L 9 KR 110/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 141/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 110/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Von fachwissenschaftlichen Konsens im Sinne der off-label-use-Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann bereits dann nicht die Rede sein, wenn der Nutzen des Arzneimittels für die betreffende (neue) Indikation jedenfalls auch beachtlichen Einwendungen unterliegt; letzteres ist derzeit für die Behandlung der adulten ADHS noch der Fall.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Februar 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten für das Arzneimittel Ritalin mit dem Wirkstoff Methylphenidat außerhalb seines zugelassenen Anwendungsbereichs.

Der im Jahre 1976 geborene Kläger leidet nach den Feststellungen des behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie J an einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) im Erwachsenenalter.

Nach eigenen Angaben leidet der Kläger dadurch u.a. an leichter Ablenkbarkeit, Unruhe, Impulsivität, Konzentrationsstörungen und Desorganisation. Der behandelnde Neurologe und Psychiater verordnete dem Kläger – wie zuvor schon der Kinderarzt – das den Wirkstoff Methylphenidat enthaltende Medikament Ritalin. Arzneimittelrechtlich sind dieses Medikament sowie die übrigen Medikamente mit diesem Wirkstoff lediglich zur Therapie der ADS/Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern sowie zur Therapie von Narkolepsie bei Erwachsenen zugelassen.

Am 19. Juni 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme bzw. Erstattung von Kosten für selbst beschafftes Ritalin. Er sei hierauf erfolgreich eingestellt, seine Lebensqualität sei damit spürbar gestiegen. Andere Medikamente habe er ohne Erfolg ausprobiert. Eine effektive Psychotherapie sei erst unter der Medikamention mit Ritalin möglich geworden. Dazu legte er ein Attest seines behandelnden Neurologen und Psychiatersvor. Dem Antrag beigefügt waren zwei ärztliche Verordnungen des Medikaments Ritalin vom 26. Mai 2003 und vom 24. Juni 2003.

Die Beklagte holte eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) vom 24. Juni 2003 ein. Darin stellte der MDK (Ärztin B) fest, eine Kostenübernahme sei vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Einsatz von Arzneimitteln außerhalb ihrer Zulassungsindikation nicht möglich.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2003 lehnte die Beklagte, gestützt auf die vorgenannte Stellungnahme des MDK, den Antrag des Klägers ab. Den Widerspruch wies sie unter Berücksichtigung einer ergänzenden Stellungnahme des MDK vom 12. August 2003 mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2003 (Eingang beim Kläger am 22. Dezember 2003) zurück: Zwar möge der Kläger unter einer seine Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden Erkrankung leiden. Ritalin sei jedoch für die fragliche Indikation nicht zugelassen. In der Fachwelt bestehe kein Konsens zur Behandlung von ADHS bei Erwachsenen mit methylphenidathaltigen Präparaten. Es mangele an positiven Arzneimittelstudien höherer Evidenzklasse. Die höchstrichterlich formulierten Anforderungen an die Verordnung eines nicht zugelassenen Arzneimittels zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung seien damit nicht erfüllt.

Mit seiner zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger zunächst die Erstattung von 622,04 Euro beantragt, die er bis zur Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides von Juni bis Dezember 2003 für die Beschaffung von Ritalin aufgewandt hatte. Im Laufe des Klageverfahrens hat er die Forderung auf sämtliche Beträge erweitert, die er seit der erstmaligen Verordnung von Ritalin am 26. Mai 2003 aufzuwenden hatte (2.292,13 Euro bis zum Tag der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2006) und auch Kostenübernahme für die Zukunft beantragt.

Mit Urteil vom 21. Februar 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Methylphenidathaltige Medikamente seien zwar für die Behandlung der Erkrankung bei Kindern bzw. zur Behandlung der so genannten Narkolepsie zugelassen, nicht jedoch für die Behandlung von ADS/ADHS bei Erwachsenen. Eine solche die Zulassung überschreitende Anwendung sei im Grundsatz von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu erbringen. Auch ausnahmsweise komme eine Versorgung nicht in Betracht, weil es jedenfalls an der Beantragung einer erweiterten Zulassung für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Methylphenidat fehle. Zudem seien bislang keine Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III veröffentlicht worden. Schließlich fehle es auch an außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnenen und veröffentlichten Erkenntnissen, die über die Qualität und Wirksamkeit methylphenidathaltiger Arzneimittel in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige und wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zuließen und auf deren Grundlage in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen bestehe.

Gegen das ihm am 9. März 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. März 2006 Berufung eingelegt. Er macht geltend: Die Voraussetzungen für Kostenerstattung und Kostenübernahme seien erfüllt. Er leide unter einer schwerwiegenden Erkrankung. Eine andere Therapie als diejenige mit Methylphenidat sei nicht verfügbar. So sei beispielsweise die im Jahre 2002 versuchte Therapie mit dem Medikament Strattera (Wirkstoff Atomexetin) wegen erheblicher Nebenwirkungen erfolglos gewesen. Aufgrund umfangreicher und dokumentierter Forschungen sei der Nutzen methylphenidathaltiger Medikamente nachgewiesen.

Nachdem die Beklagte sich bereit erklärt hat, im Falle des Obsiegens des Klägers auch eine Kostenerstattung durchzuführen, die sich auf die Versorgung mit Methylphenidat nach Erlass des Widerspruchsbescheides bezieht, hat der Kläger seine Erstattungsforderung auf 622,04 Euro (Aufwendungen ab erstmaliger Verordnung bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides) beschränkt und die Berufung im Übrigen zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Februar 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten für die Beschaffung des Medikaments Ritalin in Höhe von 622,04 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Das Gericht hat den behandelnden Neurologen und Psychiater J als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, hat aber keinen Erfolg.

Als Anspruchsgrundlage für die vom Kläger geltend gemachte Erstattung von 622,04 Euro kommt allein § 13 Abs. 3 zweite Alternative Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) in Betracht. Danach hat eine Krankenkasse die Kosten für selbst beschaffte Leistungen zu erstatten, wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind.

Hieran gemessen besteht der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung nicht, weil die Beklagte die Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt hat. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung des Medikaments Ritalin zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.

Um vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung erfasst zu sein, bedarf ein Fertigarzneimittel zur Anwendung bei einem Versicherten grundsätzlich der arzneimittelrechtlichen Zulassung für das Indikationsgebiet, in dem es eingesetzt wird. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs. 1 SGB V) nicht von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 27 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 und 3, § 31 Abs. 1 S. 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche (§ 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz [AMG]) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. hierzu und zum Folgenden Urteil des Senats vom 4. Juli 2007, L 9 KR 52/05, m.w.N. zur Rspr. des BSG, zitiert nach juris). So liegt es im vorliegenden Fall. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung in diesem Sinne besteht nur, wenn das Arzneimittel die Zulassung gerade für dasjenige Indikationsgebiet besitzt, in dem es im konkreten Fall eingesetzt werden soll (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AMG). Das Arzneimittel Ritalin ist zwar ein im Sinne der Krankenversicherung verordnungsfähiges Arzneimittel, jedoch beschränkt sich seine Zulassung auf die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen mit der Diagnose ADHS und auf die Therapie von Narkolepsie bei Erwachsenen. Es hat weder in Deutschland noch innerhalb der Europäischen Union die erforderliche Arzneimittelzulassung für das Indikationsgebiet ADS/ADHS im Erwachsenenalter, für das es von dem Kläger eingesetzt wird. Ausnahmsweise ist unter engen Voraussetzungen die Verordnung eines Arzneimittels zwar auch außerhalb des nach den Bestimmungen des AMG vorgegebenen Zulassungsbereichs möglich, jedoch bestimmt § 29 Abs. 3 Nr. 3 AMG, dass die Erweiterung des Anwendungsbereiches eines Arzneimittels einer erneuten Zulassung bedarf, an der es bei dem von dem Kläger begehrten Arzneimittel derzeit mangelt.

Der Kläger konnte und kann das Medikament auch nicht nach den Grundsätzen des so genannten Off-Label-Use beanspruchen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts , der der Senat nach eigener Prüfung folgt, kann - abgesehen von Fällen einer extrem seltenen Erkrankung (diese liegt hier nicht vor) - die Verordnung eines Medikaments in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet grundsätzlich in Betracht kommen, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht (erste Voraussetzung), wenn keine andere Therapie verfügbar ist (zweite Voraussetzung) und wenn aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Arzneimittel ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (dritte Voraussetzung).

Der Senat kann offen lassen, ob der Kläger an einer schwerwiegenden Erkrankung in diesem Sinne leidet. Offen bleiben kann auch, ob eine andere Therapie verfügbar ist. Denn jedenfalls fehlt es an der genannten dritten Voraussetzung für einen Off-Label-Use zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Von einer "begründeten Erfolgsaussicht" kann dann ausgegangen werden, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Dies kann angenommen werden, wenn entweder die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt worden ist und Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard und Placebo) veröffentlicht worden sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht worden sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsbereich zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht. Von fachwissenschaftlichem Konsens in diesem Sinne kann bereits dann nicht die Rede sein, wenn der Nutzen des Arzneimittels für die betreffende (neue) Indikation jedenfalls auch beachtlichen Einwendungen unterliegt. Der Senat hat nicht ermittelt, ob der Hersteller von Ritalin einen Antrag auf Erweiterung der Zulassung für die Indikation "ADHS im Erwachsenenalter" gestellt hat; auch der Kläger hat dies nicht behauptet. Denn fest steht jedenfalls, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard und Placebo) veröffentlicht worden sind, die eine klinisch relevante Wirksamkeit bzw. klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen.

Im Übrigen sind auch keine außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnenen Erkenntnisse veröffentlicht, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsbereich zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen. Insbesondere kann nach bisheriger Datenlage nicht davon ausgegangen werden, dass derzeit in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht (ebenso jüngst LSG Hamburg, Beschluss vom 14. August 2008, L 1 B 258/08 ER KR; SG Düsseldorf, Urteil vom 5. März 2008, S 2 KA 84/07; zitiert jeweils nach juris). So hat etwa die Autorin Miriam Alexandra Maier in einer aktuellen, vom Senat ins Verfahren eingeführten Dissertation zum Thema "Die Behandlung der adulten ADHS mit Methylphenidat versus Atomoxetin: systematische Review" (2007) die Effektivität beider genannten Medikamente zur Behandlung der adulten ADHS untersucht (http://tobias-lib.ub.uni-tuebingen.de/volltexte/2007/3053/pdf/Doktorarbeit ENDVERSION 27032007). Sie hat hierbei zahlreiche Studien zu Methylphenidat ausgewertet und festgestellt, dass die Studien "Mängel wie kurze Dauer, kleine Stichproben, fehlende Intention-To-Treat Analyse, uneinheitliche Ausschlusskriterien und ebensolche Messung der Response" aufwiesen. Die Ergebnisse der Studien seien "weit gestreut und teilweise konträr". Das größte Problem bei der Auswertung habe die uneinheitliche Messung der Response auf die Medikation dargestellt. Die Widersprüchlichkeit der Ergebnisse der Methylphenidatstudien habe auch andere Reviewer vor Probleme gestellt. Es hätten sich zwar Hinweise auf die Effektivität der Behandlung der adulten ADHS finden lassen, wobei die Effektivität von Atomoxetin besser untersucht sei, wenn man die methodischen Mängel der Studien zu Methylphenidat in Rechnung stelle. Es müsse unter Berücksichtigung der Vorteile des Atomoxetins eine Ablösung des Methylphenidats als Standardmedikation für die adulte ADHS in Erwägung gezogen werden (vgl. die Zusammenfassung auf S. 55-58 der Arbeit).

Die genannte Arbeit ist im vorliegenden Zusammenhang von besonderer Bedeutung, weil sie in der Auseinandersetzung um die Indikation von Methylphenidat zur Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter keine Partei ergreift, sondern sich als "Studie über Studien" begreift und analysiert, dass die Studienlage uneinheitlich bis widersprüchlich sei. Gerade deshalb ist die Studie der Autorin Maier, die keine erkennbaren methodischen Mängel enthält, für den Senat von besonderem Gewicht und gerade deshalb sieht der Senat es als erwiesen an, dass ein fachwissenschaftlicher Konsens über den Nutzen von Methylphenidat für die Behandlung der adulten ADHS jedenfalls derzeit nicht besteht; es gibt beachtliche Stimmen, die für einen solchen Nutzen sprechen, doch eben auch nennenswerte Gegenstimmen.

Auch sonst ist keine gesicherte Datenlage ersichtlich, die den Rückschluss auf einen Behandlungserfolg mit methylphenidathaltigen Medikamenten zur Behandlung der adulten ADHS zuließen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat am 20. Dezember 2005 beschlossen, insoweit eine Expertengruppe im Sinne von § 35 b Abs. 3 SGB V einzusetzen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat die Bearbeitung des Auftrags derzeit jedoch im Hinblick auf entsprechende klinische Prüfungen seitens einzelner Hersteller methylphenidathaltiger Arzneimittel zurückgestellt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Verfassungsrechts. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht betont, dass die Regelungen des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung zur Arzneimittelversorgung insbesondere dann einer verfassungskonformen Auslegung bedürfen, wenn Versicherte an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung leiden, bei der die Anwendung der üblichen Standardbehandlung aus medizinischen Gründen ausscheidet und andere Behandlungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen (Beschluss vom 6. Dezember 2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, S. 25 = NJW 2006, S. 891). Diese auf den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG beruhenden Grundsätze sind auf den Fall des Klägers jedoch nicht übertragbar, da seine Erkrankung trotz ihrer spürbaren Ausprägung nicht mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden kann oder etwa mit einer akut drohenden Erblindung eines Auges zu vergleichen wäre (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2004, B 1 KR 27/02 R, zitiert nach juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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