L 5 AS 1725/09 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 141 AS 10138/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 AS 1725/09 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 29. August 2009 aufgehoben. Der Klägerin wird für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin Prozesskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt T B beigeordnet.

Gründe:

Die Klägerin, die die teilweise Übernahme ihrer Betriebskostenabrechnung in Höhe von 728,77 EUR für das Jahr 2006 begehrt, hat Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren. Ihre Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch den Beschluss des Sozialgerichts vom 29. August 2009 ist zulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und begründet. Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten für die Gewährung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). Das angerufene Gericht beurteilt die Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffs; die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Verfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht reicht "die reale Chance zum Obsiegen", nicht hingegen eine "nur entfernte Erfolgschance". Prozesskostenhilfe darf also nur verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, aber fern liegend ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. April 2000, 1 BvR 81/00, NJW 2000, S. 1936). Zwar besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Übernahme von Nachzahlungen aus einer Betriebskostenabrechnung aus § 22 Abs. 1 S. 1 und 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), wenn die betreffende Wohnung unangemessen hohe Kosten der Unterkunft und Heizung verursacht und der Leistungsempfänger in der Vergangenheit bereits zur Reduzierung seiner Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II aufgefordert worden ist. Auch dürfte die vollständige Erstattung der Nebenkostenabrechnung vorliegend bereits deshalb ausgeschlossen sein, weil die Fläche der Wohnung der Klägerin deutlich über der für Berlin als angemessen erachteten Fläche liegt und die kalten Betriebskosten wie auch die Heizkosten auf den Quadratmeter bezogen relativ hoch sind. Gleichwohl durfte das Sozialgericht nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (Urteil v. 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R, juris) nicht allein auf das Überschreiten der als angemessen erachteten Bruttowarmmiete abstellen. Vielmehr sind die angemessene Nettokaltmiete sowie die angemessenen kalten Betriebskosten bzw. Heizkosten getrennt zu ermitteln. Die Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung ist auch nicht allein durch die unangemessen große Fläche der Wohnung verursacht. Berechnet man die tatsächlichen Betriebskosten anteilig für die angemessene Fläche, so liegt dieser Betrag für die kalten Betriebskosten wie die Heizkosten (abzüglich der so genannten Warmwasserpauschale) immer noch über den entrichteten Vorauszahlungen. Entgegen den Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss dürfte jedoch die angemessene Größe einer Wohnung für eine Person bis zu 50 qm – und nicht lediglich bis zu 45 qm - betragen, wenn man die Richtlinien über Förderungssätze für eigengenutztes Wohneigentum der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 25. Mai 1999 - Eigentumsförderungssätze 1999 - (ABl. 1999, S. 2918 ff.) heranzieht (vgl. dazu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Oktober 2008 – L 5 AS 1649/07, juris). Das Sozialgericht wird daher im weiteren Verfahren zu ermitteln haben, welche Ursachen die ungewöhnlich hohen kalten Betriebskosten und Heizkosten der Wohnung der Klägerin haben. Insbesondere die Heizkosten sind mit über 22,09 EUR/qm im Jahr außergewöhnlich hoch (vgl. dazu BSG a.a.O. und www.heizspiegel.de). Vor Abschluss dieser Ermittlungen kann der Klage jedoch zumindest für einen Teilbetrag der Forderung der Betriebskostenabrechnung nicht jedwede Erfolgsaussicht abgesprochen werden.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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