Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 4 KR 163/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 81/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Im Fall einer schwer MS-kranken Versicherten, die an einem starken Tremor beider Hände leidet, ist eine Großfeldtastatur zur Bedienung eines PC ein von der GKV zu fianzierendes Hilfsmittel, weil Informationsbeschaffung aus dem Internet und Kommunikation per e-mail ein Grundbedürftnis des täglichen Lebens darstellen und die Versicherte angesichts ihrer Behinderung gerade auf diese technische Mittel angewiesen ist.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen zu erstatten.
Gründe:
Nachdem der Rechtsstreit anders als durch Urteil beendet wurde, hat das Gericht über die Kostenerstattung durch Beschluss zu entscheiden, weil die Beteiligten dies beantragt haben (§ 193 Abs. 1 Satz 3 SGG).
Die Entscheidung ist nach billigem Ermessen zu treffen, wobei die bisherige Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen ist.
Billigem Ermessen entspricht es, die Beklagte zur vollen Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu verpflichten, denn sie wäre im Berufungsverfahren voraussichtlich unterlegen.
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Variante), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Variante) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Variante), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Das Bundessozialgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass ein behinderungsgerecht ausgestatteter PC als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) grundsätzlich in Betracht kommt. Dies gilt auch für die hier in Rede stehende Großfeldtastatur.
Die der Klägerin inzwischen vorläufig vom Sozialamt im Wege der Eingliederungshilfe finanzierte Großfeldtastatur dient konkret der Erfüllung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens (ungeschriebene Einschränkung der Leistungspflicht nach § 33 SGB V).
Die Rechtsprechung (insbesondere BSG, Urteil vom 22. Juli 2004, B 3 KR 13/03 R) hat zwar Mittel, die nicht unmittelbar an der Behinderung ansetzen, sondern in erster Linie bei deren Folgen auf beruflichem oder gesellschaftlichem Gebiet sowie bei Freizeitbetätigungen, nicht als Hilfsmittel der GKV anerkannt und insoweit zwischen Hilfsmitteln der GKV und solchen der Eingliederungshilfe im Sinne des Sozialhilferechts unterschieden. Soweit jedoch allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betroffen sind, fällt nach der bisherigen Rechtsprechung (BSG, s.o.) auch der Ausgleich der Folgen der Behinderung auf den genannten Gebieten in die Leistungspflicht der GKV. Zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen gehören die körperlichen Grundfunktionen (z.B. Gehen, Stehen, Sitzen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) sowie die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen und die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der z.B. die Bewegung im Nahbereich der Wohnung; in der genannten Entscheidung hat das BSG betont, dass außerdem die Aufnahme von Informationen und die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen gehöre. Maßstab ist stets der gesunde Mensch, zu dessen Grundbedürfnissen der kranke oder behinderte Mensch durch die medizinische Rehabilitation und mit Hilfe der von der KK gelieferten Hilfsmittel wieder aufschließen soll.
Hieran gemessen ist die streitgegenständliche Großfeldtatstatur ein von der GKV zu finanzierendes Hilfsmittel, denn die Benutzung eines PC, die der aufgrund ihrer Erkrankung stark zitternden Klägerin nur mit der Großfeldtastatur möglich ist, ist zur Überzeugung des Berichterstatters für die Aufnahme von Informationen aus dem Internet und für die Kommunikation mit anderen mittels e-mail unerlässlich. Diese Wege der Informationsbeschaffung und Kommunikation sind heute – anders als noch vor einigen Jahren – in gesteigertem Maße "üblich" und – gerade im Falle der körperbehinderten Klägerin – auch "nötig". So ist etwa im Erörterungstermin plausibel vorgebracht worden, dass die Klägerin den PC dazu nutzt, um mit der Außenwelt in Kontakt zu treten und beispielsweise Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen. In der konkreten Situation der Klägerin muss dies als "Grundbedürfnis" angesehen werden.
Die Beklagte wird im Ergebnis also auch dem in Vorleistung getretenen Sozialamt die dort verauslagten Kosten zu erstatten haben; den Erstattungsanspruch hat die Beklagte im Übrigen schon mit Schreiben an das Sozialamt vom 21. Mai 2007 verbindlich "dem Grunde nach" anerkannt.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Nachdem der Rechtsstreit anders als durch Urteil beendet wurde, hat das Gericht über die Kostenerstattung durch Beschluss zu entscheiden, weil die Beteiligten dies beantragt haben (§ 193 Abs. 1 Satz 3 SGG).
Die Entscheidung ist nach billigem Ermessen zu treffen, wobei die bisherige Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen ist.
Billigem Ermessen entspricht es, die Beklagte zur vollen Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu verpflichten, denn sie wäre im Berufungsverfahren voraussichtlich unterlegen.
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Variante), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Variante) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Variante), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Das Bundessozialgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass ein behinderungsgerecht ausgestatteter PC als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) grundsätzlich in Betracht kommt. Dies gilt auch für die hier in Rede stehende Großfeldtastatur.
Die der Klägerin inzwischen vorläufig vom Sozialamt im Wege der Eingliederungshilfe finanzierte Großfeldtastatur dient konkret der Erfüllung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens (ungeschriebene Einschränkung der Leistungspflicht nach § 33 SGB V).
Die Rechtsprechung (insbesondere BSG, Urteil vom 22. Juli 2004, B 3 KR 13/03 R) hat zwar Mittel, die nicht unmittelbar an der Behinderung ansetzen, sondern in erster Linie bei deren Folgen auf beruflichem oder gesellschaftlichem Gebiet sowie bei Freizeitbetätigungen, nicht als Hilfsmittel der GKV anerkannt und insoweit zwischen Hilfsmitteln der GKV und solchen der Eingliederungshilfe im Sinne des Sozialhilferechts unterschieden. Soweit jedoch allgemeine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betroffen sind, fällt nach der bisherigen Rechtsprechung (BSG, s.o.) auch der Ausgleich der Folgen der Behinderung auf den genannten Gebieten in die Leistungspflicht der GKV. Zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen gehören die körperlichen Grundfunktionen (z.B. Gehen, Stehen, Sitzen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) sowie die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen und die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der z.B. die Bewegung im Nahbereich der Wohnung; in der genannten Entscheidung hat das BSG betont, dass außerdem die Aufnahme von Informationen und die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen gehöre. Maßstab ist stets der gesunde Mensch, zu dessen Grundbedürfnissen der kranke oder behinderte Mensch durch die medizinische Rehabilitation und mit Hilfe der von der KK gelieferten Hilfsmittel wieder aufschließen soll.
Hieran gemessen ist die streitgegenständliche Großfeldtatstatur ein von der GKV zu finanzierendes Hilfsmittel, denn die Benutzung eines PC, die der aufgrund ihrer Erkrankung stark zitternden Klägerin nur mit der Großfeldtastatur möglich ist, ist zur Überzeugung des Berichterstatters für die Aufnahme von Informationen aus dem Internet und für die Kommunikation mit anderen mittels e-mail unerlässlich. Diese Wege der Informationsbeschaffung und Kommunikation sind heute – anders als noch vor einigen Jahren – in gesteigertem Maße "üblich" und – gerade im Falle der körperbehinderten Klägerin – auch "nötig". So ist etwa im Erörterungstermin plausibel vorgebracht worden, dass die Klägerin den PC dazu nutzt, um mit der Außenwelt in Kontakt zu treten und beispielsweise Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen. In der konkreten Situation der Klägerin muss dies als "Grundbedürfnis" angesehen werden.
Die Beklagte wird im Ergebnis also auch dem in Vorleistung getretenen Sozialamt die dort verauslagten Kosten zu erstatten haben; den Erstattungsanspruch hat die Beklagte im Übrigen schon mit Schreiben an das Sozialamt vom 21. Mai 2007 verbindlich "dem Grunde nach" anerkannt.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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BRB
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