L 18 AS 431/10 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 123 AS 495/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 431/10 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2010 geändert. Den Antragstellern wird für das Verfahren bei dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M M bewilligt.

Gründe:

Der Senat entscheidet über die Beschwerde, mit der sich die Antragsteller gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung von Rechtsanwalt M M durch das Sozialgericht (SG) B wenden, in der hierfür nach § 33 Sätze 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG vorgesehenen Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Berufsrichtern. Die auch im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbare Bestimmung des § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG findet keine Anwendung (siehe LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. Februar 2007 - L 13 AS 68/07 PKH -, juris; ebenso zur gleichlautenden Bestimmung des § 87a Abs. 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung, BayVGH, Beschluss vom 11. August 2005 - 24 C 05. 1190 - und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. November 2006 - 11 S 1918/06 - jeweils in juris; a.A. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. September 2006 - 18 E 895/06 -, juris). Danach entscheidet der Vorsitzende - sofern ein Berichterstatter bestellt ist, anstelle des Vorsitzenden dieser (vgl. § 155 Abs. 4 SGG) -, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache auch über einen Antrag auf PKH. Die wegen der damit verbundenen Modifikation des gesetzlichen Richters einer Erweiterung nicht zugängliche Bestimmung des § 155 Abs. 2 Satz 1 SGG zielt darauf ab, eine Befassung des Spruchkörpers entbehrlich zu machen, wenn während des laufenden Hauptsacheverfahrens oder nach dessen Erledigung nur (noch) Nebenentscheidungen zu treffen sind. Eine solche Nebenentscheidung ist aber mit der Prüfung, ob das SG zu Recht PKH abgelehnt hat, nicht zu treffen; zu entscheiden ist dann in der Beschwerdeinstanz über eine gegen die erstinstanzliche Entscheidung gerichtete und auch nicht erledigte Beschwerde, mag mit dieser auch ein Antrag auf PKH weiterverfolgt werden.

Die Beschwerde der Antragsteller ist begründet. Den – bedürftigen – Antragstellern ist für das auf vorläufige Zusicherung der Übernahme der Aufwendungen für die in Aussicht genommene gemeinsame Wohnung in A, B, gerichtete und zwischenzeitlich erledigte einstweilige Rechtsschutzverfahren bei dem SG unter Beiordnung von Rechtsanwalt M M PKH zu gewähren (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114, 121 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -).

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hatte unter Berücksichtigung der im PKH-Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung Aussicht auf Erfolg. Hiervon ist schon dann auszugehen, wenn zur abschließenden Prüfung des erhobenen Anspruchs weitere Sachermittlungen des Gerichts angezeigt sind. So liegt der Fall hier. Ob die am 1981 bzw. am 1985 geborenen Antragsteller einen Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für die anzumietende gemeinsame Wohnung nach § 22 Abs. 2 Satz 1, Abs. 2a Satz 1 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) – gehabt hätten, hing davon ab, ob diese Aufwendungen angemessen waren. An der Erforderlichkeit des Umzuges bestand jedenfalls nach Vorlage der Bescheinigung der Anmeldung zur Eheschließung für den 2010 kein Zweifel. Das SG hatte mithin zu prüfen, ob nach der insoweit anzuwendenden Produkttheorie (vgl. etwa BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3, BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R -, juris) die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) der anzumietenden Wohnung angemessen waren. Dies setzte ein im Übrigen schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren erforderliches schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers voraus, das im Rahmen der prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG anhand der erhobenen Daten und deren Auswertung dem Gericht zur Verfügung zu stellen gewesen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 50/09 R -, juris). Da ein derartiges Konzept vom dem bereits die Erforderlichkeit des Umzugs verneinenden Antragsgegner nicht vorgelegt worden war, ließ sich ein Anordnungsanspruch der Antragsteller nicht ohne weiteres verneinen. Im Hinblick darauf, dass für die noch nicht 25jährige Antragstellerin zu 2) die Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2a Satz 1 SGB II eine Voraussetzung für eine Übernahme der KdU darstellt, kam für die sich auf Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz berufenden Antragsteller auch ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ernsthaft in Betracht.

Eine Kostenentscheidung hat im PKH-Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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