L 19 AS 391/12 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 9 AS 1150/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 391/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 12.01.2012 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Kläger vermietete im Jahr 2008 eine Wohnung an K, der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezog.

Mit Schreiben vom 02.01.2009 beantragte K bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagter) die Übernahme der Nebenkostenabrechnungen 2008 für Wassergeld und Heizkosten. Der Kläger bat mit Schreiben vom 22.01.2009 um die Erstattung der Betriebs- und Heizkostennachforderung direkt auf sein Konto.

Durch Bescheid vom 17.12.2009, adressiert an K, lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Heiz- und Betriebskostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum vom 01.02. bis 31.12.2008 ab. Die Ermittlung des Gesamtaufwands von 532,07 EUR für die Nebenkosten sei nicht nachvollziehbar. Die Heizkostenabrechnung sei hinsichtlich des Verbrauchs nicht nachvollziehbar. K solle bezüglich der Heizkosten noch eine qualifizierte Abrechnung des Vermieters vorlegen. Dem Bescheid war eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe gegen diesen Bescheid Widerspruch erhoben werden kann.

Mit Schreiben vom 17.12.2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass bezüglich der Nebenkostenabrechnung kein Anspruch mehr auf weitere Zahlungen bezüglich der Kaltwasser- und sonstigen Nebenkosten (Müllabfuhr, Straßenreinigung etc.) bestehe. K habe einen ablehnenden Bescheid erhalten. Für die Abrechnung der Heizkosten sei eine qualifizierte Abrechnung erforderlich. In der vorgelegten Abrechnung seien hinsichtlich des Verbrauchs keine Nachweise oder Belege vorgelegt worden. Mit Schreiben vom 25.01.2010 forderte der Kläger den Beklagten unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 17.12.2009 auf, umgehend die Neben- und Heizkostennachforderung zu erstatten und auf sein Konto zu überweisen, da er mit Schreiben vom 20.12.2009 die angeforderten Belege übersandt habe.

Das Schreiben vom 25.01.2010 fasste der Beklagte als Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben vom 17.12.2009 auf. Durch Widerspruchbescheid vom 21.04.2010 verwarf der Beklagte den Widerspruch als unzulässig.

Am 26.05.2010 hat der Kläger Klage erhoben mit dem Begehren, den Beklagten zur Zahlung von 911,76 EUR zu verurteilen.

Er hat vorgetragen, dass ihm gegenüber seinem Mieter ein Anspruch auf Zahlung von 911,76 EUR zustehe. Nach der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2008 schulde dieser ihm Wassergeld in Höhe von 46,07 EUR sowie nach der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2008 einen Betrag von 865,72 EUR. Der Beklagte sei verpflichtet, diese Beträge an ihn auszuzahlen. Der Kläger habe sämtliche im Schreiben vom 17.12.2009 angeforderten Belege dem Beklagten vorgelegt. Im Mietvertrag vom 15.10.2008 sei vereinbart, dass die Zahlungen des Beklagten direkt an den Kläger zu leisten seien. Deshalb seien die Nebenkostennachforderungen direkt an ihn zu überweisen.

Durch Beschluss vom 12.01.2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Das Sozialgericht hat vorliegend zutreffend eine hinreichende Erfolgsaussicht des Klagebegehrens verneint. Die vom Kläger erhobene allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist unbegründet. Die allgemeine, reine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zielt auf eine Verurteilung zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen ab, wenn der Kläger einen Anspruch auf die Leistung hat und ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen braucht (vgl. BSG Urteil vom 15.06.2010 - B 2 U 26/09 R = juris Rn 15). Zwischen den Beteiligten besteht keine vertragliche Vereinbarung, aufgrund derer der Beklagte zur Übernahme der Betriebs- und Heizkostennachforderung für das Jahr 2008 gegenüber dem Kläger verpflichtet ist. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Dem Kläger steht auch kein Auszahlungsanspruch aus § 22 Abs. 4 SGB II i. d. F. bis zum 31.12.2010 als Empfangsberechtigter gegenüber dem Beklagten zu (siehe zum Charakter des Anspruchs des Vermieters nach § 22 Abs. 4 SGG als Auszahlungsanspruch: Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn 99). Ein solcher Anspruch setzt u. a. voraus, dass der Beklagte gegenüber dem Hilfebedürftigen, vorliegend K, das Bestehen eines Anspruchs auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung durch Verwaltungsakt festgestellt hat. Der Beklagte hat die Übernahme der Betriebs- und Heizkostennachforderung für das Jahr 2008 als Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (vgl. zum Charakter einer Nebenkostennachforderung als einmalige Leistung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II: BSG Urteil vom 07.07.2011 - B 14 AS 154/10 = juris Rn 14f und vom 24.11.2011 - B 14 AS 121/10 R = juris Rn 10) bislang gegenüber K durch einen Verwaltungsakt nicht festgestellt, sondern die Übernahme dieser Kosten durch Bescheid vom 17.12.2009 bestandskräftig abgelehnt.

Des Weiteren hat sich der Beklagte gegenüber dem Kläger nicht durch einen Verwaltungsakt verpflichtet, die Kosten zu übernehmen (vgl. zur Zulässigkeit einer Klage nach § 54 Abs. 5 SGG im Fall der Durchsetzung von Leistungspflichten aus einem Verwaltungsakt: BSG Urteil vom 15.06.2010 - B 2 U 26/09 R = juris Rn 15). Bei dem Schreiben vom 17.12.2009 handelt es sich weder um einen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) noch um eine Zusicherung nach § 34 SGB X. Nach § 31 Satz 1 SGB X Vorschrift ist ein Verwaltungsakt "jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist". Das Schreiben vom 17.12.2009 trifft keine "Regelung" zur Zahlung der Nebenkostennachforderung für das Jahr 2008 an den Kläger. Eine Regelung ist darauf gerichtet, mit unmittelbarer Rechtswirkung subjektive Rechte (oder Pflichten) des Adressaten verbindlich zu begründen, festzustellen, zu ändern, aufzuheben oder abzulehnen (BSG Urteil vom 25.01.2011 - B 5 R 14/10 R = juris Rn 13). Eine derartige Festlegung oder Ablehnung der Zahlung der Nebenkostenforderung für das Jahr 2008 an den Kläger enthält das Schreiben nicht. Der Beklagte beschränkt sich in dem Schreiben auf die Mitteilung des Ergebnisses des von K betriebenen Verwaltungsverfahrens hinsichtlich der Übernahme der Nebenkostennachforderung für das Jahr 2008. Er informiert den Kläger in dessen Eigenschaft als Empfangsberechtigter i.S.v. § 22 Abs. 4 SGB II lediglich darüber, dass K einen ablehnenden Bescheid hinsichtlich der kalten Betriebskosten erhalten hat und der Beklagte wegen des Fehlens einer qualifizierten Abrechnung nicht bereit ist, die Heizkostennachforderung zu übernehmen. Ein Regelungswillen des Beklagten gegenüber dem Kläger hinsichtlich der Übernahme der Nebenkostenabrechnung bzw. Ablehnung ist dem Schreiben nicht zu entnehmen, auch nicht die Verpflichtung, im Fall der Vorlage einer qualifizierten Abrechnung die Heizkostennachforderung zu übernehmen. Insoweit handelt es sich auch nicht um eine Zusicherung i.S.v. § 34 Abs. 1 SGB X gegenüber dem Kläger, im Fall der Vorlage einer qualifizierten Abrechnung die Heizkostennachforderung für das Jahr 2008 durch Verwaltungsakt zu übernehmen.

Auch wenn die Klage im Wege des Meistbegünstigungsgrundsatzes als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 2 und 4 SGG ausgelegt wird, ist sie unbegründet. Der Beklagte hat den Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben vom 17.12.2009 zutreffend durch den Widerspruchsbescheid vom 21.04.2010 als unzulässig verworfen. Bei dem Schreiben vom 17.12.2009 handelt es sich um keinen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 Satz 1 SGB X.

Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten auch kein Anspruch auf Übernahme der Nebenkostennachforderung für das Jahr 2008 zu. Das SGB II bietet für einen solchen Anspruch keine Anspruchsgrundlage. Die Vorschrift des § 22 Abs. 4 SGB II i.d.F. bis 31.12.2010 räumt einem Vermieter lediglich einen Auszahlungsanspruch als Empfangsberechtigter einer Leistung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ein, der Vermieter wird nicht zum Anspruchsinhaber des Leistungsanspruchs aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung (vgl. Lang/Link, a.a.O., § 22 Rn 99).

Dahinstehen kann, ob die Vereinbarung zwischen dem Kläger und K in Ziffer 5 des Mietvertrages "Direkte Zahlung der Arge Kreis Höxter an den Vermieter" als eine Abtretung des Leistungsanspruchs des Herrn K aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II an den Kläger nach § 53 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ausgelegt werden kann. Zwar ist ein Anspruch aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Geldleistung nach § 53 Abs. 2 und Abs. 3 SGB I übertragbar (vgl. zu den Voraussetzungen der Abtretung einer Geldleistung: BSG Urteile vom 06.04.2000 - B 11 AL 47/99 R - und vom 18.07.2006 - B 1 KR 24/05 R). Jedoch wäre eine im Mietvertrag zwischen dem Kläger und K vereinbarte Abtretung bislang schwebend unwirksam, da der Beklagte nicht durch gestaltenden Verwaltungsakt festgestellt hat, dass die Abtretung im wohlverstandenen Interesse i.S.v. § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I des K liegt (vgl. hierzu: BSG Urteil vom 06.04.2000 - B 11 AL 47/99 R). Auch wenn die Abtretung nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I wirksam wäre, würde sich diese nur auf die Abtretung von (durch Verwaltungsakt) festgestellten Ansprüche beschränken. Denn nach § 53 SGB I ist nur das Recht abtretbar, die Auszahlung von festgestellten Leistungsansprüche zu verlangen. Die Befugnis, den Anspruch prozessual zu verfolgen, ist nicht abtretbar. Das Sozialrecht sieht durch die Abtretung keine umfassende Neubestimmung der Gläubigerstellung und keinen vollständigen Eintritt des neuen Gläubigers in das gesamte Sozialrechtsverhältnis einschließlich seines Pflichtengefüges vor (BSG Urteil vom 18.07.2006 - B 1 KR 24/05 R = juris Rn 14). Mithin ist der Kläger auch bei Annahme einer wirksamen Abtretung nicht befugt, die Feststellung des Anspruchs von K auf Übernahme der Nebenkostennachforderung für das Jahr 2008 als einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu betreiben

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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