gewesen. Von einer Qualifikation des Verhaltens des Beklagten als "Untätigkeit" könne deshalb keine Rede sein. Der Beklagte habe wiederholt den Kläger über den Grund der verzögerten Bearbeitung informiert und bis zum Widerspruchsbescheid des Landkreises Oberhavel auch keine zwingende Veranlassung gehabt, ohne vollständige Faktenlage einen Widerspruchsbescheid zu erlassen.
Der Kläger hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG ist darüber, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Ob eine einseitige Erledigungserklärung durch einen der Beteiligten, wie hier durch den Kläger, im Sozialgerichtsverfahren die Hauptsache erledigt oder nicht, kann dahinstehen, weil in der von der Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 6. Juli 2007 abgegebenen Prozesserklärung jedenfalls eine Rücknahme der Klage zu sehen ist, welche den Rechtsstreit erledigt hat (§ 102 Satz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung ist grundsätzlich nach sachgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu treffen. Wesentlich sind dabei die Erfolgsaussichten der Klage und die Frage, wer Anlass für die Klageerhebung gegeben hat. Danach hat hier die Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Bei Erledigung einer Untätigkeitsklage nach § 88 SGG hat die Beklagte in der Regel die außergerichtlichen Kosten zu erstatten, wenn die Klage nach der Sperrfrist erhoben worden ist und später der begehrte Verwaltungsakt ergeht (Meyer-Ladewig/Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 193 Rn. 13c). Dies entspricht der Wertung des § 88 SGG und den dort für die Klage auf Vornahme eines Verwaltungsaktes bzw. auf Erlass eines Widerspruchsbescheides geregelten Fristen, bei denen davon auszugehen ist, dass innerhalb dieser Fristen ein Antragsteller bzw. Widerspruchsführer mit einer Entscheidung rechnen durfte. Im vorliegenden Fall hat der Kläger jedenfalls nach Ablauf der Frist von drei Monaten nach Einlegung des Widerspruchs vom 12. Februar 2007 am 20. Juni 2007 seine Untätigkeitsklage erhoben.
Dass die beklagte Behörde die Kostenlast trifft, wenn vor Klageerhebung mit einer Entscheidung gerechnet werden durfte, gilt jedenfalls soweit dem Kläger nichts Gegenteiliges seitens der Beklagte unter Angabe eines abweichenden Grundes (§ 88 Abs. 1 Satz 2 SGG) mitgeteilt worden ist. Dabei kommt es für die Kostenbelastung der Beklagten vor allem darauf an, ob sie einen zureichenden Grund dafür hatte, den bei ihr gestellten Antrag nicht vor Klageerhebung zu bescheiden, und erst in zweiter Linie - wenn nämlich feststeht, dass die Beklagte einen derartigen Grund hatte -, ob der Kläger mit einer Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Erst wenn ein zureichender Grund vorliegt, ist es von Bedeutung, ob dem Kläger der Grund für die Verzögerung bekannt war oder bekannt sein musste (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. November 2007 – L 21 B 1094/07 R -Weides/Bertrams, NVwZ 1988, 673, 679 m.w.N. zu § 163 VwGO).
Ob ein zureichender Grund für eine Nichtbescheidung vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Ein solcher Grund kann z.B. dann vorliegen, wenn die Behörde vorübergehend besonders belastet ist oder besondere Schwierigkeiten des Sachverhalts eine längere Bearbeitungszeit als die nach § 88 Abs. 2 SGG vorgesehene beanspruchen. Ein solcher zureichender Grund für die Nichtbescheidung des Widerspruchs vor Erhebung der Untätigkeitsklage ist hier nicht ersichtlich. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakte des Beklagten (Vermerk vom 01. Juni 2007) war nach Einlegung des Widerspruches mit Schreiben vom 05. Februar 2007 keine Widerspruchsbearbeitung, sondern lediglich ein "Infoschreiben" an den Widerspruchsführer erfolgt, wonach die dortige Zuständigkeit nicht gegeben sei. Einen Grund für die Nichtbearbeitung des Widerspruchs lässt sich diesem Schreiben und auch sonst der Verwaltungsakte nicht entnehmen. Insbesondere erfolgte keine Sachverhaltsaufklärung. Der Beklagte hat auch nicht etwa weitere Ermittlungen unternommen, um die von ihm angegebene problematische Zuordnung des Falles des Klägers zu den Hilfevorschriften nach § 67 oder § 53 SGB XII zu klären. Vielmehr ist er ausweislich seines Aktenvermerkes nicht in die Widerspruchsbearbeitung eingetreten. Eine Bearbeitung des Widerspruchs des Klägers und die Abgabe des Widerspruchs an die Widerspruchsstelle erfolgten erst am 01. Juni 2007, nachdem dem Beklagten die ablehnende Entscheidung des Landkreises Oberhavel zur Kenntnis gegeben worden war.
Ob der vom Beklagten mit der Beschwerde geltend gemachte Grund, dass bei Suchtproblemen der Antragsteller eine Zuordnung der Fälle zu § 67 SGB XII oder § 53 SGB XII problematisch und umstritten ist, einen zureichenden Grund für eine Nichtbescheidung darstellen kann, ist bereits fraglich, kann aber dahinstehen. Denn jedenfalls ist dem Kläger ein solcher Grund für die Verzögerung der Bearbeitung seines Widerspruches nicht bekannt gegeben worden oder hätte ihm bekannt sein müssen. Die bloße Mitteilung der Abgabe der Antragsunterlagen an einen für die begehrte Leistung nach § 67 SGB XII unzuständigen Leistungsträger stellt jedenfalls keine Bekanntgabe des Grundes für die Nichtbescheidung des Widerspruches dar. Der Kläger hat sich auch in einem persönlichen Telefonat nach Ablauf der Sperrfrist des § 88 Abs. 2 SGG am 31. Mai 2007 über den Sachstand der Bearbeitung informiert. Zu diesem Zeitpunkt ist ihm ausweislich des aktenkundigen Gesprächsvermerks lediglich mitgeteilt worden, dass sich sein Widerspruch in der Bearbeitung befinde und er Rechtsmittel gegen die Ablehnung einer Kostentragung durch den Landkreis Oberhavel einlegen solle.
Nach allem ist der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 07. August 2007 nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens war erforderlich, da hier mit der Beschwerde eine Entscheidung in dem Antragsverfahren nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG bei Erledigung der Hauptsache angefochten war. In diesen Fällen hat eine Kostenentscheidung zu ergehen (Meyer-Ladewig: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005 § 176 Rn. 5; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Auflage, X Rn. 58; Mählicke in: HK-SGG, § 176 Rn. 5; Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 2. Auflage 2005, § 176 Rn. 9; LSG Niedersachsen-Bremen v. 27.03.2007, L5 B 3/06 VG, juris, Rn.: 18; LSG Rheinland-Pfalz vom 06.08.2007, L 3 B 307/06 AS, juris; a.A. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz v. 12. 02.2007, L 4 B 246/06 R, juris).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Mit der Beschwerde wendet sich der Beklagte gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin in dem angefochtenen Beschluss, wonach er dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des vor dem Sozialgericht Berlin geführten Rechtsstreits, einer Untätigkeitsklage, zu erstatten habe.
Der Kläger beantragte bei dem Beklagten am 10. Januar 2007 die Kostenübernahme für eine sozialpädagogische Betreuung gemäß § 67 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30. Januar 2007 mit der Begründung ab, dass vorrangig Eingliederungshilfe nach §§ 54 ff. SGB XII zu gewähren sei und hierfür die sachliche Zuständigkeit beim örtlichen Sozialhilfeträger im Land Brandenburg liege, die Antragsunterlagen seien daher zuständigkeitshalber an den Landkreis Oberhavel weitergeleitet worden. Mit beim Beklagten am 12. Februar 2007 eingegangenem Schreiben vom 05. Februar 2007 erhob der Antragsteller gegen die Ablehnung seines Antrages Widerspruch. Mit Schreiben vom 26. Februar 2007 bestätigte der Beklagte den Eingang des Widerspruchs und teilte erneut mit, dass die Antragsunterlagen aufgrund fehlender sachlicher Zuständigkeit an das Sozialamt des Landkreises Oberhavel abgegeben worden seien. Mit beim Beklagten am 20. März 2007 eingegangenem Schreiben vom 19. März 2007 "Widerspruch bezüglich des Schreibens vom 26.02.07" begehrte der Kläger weiterhin die Prüfung seines Antrages auf Kostenübernahme für eine sozialpädagogische Betreuung gemäß § 67 SGB XII. Mit Schreiben vom 03. April 2007 bestätigte der Beklagte dem Kläger den Eingang dieses Schreibens und teilte erneut mit, dass die Antragsunterlagen an das Sozialamt des Landkreises Oberhavel gesandt worden seien. Der Kläger wurde gebeten, Anfragen direkt an den örtlichen Sozialhilfeträger zu richten. Mit Schreiben vom 23. Mai 2007 begehrte der Kläger erneut unter Bezugnahme auf seinen "Widerspruch vom 19. März 2007" die Kostenübernahme für die sozialpädagogische Betreuung und fügte den Ablehnungsbescheid des örtlichen Sozialhilfeträgers, Landkreis Oberhavel, vom 16. Mai 2007 zur Kenntnis bei. Am 31. Mai 2007 erkundigte sich der Kläger bei dem Beklagten telefonisch nach dem Sachstand. Er erhielt die Auskunft, dass sich sein Widerspruch in der Bearbeitung befinde und er die Möglichkeit habe, Rechtsmittel gegen den Bescheid des örtlichen Sozialhilfeträgers einzulegen.
Am 20. Juni 2007 hat der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Berlin erhoben und geltend gemacht, dass eine Bescheidung seines Widerspruchs ohne sachlichen Grund nicht erfolgt sei. Die formlose Weiterleitung seines Antrages an den für die explizit begehrte Leistung nach §§ 67 ff. SGB XII unzuständigen Träger entbinde den Beklagten nicht von der Pflicht, an ihn gerichtete Anträge auf Leistungen, für die er grundsätzlich zuständig sei, zu bearbeiten.
Nachdem der Beklagte am 25. Juni 2007 einen Widerspruchsbescheid erlassen hatte, erklärte die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 09. Juli 2007 die Untätigkeitsklage für erledigt und beantragte, gemäß § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Kosten zu entscheiden.
Der Beklagte hat beantragt, die Untätigkeitsklage abzuweisen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Für eine Untätigkeitsklage aufgrund einer schuldhaften Verzögerung habe angesichts der erforderlichen Sachverhaltsaufklärung im Zusammenhang mit einer veränderten Sach- und Rechtslage seit Anfang des Jahres 2007 kein Raum bestanden.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 07. August 2007 dem Beklagten die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Da der Beklagte den Kläger nicht von einem "zureichenden Grund" für die Nichtbescheidung innerhalb der Wartefrist in Kenntnis gesetzt habe, habe er ihm Veranlassung zur Erhebung der Untätigkeitsklage gegeben und ihm in vollem Umfang die durch die Erhebung der Untätigkeitsklage entstandenen Kosten zu erstatten.
Der Beklagte hat gegen den ihm am 20. August 2007 zugestellten Beschluss am 14. September 2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung führt er aus, dass er nicht untätig, sondern aus seiner Sicht unzuständig gewesen sei und dies, einschließlich der Abgabe des Vorgangs, dem Kläger wiederholt mitgeteilt habe. Die Zuordnung der Fallkonstellation des Klägers als Eingliederungshilfe oder als Hilfe bei besonderen Lebensverhältnissen mit sozialen Schwierigkeiten sei angesichts einer neuen Gesetzeslage ab dem 01. Januar 2007 nicht eindeutig gewesen. Von einer Qualifikation des Verhaltens des Beklagten als "Untätigkeit" könne deshalb keine Rede sein. Der Beklagte habe wiederholt den Kläger über den Grund der verzögerten Bearbeitung informiert und bis zum Widerspruchsbescheid des Landkreises Oberhavel auch keine zwingende Veranlassung gehabt, ohne vollständige Faktenlage einen Widerspruchsbescheid zu erlassen.
Der Kläger hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG ist darüber, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Ob eine einseitige Erledigungserklärung durch einen der Beteiligten, wie hier durch den Kläger, im Sozialgerichtsverfahren die Hauptsache erledigt oder nicht, kann dahinstehen, weil in der von der Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 6. Juli 2007 abgegebenen Prozesserklärung jedenfalls eine Rücknahme der Klage zu sehen ist, welche den Rechtsstreit erledigt hat (§ 102 Satz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung ist grundsätzlich nach sachgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu treffen. Wesentlich sind dabei die Erfolgsaussichten der Klage und die Frage, wer Anlass für die Klageerhebung gegeben hat. Danach hat hier die Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Bei Erledigung einer Untätigkeitsklage nach § 88 SGG hat die Beklagte in der Regel die außergerichtlichen Kosten zu erstatten, wenn die Klage nach der Sperrfrist erhoben worden ist und später der begehrte Verwaltungsakt ergeht (Meyer-Ladewig/Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 193 Rn. 13c). Dies entspricht der Wertung des § 88 SGG und den dort für die Klage auf Vornahme eines Verwaltungsaktes bzw. auf Erlass eines Widerspruchsbescheides geregelten Fristen, bei denen davon auszugehen ist, dass innerhalb dieser Fristen ein Antragsteller bzw. Widerspruchsführer mit einer Entscheidung rechnen durfte. Im vorliegenden Fall hat der Kläger jedenfalls nach Ablauf der Frist von drei Monaten nach Einlegung des Widerspruchs vom 12. Februar 2007 am 20. Juni 2007 seine Untätigkeitsklage erhoben.
Dass die beklagte Behörde die Kostenlast trifft, wenn vor Klageerhebung mit einer Entscheidung gerechnet werden durfte, gilt jedenfalls soweit dem Kläger nichts Gegenteiliges seitens der Beklagte unter Angabe eines abweichenden Grundes (§ 88 Abs. 1 Satz 2 SGG) mitgeteilt worden ist. Dabei kommt es für die Kostenbelastung der Beklagten vor allem darauf an, ob sie einen zureichenden Grund dafür hatte, den bei ihr gestellten Antrag nicht vor Klageerhebung zu bescheiden, und erst in zweiter Linie - wenn nämlich feststeht, dass die Beklagte einen derartigen Grund hatte -, ob der Kläger mit einer Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Erst wenn ein zureichender Grund vorliegt, ist es von Bedeutung, ob dem Kläger der Grund für die Verzögerung bekannt war oder bekannt sein musste (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. November 2007 – L 21 B 1094/07 R -Weides/Bertrams, NVwZ 1988, 673, 679 m.w.N. zu § 163 VwGO).
Ob ein zureichender Grund für eine Nichtbescheidung vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Ein solcher Grund kann z.B. dann vorliegen, wenn die Behörde vorübergehend besonders belastet ist oder besondere Schwierigkeiten des Sachverhalts eine längere Bearbeitungszeit als die nach § 88 Abs. 2 SGG vorgesehene beanspruchen. Ein solcher zureichender Grund für die Nichtbescheidung des Widerspruchs vor Erhebung der Untätigkeitsklage ist hier nicht ersichtlich. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakte des Beklagten (Vermerk vom 01. Juni 2007) war nach Einlegung des Widerspruches mit Schreiben vom 05. Februar 2007 keine Widerspruchsbearbeitung, sondern lediglich ein "Infoschreiben" an den Widerspruchsführer erfolgt, wonach die dortige Zuständigkeit nicht gegeben sei. Einen Grund für die Nichtbearbeitung des Widerspruchs lässt sich diesem Schreiben und auch sonst der Verwaltungsakte nicht entnehmen. Insbesondere erfolgte keine Sachverhaltsaufklärung. Der Beklagte hat auch nicht etwa weitere Ermittlungen unternommen, um die von ihm angegebene problematische Zuordnung des Falles des Klägers zu den Hilfevorschriften nach § 67 oder § 53 SGB XII zu klären. Vielmehr ist er ausweislich seines Aktenvermerkes nicht in die Widerspruchsbearbeitung eingetreten. Eine Bearbeitung des Widerspruchs des Klägers und die Abgabe des Widerspruchs an die Widerspruchsstelle erfolgten erst am 01. Juni 2007, nachdem dem Beklagten die ablehnende Entscheidung des Landkreises Oberhavel zur Kenntnis gegeben worden war.
Ob der vom Beklagten mit der Beschwerde geltend gemachte Grund, dass bei Suchtproblemen der Antragsteller eine Zuordnung der Fälle zu § 67 SGB XII oder § 53 SGB XII problematisch und umstritten ist, einen zureichenden Grund für eine Nichtbescheidung darstellen kann, ist bereits fraglich, kann aber dahinstehen. Denn jedenfalls ist dem Kläger ein solcher Grund für die Verzögerung der Bearbeitung seines Widerspruches nicht bekannt gegeben worden oder hätte ihm bekannt sein müssen. Die bloße Mitteilung der Abgabe der Antragsunterlagen an einen für die begehrte Leistung nach § 67 SGB XII unzuständigen Leistungsträger stellt jedenfalls keine Bekanntgabe des Grundes für die Nichtbescheidung des Widerspruches dar. Der Kläger hat sich auch in einem persönlichen Telefonat nach Ablauf der Sperrfrist des § 88 Abs. 2 SGG am 31. Mai 2007 über den Sachstand der Bearbeitung informiert. Zu diesem Zeitpunkt ist ihm ausweislich des aktenkundigen Gesprächsvermerks lediglich mitgeteilt worden, dass sich sein Widerspruch in der Bearbeitung befinde und er Rechtsmittel gegen die Ablehnung einer Kostentragung durch den Landkreis Oberhavel einlegen solle.
Nach allem ist der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 07. August 2007 nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens war erforderlich, da hier mit der Beschwerde eine Entscheidung in dem Antragsverfahren nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG bei Erledigung der Hauptsache angefochten war. In diesen Fällen hat eine Kostenentscheidung zu ergehen (Meyer-Ladewig: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005 § 176 Rn. 5; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Auflage, X Rn. 58; Mählicke in: HK-SGG, § 176 Rn. 5; Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 2. Auflage 2005, § 176 Rn. 9; LSG Niedersachsen-Bremen v. 27.03.2007, L5 B 3/06 VG, juris, Rn.: 18; LSG Rheinland-Pfalz vom 06.08.2007, L 3 B 307/06 AS, juris; a.A. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz v. 12. 02.2007, L 4 B 246/06 R, juris).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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