Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 64 AL 2647/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 288/09 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 03. September 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Nichtzulassungs-beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Bescheide der Beklagten vom 17. Mai 2006 und 01. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 2006, mit denen die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 05. April bis 30. April 2006 aufgehoben und das in dieser Zeit gezahlte Alg in Höhe von 658,84 EUR zurückgefordert hat.
Die Klägerin, geboren 1963, war ab 07. März 1983 bei der V GmbH als Krankenpflegehelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Nachdem ihr die City BKK vom 27. September 2005 bis 29. November 2005 Krankengeld gezahlt hatte, gewährte die Beklagte der Klägerin auf ihre Arbeitslosmeldung vom 30. November 2005 Alg bis 30. April 2006. Vom 22. Februar bis 08. März 2006 wurde die Klägerin im Klinikum S stationär behandelt. Bescheinigungen über die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit legte sie der City BKK am 24. Mai 2006 vor. Krankengeld zahlte die Krankenkasse erst vom 24. Mai 2006 an.
Mit Bescheid vom 17. Mai 2006 hob die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alg mit Wirkung von dem Tage an auf, für den ein Anspruch auf die Leistung des anderen Leistungsträgers zuerkannt ist. Mit Bescheid vom 01. Juni 2006 hob die Beklagte unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 17. Mai 2006 die Entscheidung über die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 05. April 2006 bis 30. April 2006 auf. Der (Gesamt )Betrag in Höhe von 658,84 EUR sei zu erstatten. Leider habe die Leistung nicht, wie im Bescheid vom 17. Mai 2006 angegeben, mit der Krankenkasse verrechnet werden können, da die Klägerin in der Zeit vom 05. April bis 23. Mai 2006 kein Krankengeld erhalten habe. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 04. Juli 2006).
Die – zunächst nur auf Aufhebung des Bescheides vom 01. Juni 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04. Juli 2006 und dann auch auf Aufhebung des Bescheides vom 17. Mai 2006 gerichtete – Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin abgewiesen, nachdem die Klägerin gegen den klagabweisenden Gerichtsbescheid vom 22. August 2008 mündliche Verhandlung beantragt hatte. Zur Begründung des Urteils hat das SG ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Kammer mache sich die Begründung des Widerspruchsbescheides als zutreffend zu eigen und verweise auf sie (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz SGG ). Gemäß § 126 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Arbeitsförderung verliere ein Arbeitsloser für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung bis zur Dauer von sechs Wochen nicht den Anspruch auf Alg. Diese sechs Wochen begännen vorliegend am 22. Februar 2006 und endeten am 04. April 2006. Die Leistungsbewilligung habe daher vom 05. April 2006 an aufgehoben werden müssen. Denn von diesem Zeitpunkt an habe keine gesetzliche Fiktion der Verfügbarkeit der Klägerin mehr bestanden. Die Verfügbarkeit des Arbeitslosen für Vermittlungsbemühungen der Beklagten sei eine Leistungsvoraussetzung für den Anspruch auf Alg. Es sei rechtlich nicht erheblich, dass die Klägerin kein Krankengeld erhalten habe. Denn dies ändere nichts an der fehlenden Verfügbarkeit der Klägerin aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit. Die subjektiven Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) seien erfüllt. Die Klägerin habe aufgrund des ihr bei Antragstellung ausgehändigten Merkblatts 1 für Arbeitslose wissen müssen, dass eine Fortzahlung des Alg im Falle einer Arbeitsunfähigkeit längstens für sechs Wochen erfolge. Außerdem habe sie wissen müssen, dass ihre Verfügbarkeit eine Leistungsvoraussetzung sei. Diese Verfügbarkeit sei bei einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung nicht gegeben. Auch dies habe der Klägerin bekannt gewesen sein müssen. Es sei nicht glaubhaft, dass die Klägerin das Merkblatt 1 für Arbeitslose nicht erhalten habe. Denn sie habe sowohl den Erhalt als auch die Kenntnisnahme dieses Merkblatts durch ihre Unterschrift im Antragsformular bestätigt. Für ihre entgegenstehende Behauptung gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Hinzu komme, dass die Klägerin bei Antragsabgabe am 20. Dezember 2005 außerdem Hinweise über das Verfahren bezüglich des Einreichens von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erhalten habe. Damit stehe für die Kammer fest, dass die Klägerin zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewusst habe, dass nach der Leistungsfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen kein Anspruch auf Alg bestanden habe. Aufgrund der eindeutigen und leicht zu verstehenden Hinweise im Merkblatt 1 für Arbeitslose (Seite 22, 23) sei ohne weiteres leicht erkennbar, dass bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit Alg nur sechs Wochen weitergezahlt werde.
Zur Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde trägt die Klägerin vor: Die Rechtsmittelbelehrung sei ganz offensichtlich nicht ordnungsgemäß, denn es heiße dort, "sie solle die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben". Das SG meine zu Unrecht, dass die subjektiven Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erfüllt seien. Das SG habe gegen die anerkannten Regeln der Beweiswürdigung verstoßen, indem es die Behauptung über die grobe Fahrlässigkeit auf Vermutungen stütze. Außerdem habe das SG seine Aufklärungspflicht insofern verletzt, als es die zuständige Sachbearbeiterin dazu hätte hören müssen, ob sie ihr das Merkblatt 1 für Arbeitslose übergeben habe. Das SG habe auch unter falscher Beweiswürdigung behauptet, dass es für ihre Behauptung, dass sie das Merkblatt nicht erhalten habe, keine hinreichenden Anhaltspunkte gebe. Außerdem habe das SG seine Aufklärungspflicht auch dadurch verletzt, dass es nicht klargestellt habe, ob ihm das Merkblatt 1 aus dem Jahre 2005 vorgelegen habe. Außerdem habe das SG nicht berücksichtigt, dass sie nicht im üblichen Sinne arbeitslos, sondern nur ausgesteuert gewesen sei und Überbrückungsgeld erhalten habe. Dieser Fall sei mit Sicherheit in dem Merkblatt 1 für Arbeitslose 2005 nicht enthalten gewesen. Das SG hätte sie im Übrigen darauf hinweisen müssen, welches Merkblatt es für sein Urteil verwendet habe; auch dies sei eine Verletzung von Verfahrensregeln. Dies sei umso gravierender, weil sich außer der Tatsache, dass sie eine Standardformulierung in ihrem Antrag unterschrieben habe, in den Akten kein Hinweis darauf befinde, dass ihr wirklich das Merkblatt von 2005 bekannt gewesen sei. Das SG habe auch nicht berücksichtigt, dass es sich um einen Anspruch nach § 125 SGB III handele. Ihr Arbeitsverhältnis sei noch nicht gekündigt gewesen. Es sei davon auszugehen, dass gerade die Frage des Leistungsbezuges nach § 125 SGB III in dem Merkblatt überhaupt nicht erörtert worden sei, weil dies ein relativ seltener Fall sei. Dies alles habe das Gericht nicht berücksichtigt und den Beteiligten keinerlei Hinweise erteilt, so dass insoweit auch der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt sei. Schließlich sei auch von grundsätzlicher Bedeutung, ob ihr Verhalten, nämlich das Nichtwissen, und der Begriff der groben Fahrlässigkeit richtig beurteilt worden seien. Das SG habe den Begriff der groben Fahrlässigkeit nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X verkannt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen.
Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der ab 01. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I Seite 444) ausgeschlossen. Denn der Wert des Beschwerdegegenstandes, der sich auf 658,84 EUR beläuft, übersteigt nicht 750,00 EUR. Dass, wie die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt, die Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil fehlerhaft entgegen § 145 Abs. 2 SGG "die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel " anführt, vermag an dem kraft Gesetzes eintretenden Rechtsmittelausschluss nichts zu ändern. Die Berufung ist auch nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Denn die in den Nrn. 1 bis 3 dieser Vorschrift normierten Zulassungsvoraussetzungen liegen nicht vor.
Der Rechtssache kommt schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu, weil sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, nicht aufwirft. Soweit die Klägerin in der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde dem SG vorwirft, es habe ihr Verhalten zu Unrecht als grob fahrlässig beurteilt, wendet sie sich im Ergebnis gegen die Richtigkeit der Entscheidung der Vorinstanz im Einzelfall. Diese ist indessen nicht Gegenstand des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens (vgl. BSG, Beschluss vom 17. August 2009 B 11 AL 192/08 B juris; BSG SozR 1500 § 160 a Nr. 7).
Eine Abweichung von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG aufgeführten Gerichte liegt ebenfalls nicht vor und ist von der Klägerin auch nicht gerügt worden. Mit ihrem umfangreichen Beschwerdevortrag bezeichnet die Klägerin schließlich auch keinen Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Die gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs scheidet schon deshalb aus, weil das SG zuvor durch Gerichtsbescheid vom 22. August 2008 die Klage mit einer im Wesentlichen gleichen Begründung abgewiesen hatte. Nachdem die Klägerin einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hatte, bestand für sie ausreichend Gelegenheit, sich rechtliches Gehör zu verschaffen.
Auch die übrigen von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Soweit die Klägerin dem SG vorwirft, gegen die anerkannten Regeln der Beweiswürdigung verstoßen zu haben, setzt sie ausschließlich die von ihr für richtig gehaltene Beweiswürdigung an die Stelle der vom SG vorgenommenen. Damit greift sie im Ergebnis aber ausschließlich die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils an. Ob das Urteil des SG vom 03. September 2009 im Ergebnis richtig war, ist aber im Rahmen der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu prüfen.
Soweit die Klägerin rügt, das SG habe unberücksichtigt gelassen, dass sie in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes gestanden habe und nicht im üblichen Sinne arbeitslos gewesen sei, hat das SG diese von der Klägerin aufgezeigten Umstände in jedem Falle zu Recht unberücksichtigt gelassen. Denn die Klägerin war zuletzt bei der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH beschäftigt, einer privaten Arbeitgeberin, wie zumindest jedem Rechtskundigen geläufig sein dürfte. Im Übrigen ist auch derjenige, der in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht, berechtigt, sich arbeitslos zu melden und – wie die Klägerin - Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu beziehen, wenn er tatsächlich nicht mehr beschäftigt wird und kein Arbeitsentgelt mehr erhält.
Indem die Klägerin schließlich die Verletzung der dem SG obliegenden Aufklärungspflicht (§§ 103, 106 SGG) rügt, verkennt sie, dass ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nur dann zur Zulassung der Berufung führen kann, wenn das SG sich aus seiner Sicht hätte gedrängt sehen müssen, weitere Ermittlungen anzustellen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin am 20. Dezember 2005 unterschrieben hatte, dass sie das Merkblatt 1 für Arbeitslose und das Hinweisblatt aus Anlass der persönlichen Arbeitsuchendmeldung erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe, bestand für das SG aus seiner Sicht jedenfalls keinerlei Veranlassung, diese durch die Unterschrift der Klägerin bestätigte Tatsache in Zweifel zu ziehen. Das SG musste sich auch nicht gedrängt sehen zu ermitteln, ob die von der Beklagten eingereichten Seiten 22 und 23 des Merkblatts für Arbeitslose zu dem Merkblatt gehörten, dessen Erhalt die Klägerin mit ihrer Unterschrift bestätigt hatte. Denn die Beklagte hatte die erste und auch die letzte Seite diese Merkblatts, auf der "Stand: Januar 2005" vermerkt ist, mit eingereicht, sodass das SG davon ausgehen durfte, Auszüge aus dem einschlägigen Merkblatt erhalten zu haben. Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass die Klägerin, falls sie tatsächlich das Merkblatt 1 für Arbeitslose nicht erhalten und dennoch mit ihrer Unterschrift den Erhalt bestätigt haben sollte, ebenfalls grob fahrlässig gehandelt haben dürfte.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 103 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Bescheide der Beklagten vom 17. Mai 2006 und 01. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 2006, mit denen die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 05. April bis 30. April 2006 aufgehoben und das in dieser Zeit gezahlte Alg in Höhe von 658,84 EUR zurückgefordert hat.
Die Klägerin, geboren 1963, war ab 07. März 1983 bei der V GmbH als Krankenpflegehelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Nachdem ihr die City BKK vom 27. September 2005 bis 29. November 2005 Krankengeld gezahlt hatte, gewährte die Beklagte der Klägerin auf ihre Arbeitslosmeldung vom 30. November 2005 Alg bis 30. April 2006. Vom 22. Februar bis 08. März 2006 wurde die Klägerin im Klinikum S stationär behandelt. Bescheinigungen über die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit legte sie der City BKK am 24. Mai 2006 vor. Krankengeld zahlte die Krankenkasse erst vom 24. Mai 2006 an.
Mit Bescheid vom 17. Mai 2006 hob die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alg mit Wirkung von dem Tage an auf, für den ein Anspruch auf die Leistung des anderen Leistungsträgers zuerkannt ist. Mit Bescheid vom 01. Juni 2006 hob die Beklagte unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 17. Mai 2006 die Entscheidung über die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 05. April 2006 bis 30. April 2006 auf. Der (Gesamt )Betrag in Höhe von 658,84 EUR sei zu erstatten. Leider habe die Leistung nicht, wie im Bescheid vom 17. Mai 2006 angegeben, mit der Krankenkasse verrechnet werden können, da die Klägerin in der Zeit vom 05. April bis 23. Mai 2006 kein Krankengeld erhalten habe. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 04. Juli 2006).
Die – zunächst nur auf Aufhebung des Bescheides vom 01. Juni 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04. Juli 2006 und dann auch auf Aufhebung des Bescheides vom 17. Mai 2006 gerichtete – Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin abgewiesen, nachdem die Klägerin gegen den klagabweisenden Gerichtsbescheid vom 22. August 2008 mündliche Verhandlung beantragt hatte. Zur Begründung des Urteils hat das SG ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Kammer mache sich die Begründung des Widerspruchsbescheides als zutreffend zu eigen und verweise auf sie (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz SGG ). Gemäß § 126 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Arbeitsförderung verliere ein Arbeitsloser für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung bis zur Dauer von sechs Wochen nicht den Anspruch auf Alg. Diese sechs Wochen begännen vorliegend am 22. Februar 2006 und endeten am 04. April 2006. Die Leistungsbewilligung habe daher vom 05. April 2006 an aufgehoben werden müssen. Denn von diesem Zeitpunkt an habe keine gesetzliche Fiktion der Verfügbarkeit der Klägerin mehr bestanden. Die Verfügbarkeit des Arbeitslosen für Vermittlungsbemühungen der Beklagten sei eine Leistungsvoraussetzung für den Anspruch auf Alg. Es sei rechtlich nicht erheblich, dass die Klägerin kein Krankengeld erhalten habe. Denn dies ändere nichts an der fehlenden Verfügbarkeit der Klägerin aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit. Die subjektiven Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) seien erfüllt. Die Klägerin habe aufgrund des ihr bei Antragstellung ausgehändigten Merkblatts 1 für Arbeitslose wissen müssen, dass eine Fortzahlung des Alg im Falle einer Arbeitsunfähigkeit längstens für sechs Wochen erfolge. Außerdem habe sie wissen müssen, dass ihre Verfügbarkeit eine Leistungsvoraussetzung sei. Diese Verfügbarkeit sei bei einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung nicht gegeben. Auch dies habe der Klägerin bekannt gewesen sein müssen. Es sei nicht glaubhaft, dass die Klägerin das Merkblatt 1 für Arbeitslose nicht erhalten habe. Denn sie habe sowohl den Erhalt als auch die Kenntnisnahme dieses Merkblatts durch ihre Unterschrift im Antragsformular bestätigt. Für ihre entgegenstehende Behauptung gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Hinzu komme, dass die Klägerin bei Antragsabgabe am 20. Dezember 2005 außerdem Hinweise über das Verfahren bezüglich des Einreichens von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erhalten habe. Damit stehe für die Kammer fest, dass die Klägerin zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewusst habe, dass nach der Leistungsfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen kein Anspruch auf Alg bestanden habe. Aufgrund der eindeutigen und leicht zu verstehenden Hinweise im Merkblatt 1 für Arbeitslose (Seite 22, 23) sei ohne weiteres leicht erkennbar, dass bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit Alg nur sechs Wochen weitergezahlt werde.
Zur Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde trägt die Klägerin vor: Die Rechtsmittelbelehrung sei ganz offensichtlich nicht ordnungsgemäß, denn es heiße dort, "sie solle die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben". Das SG meine zu Unrecht, dass die subjektiven Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erfüllt seien. Das SG habe gegen die anerkannten Regeln der Beweiswürdigung verstoßen, indem es die Behauptung über die grobe Fahrlässigkeit auf Vermutungen stütze. Außerdem habe das SG seine Aufklärungspflicht insofern verletzt, als es die zuständige Sachbearbeiterin dazu hätte hören müssen, ob sie ihr das Merkblatt 1 für Arbeitslose übergeben habe. Das SG habe auch unter falscher Beweiswürdigung behauptet, dass es für ihre Behauptung, dass sie das Merkblatt nicht erhalten habe, keine hinreichenden Anhaltspunkte gebe. Außerdem habe das SG seine Aufklärungspflicht auch dadurch verletzt, dass es nicht klargestellt habe, ob ihm das Merkblatt 1 aus dem Jahre 2005 vorgelegen habe. Außerdem habe das SG nicht berücksichtigt, dass sie nicht im üblichen Sinne arbeitslos, sondern nur ausgesteuert gewesen sei und Überbrückungsgeld erhalten habe. Dieser Fall sei mit Sicherheit in dem Merkblatt 1 für Arbeitslose 2005 nicht enthalten gewesen. Das SG hätte sie im Übrigen darauf hinweisen müssen, welches Merkblatt es für sein Urteil verwendet habe; auch dies sei eine Verletzung von Verfahrensregeln. Dies sei umso gravierender, weil sich außer der Tatsache, dass sie eine Standardformulierung in ihrem Antrag unterschrieben habe, in den Akten kein Hinweis darauf befinde, dass ihr wirklich das Merkblatt von 2005 bekannt gewesen sei. Das SG habe auch nicht berücksichtigt, dass es sich um einen Anspruch nach § 125 SGB III handele. Ihr Arbeitsverhältnis sei noch nicht gekündigt gewesen. Es sei davon auszugehen, dass gerade die Frage des Leistungsbezuges nach § 125 SGB III in dem Merkblatt überhaupt nicht erörtert worden sei, weil dies ein relativ seltener Fall sei. Dies alles habe das Gericht nicht berücksichtigt und den Beteiligten keinerlei Hinweise erteilt, so dass insoweit auch der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt sei. Schließlich sei auch von grundsätzlicher Bedeutung, ob ihr Verhalten, nämlich das Nichtwissen, und der Begriff der groben Fahrlässigkeit richtig beurteilt worden seien. Das SG habe den Begriff der groben Fahrlässigkeit nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X verkannt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen.
Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der ab 01. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I Seite 444) ausgeschlossen. Denn der Wert des Beschwerdegegenstandes, der sich auf 658,84 EUR beläuft, übersteigt nicht 750,00 EUR. Dass, wie die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt, die Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil fehlerhaft entgegen § 145 Abs. 2 SGG "die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel " anführt, vermag an dem kraft Gesetzes eintretenden Rechtsmittelausschluss nichts zu ändern. Die Berufung ist auch nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Denn die in den Nrn. 1 bis 3 dieser Vorschrift normierten Zulassungsvoraussetzungen liegen nicht vor.
Der Rechtssache kommt schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu, weil sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, nicht aufwirft. Soweit die Klägerin in der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde dem SG vorwirft, es habe ihr Verhalten zu Unrecht als grob fahrlässig beurteilt, wendet sie sich im Ergebnis gegen die Richtigkeit der Entscheidung der Vorinstanz im Einzelfall. Diese ist indessen nicht Gegenstand des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens (vgl. BSG, Beschluss vom 17. August 2009 B 11 AL 192/08 B juris; BSG SozR 1500 § 160 a Nr. 7).
Eine Abweichung von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG aufgeführten Gerichte liegt ebenfalls nicht vor und ist von der Klägerin auch nicht gerügt worden. Mit ihrem umfangreichen Beschwerdevortrag bezeichnet die Klägerin schließlich auch keinen Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Die gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs scheidet schon deshalb aus, weil das SG zuvor durch Gerichtsbescheid vom 22. August 2008 die Klage mit einer im Wesentlichen gleichen Begründung abgewiesen hatte. Nachdem die Klägerin einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hatte, bestand für sie ausreichend Gelegenheit, sich rechtliches Gehör zu verschaffen.
Auch die übrigen von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Soweit die Klägerin dem SG vorwirft, gegen die anerkannten Regeln der Beweiswürdigung verstoßen zu haben, setzt sie ausschließlich die von ihr für richtig gehaltene Beweiswürdigung an die Stelle der vom SG vorgenommenen. Damit greift sie im Ergebnis aber ausschließlich die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils an. Ob das Urteil des SG vom 03. September 2009 im Ergebnis richtig war, ist aber im Rahmen der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu prüfen.
Soweit die Klägerin rügt, das SG habe unberücksichtigt gelassen, dass sie in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes gestanden habe und nicht im üblichen Sinne arbeitslos gewesen sei, hat das SG diese von der Klägerin aufgezeigten Umstände in jedem Falle zu Recht unberücksichtigt gelassen. Denn die Klägerin war zuletzt bei der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH beschäftigt, einer privaten Arbeitgeberin, wie zumindest jedem Rechtskundigen geläufig sein dürfte. Im Übrigen ist auch derjenige, der in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht, berechtigt, sich arbeitslos zu melden und – wie die Klägerin - Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu beziehen, wenn er tatsächlich nicht mehr beschäftigt wird und kein Arbeitsentgelt mehr erhält.
Indem die Klägerin schließlich die Verletzung der dem SG obliegenden Aufklärungspflicht (§§ 103, 106 SGG) rügt, verkennt sie, dass ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nur dann zur Zulassung der Berufung führen kann, wenn das SG sich aus seiner Sicht hätte gedrängt sehen müssen, weitere Ermittlungen anzustellen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin am 20. Dezember 2005 unterschrieben hatte, dass sie das Merkblatt 1 für Arbeitslose und das Hinweisblatt aus Anlass der persönlichen Arbeitsuchendmeldung erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe, bestand für das SG aus seiner Sicht jedenfalls keinerlei Veranlassung, diese durch die Unterschrift der Klägerin bestätigte Tatsache in Zweifel zu ziehen. Das SG musste sich auch nicht gedrängt sehen zu ermitteln, ob die von der Beklagten eingereichten Seiten 22 und 23 des Merkblatts für Arbeitslose zu dem Merkblatt gehörten, dessen Erhalt die Klägerin mit ihrer Unterschrift bestätigt hatte. Denn die Beklagte hatte die erste und auch die letzte Seite diese Merkblatts, auf der "Stand: Januar 2005" vermerkt ist, mit eingereicht, sodass das SG davon ausgehen durfte, Auszüge aus dem einschlägigen Merkblatt erhalten zu haben. Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass die Klägerin, falls sie tatsächlich das Merkblatt 1 für Arbeitslose nicht erhalten und dennoch mit ihrer Unterschrift den Erhalt bestätigt haben sollte, ebenfalls grob fahrlässig gehandelt haben dürfte.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 103 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG).
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