L 33 R 1206/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 RA 1323/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 33 R 1206/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 2006 insoweit aufgehoben, als die Beklagte unter Aufhebung - und nicht nur unter Änderung - des Bescheides vom 1. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2003 verpflichtet wurde, die Beschäftigungszeit der Klägerin vom 1. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1989 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Insoweit wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin ein Achtel der Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ihre Verpflichtung durch das Sozialgericht, die Zeit vom 1. Januar 1975 bis 31. Dezember 1989 als Zeit der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der Technischen Intelligenz und die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die 1944 geborene, also jetzt 65 Jahre alte Klägerin hat in der Zeit von 1961 bis August 1963 eine Lehre als Tischlerin absolviert und anschließend bis August 1964 in diesem Beruf gearbeitet. In der Zeit vom 1. September 1964 bis 19. Juli 1968 hat sie an der Fachschule H Innenarchitektur studiert und am 19. Juli 1968 die Abschlussprüfung bestanden. Seit diesem Zeitpunkt war sie in der damaligen DDR berechtigt, die Berufsbezeichnung "Innenarchitekt" zu führen. Ausweislich ihres Sozialversicherungsausweises (SVA) und der Lohnbescheinigung der I GmbH war die Klägerin vom 16. September 1968 bis 31. Dezember 1974 beim VEB Montagebau Berlin als Innenarchitektin beschäftigt. Vom 1. Januar 1975 bis 31. Dezember 1989 war sie beim VEB Spezialhochbau Berlin, der aus einer Fusion zwischen dem VEB Montagebau Berlin und dem VEB Dynamo-Bau Berlin entstanden war, tätig. Vom 1. Januar 1990 bis 30. Juni 1990 arbeitete sie beim VEB Industriebau Berlin, Stammbetrieb des VEB Bau- und Montagekombinats Industriebau Berlin.

Eine Urkunde über die Einbeziehung in ein Versorgungssystem hat die Klägerin in der DDR nicht erhalten; auch bestand keine dahingehende einzelvertragliche Regelung. Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung – FZR – hat sie laut SVA seit 1. September 1979 entrichtet.

Mit Bescheid vom 1. Oktober 2002 lehnte es die Beklagte ab, Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) festzustellen, mit der Begründung, das AAÜG sei für die Klägerin nicht anwendbar. Die Voraussetzungen des § 1 AAÜG seien nicht erfüllt. Die Klägerin habe am 30. Juni 1990, dem Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme, keine Beschäftigung ausgeübt, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre.

Zur Begründung ihres am 31. Oktober 2002 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruches trug die Klägerin vor, es habe sich in einem Gespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten ergeben , dass die Voraussetzungen für die Feststellung von Zusatzversorgungszeiten in ihrem Falle vorlägen. Sie habe einen Abschluss als Innenarchitekt, was dem Diplom-Ingenieur gleichgesetzt sei. Weiter sei sie als Architekt tätig gewesen, und zwar in einem Volkseigenen Betrieb des Bauwesens. Sie sei über 30 Jahre lang mit der Durchführung von Baumaßnahmen beschäftigt gewesen, und zwar bauleitend, statisch-konstruktiv sowie auch gestalterisch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2003 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Die Qualifikation der Klägerin habe nicht der in der Versorgungsordnung geforderten Qualifikation entsprochen.

Mit der am 12. März 2003 bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Nachdem die Beklagte ihre zunächst vertretene Rechtsauffassung, die Klägerin erfülle mit ihrer Ausbildung als Innenarchitektin nicht die persönlichen Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Geltungsbereich der zusätzlichen Altersversorgung der Technischen Intelligenz, aufgeben hatte, stritten und streiten die Beteiligten darüber, ob der VEB SHB ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens im Sinne der Versorgungsordnung der Technischen Intelligenz gewesen ist. Das Sozialgericht hat verschiedene Ermittlungen durchgeführt und dabei u. a. folgende Unterlagen beigezogen bzw. zu den Akten genommen:

- eine Mitteilung zum Arbeitsvertrag der Klägerin vom 31. Januar 1990, wonach sie ab 1. Januar 1990 zum Kombinatsbetrieb VEB Industriebau Berlin, Stammbetrieb des VEB Bau- und Montagekombinats Industriebau Berlin gehörte; - einen Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Charlottenburg bzgl. der O mbH; - den Registerauszug des Registers der Volkseigenen Wirtschaft des staatlichen Vertragsgerichts beim Ministerrat – Vertragsgericht-Berlin – bzgl. des VEB Spezialhochbau Berlin von dem Amtsgericht Charlottenburg; - den Registerauszug des staatlichen Vertragsgerichts – Vertragsgericht der Hauptstadt Berlin – bzgl. des VEB Industriebau Berlin, Stammbetrieb des VEB Bau- und Montagekombinats Industriebau Berlin einschließlich des Statuts von dem Amtsgericht Charlottenburg; - die Anweisung über die Gründung des VEB Bau- und Montagekombinat Industriebau Berlin vom 29. Januar 1990.

Das Sozialgericht hat Anfragen an die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, das Bundesarchiv und die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) gestellt. Mit Schreiben vom 5. Januar 2005 hat die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben mitgeteilt, dass die angefragten Betriebe VEB Montagebau Berlin, VEB SHB und VEB Industriehochbau Berlin dort nicht bekannt seien. Nach Auskunft des Bundesarchivs vom 17. Januar 2005 sind die genannten Betriebe nicht in den dortigen Registerdateien ausgewiesen. Die BStU zog in ihrer Auskunft vom 13. Januar 2005, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, folgendes Resümee:

"1) Der SHB war ein dem MfS nachgeordneter Betrieb mit einer Reihe von Sonderregelungen. Er galt jedoch als volkseigener Betrieb und war folglich keine Struktureinheit des MfS (ausgenommen die Abt. Kader und Bildung ab 01.01.1984 als neue Struktureinheit der Hauptabteilung Kader und Schulung des MfS). 2) Beschäftigte des SHB – ausgenommen die OibE des MfS – hatten nach dem Arbeitsgesetzbuch der DDR ein Arbeitsverhältnis mit diesem, nicht mit dem MfS. 3) Die Beschäftigten des SHB sind auch nicht gleichzusetzen mit Zivilbeschäftigten des MfS, da diese ein Arbeitsrechtsverhältnis mit dem MfS hatten. 4) Die Tätigkeit im SHB - außer bei OibE des MfS – war kein Wehrersatzdienst gemäß dem Wehrgesetz der DDR".

Die BStU fügte folgende Anlagen bei:

- den Befehl Nr. 37/67 des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium für Staatssicherheit, Der Minister, vom 14. Dezember 1967 – Anlage 1 –; - den Befehl Nr. 29/74 des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium für Staatssicherheit, Der Minister, vom 3. (unleserlich) 1974 – Anlage 2 –; - die Ordnung Nr. 15/83 des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium für Staatssicherheit, Der Minister, vom 1. Dezember 1983 – Anlage 3 –; - den Befehl Nr. 19/83 des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium für Staatssicherheit, Der Minister, vom 1. Dezember 1983 – Anlage 5 –.

Auf Anfrage des Sozialgerichts hat die BStU mit Schreiben vom 29. November 2005 mitgeteilt, dass im Ergebnis sorgfältig durchgeführter Recherchen sich ergeben habe, dass keine Hinweise auf eine hauptamtliche oder verdeckt hauptamtliche Tätigkeit der Klägerin für den Staatssicherheitsdienst der DDR vorlägen.

Mit Urteil vom 27. Februar 2006 hat das Sozialgericht Berlin den Bescheid der Beklagten vom 1. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2003 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, 1. festzustellen, dass das AAÜG auf die Klägerin anwendbar ist sowie 2. die Beschäftigungszeit der Klägerin vom 16. September 1968 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG festzustellen und die in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte der Klägerin festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe noch am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt, die ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst gewesen sei und habe deshalb darauf vertrauen dürfen, ihr werde im Leistungsfall eine Versorgungsrente bewilligt. In diesem Fall könne nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine Versorgungsanwartschaft begründet werden und damit zur Anwendbarkeit des AAÜG führen. Die Klägerin erfülle sowohl die persönliche, die sachliche als auch die betriebliche Voraussetzung bezüglich des gesamten in Frage stehenden Zeitraumes. Als Innenarchitektin gehöre sie zu den Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation zwingend in die Altersversorgung der Technischen Intelligenz (AVItech) einzubeziehen gewesen seien. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung–AVItech zählten "Architekten aller Spezialgebiete" zu den Angehörigen der Technischen Intelligenz. Aus Sicht der Kammer sei ein Innenarchitekt als "Architekt eines Spezialgebietes" anzusehen. Die Klägerin sei auch während des gesamten Zeitraums vom 16. September 1968 bis 30. Juni 1990 tatsächlich als Innenarchitektin beschäftigt gewesen. Dies ergebe sich aus ihrem Sozialversicherungsausweis. Die Klägerin habe auch während des gesamten streitigen Zeitraumes bei volkseigenen Produktionsbetrieben des Bauwesens im Sinne der BSG-Rechtsprechung gearbeitet. Für den Zeitraum vom 1. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1989, also hinsichtlich der Tätigkeit beim VEB SHB, hat das Sozialgericht ausgeführt, dieser sei mit Wirkung vom 1. Januar 1975 durch eine Vereinigung des VEB Montagebau Berlin und des VEB Dynamo-Bau Berlin, welcher mit Befehl Mielkes Nr. 29/74 angeordnet worden sei, entstanden. In dem genannten Befehl sei u. a. ausgeführt, dass eine effektive Konzentration der Baukapazitäten des VEB Montagebau Berlin und des VEB Dynamo-Bau Berlin vorzunehmen sei. Er sei zur Gewährleistung einer einheitlichen und komplexen Verantwortung im MfS diesem unterstellt. Gemäß Punkt I. 1. der Ordnung Nr. 17/83 vom 1. Dezember 1983 sei der VEB SHB "ein dem MfS nachgeordneter Betrieb, der im Auftrag und für das MfS Bauleistungen erbringt".

Gegen das der Beklagten am 16. März 2006 zugestellte Urteil hat diese am 22. März 2006 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Sie wendet sich mit dem Rechtsmittel (nur) gegen ihre Verpflichtung der Feststellung der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem für die Zeit von Januar 1975 bis Dezember 1989. Entgegen der Feststellungen des Sozialgerichts habe die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nicht die betrieblichen Voraussetzungen des Versorgungssystems erfüllt. Der VEB SHB sei kein Baubetrieb gewesen, der im Sinne der Rechtsprechung des BSG massenhaft Bauwerke errichtet habe, wie etwa die Betriebe der zentral geleiteten Baukombinate oder der Wohnungsbaukombinate, sondern er sei ein Baubetrieb gewesen, der ausschließlich Bautätigkeiten für das MfS verrichtet habe und diesem auch unterstellt gewesen sei. Aufgabe des Ministeriums für Staatssicherheit sei es jedoch nicht gewesen, eine Bautätigkeit "im großen Stil" in der DDR zu verrichten oder zu organisieren, sondern es sei der Geheimdienst der DDR gewesen. Die vom Sozialgericht beigezogenen Unterlagen bestätigten, dass der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin nur spezielle Baumaßnahmen für das MfS durchgeführt habe. Damit lägen die Kriterien für einen Betrieb des Bauwesens im Sinne der Rechtsprechung des BSG nicht vor. Für die Anwendung des AAÜG sei im Übrigen entscheidend, ob der VEB Industriebau Berlin am 30. Juni 1990 noch aktiv eine industrielle Herstellung von Sachgütern betrieben habe. Bei einer Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft sei damit unabhängig von der Eintragung ins Handelsregister zu prüfen, ob der VEB nach Gründung der Kapitalgesellschaft noch selbst - für eigene Rechnung - produziert und damit aktiv am Wirtschaftsleben teilgenommen habe. Dies sei bezüglich des VEB Industriebau Berlin am 30. Juni 1990 nicht mehr der Fall gewesen, da die wirtschaftliche Tätigkeit zu Gunsten der Kapitalgesellschaft verrichtet worden sei. Die Beklagte legte die Privatisierungsunterlagen betreffend den VEB Industriebau Berlin vor.

Die Beklagte und Berufungsführerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 2006 insoweit aufzuheben, als die Beklagte verpflichtet wurde, die Zeit vom 1. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1989 als solche der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie die in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen und die Klage insoweit abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf ihre Schriftsätze sowie diejenigen ihrer Prozessbevollmächtigten verwiesen.

Die Berichterstatterin hat die Klägerin gehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift der nichtöffentlichen Sitzung vom 17. Dezember 2008 verwiesen.

Die Berichterstatterin hat Beweis erhoben durch Vernehmung des ehemaligen Hauptdirektors des VEB SHB, Herrn H M, und des ehemaligen Auftragsleiters beim MfS und späteren technischen Direktors des VEB SHB, Herrn Dipl.-Ing. J S. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der nichtöffentlichen Sitzung vom 28. Mai 2009 verwiesen.

Der Senat hat eine Anfrage an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung von Berlin gestellt. Diese hat telefonisch am 30. Juli 2009 durch den Mitarbeiter der Abt. V, Hochbau, Herrn S, mitgeteilt, dass dort – auch in den anderen Abteilungen – keine Unterlagen bzgl. der erfragten Bauprojekte vorlägen.

Weiter hat der Senat bei der BStU angefragt, ob dort Unterlagen vorhanden seien aus denen hervorgehe, welche Bauprojekte im Einzelnen von dem VEB SHB in dem Zeitraum von 1975 bis Dezember 1989 realisiert worden seien und ob der Wohnungsbau, insbesondere in Plattenbauweise, die Erstellung von Einzelanlagen überwogen habe. In ihrer Antwort vom 9. Dezember 2009 hat die BStU mitgeteilt, dass aus der Vielzahl der vorliegenden Unterlagen ersichtlich sei, dass der Anteil der Errichtung von Wohnungen (für das MfS) gegenüber der Erfüllung anderer Vorhaben (Einzelanlagen und Komplexe) geringer sei. Die Mitteilung stehe unter dem Vorbehalt, dass für die Recherchen nur die bisher erschlossenen Unterlagen hätten berücksichtigt werden können. Die BStU fügte folgende Unterlagen an:

- Schreiben der SED-Betriebsparteiorganisation des VEB SHB an die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik, Untersuchungsausschuss zur Überprüfung von Fällen des Amtsmissbrauchs gemäß Volkskammerbeschluss vom 18. November 1989 –Anlage 1-; - die "Konzipierung einer rationellen Leitungsorganisation für den VEB Spezialhochbau Berlin" von Juli 1986 – Anlage 2 –; - den "Auskunftsbericht über den Fünfjahresplan Bauinvestition 1971 -1975" vom 28. Juni 1972 –Anlage 3- ; - die vertrauliche Veschlusssache Nr. 574/75 "Staatliche Aufgabe 1976" vom 24. Juni 1975 – Anlage 4; - einen Auszug aus dem "Planentwurf 1976 bis 1980" - Anlage 5 -; - eine Übersicht über die Staatliche Auflage 1976-1980" – Anlage 6 –; - die "Staatliche Aufgabe 1977 VEB SHB –Vorhabenliste" vom 20. Juli 1976 –Anlage 7-; - den Bericht "Bauvorhaben 1978 bis 80 - Bereich Berlin" vom 25. August 1976 – Anlage 8-; - die "VEB SHB-Objektliste Planjahr 1981 für Bauinvestitionen" vom 20. Mai 1980 - Anlage 9 -; - "Technologische Untersuchung und Einordnung der Vorhaben unter Beachtung der erarbeiteten Montagefolgen "Platte" und "SK" der Jahre 1986 bis 1990, Stand 01.04. 1985" vom 11. April 1985 -Anlage 10-; - "Bauprogramm 1986 bis 1990 -Kennziffernspiegel" - von August 1983 - Anlage 11 -; - "Materiell-technische Planung, Präzisierung, VEB Spezialhochbau Berlin- Objektliste Fünfjahrplan 1986 bis 90 für Bauinvestitionen" vom 21. Juni 1988 - Anl. 12 -.

Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass nach dem Schreiben der BStU es sich bei den beigefügten Unterlagen ausdrücklich nur um eine Auswahl aus der Vielzahl der vorliegenden Unterlagen handele, wobei auch nur die bisher erschlossenen Unterlagen hätten berücksichtigt werden können. Es erschließe sich die Einschätzung der BStU nicht, dass der Anteil der Errichtung von Wohnungen gegenüber der Erfüllung anderer Vorhaben geringer sei. Dies dürfe jedoch auch nicht entscheidungserheblich sein, da es nach der Rechtsprechung des BSG nicht ausschließlich auf den Wohnungsbau, sondern auf die Massenproduktion von Bauwerken ankomme. Auch aus den unvollständigen Unterlagen gehe hervor, dass der VEB SHB in großem Umfang gebaut habe, und dies eben in industrieller Weise.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des ehemaligen Abteilungsleiters Produktion im Bereich Projektierung des VEB SHB, Herrn S. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift des Termins der mündlichen Verhandlung vom 22. April 2010 verwiesen.

Die Klägerin hat eine von ihr erstellte "Objektliste SHB- und Wohnungsbau" vorgelegt sowie Luftbildaufnahmen verschiedener Bauvorhaben des VEB SHB.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

Die die Klägerin betreffenden Akten der Beklagten sowie die Akten des Amtsgerichts Charlottenburg bzgl. des VEB BMK Industriebau Berlin (Az. ) haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 2006 hinsichtlich der Verpflichtung zur Feststellung der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz für die Zeit vom 1. Januar 1975 bis 31. Dezember 1989 und der tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte ist zulässig und begründet. Der Senat konnte sich nicht die Überzeugung verschaffen, dass der VEB SHB ein Produktionsbetrieb des Bauwesens im Sinne der Rechtsprechung des BSG war.

Die Beklagte hat für den Zeitraum 1975 bis 1989 nicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 2 und 3 AAÜG Zeiten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG festzustellen, dem zuständigen Rentenversicherungsträger mitzuteilen und der Klägerin hierüber einen Bescheid zu erteilen, da die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, der hier als Rechtsgrundlage in Betracht kommt, hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums nicht erfüllt sind. Die zuletzt genannte Vorschrift lautet:

Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung.

Die Feststellung von Pflichtbeitragszeiten scheitert allerdings nicht bereits daran, dass das AAÜG für die Klägerin nicht anwendbar wäre. Die rechtmäßige Anwendung der §§ 5 bis 8 AAÜG setzt notwendig voraus, dass das Gesetz nach den Kriterien des § 1 Abs. 1 AAÜG überhaupt einschlägig ist (vgl. Urteil des BSG vom 18. Juni 2003, Az. B 4 RA 50/02 R, juris Rn. 12).

Das AAÜG ist auf die Klägerin anwendbar, da sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AAÜG erfüllt. Nach dieser Vorschrift gilt das AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Sozialgesetzbuch IV) erworben sind. Nach der Rechtsprechung des BSG ist § 1 Abs. 1 AAÜG verfassungskonform ausdehnend so auszulegen, dass eine Versorgungsanwartschaft auch bei Nicht-Einbezogenen in Betracht kommt, jedoch nur dann, wenn jemand auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen fiktiven "Anspruch auf Versorgungszusage" rückschauend nach den zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme gehabt hat. Dies ist dann der Fall, wenn jemand am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt hat, auf Grund welcher ihm nach Bundesrecht zwingend eine Versorgungszusage zu erteilen gewesen ist, die dann - aus bundesrechtlicher Sicht rückschauend - keine rechtsbegründende, sondern nur noch rechtsfeststellende Bedeutung hat (vgl. z.B. Urteil vom 9. April 2002, Az.: B 4 RA 41/01 R; Urteil vom 18. Dezember 2003, Az.: B 4 RA 20/03 R). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, bestand – fiktiv - eine Versorgungsanwartschaft aus einem Zusatzversorgungssystem. Ob diese bestand, und damit das AAÜG gegebenenfalls für einen Versicherten anwendbar ist, ist vom Versorgungsträger oder durch rechtskräftiges Urteil festzustellen - so genannte Status-Feststellung - (vgl. Urteile des BSG vom 29. Oktober 2002, Az. B 4 RA 27/02 R, juris Rn. 19, 20 = SozR 3-2600 § 307 b Nr. 10, und vom 18. Juni 2003, Az. B 4 RA 50/02 R, juris Rn. 13).

Für die Klägerin liegt eine entsprechende positive Status-Feststellung vor. Das Sozialgericht hat mit seinem Urteil vom 27. Februar 2006 die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass das AAÜG auf die Klägerin anwendbar ist. Gegen diese Verpflichtung hat die Beklagte keine Berufung eingelegt. Damit ist das Urteil des Sozialgerichts insoweit rechtskräftig geworden (§ 141 SGG). Eine Rücknahme- oder Aufhebungsentscheidung der Beklagten liegt diesbezüglich nicht vor. Der Senat hat daher nicht mehr eigenständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AAÜG am 30. Juni 1990 tatsächlich erfüllt waren. Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, ob der damalige Beschäftigungsbetrieb der Klägerin, der VEB Industriebau Berlin, am 30. Juni 1990 noch aktiv eine industrielle Herstellung von Sachgütern betrieben hat und ob er nach Gründung seines Nachfolgebetriebes, einer Kapitalgesellschaft, noch selbst - für eigene Rechnung - produziert und damit aktiv am Wirtschaftsleben teilgenommen hat oder ob die wirtschaftliche Tätigkeit zu Gunsten der Kapitalgesellschaft verrichtet worden ist (Vorliegen einer so genannten "leeren Hülle").

Das AAÜG ist damit zwar auf die Klägerin anwendbar, für den Zeitraum Januar 1975 bis Dezember 1989 sind dennoch keine Zugehörigkeitszeiten gemäß § 5 Abs. 1 AAÜG festzustellen.

Ob eine Zugehörigkeitszeit nach § 5 Absatz 1 AAÜG vorliegt, ist ausschließlich nach objektiver Auslegung des Bundesrechts unter Beachtung des Gleichheitssatzes zu ermitteln. Es kommt mithin weder auf die Auslegung der Versorgungsordnungen durch die Staatsorgane der DDR an noch auf deren Verwaltungspraxis. Nur in faktischer Anknüpfung an die (von der DDR erlassenen) Versorgungsordnungen ist zu klären, ob in der Zeit, für die die Feststellung begehrt wird, eine nach den jeweiligen Kriterien der Versorgungsordnungen in Verbindung mit den Durchführungsbestimmungen sowie den sonstigen, diese ergänzenden bzw. ausfüllenden abstrakt-generellen Regelungen eine in der Versorgungsordnung genannte Beschäftigung oder Tätigkeit individuell und konkret ausgeübt worden ist und ob die in der Versorgungsordnung als zwingende Voraussetzung für eine Einbeziehung (d.h. für die Pflicht auf Erteilung einer Versorgungszusage) genannte notwendige berufliche Qualifikation zur Ausübung dieser (konkreten) Beschäftigung bei der entsprechenden "Arbeitsstelle" vorgelegen hat (vgl. Urteile des BSG vom 4. August 1998 - B 4 RA 63/97 R - mwN; Urteil vom 30. Juni 1998 - B 4 RA 11/98 R; Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 25/01 R).

Für die Zeit der Beschäftigung beim VEB SHB kommt allein eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz (System Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) in Betracht. Dem steht auch nicht eine etwaige Tätigkeit der Klägerin für das MfS entgegen. Das Sozialgericht hat ermittelt, dass die Klägerin nicht Angehörige des in § 7 Abs. 2 AAÜG genannten Personenkreises ist, d.h. dass sie nicht hauptberufliche Mitarbeiterin des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit der DDR war. Die BStU hat mit Schreiben vom 29. November 2005 mitgeteilt, dass sich keine Hinweise auf eine hauptamtliche oder verdeckt hauptamtliche Tätigkeit der Klägerin für den Staatssicherheitsdienst der DDR ergeben haben. Eine Feststellung von Zusatzversorgungszeiten zum System Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG ist daher nicht bereits aus diesem Grunde ausgeschlossen.

Nach den Regelungen des zuletzt genannten Versorgungssystems, nämlich der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (Gesetzblatt der DDR I Nr. 93 Seite 844 - im Folgenden: VO AVItech) und der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (Gesetzblatt der DDR Nr. 62 Seite 487) - im Folgenden: 2. DB - hängt ein Anspruch auf Feststellung von Zusatzversorgungszeiten von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Das System war eingerichtet für

1. Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und

2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar

3. in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens.

Die Klägerin erfüllt zwar die persönliche Voraussetzung, da sie eine Ausbildung zur Innenarchitektin erfolgreich absolviert hat. Wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, gehörte die Klägerin damit zu den Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation in die AVItech einzubeziehen waren. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB zählten "Architekten aller Spezialgebiete" zu den Versorgungsberechtigten der technischen Intelligenz.

Auch die sachliche Voraussetzung ist erfüllt, da die Klägerin ausweislich des Sozialversicherungsausweises während des gesamten in Rede stehenden Zeitraums als Innenarchitektin bei dem VEB SHB tätig war.

Der Senat konnte sich jedoch nicht davon überzeugen, dass die betriebliche Voraussetzung erfüllt ist, d.h. dass Hauptzweck des VEB SHB die Massenproduktion von Bauwerken gewesen ist.

Das BSG hat entschieden, dass nach den Regelungen des Versorgungssystems der technischen Intelligenz nur solche volkseigenen Betriebe einbezogen waren, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet waren und deren Hauptzweck auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet war (vgl. Urteil des BSG vom 9. April 2002, Az. B 4 RA 41/01 R). Für den Bereich des Bauwesens hat das BSG diese Rechtsprechung dahingehend spezifiziert, dass ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens die (Massen-) Produktion von Bauwerken voraussetzt (vgl. Urteil des BSG vom 8. Juni 2004, Az. B 4 RA 57/03 R, juris Rn.19 = SozR 4-8570 § 1 Nr. 3; u.a. bestätigt durch Urteil vom 23. August 2007, Az. B 4 RS 3/06 R, juris Rn. 23 und 24 = SozR 4-8570 § 1 Nr. 16).

Nach der Rechtsprechung des BSG hängt die Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion (bzw. zum Bauwesen) oder zu einem anderen Bereich der Volkswirtschaft entscheidend davon ab, welche Aufgabe dem VEB das Gepräge gegeben hat. Hierfür kommt es maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Betriebes an. Die Tatsacheninstanzen haben nach Bundesrecht auf Grund der tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung durch Beweiswürdigung (§ 128 SGG) zu klären, welcher Hauptzweck tatsächlich verfolgt wurde. Hierfür können z.B. Eintragungen in die Liste der volkseigenen Betriebe, Statuten und Geschäftsunterlagen, ebenso aber auch die Zuordnung zu bestimmten Ministerien der DDR wichtige Hilfstatsachen (Indizien) sein, welche bei der Beweiswürdigung für die Geprägefeststellung erheblich werden können (vgl. Urteil vom 18. Dezember 2003, Az. B 4 RA 18/03 R, juris Rn. 22 = SozR 4-8570 § 1 Nr. 1).

Dabei folgt der Senat nicht der Argumentation der Beklagten, dass allein aufgrund der Tatsache, dass der VEB SHB dem MfS unterstellt war und es sich um den Geheimdienst der DDR gehandelt hat, geschlossen werden muss, dass sein Hauptzweck nicht die Massenproduktion von Bauwerken war bzw. er kein VEB des Bauwesens im Sinne der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz gewesen sein kann. Zunächst stellt die Zuordnung eines VEB zu einem bestimmten Ministerium lediglich eines von mehreren Bewertungskriterien dar (vgl. Urteile des BSG vom 10. April 2002, Az. B 4 RA 10/02 R, juris Rn. 19 = SozR 3-8570 § 1 Nr. 5, und vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 18/03 R, a.a.O., juris Rn. 22). Weiter ist der Beklagten zwar zuzugestehen, dass, wie auch die Zeugen M und S ausgesagt haben, die Aufgabe des VEB SHB u.a. die Versorgung der Angehörigen des MfS sowie seiner zivilen Beschäftigten mit Wohnraum, d.h. letztlich also eine ungerechtfertigte Bevorzugung bezüglich der restlichen Bevölkerung, war. Dies betrifft nach Auffassung des Senats jedoch die (bzw. eine der) Motivation(en) zur Gründung dieses VEB und sagt nichts über seinen Hauptzweck aus. Auch der Bau von Bürogebäuden und Wohnungen für die eigenen Beschäftigten kann in Massenproduktionsweise geschehen und dient letztendlich auch der (wenn auch nur eines Teils) Versorgung der Bevölkerung; der Hauptzweck ist unbeachtlich der dahinter stehenden ideologischen Gründe anhand der tatsächlichen Gegebenheiten und der oben genannten Definition des BSG danach zu bestimmen, welche Aufgabe dem VEB sein Gepräge gegeben hat. Allerdings spielt die Tatsache, dass der VEB SHB dem MfS unterstellt war, bei der Frage der Klärung des Hauptzweckes durchaus eine Rolle, wie unten noch zu erläutern und aufzuzeigen sein wird.

Ob die Massenproduktion von Bauwerken der Hauptzweck des VEB SHB war, d.h., ob sie dem Betrieb das Gepräge gegeben hat, ist anhand der vom BSG gegebenen Definitionen und der Ermittlungs- und Beweisergebnisse des vorliegenden Rechtsstreits zu bestimmen. Das BSG hat, wie oben bereits erläutert, entschieden, dass ein Produktionsbetrieb des Bauwesens im Sinne der VO AVItech nur dann vorliegt, wenn eine Massenproduktion von Bauwerken durchgeführt wurde. Eine solche ist nur dann gegeben, wenn es sich um die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken handelte (so auch Urteil des Thüringer Landessozialgerichts - LSG - vom 27. Oktober 2009, Az. L 6 R 1211/07, juris Rn. 30).

Auch nach Durchführung umfangreicher Ermittlungen und Beweiserhebungen des Sozialgerichts und des erkennenden Senats, insbesondere der Einholung von Auskünften von der BStU einschließlich der vorgelegten Befehle zur Gründung des VEB Montagebau Berlin und des VEB Bau-Dynamo sowie des VEB SHB, den Zeugenaussagen von Herrn M, Herrn Sund Herrn S sowie der vom Senat eingeholten Auskunft der BStU vom 9. Dezember 2009 sowie unter Heranziehung von einschlägiger Literatur konnte sich der Senat nicht die hinreichende Überzeugung bilden, dass Hauptzweck des Betriebes die massenweise Bautätigkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG war. Erforderlich ist dabei, dass sich das Gericht die volle Überzeugung von den beweiserheblichen Tatsachen verschafft, es muss sie für bewiesen halten (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 103, Rn. 6a).

Aus den Stellungnahmen der BStU ergibt sich folgendes Bild bezüglich der rechtlichen Stellung und der Aufgaben und Tätigkeiten des VEB SHB: Dieser wurde mit Befehl Mielkes Nr. 29/74 zum 1. Januar 1975 durch eine Fusion des VEB Montagebau Berlin und des VEB Bau-Dynamo gegründet. Aus dem Befehl Nr. 37/67 des MfS geht hervor, dass der VEB Montagebau im Jahre 1968 gegründet wurde, um die Erfüllung der im MfS gestellten politisch-operativen Aufgaben durchführen zu können. Besondere Beachtung war der Absicherung aller Bauvorhaben gegen Spionage, Sabotage und andere Feindtätigkeiten zu schenken. Der Betrieb hatte die Aufgabe, alle für die politisch-operative Arbeit des MfS erforderlichen Investitions- und Sonderbaumaßnahmen in hoher Qualität mit dem effektivsten Nutzen durchzuführen. Nach Auskunft der BStU vom 13. Januar 2005 zählten zu diesen Investitions- und Sonderbaumaßnahmen vorwiegend militärische Anlagen (wie z.B. Dienstgebäude und Bunkeranlagen) für den so genannten "Ernstfall". Die Leitfunktionen des Betriebes waren durch zuverlässige Mitarbeiter des MfS zu besetzen. Ebenfalls im Jahr 1968 wurde auch der VEB Bau-Dynamo gegründet, dessen Aufgabe die Durchführung von Sportbauten, Wohnungsbauten und Bauten der sozialen und kulturellen Betreuung war. Sportbauten waren in erster Linie für die Sportvereinigung Dynamo zu errichten und die Wohnungsbauten für Angehörige des MfS und deren Familienmitglieder (z.B. betriebseigene Ferienheime und Gästehäuser). Der zum 1. Januar 1975 gegründete VEB SHB war, wie sich aus dem Befehl Mielkes Nr. 29/74 aus dem Jahr 1974 ergibt, Rechtsnachfolger der beiden Betriebe und verantwortlich für die Weiterführung aller Aufträge und Verbindlichkeiten dieser Betriebe. In der Ordnung Nr. 15/83 wurde geregelt, dass der VEB SHB ein nachgeordneter Betrieb des MfS war sowie ein volkseigener Betrieb im Sinne der "Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe" vom 8. November 1979 (GBl. DDR Nr. 38, S. 355). Er wurde in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen. Die entscheidenden Leitungsebenen beziehungsweise solche Abteilungen, die Funktionalorgan des Hauptdirektors/Direktors waren, waren mit OibE besetzt. Diese Mitarbeiter standen in einem Dienstverhältnis mit dem MfS; die anderen Beschäftigten hatten kein solches Dienstverhältnis, sondern ein Arbeitsverhältnis, welches sich nach dem Arbeitsgesetzbuch der DDR begründete. Zum 1. April 1984 kam es durch Befehl Mielkes Nr. 19/83 zu einer Umstrukturierung von Verantwortlichkeiten. Die Verantwortung für den VEB SHB wurde der Hauptabteilung II (Spionageabwehr) übertragen.

Der Betrieb hatte nach der Aussage seines ehemaligen Hauptdirektors, des Zeugen M, in dem Zeitraum von 1975 bis Ende 1989 durchschnittlich etwa 2000 Mitarbeiter, nach Aussage von Herrn S ca. 2500, nach Angaben des Zeugen Sanfangs ca. 2500 Mitarbeiter und im Jahr 1989 etwa 3000.

Sicher dürfte nach den Ermittlungen sein, dass der Betrieb zum Teil in Plattenbauweise arbeitete. Er betrieb ein eigenes Betonwerk, wobei unterschiedliche Angaben der Zeugen dazu vorliegen, seit wann dieses Betonwerk bestand, d.h. ob es bereits während des Bestehens der Vorgängerbetriebe VEB Montagebau bzw. VEB Bau-Dynamo in Betrieb genommen wurde. Jedenfalls bestand es wohl während des gesamten Zeitraums von 1975 bis 1989. Festzustellen ist auch, dass der Betrieb verschiedene Aufgaben hatte. Darunter war das Erstellen von Dienst- und Funktionsgebäuden für das MfS, von Sonderobjekten für das MfS sowie auch für die Partei- und Staatsführung, sowie von Sportstätten und Sporteinrichtungen, u.a. für den SV Dynamo, aber auch der Bau von Versorgungseinrichtungen, wie Kindertagesstätten sowie die Instandsetzung und Modernisierung bzw. der Umbau vorhandener Wohngebäude in Funktionsgebäude. So geht z.B. aus dem oben genannten Schreiben des Ersten Sekretärs der Betriebsparteiorganisation des VEB SHB an die Volkskammer der DDR (aus dem Jahr 1989 oder 1990) hervor, dass die Aufgabe des VEB SHB im Wesentlichen in der Projektierung und Realisierung von Dienst-, Unterkunfts-, Wohnungsbau und Sonderobjekten für das MfS sowie in Objekten für die Partei- und Staatsführung bestand und auch weitere Bauleistungen für Investitionsauftraggeber realisiert wurden, insbesondere die Rekonstruktion, die Instandsetzung aber auch der Neubau von einzelnen Wohngebäuden.

Bei den realisierten Einzel- bzw. Sonderobjekten handelte es sich auch um Sportstätten, so wurde nach Angaben des Zeugen M zum Beispiel der Eispalast in Berlin von dem VEB SHB errichtet. Für den SG D hat er eine Schwimmgegenstromanlage in H errichtet. Außerdem hat er Sportanlagen in Z und in A errichtet, in Z einen Schießstand und in A ein Ferienheim. Bestätigt hat der Zeuge auch, dass zum Teil Versorgungseinrichtungen, wie Kindertagesstätten, ein Schwimmbad und Verkaufseinrichtungen erstellt wurden. Weiter ergibt sich aus den Unterlagen und den Zeugenaussagen, dass der VEB SHB (auch) als Generalauftragnehmer (GAN) fungierte, und zwar während des gesamten in Rede stehenden Zeitraums, verstärkt jedoch wohl in der Zeit nach 1985, in dem der Dienstkomplex Normannenstraße (DK NO) weit gehend fertig gestellt war.

Welche Tätigkeit bzw. welche Aufgaben des VEB SHB überwogen und damit den Hauptzweck darstellten, lässt sich für den Senat nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen.

Nach Darstellung der Zeugen, insbesondere des Zeugen S, hat die Erbauung von Gebäuden in Plattenbauweise überwogen, wobei bereits unterschiedliche Angaben zu der Art der überwiegend erstellten Gebäude gemacht wurden. So hat der Zeuge Mausgesagt, dass die Einzelstandorte einen geringen Teil im Verhältnis zu Wohnkomplexen betragen hätten. Der Zeuge S hat dagegen einen Anteil von Wohnkomplexen von 70% und Einzelstandorten von ca. 30% angegeben, wobei nicht klar wird, wo er den Bau von Dienst- und Funktionsgebäuden für das MfS einordnet. Der Zeuge S hat ausgesagt, dass der Wohnungsbau zu Anfang des Bestandes des VEB SHB ca. 20% und am Ende ca. 40% betragen habe, der Rest, also anfangs 80% und später 60%, habe die Erstellung von Dienstgebäuden und anderen Einrichtungen betroffen.

Eindeutig erscheint dem Senat, dass die Erstellung von Wohnkomplexen entgegen der Aussage des Zeugen M nicht überwogen hat. Dies ergibt sich u.a. aus den auf Anfrage des Senats von der BStU mit Schreiben vom 9. Dezember 2009 übermittelten Unterlagen bezüglich der Bautätigkeit des VEB SHB. So geht aus dem "Auskunftsbericht über den Fünfjahrplan Bauinvestitionen 1971 bis 1975", Punkt 2. "Die Schwerpunkte der Bauinvestitionstätigkeit 1971 bis 1975" hervor, dass in dem genannten Zeitraum für die Sicherung der politisch-operativen Arbeit und hier der Beschaffung von Diensträumen und Arbeitsplätzen 35,4% der materiellen Fonds zur Verfügung gestellt wurden sowie für sonstige Dienstobjekte 17,0%, insgesamt 52,4%. Demgegenüber stand die Bereitstellung von materiellen Fonds in Höhe von 26,3% für Wohnungen und von 5,3% für soziale Einrichtungen sowie von 2,1% für Versorgungseinrichtungen. Für sonstige Investitionen, wie Lagerwesen, Werkstätten und technische Einrichtungen sowie für den Bereich SV Dynamo wurden insgesamt 13,9% benötigt. Auch in den folgenden Jahren hat sich dies nicht wesentlich geändert. So geht aus dem Bericht der Verwaltung Rückwärtige Dienste vom 25. August 1976, "Bauvorhaben 1978-80 - Bereich Berlin" (Anl. 8 des Schreibens der BStU) hervor, dass "zur Sicherung der vom Genossen Minister (Mielke) bestätigten Übergabetermine für die Teilobjekte des Dienstkomplexes Normannenstraße und des weiteren Ausbaus dieses Komplexes" vorgesehen war, "die Kapazitäten des VEB SHB an diesem Bauvorhaben zu konzentrieren". Für die Bereitstellung von Wohnungseinheiten über die örtlichen Organe waren die erforderlichen Anteile einzuordnen. Im Rahmen des eigenen Wohnungsbaus des MfS waren (nur) 200 Wohnungseinheiten am Standort O sowie weitere Reihenhäuser vorgesehen. Auch aus der "Objektliste Planjahr 1981 für Bauinvestitionen" (Anl. 9 des Schreibens der BStU) ergibt sich, dass ein Schwerpunkt in der Realisierung des Dienstkomplexes Normannenstraße bestand. Daneben wurden weitere Projekte verfolgt, wie z.B. Rekonstruktionen, das Dienstobjekt H mit u.a. einer Kfz-Annahme, am Sportforum Dienstgebäude einschließlich Außenanlagen. Es wurde zwar auch Wohnungsbau durchgeführt, so z.B. 240 Wohnungseinheiten an der O erstellt sowie in FWohnungen gebaut, allein vom Wertumfang war dies jedoch insbesondere im Vergleich zum Wertumfang Normannenstraße deutlich geringer und in der Gesamtschau sämtlicher in diesem Jahr zu erstellenden Objekte eindeutig nicht Hauptaufgabe.

Insbesondere der Zeuge S hat die Aufgabe des VEB SHB dergestalt dargestellt, dass dieser im Wesentlichen Bürogebäude, hier in der Zeit von 1975 bis 1985 zu einem großen Teil den "Dienstkomplex Normannenstraße", also die Hauptzentrale des MfS in Berlin-Lichtenberg, gebaut habe. Bereits aus der Aussage des Zeugen S selbst ergeben sich dabei Unklarheiten bezüglich des Umfangs und des Anteils an der Gesamttätigkeit des VEB SHB. So hatte der Zeuge zunächst angegeben, dass in den Jahren 1973 bis 1985 etwa ein Drittel der Baukapazität des VEB SHB auf den DK NO konzentriert wurde. Bei späterer Nachfrage sagte er aus, dass der VEB SHB von 1975 bis 1985 schwerpunktmäßig in der Normannenstraße gearbeitet habe. Die Angabe, dass mit schwerpunktmäßig ein Drittel gemeint sei, wurde erst auf Vorhalt des Senats, dass der Zeuge vorher angegeben habe, es sei lediglich ein Drittel der Kapazitäten auf diesen Komplex verwandt worden, gemacht. Weiter hat der Zeuge, auch auf ausdrückliche Nachfrage, angegeben, dass der VEB SHB im Wesentlichen die "Hülle" der Gebäude in der Normannenstraße und anderer Dienstgebäude erstellt habe, und zwar in Plattenbauweise; mit besonderen Anforderungen, die sich aufgrund der politisch-operativen Arbeit des MfS ergeben hätten, jedoch nichts zu tun gehabt habe. Besondere Sicherungsmaßnahmen, wie sie z.B. im Haus 8 des DK NO, im Archivgebäude, notwendig gewesen seien, seien seines Wissens durch andere Firmen durchgeführt worden. An dieser Darstellung des Zeugen hat der Senat erhebliche Zweifel. So ergibt sich z.B. aus der Diplomarbeit zur Erlangung des Titels Diplomarchivarin (FH), "Zur Entstehung und Entwicklung des zentralen Dienstkomplexes des Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin-Lichtenberg, Normannenstraße 22, zwischen 1950 und 1989/90", vorgelegt von Nora Kuhlicke und Beate Rost, zu finden zum Beispiel in der Bibliothek der BStU und der Fachhochschule P (im Folgenden: Diplomarbeit Kuhlicke/Rost), dass der VEB SHB nicht nur, ohne Einzelkenntnisse von notwendigen Sicherungsvorrichtungen und anderen, sich aus der Aufgabe des MfS ergebenden Notwendigkeiten zu haben und ohne in die Errichtung und Planung dieser einbezogen zu sein, lediglich "Gebäudehüllen" in Plattenbauweise erstellt hat. So heißt es dort:

"Der Bauablaufplan orientierte als Baubeginn den 01. Juli 1980. Als Termin der Fertigstellung wurde der 31. November 1983 genannt. Wie bei allen Investitionsvorhaben innerhalb der MfS-Zentrale fungierte die VRD, Abteilung Bauwesen-Auftragsleitung DK NO als Investitionsauftraggeber (IAG), der den VEB Spezialhochbau (VEB SHB) als Generalauftragnehmer (GAN) für die Realisierung des Vorhabens verpflichtete. In die Vorbereitung und Realisierung des Investitionsvorhabens waren folgende Fachabteilungen des MfS einbezogen: die Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe mit den ihr unterstellten Diensteinheiten (der Abteilung XII und Abteilung XIII), die Abteilung Nachrichten, die Abteilung 26 (Telefonüberwachung), der OTS (Operativ-technischer Sektor), die HA III (Funkaufklärung/Funkabwehr), das Büro der Leitung, der Zentrale Medizinische Dienst und die Verwaltung Rückwärtige Dienste/Abteilung Bauwesen. Die nacheinander folgenden bzw. auch parallel laufenden Bauabschnitte umfassten anfangs die Errichtung von fünf mit einander verbundenen Teilobjekten. Während der Bauarbeiten erhöhte sich die Anzahl der Teilobjekte, so dass sich der Gebäudekomplex nach seiner Fertigstellung aus neun Teilen zusammensetzte.

Teilobjekt 1 der 7-geschossige Archivbau (Bauteil A und B) Teilobjekt 2 der von ursprünglich 10 auf 11 Geschosse erweiterte Büroraumanbau des Hauses 8 an der Magdalenenstraße Teilobjekt 3 der 10-geschossige Büroraumanbau des Hauses 9, Übergang zum Haus 7 Teilobjekt 4 das 2-geschossige Kellerbauwerk unter der Hofebene mit Schutzräumen, Filmbunker, Waffenkammern, Klimazentrale Teilobjekt 5 das 3-geschossige Funktionsgebäude des Hauses 10 mit Garagen, Trafostation, Feuerwehr, Notstromanlage, Papiervernichtungsanlage Teilobjekt 6 der Umbau des Investitionsvorhabens DK NO I, der Trafostation aus dem Jahr 1960 Teilobjekt 7 nach dem derzeitigen Forschungsstand konnte diesem Teilobjekt kein Gebäude zugewiesen werden Teilobjekt 8 der 11-geschossige Büroraumanbau des Hauses 11 wurde als Lückenschließung zum Haus 12 (Magdalenenstraße 1) nachprojektiert Teilobjekt 9 Zufahrt (eingeschossig)" (Diplomarbeit Kuhlicke/Rost, S. 34/35).

Weiter heißt es dort - bezogen auf die Herstellung des Hauses 8, des Archivgebäudes - (Diplomarbeit Kuhlicke/Rost, S. 40):

"Zur Problematik der elektromagnetischen Schirmung kamen Probleme mit dem für die Ausführung der monolithischen Tragkonstruktion und Gleitkernen als Nebenauftragnehmer verpflichteten VEB Bau- und Montagekombinat Ingenieurhochbau (VEB BMK IHB). Bereits 1981 gab es bei der Abarbeitung der Leistungen seitens des IHB erhebliche Schwierigkeiten, die zu einer Nichterfüllung der speziellen Staatsauflage führten und sich im zeitlichen Rückstand gegenüber dem geplanten Bauablauf ausdrückten. Die Ursachen der Untererfüllung lagen im schleppenden Bauablauf und der Unterbesetzung der Baustelle mit Arbeitskräften. Trotz abgestimmter Terminkorrekturen wies der Ablaufplan fortlaufend neue Rückstände aus, so dass die Bauablaufkonzeption sowie die Realisierungszeiten fortlaufend korrigiert werden mussten. Darüber hinaus traten eine Reihe von Detailproblemen, u. a. bei der Realisierung der geforderten Staubfreiheit, der Inbetriebsetzung und Optimierung der automatischen Klimaregelung und beim Melde- und Alarmierungssystem auf, da die Ausrüstungsbetriebe nicht in der Lage waren, den zeitlichen Aufwand der Montageleistungen und der Funktionsproben präzise einzuschätzen. Um die Kooperationskette der beteiligten Gewerke neu aufzubauen, überarbeitete der VEB Spezialhochbau den Gesamtablauf."

Daraus, dass der VEB SHB als GAN für das gesamte "Projekt" DK NO fungierte und insbesondere aus der Angabe, dass er "den Gesamtablauf überarbeitete" ergibt sich, dass er nicht lediglich, ohne Kenntnisse von den speziellen Anforderungen, die an die Bauten gestellt wurden, lediglich in Plattenbauweise die "Gebäudehüllen" erstellt hat, sondern dass er verantwortlich für das gesamte Projekt, also auch für die Spezialbauten und besondere Objekte war und diese bei der Ermittlung des Hauptzweckes ihm zugerechnet werden müssen. Dies hat der Zeuge S eindeutig anders dargestellt, es ergeben sich daher auch insgesamt Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben und seiner Glaubwürdigkeit. Insbesondere im weiteren Verlauf der Zeugenvernehmung und auf Nachfrage hat er zum Teil andere Angaben gemacht, als am Anfang der Befragung. Der Senat hatte den Eindruck, dass der Zeuge bewusst die Vorstellung vermitteln wollte, der VEB SHB habe nichts anderes gemacht, als in Plattenbauweise "normale" Bürogebäude zu erstellen und mit etwaigen Spezialanfertigungen oder Sonderobjekten nichts zu tun gehabt. Bei dem Zeugen Mhatte die Berichterstatterin einen ähnlichen Eindruck, so wurde er während seiner Vernehmung daraufhin gewiesen, dass die DDR untergegangen ist und er keinen Geheimhaltungspflichten gegenüber irgendwelchen Stellen mehr verpflichtet ist, da der Eindruck bestand, dass er, insbesondere hinsichtlich der Frage, aus welchen Gründen der VEB SHB dem MfS unterstand, vorliegendes Wissen nicht preisgab. Insbesondere hat der Senat Zweifel, ob nicht doch noch mehr "besondere Objekte" vom VEB SHB projektiert und/oder gebaut beziehungsweise als GAN begleitet wurden, als von den Zeugen angegeben. So ergibt sich z.B. aus der Auskunft der BStU vom 13. Januar 2005, dass der VEB Montagebau vorwiegend militärische Anlagen, z.B. Dienstgebäude und Bunkeranlagen für den so genannten "Ernstfall" erstellt hat. Da bei Gründung des VEB SHB die Aufgaben sowohl des VEB Montagebau als auch des VEB Dynamo-Bau weitergeführt werden sollten, ist nicht klar, ob nicht möglicherweise doch auch Bunkeranlagen und/oder andere, der Arbeit des MfS dienende und strenger Geheimhaltung unterliegende Bauten erstellt wurden. Aufgrund der notwendigen besonderen Geheimhaltung könnte es auch sein, dass teilweise diese Bauten in den Unterlagen bezüglich des VEB SHB gar nicht verzeichnet sind. Ein Hinweis darauf, dass der Zeuge S die Tätigkeit des VEB SHB nicht ganz den Tatsachen entsprechend dargestellt hat, ergibt sich für den Senat auch daraus, dass er auf die Frage des Senats, aus welchem Grund der VEB SHB dem MfS unterstellt war, spontan angab, dass dies seines Erachtens dem Sicherheitsbedürfnis dieses Ministeriums entsprochen habe, dann als Grund dafür jedoch ausführte, dass jedes DDR-Ministerium einen eigenen Baubetrieb gehabt habe und dadurch gewährleistet gewesen sei, dass man flexibler und nicht abhängig von der zentralen staatlichen Planung gewesen sei.

Für den Senat hat sich aus keiner der Angaben der drei Zeugen plausibel ergeben, aus welchem Grund der VEB SHB dem MfS unterstellt war. Es gab in der DDR zuletzt lediglich fünf Betriebe, die dem MfS unterstellt waren, wie sich aus Mielkes Ordnung Nr. 15/83 vom 1. Dezember 1983 ergibt. Dabei handelte es sich um den VEB Spezialhochbau Berlin, den VEB Raumkunst Berlin, das Institut für Technische Untersuchungen (ITU), das Institut für Wissenschaftlich-Technische Entwicklungen (IWTE) und den Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Neuhaus. Außer bei dem Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb erschließt sich zwanglos, dass es sich dabei um Betriebe handelte, die für die operativ-technische Arbeit des MfS von besonderer Bedeutung waren und die für die besonderen Aufgaben die entsprechenden Gerätschaften und Anlagen entwickeln beziehungsweise bauen sollten. So hatte zum Beispiel das ITU ab 1986 Geräte für die Funkabwehr, zur Informationsspeicherung und Raum- und Telefonwanzen zu liefern (vgl. BStU, Die Struktur des MfS, Operativ-Technischer Sektor des MfS [OTS], zu finden unter www.bstu.bund.de). Es entzieht sich der Vorstellungskraft des Senates, dass der VEB SHB, der als einer dieser wenigen Betriebe dem MfS unterstellt war, lediglich, ohne spezielles Wissen über die sich aufgrund der Arbeit des MfS ergebenden Aufgabenstellungen und Einzelheiten über die zu erstellenden Gebäude, dafür lediglich die baulichen Hüllen geliefert haben und nicht auch in die Realisierung dieser konkret eingebunden gewesen sein soll. Wäre dies nicht der Fall gewesen, so hätte es einer Unterstellung unter das MfS nicht bedurft, dann hätte sich das MfS eines anderen Baubetriebes, wie es nach den Angaben des Zeugen S auch sonst geschehen ist, bedienen können. Der Senat sieht sich in seiner Einschätzung, dass der VEB SHB in die Erstellung spezieller, den Anforderungen eines Staatssicherheitsdienstes genügender Bauten verantwortlich eingebunden war, bestätigt durch die Tatsache, dass die Leitungsebene des Betriebes mit so genannten "OibE" besetzt war, d.h. mit verdeckt eingesetzten hauptamtlichen Offizieren des MfS. Unterstrichen wird der Eindruck, dass der VEB SHB in wesentlich größerem Umfang als von den Zeugen dargestellt sicherheitsrelevante und der Geheimhaltung unterliegende Gebäude erstellt hat, durch Mielkes Befehl Nr. 19/83 von Dezember 1983, mit dem unter anderem der VEB SHB der Hauptabteilung (HA) II (Spionageabwehr) unterstellt wurde. Dort heißt es im Prolog: "Die Gewährleistung der Sicherheit des MfS ist eine Grundvoraussetzung des erfolgreichen Kampfes gegen den Feind. Die verstärkten Angriffe des Feindes gegen das MfS, seine zunehmenden Versuche, in die Reihen der Angehörigen des MfS einzudringen, erfordern, die Qualität und Effektivität der gesamten politisch-operativen Abwehrarbeit und deren Führung und Leitung auf diesem Gebiet zu erhöhen. Zur weiteren Qualifizierung der politischen-operativen Abwehrarbeit und zur allseitigen Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung in den dem MfS nachgeordneten bzw. vom MfS genutzten Betrieben und Einrichtungen sowie zur weiteren Qualifizierung der politisch-operativen Abwehrarbeit an Objekten der HA III und der VRD [Verwaltung Rückwärtige Dienste] des MfS Berlin befehle ich: ( ...)". Es folgt eine Umstrukturierung von Verantwortlichkeiten bezüglich der dem MfS unterstellten Betriebe.

Aus alledem ergeben sich für den Senat erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung der Aufgaben des VEB SHB durch die Zeugen. Für die Errichtung von reinen Wohngebäuden, wie es der Zeuge M dargestellt hat beziehungsweise von überwiegend Bürogebäuden in Plattenbauweise, ohne Bezug auf die Funktionen, die die Gebäude für das MfS erfüllen sollten, wie es der Zeuge S dargestellt hat, wäre die Unterstellung unter das MfS, die Geheimhaltung und die Führung durch Mitarbeiter des MfS nicht notwendig gewesen.

Der Senat hat damit insgesamt Zweifel daran, dass überwiegend Gebäude in Serienfertigung erstellt wurden sowie außerdem daran, dass überwiegend gleichartige Bauwerke erstellt wurden.

Bezüglich der Frage, welche Art von Gebäuden überwiegend erstellt wurden und in welcher Form die Verantwortung dafür beim VEB SHB lag, ergibt sich für den Senat das Bild, dass eine Mischtätigkeit vorlag. So hat der VEB SHB sicher auch Wohnkomplexe in Plattenbauweise erstellt und auch Bürogebäude; dabei wird jedoch nicht klar, in welchem Verhältnis dies zu Einzelanlagen, wie Sportstätten, insbesondere aber auch zu anderen Funktionsgebäuden für das MfS stand sowie, in welchem Umfang der VEB SHB als GAN fungierte. Bezüglich der Tätigkeit als GAN hat auch der Zeuge S zum Teil unterschiedliche Angaben gemacht, so hatte er zunächst ausgesagt, dass Kindergärten von einem anderen Betrieb erstellt wurden, der diese in Serie produzierte, später hat er angegeben, dass Kindergärten vom VEB SHB zum Teil in Eigenproduktion, und dann nicht in Serie, gebaut wurden und schließlich, dass dies von Fall zu Fall unterschiedlich gewesen sei. Zu berücksichtigen ist weiter, dass auch in nicht unerheblichem Maße Rekonstruktionen und Modernisierungen stattfanden, die von den Zeugen entweder gar nicht, erst für einen späteren Zeitraum, d.h. die Zeit nach 1986, bzw. erst auf Nachfrage eingeräumt wurden. Dass auch in nicht unerheblichem Umfang Rekonstruktionen und Instandhaltungen stattfanden, ergibt sich u.a. aus der Diplomarbeit Kuhlicke/Rost über das DK NO, in der ausgeführt wird, dass 1978/79 die Rekonstruktion der Häuser 13 und 14 des DK NO erfolgte, 1983 die Rekonstruktion des Hauses 22, 1984 die Rekonstruktion bzw. Verlagerung und Modernisierung des Hauses 12 und 1985 die Rekonstruktion der Häuser 5 und 6 in der Magdalenenstraße (vgl. Diplomarbeit Kuhlicke/Rost, Seite 48 und Seite 65). Wenn am Dienstkomplex Normannenstraße, der in den Jahren 1975 bis 1985 einen großen Teil der Bautätigkeit des VEB SHB ausmachte, in relativ großem Umfang Rekonstruktionsarbeiten durchgeführt wurden, so lässt dies darauf schließen, dass dies auch bei der übrigen Arbeit des VEB SHB eine Rolle spielte. Bezüglich der Frage des Umfangs der Einzelanlagen am Gesamtaufkommen des VEB SHB bestehen, wie oben erläutert, für den Senat Zweifel, ob nicht doch in größerem Umfang auch solche errichtet wurden. Gar nicht genannt werden die sich aus den von der BStU mit Schreiben vom 9. Dezember 2009 übersandten Unterlagen ergebenden Bauten wie Sendezentren, Sonderfunkobjekte, eine Untersuchungshaftanstalt, Garagen und Werkstätten, ein Heizhaus, Trafostationen, Sporthallen, Turnhallen etc. Hinzu kommt, dass bei den bekannten Gebäuden, wie z.B. dem Dienstkomplex Normannenstraße (der immer wieder beispielhaft genannt wird, weil die Erkenntnislage diesbezüglich relativ gut ist) nach Einschätzung des Senats der VEB SHB in wesentlich größerem Umfang auch an Spezialbauten beteiligt war, als die Zeugen, insbesondere der Zeuge S, es angegeben haben.

Diesbezüglich stellt sich die Sachlage für den Senat so dar, dass auch die Gebäude, die der VEB SHB für die politisch-operative Arbeit des MfS erstellt hat, also Dienst- und Funktionsgebäude, zumindest zu einem großen Teil keine gleichartigen Gebäude gewesen sind und dies, da die Anforderungen eines Geheimdienstes beachtet werden mussten, auch gar nicht sein konnten. Dass viele der Gebäude, die der VEB SHB erstellt hat bzw. deren Realisierung in seiner Endverantwortung lagen, ganz spezielle Anforderungen stellten, ergibt sich aus den Ausführungen in der Diplomarbeit Kuhlicke/Rost. Dort heißt es bezüglich der Erbauung des Hauses 8 (Archivgebäude):

"Der Gebäudekomplex Haus 8/9 entstand in den Jahren zwischen 1981 und 1985 als "Ausgewähltes Vorhaben der Landesverteidigung, LVO-Nr.59 7713-15-5306" (Diplomarbeit Kuhlicke, Seite 30). "Die Projektierungen zum Investitionsvorhaben DK NO VI und VII richteten sich an der späteren Funktion der Teilobjekte, als Zweckbauten für die elektronische Datenverarbeitung der Diensteinheiten der ZAIG aus" (Diplomarbeit Kuhlicke/Rost, Seite 30).

"In der ursprünglichen Projektierung setzte sich der Neubau aus mehreren neun und elfgeschossigen Bürogebäudeteilen und einem im Kern befindlichen Archivzweckbau zusammen. Nach der Fertigstellung sollten die Teilobjekte der Abteilung XIII als Rechenzentrum und der Abteilung XII als zentraler Speicher/Auskunft dienen. Auf Grund der sich ständig weiterentwickelnden Technologien zur Datenverarbeitung, einschließlich der sich dadurch ändernden Forderungsprogramme der Abteilungen, bedurfte auch die Aufgabenstellung, d.h. die Anforderung an die Bauausführung einer ständigen Anpassung. Die ursprünglich erarbeitete Konzeption der 70er Jahre wurde bereits vor dem geplanten Baubeginn 1980 durch nicht kalkulierte finanzielle Aufwendungen, sowie der sich aus zusätzlichen technischen Spezialeinbauten resultierenden Bauverlängerung hinfällig" (Diplomarbeit Kuhlicke/Rost, Seite 30/31).

"Bei allen Teilobjekten handelte es sich um Bauwerke mit einer Tragkonstruktion aus monolithischem Stahlbeton. Nach der Errichtung der Tragkonstruktion des Archivgebäudes (TO 1), wurde an der Ostfassade der Plattenbau des Hauses 8 (TO 2) in Montagebauweise angebaut. Als Gebäudebegrenzung diente eine 150 mm starke Stahlbetonwand. Das gleiche galt für einen Teil der Westfassade (Anschluss TO 3). Die restliche Fassade an der West- und Südseite wurde durch Fertigteile, wie Brüstungselemente und Fensterbänder, geschlossen. Alle Fenster erhielten eine doppelte Verglasung. Als Außenscheiben wurde Gartenklarglas eingesetzt. Die Gleitkerne dienten der vertikalen verkehrs- und installationsmäßigen Erschließung, ohne dafür in den Geschossdecken Durchbrüche vornehmen zu müssen. Die Geschossdecken waren jeweils 300 mm stark, während die Riegelhöhen zwischen 1200 mm (Kellergeschoss bis zum 4. OG), 1000 mm im 5. OG und 800 mm im 6. OG schwankten. Die Deckenbelastung betrug 2000 kp/m² im Kellergeschoss sowie 1500 kp/m² vom Erdgeschoss bis zum 6. OG. Gemäß der von den Bedarfsträgern gestellten sicherungsmässigen Anforderungen an die neuen Diensträume, wurden im Bereich des Hauses 8 (TO 2), alle zur Magdalenenstraße gehenden Fenster im Parterre vergittert und ohne Ablagemöglichkeiten eingebaut. Vorgesehene Kellerfenster wurden mit Stahlblechklappen bzw. engmaschigen Gittern verschlossen" (Diplomarbeit Kuhlicke/Rost, Seite 36).

"Die Sicherungsmaßnahmen im Inneren der Teilobjekte richteten sich ebenfalls an den Forderungen der Bedarfsträger aus. Diese betrafen im besonderen die spezifischen, technischen und ausstattungsmäßigen Anforderungen an den Schutz vor magnetischer Abstrahlung, den Schallschutz und den gestelzten Fußboden, die Nachrichtentechnik, den Schutz vor elektromagnetischer Beeinflussung von außen, die Energieversorgung (in Form zweier unterbrechungsfreier Stromversorgungsanlagen), die Klimatechnik (für die Rechner- und Sonderbereiche), die technischen Warn- und Sicherungssysteme sowie die Brandschutztechnik. Der VRD/Abteilung Bauwesen, Auftragsleitung DK NO oblag die Sicherung einer "sachkundigen Legendierung", so dass die Grundrisse der Räume, der Geschosse sowie Dokumente über deren technische Ausrüstungen MfS-externen Personen und Einrichtungen unbekannt blieben. Bei der Feinprojektierung der Standortbedingungen und Raumbelegungsplanung für die Abteilung XII waren auf Grund der Konspiration der Arbeitsabläufe zur Speicherung und Beauskunftung von Daten zahlreiche bauliche Besonderheiten zu berücksichtigen. Bereits in der Stellungnahme zur Vorlage der Grundsatzentscheidung DK NO VI im September 1980, wies der Leiter der Abteilung XII darauf hin, "dass die Abteilung XII in den Gesamtkomplex so eingeordnet wird, dass eine hermetische Abtrennung von anderen Diensteinheiten gewährleistet wird. Das betrifft im besonderen die Zugänge zu den Anschlussräumen und den L[uft]S[chutz]-Bereich sowie die Übergänge über den Verkehrskern zur Gewährleistung einer gesicherten Verbindung zwischen A- und B-Sälen ". Die Forderungen reichten von der Schaffung separater Zugänge in die einzelnen Archiv- und Karteibereiche über zu installierende Fernbeobachtungsanlagen und Schleusenbereiche bis zur Verwendung von Codeschlössern und Türwechselsprechanlagen. Zur "reibungslosen Abwicklung des Besucherverkehrs"erwies sich eine Kennzeichnung jeweils freier Kabinen mittels Leuchttableaus als erforderlich. Ebenso erschienen Trennwände, die zwar die Einsichtnahme, jedoch nicht die Mithörgelegenheit seitens der "Besucher" verhinderten, als unzureichend. "Es wird deshalb empfohlen, die Abschallung entweder T-förmig zu gestalten oder im Raum selbst, als getrennte Kabinen auszubilden." Unter der Beachtung der Bestimmungen der Waffen- und Munitionsordnung des MfS übernahm die Abteilung XII in Abstimmung mit dem Leiter der Diensteinheit Bewaffnung/Chemischer Dienst drei als Waffenkammern ausgestattete Räume im 1. Kellergeschoss des Hauses 9. Die größten bautechnischen Herausforderungen stellten jedoch die elektromagnetischen Begrenzungsmaßnahmen zum Schutz der Datentechnik vor elektronischer Aufklärung und Angriffen mit elektromagnetischen Waffen dar. Zur Verhinderung der elektromagnetischen parasitären Abstrahlung beim Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsanlagen wurde in den entsprechenden Rechnerzonen der Einbau eines Faradayschen Käfigs geplant und projektiert. Nach den anfänglichen Erfahrungen der Abteilung Nachrichten Mitte der 70er Jahre, bedurfte der Einsatz von Datenerfassungs- und Bildschirmgeräten sowie EDV-Kleinanlagen ohne Wechselplattenspeicher keiner Abschirmung, da diese Geräte auf Grund der relativ langsamen Impulsfolge keine elektromagnetische Strahlung aussandten bzw. die Abstrahlung so gering war, dass bereits nach kurzer Entfernung keine messbaren Werte mehr auftraten. Da jedoch bereits zum Zeitpunkt der Projektierung der Einsatz von Wechselplattenspeichern in diesen Räumen nicht ausgeschlossen werden konnte, die entsprechenden elektromagnetischen Werte der zukünftigen Datenerfassungsgeräte aber nicht bekannt waren, wurde mit den Vertretern der Fachabteilungen Nachrichten und XIII unter Berücksichtigung des materiellen und finanziellen Aufwandes vereinbart, die entsprechenden Räume mit drei unterschiedlichen Abschirmstufen auszustatten. Die Projektierung variierte innerhalb der 20 %igen Dämpfung durch Wandverkleidungen mit Aluminiumfolie und Filtereinsätzen sowie der verstärkten, bis zu 80 %igen Abschirmung. Diese sollte unter Nutzung fensterloser Räume bzw. von mit Wabenkernen ausgestatten Fenstern, der elektromagnetischen Filterung aller herausführenden Leitungen, der elektromagnetischen Abschirmung aller Durchbrüche, den Einsatz von Spezialtüren sowie der Verkleidung mit Kupferfolie, deren Stärke sich nach den abgestrahlte Frequenzen und dem geforderten Abschirmungsgrad richtete, realisiert werden. Der Leistungsumfang der dritten Stufe sollte eine Abschirmung von über 80 % erreichen. Waren in der Phase der Projektierung und Planung die Datenendplätze (Bildschirmterminal und Drucker) nicht berücksichtigt bzw. nur auf geräte- oder arbeitsplatzbezogene Schirmungsmaßnahmen begrenzt, führten umfangreiche Untersuchungen und Messungen jedoch zu dem Ergebnis, dass eine Geräteschirmung zum Zeitpunkt der Installation nicht realisierbar war und für diese Geräte die gleichen elektromagnetischen Schirmungsmaßnahmen zu realisieren waren, wie in den Rechnerzonen. Die durchgeführten Variantenvergleiche orientierten auf die Gesamtsicherung der für den Einsatz dieser Gerätetechnik vorgesehenen Räume bzw. Etagen. Damit stiegen die Leistungen der elektromagnetischen Schirmung um 100 %. Der Bedarf an Kupfer erhöhte sich um 20,1 t, die Kosten stiegen auf 1.000.000 Mark. Dieser Zusatzbedarf mußte jedoch erst in den "handelsüblichen Import" des darauf folgenden Planjahres eingeordnet werden. Auch bedurften "Valutamittel, die zur finanziellen Sicherstellung dringender politisch-operativer Aufgaben über die Vorgabekennziffer hinaus benötigt werden",grundsätzlich der Bestätigung des Ministers. Die geplanten Terminvorgaben konnten nicht erreicht werden, da sich die erforderlichen Realisierungszeiten von 12 auf 24 Monate erhöhten. Insgesamt wurden Räume in einer Gesamtfläche von ca. 9200 m² zur elektromagnetischen Schirmung mit 40,1 t Kupferfolie ausgekleidet. 6200 m² erhielten eine ISO-Wand- und Deckenverkleidung und 2500 m² wurden mit einem gestelzten Fußboden versehen. Zur Problematik der elektromagnetischen Schirmung kamen Probleme mit dem für die Ausführung der monolithischen Tragkonstruktion und Gleitkernen als Nebenauftragnehmer verpflichteten VEB Bau- und Montagekombinat Ingenieurhochbau (VEB BMK IHB). Bereits 1981 gab es bei der Abarbeitung der Leistungen seitens des IHB erhebliche Schwierigkeiten, die zu einer Nichterfüllung der speziellen Staatsauflage führten und sich im zeitlichen Rückstand gegenüber dem geplanten Bauablauf ausdrückten. Die Ursachen der Untererfüllung lagen im schleppenden Bauablauf und der Unterbesetzung der Baustelle mit Arbeitskräften. Trotz abgestimmter Terminkorrekturen wies der Ablaufplan fortlaufend neue Rückstände aus, so dass die Bauablaufkonzeption sowie die Realisierungszeiten fortlaufend korrigiert werden mussten. Darüber hinaus traten eine Reihe von Detailproblemen, u. a. bei der Realisierung der geforderten Staubfreiheit, der Inbetriebsetzung und Optimierung der automatischen Klimaregelung und beim Melde- und Alarmierungssystem auf, da die Ausrüstungsbetriebe nicht in der Lage waren, den zeitlichen Aufwand der Montageleistungen und der Funktionsproben präzise einzuschätzen. Um die Kooperationskette der beteiligten Gewerke neu aufzubauen, überarbeitete der VEB Spezialhochbau den Gesamtablauf. Unter Inkaufnahme von Prozessüberlagerungen waren die Fertigstellungstermine der Teilobjekte von diesem Zeitpunkt an abschnittsweise für März, Juli und November 1984 konzipiert. Der ursprünglich geplante Endtermin (November 1983) war somit auf das zweite Halbjahr 1984 verschoben worden. Nach Fertigstellung des Gebäudekomplexes standen den Diensteinheiten des MfS 272 neue Diensträume mit ca. 5800 m² Fläche zur Verfügung. Diese wurden vorrangig für den Ausbau zu Archivräumen genutzt; 2600 m² Grundfläche wurden für elektronische Datenverarbeitungsanlagen einschließlich peripherer Geräte sowie ca. 260 m² für Lagerflächen verwendet" (Diplomarbeit Kuhlicke/Rost, Seiten 37- 41)

Aus den (beispielhaft zitierten) Auszügen ergibt sich für den Senat, dass Dienstgebäude des MfS durchaus spezielle Anforderungen stellten, so dass sie nicht als gleichartige Gebäude bezeichnet werden konnten. Weiter ergibt sich, dass der VEB SHB in großem Umfang auch als GAN fungierte. Zudem wird noch einmal unterstrichen, dass die Bauten für das MfS einer hohen Geheimhaltung unterlagen, was sich nicht erschließen würde, wenn es sich um reine Bürogebäude handeln würde.

Soweit der VEB SHB auch als GAN tätig wurde, handelte es sich dabei um eine Dienstleistung und nicht um Produktion im Sinne der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz. Nach dem Sprachgebrauch der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme wurde einem GAN vom Investitionsauftraggeber die Durchführung von Investitionsvorhaben auf vertraglicher Basis übertragen (vgl. Lexikon der Wirtschaft –Industrie-, Verlag Die Wirtschaft, [Ost-] Berlin 1970, Stichwort Generalauftragnehmer, zitiert nach dem Urteil des BSG vom 23. August 2007, Az. B 4 RS 3/06 R, juris Rn. 25). Damit ist die Tätigkeit eines GAN in der Regel eine Dienstleistung in Form der Projektierung sowie der Überwachung und Planung von werthaltigen Investitionen. Eine solche hat der VEB SHB zumindest auch, und zwar nach Eindruck des Senats in größerem Umfang als von den Zeugen angegeben, durchgeführt. Dies hat sich nach Erstellung des Dienstkomplexes Normannenstraße verstärkt, nach den oben genannten Ausführungen fungierte der VEB SHB jedoch bereits von Anfang an auch als GAN.

Dass zumindest für die Zeit ab 1986 sogar der Schwerpunkt der Tätigkeit des VEB SHB auf der GAN-Tätigkeit lag, ergibt sich aus der "Konzipierung einer rationellen Leitungsorganisation für den VEB Spezialhochbau Berlin" von Juli 1986, der der Auskunft der BStU beigefügt war, worin angegeben ist, dass nach Fertigstellung der zentralen Vorhaben im DK NO objektiv nicht mehr die Notwendigkeit des dafür gebildeten Produktionsbereiches NO bestünde und dieser wieder in die allgemeine Hochbaukapazität eingegliedert werden könne. Es war vorgesehen, dass der VEB SHB entsprechend seiner Größe eher zu einem größeren Betrieb tendieren sollte, der nach dem Stab-Linienprinzip zu führen sei. Als ein Hauptschwerpunkt bei der weiteren rationellen Gestaltung der Leitungsorganisation wurde die Stärkung der für die Wahrnehmung der GAN-Verantwortung maßgeblichen Bereiche erkannt. Dazu wurden unter anderem folgende Ziele festgelegt: Zentrale Koordinierung der GAN-Tätigkeit, Schaffung einer einheitlich geleiteten technologischen Kapazität, die effektiv eingesetzt ist, als Stütze der GAN-Koordinierung bei der Festlegung technologisch begründeter Grobabläufe und Einordnungsvorschläge für Vorhaben als auch für die Qualifizierung der technologischen Planung, Vorbereitung und Organisation der Baudurchführung. Es sollte eine Lösung für u.a. folgende Hauptfrage herausgearbeitet werden: "Die Sicherung stabiler und effektiver Arbeitsbeziehungen zwischen dem VEB SHB und der Abteilung Bauwesen als wirtschaftspolitisches Organ in konsequenter Durchsetzung der Ordnung Nr. 15/83 und des Befehls Nr. 19/83 des Genossen Minister sowie zwischen dem VEB SHB als GAN und der Abteilung Bauwesen in ihrer Eigenschaft als Auftraggeber".

Zusammenfassend ist festzustellen, dass es sich bei der Tätigkeit des VEB SHB um eine Mischtätigkeit handelte, wobei im Einzelnen nicht klar wurde, welche dieser Tätigkeiten überwog und ob überhaupt eine überwog. Jedenfalls ist nicht nachgewiesen, dass Hauptzweck des VEB SHB die massenhafte Produktion von Bauwerken im Sinne der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz und entsprechend der Rechtsprechung des BSG hierzu war.

Der Senat sieht auch keinen Ansatz für weitere Ermittlungen. Die Klägerin hat entsprechende Beweisanträge auch nicht gestellt. Da sie zu beweisen hat, dass der Hauptzweck des VEB SHB die massenhafte Produktion von Bauwerken war und ihr dies nicht gelungen ist, sind für sie im Zeitraum 1975 bis einschließlich 1989 nicht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Das Urteil des Sozialgerichts war daher insoweit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin in der ersten Instanz mit einem Teil ihres Begehrens erfolgreich war.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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