L 7 AS 745/11

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 21 AS 1604/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 745/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Auskunft gem. § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II muss zur Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II erforderlich sein. Es ist eine Güterabwägung zwischen dem Auskunftsinteresse des Leistungsträgers und den schutzwürdigen Persönlichkeitsinteressen des Auskunfsverpflichteten vorzunehmen. Eine Auskunftspflicht ist dann nicht gegeben, wenn feststeht, dass die Auskunft den Leistungsanspruch nicht (mehr) beeinflussen kann, weil er aus anderen, insbesondere rechtlichen Gründen nicht besteht. Das Auskunftsverlangen ist auch dann rechtswidrig, wenn feststeht, dass der Unterhaltsanspruch aus anderen Gründen als der mangelnden Leistungsfähigkeit des Auskunftspflichtigen nicht gegeben ist. Das Interesse des Klägers an der Geheimhaltung seiner Daten überwiegt dann das Auskunftsinteresse des Beklagten, wenn der Unterhaltsanspruch unabhängig von seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ganz offensichtlich
(evident) nicht besteht.

2. Für die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens ist nicht erforderlich, dass alle für die Beurteilung des Leistungsanspruchs maßgebenden tatsächlichen Fragen geklärt sind. Scheidet die Unterhaltspflicht nach sorgfältiger Prüfung nicht ganz offensichtlich aus, sondern verbleiben Zweifel hinsichtlich des Bestehens, so bleibt die Verpflichtung zur Auskunftserteilung bestehen. Welche Ermittlungen der Sozialgerichte zur Prüfung der Frage, ob eine Unterhaltspflicht besteht, anzustellen haben, ist stets im Einzelfall zu entscheiden.

3. Zur Prüfung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs gem. §§ 1569, 1573, 1578 b BGB
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 21. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beteiligten zu gleichen Teilen. Die Kosten des Klageverfahrens tragen der Beklagte zu zwei Dritteln und der Kläger zu einem Drittel.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Klägers zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse.

Der 1949 geborene Kläger bezieht keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er war mit der im streitgegenständlichem Zeitraum im Leistungsbezug des Beklagten stehenden 1952 geborenen und 2012 verstorbenen B N (B.N.) von 1975 bis 2001 verheiratet. Der Kläger zahlte seiner ehemaligen Ehefrau bis einschließlich Dezember 2009 Unterhalt i.H.v. monatlich 391,00 EUR. Anschließend stellte er die Zahlungen ein. Ein Titel für diese Unterhaltszahlungen existierte nicht. Der Kläger ist wieder verheiratet.

Der Beklagte forderte den Kläger mit Bescheid vom 16.02.2010 auf, Auskünfte über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen und hierüber Nachweise vorzulegen. Er stützte das Auskunftsverlangen auf § 60 Abs. 2 SGB II. Der Kläger komme als Unterhaltspflichtiger für seine ehemalige Ehefrau in Betracht. Falls er wieder verheiratet sei, umfasse die Auskunftspflicht auch erforderliche Angaben zu dem von ihm nicht getrenntlebenden Ehegatten. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2010 zurück.

Der Kläger hat sein Begehren mit der am 17.03.2010 zum Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Ein Auskunftsanspruch könne schon deshalb nicht bestehen, weil § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II auf § 1605 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verweise, weshalb ein Auskunftsanspruch nur gegenüber Verwandten in Betracht komme. Zudem scheitere der Auskunftsanspruch daran, dass kein Unterhaltsanspruch seiner ehemaligen Ehefrau mehr gegen ihn bestehe. Auch sei ein möglicher Unterhaltsanspruch verjährt.

Das SG hat mit Urteil vom 21.06.2011 den Bescheid des Beklagten vom 16.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2010 aufgehoben, soweit Belege über die Vermögensverhältnisse gefordert wurden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage für die Aufforderung zur Auskunftserteilung sowie zur Vorlage von Einkommensbelegen sei § 60 Abs. 2 SGB II. Über den Wortlaut der Vorschrift hinaus sei Auskunftsberechtigter nicht lediglich die Agentur für Arbeit, sondern auch die ARGE. Entgegen der Ansicht des Klägers bestehe der Auskunftsanspruch nicht nur gegen Verwandte in gerader Linie. Der Kläger sei möglicherweise zum Unterhalt nach §§ 1569 ff. BGB verpflichtet. Er gehöre daher grundsätzlich auch zum Personenkreis der Auskunftsverpflichteten nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Der Personenkreis der Auskunftsverpflichteten werde allein durch § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II festgelegt. Er betreffe alle möglicherweise familienrechtlich verpflichteten Unterhaltsschuldner. Die vom Beklagten begehrte Auskunft sei auch zur Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II erforderlich im Sinne des § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Dieses Merkmal sei Ausfluss des verfassungsrechtlichen Übermaßverbotes. Daher sei eine Abwägung zwischen dem Auskunftsinteresse des Beklagten und den schutzwürdigen Persönlichkeitsinteressen des Klägers vorzunehmen. Der Auskunftsanspruch bestehe nicht, wenn der Leistungsträger über die gewünschten Informationen bereits verfüge oder sie auf einfachere Weise zu verschaffen vermöge, oder wenn feststehe, dass die Auskunft den Leistungsanspruch nicht mehr beeinflussen könne oder der Leistungsanspruch der ehemaligen Ehefrau des Klägers unabhängig von dessen Einkommens- oder Vermögensverhältnissen offensichtlich nicht bestehen könne. Unter Beachtung dieser Maßgaben sei das Auskunftsbegehren des Beklagten verhältnismäßig und erforderlich im Sinne des § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Der Beklagte habe weder Kenntnis von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers noch habe er die Möglichkeit, sich anderweitig Kenntnis zu verschaffen. Zudem erhalte B.N. vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Entgegen der Ansicht des Klägers stehe auch nicht mit Sicherheit fest, dass der Unterhaltsanspruch der B.N. gegen den Kläger nicht (mehr) bestehe. Das Interesse des Klägers an der Geheimhaltung seiner Daten überwiege das Auskunftsinteresse des Beklagten dann, wenn der Unterhaltsanspruch unabhängig von seinen Einkommens- oder Vermögensverhältnissen ganz offensichtlich (evident) nicht bestünde. In diesem Fall wäre ein Festhalten an dem Auskunftsbegehren unverhältnismäßig und damit nicht mehr erforderlich. Eine derartige Negativevidenz liege hier nicht vor. Als Anspruchsgrundlage für einen Unterhaltsanspruch von B.N. gegen den Kläger komme § 1573 Abs. 1 BGB in Betracht. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 16.02.2010 sei B.N. keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen. Anhaltspunkte dafür, dass B.N. sich habe selbst unterhalten können, seien nicht gegeben. Dies ergebe sich aus ihren Darstellungen im Folgeantrag auf Leistungen nach dem SGB II. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Erwerbslosigkeit der ehemaligen Ehefrau des Klägers auf fehlenden Eigenbemühungen beruhe. Der Anspruch auf Geschiedenenunterhalt nach § 1573 BGB sei im Februar 2010 auch nicht verjährt gewesen. Maßgeblich sei hier die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB. Diese beginne jedoch erst mit Ende des Jahres, in dem der Unterhaltsanspruch (ggf. neu) entstanden sei (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Die Unterhaltsansprüche aus dem Jahr 2010 verjährten mithin frühestens mit Ablauf des 31.12.2013. Entgegen der Ansicht des Klägers führe das rechtskräftige Scheidungsurteil aus dem Jahre 2001 ebenfalls nicht zur Negativevidenz des Unterhaltsanspruchs, auch wenn es zum Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens bereits ca. neun Jahre zurückgelegen habe. Wegen der Formulierung des § 1573 Abs. 1 BGB "nach der Scheidung" solle ein zeitlicher Zusammenhang mit der Scheidung bestehen, allerdings eine strikte Bindung an diese nicht zu fordern sein. Das Gesetz stelle somit auf eine unterhaltsrechtliche Bedürfnislage ab, die unmittelbar mit der Ehe zusammenhänge oder sich zumindest über gesetzlich fixierte Einsatzzeitpunkte auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils zurückführen lasse. Voraussetzung für das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs der B.N. gegen den Kläger im Februar 2010 sei somit, dass die unterhaltsrechtliche Bedürfnislage zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils oder zu anderen gesetzlich vorgesehenen Einsatzzeitpunkten gegeben war und sich anschließend eine ununterbrochene Kette von Unterhaltsansprüchen nahtlos seit dem Zeitpunkt der Ehescheidung aneinander reihe. Dabei sei jedoch zu beachten, dass insbesondere wegen § 1573 Abs. 4 BGB auch eine Verschiebung des Einsatzzeitpunktes stattfinden könne. Der Kläger habe nichts vorgetragen, was auf einen zumindest kurzzeitigen offensichtlichen Ausschluss des Unterhaltsanspruchs seiner ehemaligen Ehefrau seit Rechtskraft des Scheidungsurteils schließen lasse. Die Kammer werte als wesentliches Kriterium gegen einen evidenten Unterhaltsausschluss, dass der Kläger bis 31.12.2009 freiwillig und ohne Titel Unterhalt an seine ehemalige Ehefrau gezahlt habe. Es könne wegen § 242 BGB ein schutzwürdiges Vertrauen des Unterhaltsgläubigers dadurch entstehen, dass jahrelang freiwillig Unterhalt gezahlt werde (so zum Beispiel Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 12.08.2003 – 8 US 283/02). Auch aus der Norm des § 1578b Abs. 2 BGB ergebe sich kein evidenter Ausschluss des Unterhaltsanspruchs im Februar 2010. Der Kläger habe nicht behauptet, dass ein unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig im Sinne dieser Norm wäre. Daher sehe sich die Kammer auch nicht veranlasst weitergehende Ermittlungen anzustellen. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b Abs. 2 Satz 1 BGB hänge ebenso wie die Herabsetzung insbesondere davon ab, inwieweit der Unterhaltsgläubiger ehebedingte Nachteile dahingehend erlitten habe, für den eigenen Unterhalt selbständig zu sorgen. Solche Nachteile könnten vor allem aus der Dauer, der Pflege und Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe herrühren. Dabei sei jedoch zu beachten, dass nach der gesetzgeberischen Intention die Befristung des Unterhalts nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellen solle. Der Unterhaltsanspruch der ehemaligen Ehefrau des Klägers sei auch nicht evident verwirkt. Nachdem der Auskunftsanspruch nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II bestehe, könne der Beklagte sowohl Auskunft über die Einkommens- als auch die Vermögensverhältnisse des Klägers verlangen. Der Verweis in § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II umfasse auch Satz 2 des § 1605 Abs. 1 BGB. Damit habe der Beklagte auch das Recht, Belege über die Einkünfte des Klägers zu fordern. Der angefochtene Bescheid sei jedoch insoweit rechtswidrig, als dieser auch Belege über die Vermögensverhältnisse des Klägers anfordere. Eine gesetzliche Grundlage für diesen Eingriff gebe es nicht. Der Gesetzgeber unterscheide zwischen "Auskunft" und "Belegen", wie § 1605 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB zeige. Eine Auskunft sei dabei die bloße Angabe von Tatsachen, wohin gegen das Belegen die Vorlage von Beweismitteln erfordere. Während für die Auskunftspflicht eine Rechtsgrundlage sowohl für Einkünfte als auch Vermögen geschaffen sei, beziehe sich die Pflicht, Belege vorzulegen, nur auf Einkünfte. Der Wortlaut des § 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB sei insofern eindeutig.

Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19.07.2011 zugestellte Urteil haben diese am 19.08.2011 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Eine Negativevidenz sei vorliegend gegeben. Ein Unterhaltsanspruch seiner geschiedenen Ehefrau bestehe nicht. Nach § 1569 Satz 1 BGB bestehe kein Unterhaltsanspruch mehr zwischen geschiedenen Ehegatten. Die Voraussetzungen von § 1569 Satz 2 BGB, der ein Abweichen vom genannten Grundsatz vorsehe, lägen nicht vor. Ein Unterhaltsanspruch nach § 1573 BGB bestehe nicht. B.N. sei nicht außer Stande gewesen, einer Beschäftigung nachzugehen. Sie sei gelernte Verkäuferin gewesen und habe nach ihrer Lehre im Fachgroßhandel der ehemaligen HO als Sachbearbeiterin gearbeitet. Während ihrer Ehe habe sie als mithelfende Ehefrau im Betrieb des Klägers, einem Altstoffhandel, gearbeitet. Nach der Wende habe sich B.N. selbständig gemacht und einen Betrieb der Aktenvernichtung geführt. Nachfolgend sei sie als Fahrerin bei der Deutschen Post AG angestellt gewesen. Zuletzt habe sie als Fahrerin für "Essen auf Rädern" gearbeitet. B.N. habe während des längsten Teils ihrer Erwerbsbiografie ihren Bedarf durch eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit gedeckt. Aus der freiwilligen Unterhaltszahlung könne keine schuldrechtliche Verpflichtung abgeleitet werden. Zudem habe B.N. keine ehebedingten Nachteile gehabt. Ihre Erwerbsbiografie sei typisch für die Verhältnisse in der ehemaligen DDR gewesen. Die soziale Abfederung in der DDR habe schon von vornherein ehebedingte Nachteile ausgeschlossen. Aus der Ehe seien zwei Kinder hervorgegangen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 18.02.2013 folgendes Teilanerkenntnis abgegeben: "Der Bescheid vom 16.02.2010 wird folgendermaßen abgeändert: Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass er zu Angaben über seine eigenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse hinaus (nämlich zu Einkommens- und Vermögensverhältnissen seiner jetzigen Ehefrau) gesetzlich nicht verpflichtet ist, aber im Rahmen der Aufklärung aller entscheidungserheblichen Tatsachen – auch im eigenen Interesse – wenngleich auf freiwilliger Basis aufgerufen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90, zitiert nach Juris, RdNr. 19)." In der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2013 hat der Kläger das Teilanerkenntnis des Beklagten angenommen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat die Zeugin K H , die gemeinsame Tochter des Klägers und von B.N., vernommen. Bezüglich der Einzelheiten Ihrer Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 21.06.2011aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde, und den Bescheid des Beklagten vom 16.02.2010 sowie den Widerspruchsbescheid vom 08.03.2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte des Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist – soweit der Rechtsstreit nicht durch das vom Kläger angenommene Teilanerkenntnis des Beklagten erledigt ist – unbegründet. Insoweit hat das SG zu Recht mit Urteil vom 21.06.2011 die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 16.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2010, beide in der Gestalt des vom Kläger angenommenen Teilanerkenntnisses des Beklagten, sind rechtmäßig und verletzten den Kläger daher nicht in seinen Rechten.

1. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist lediglich, ob der Beklagte den Kläger zu Recht auf Auskunft über dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie auf Vorlage von Belegen über seine Einkommensverhältnisse in Anspruch genommen hat. Nicht Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist, ob der Beklagte den Kläger rechtmäßig zur Vorlage von Belegen über seine Vermögensverhältnisse aufgefordert hat. Insoweit hat das SG die Bescheide des Beklagten aufgehoben. Da der Beklagte keine Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt hat, ist das Urteil insoweit rechtskräftig geworden.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist ferner der Bescheid des Beklagten vom 16.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2010, beide in der Gestalt des vom Kläger angenommenen Teilanerkenntnisses des Beklagten vom 18.02.2013 (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90, zitiert nach Juris, RdNrn. 15 ff). Der Beklagte hat mit dem Teilanerkenntnis das Urteil des BVerwG vom 21.01.1993 auf den vorliegenden Fall umgesetzt und den Kläger darauf hingewiesen, dass er zu Angaben über seine eigenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse hinaus (nämlich zu Einkommens- und Vermögensverhältnissen seiner jetzigen Ehefrau) gesetzlich nicht verpflichtet, aber im Rahmen der Aufklärung aller entscheidungserheblichen Tatsachen – auch im eigenen Interesse – wenngleich auf freiwilliger Basis aufgerufen ist.

2. Zu Recht hat der Beklagte den Kläger zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie zur Vorlage von Belegen über seine Einkommensverhältnisse gemäß § 60 Abs. 2 SGB II aufgefordert.

Nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide maßgeblichen Fassung hat, wer jemanden, der eine Leistung nach diesem Buch beantragt hat oder bezieht, zu Leistungen verpflichtet ist, die geeignet sind, Leistungen nach diesem Buch auszuschließen oder zu mindern, oder wer für ihn Guthaben oder Vermögensgegenstände verwahrt, der Agentur für Arbeit auf Verlangen hierüber sowie über damit im Zusammenhang stehendes Einkommen oder Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach diesem Buch erforderlich ist. Nach § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II ist für die Feststellung einer Unterhaltsverpflichtung § 1605 Abs. 1 BGB anzuwenden.

a) Der Beklagte ist zuständiger Leistungsträger i.S.d. § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Zwar ist in der genannten Norm lediglich die Agentur für Arbeit als Auskunftsberechtigte genannt. Jedoch nahm gemäß § 44b Abs. 3 Satz 1 SGB II in der zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Bescheide maßgeblichen Fassung die Arbeitsgemeinschaft die Aufgaben der Agentur für Arbeit wahr (vgl. Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 60, RdNr. 9; Estelmann in Estelmann, SGB II, Stand: 10/2012, § 60, RdNrn. 37, 43; Schoch in LPK-SGB II, 4. Auflage 2012, § 60, RdNr. 24; Volzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand: 11/2012, § 60, RdNr. 28; SG Berlin, Urteil vom 05.11.2007 – S 119 AS 141/07, zitiert nach juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.09.2011 – L 13 AS 4950/10, zitiert nach juris, RdNr. 35).

b) Zu Recht hat der Beklagte den Auskunftsanspruch mittels Verwaltungsakt geltend gemacht (BSG, Urteil vom 24.02.2011 – B 14 AS 87/09 R, zitiert nach juris, RdNr. 13ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.09.2011 – L 13 AS 4950/10, zitiert nach juris, RdNr. 36 m.w.N.; Estelmann, a.a.O., § 60 RdNr. 43; Meyerhoff in jurisPK-SGB II, 3. Auflage 2012, § 60, RdNr. 30 ff.).

c) Auch zählt der Kläger zu dem von § 60 Abs. 2 SGB II erfassten Personenkreis, weil er als Unterhaltspflichtiger gegenüber der B.N. in Betracht kommt. Dieser wird allein durch § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II festgelegt (Estelmann, a.a.O., § 60 RdNr. 33; Meyerhoff, a.a.O., § 60 RdNr. 47). Bei § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II handelt es sich lediglich um eine Rechtsfolgenverweisung (Estelmann, a.a.O., § 60 RdNr. 42).

d) Die vom Beklagten geforderte Auskunft war zur Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II im Sinne von § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II erforderlich. Das Merkmal der Erforderlichkeit hat das LSG Nordrhein-Westfahlen im Urteil vom 29.01.2007 – L 1 AS 12/06 (zitiert nach juris, RdNr. 18) für den Senat überzeugend folgendermaßen definiert: "Das Merkmal der Erforderlichkeit konkretisiert den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Erforderlich ist dabei eine Güterabwägung zwischen dem Auskunftsinteresse des Leistungsträgers einerseits und den schutzwürdigen Persönlichkeitsinteressen des Auskunftsverpflichteten andererseits. Der Auskunftsanspruch besteht daher nicht, wenn der Leistungsträger über die gewünschten Informationen bereits verfügt oder sie auch auf einfachere Weise beschaffen kann. Ebenso kann der Leistungsträger keine Auskunft verlangen, wenn feststeht, dass die Auskunft den Leistungsanspruch nicht (mehr) beeinflussen kann, weil er aus anderen, insbesondere rechtlichen Gründen nicht besteht. Schließlich ist das Auskunftsverlangen auch dann rechtswidrig, wenn feststeht, dass der behauptete Unterhaltsanspruch aus anderen Gründen als der mangelnden Leistungsfähigkeit des auf Auskunft in Anspruch genommenen unabhängig von dessen Einkommen oder Vermögen nicht gegeben ist."

Gemessen an diesen Vorgaben, war die Auskunft vorliegend erforderlich. Der Beklagte verfügt nicht über die angeforderten Informationen. Der Beklagte kann sich die Informationen auch nicht auf einfachere Weise beschaffen. Der Leistungsanspruch der B.N. nach dem SGB II bestand im streitigen Zeitraum. Der Beklagte bewilligte B.N. mit Bescheid vom 07.01.2010 für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 30.06.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. monatlich 599,71 EUR und mit Bescheid vom 08.06.2010 für den Zeitraum vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 i.H.v. monatlich 600,03 EUR.

Es steht auch nach der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der vom Beklagten behauptete Unterhaltsanspruch nicht gegeben ist. Für die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens ist es nicht erforderlich, dass alle für die Beurteilung des Leistungsanspruchs maßgebenden tatsächlichen Fragen in vollem Umfang geklärt sind. Vielmehr ist der Auskunftsanspruch nur dann nicht gegeben, wenn der Leistungsanspruch schon aus Rechtsgründen nicht bestehen kann (LSG Nordrhein-Westfahlen, a.a.O., RdNr. 20). Das Interesse des Klägers an der Geheimhaltung seiner Daten überwiegt dann das Auskunftsinteresse des Beklagten, wenn der Unterhaltsanspruch unabhängig von seinen Einkommens- oder Vermögensverhältnissen ganz offensichtlich (evident) nicht besteht. In einem solchen Fall wäre das Festhalten an dem Auskunftsbegehren unverhältnismäßig und daher nicht mehr erforderlich (vgl. zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur "Negativevidenz" u. a. Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90, zitiert nach juris, RdNr. 8 m.w.N.; vgl. auch: LSG Nordrhein-Westfahlen, Beschluss vom 11.01.2006 – L 1 B 18/05 AS ER, zitiert nach juris, RdNr. 9). Daher setzt die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens nicht etwa voraus, dass der Unterhaltsanspruch tatsächlich gegeben ist. Die Auskunft soll den Leistungsträger erst in die Lage versetzen zu prüfen, ob eine gerichtliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs möglich und sinnvoll ist. Das Auskunftsverlangen ist aber dann rechtswidrig, wenn der Unterhaltsanspruch offensichtlich nicht gegeben ist. Die Frage, ob der Unterhaltsanspruch tatsächlich besteht, ist demgegenüber erst im familiengerichtlichen Verfahren im Anschluss an die Überleitung zu klären. (LSG Nordrhein-Westfahlen, a.a.O., RdNr. 21; Schoch in LPK-SGB II, 4. Auflage 2012, § 60 RdNr. 28; Volzke, a.a.O., § 60, RdNrn. 20, 30, Estelmann, a.a.O., § 60 RdNr. 33; Meyerhoff, a.a.O., § 60 RdNr. 50).

In ebendieser Weise hat das BVerwG im Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90, zitiert nach juris, RdNr. 8 entschieden:

Tenor:

"Entgegen der Ansicht der Revision setzt die Rechtmäßigkeit dieses Auskunftsverlangens nicht voraus, dass der früheren Ehefrau des Klägers der zur Überleitung vorgesehene nachehelicher Unterhaltsanspruch auch zusteht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Überleitung nicht schon dann rechtswidrig, wenn der übergeleitete Anspruch nicht besteht, es sei denn er bestünde offensichtlich nicht (mehr) – sogenannte Negativevidenz. Für die Auskunftspflicht nach § 116 Abs. 1 BSHG gelten keine strengeren Anforderungen. Denn ihr Zweck ist es, dem Sozialhilfeträger erst die Prüfung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 BSHG) durch in Anspruchnahme Dritter hergestellt werden kann. Dieser Zweck gebietet es, als einfache ‚Unterhaltspflichtige’ im Sinne von § 116 Abs. 1 BSHG alle Personen anzusehen, die als Unterhaltsschuldner in Betracht kommen, d. h. nicht offensichtlich ausscheiden. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass hier ein Fall der sogenannten Negativevidenz nicht vorliegt. Die vom Kläger dagegen erhobenen Einwände betreffen die Auslegung der in dem beiderseitigen Unterhaltsverzicht enthaltenen Notklausel sowie die einzelfallbezogene Anwendung des hier maßgeblichen Unterhaltsrechts, die den Zivilgerichten vorbehalten ist. Diese Einwände berühren die hier bestehende Möglichkeit eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs nicht."

Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung an. Kann die begehrte Auskunft Bestand und Höhe des Unterhaltsanspruchs nicht mehr beeinflussen, weil z. B. bindend festgestellt ist, dass eine Unterhaltspflicht nicht besteht, entfällt die Auskunftspflicht. Scheidet die Unterhaltspflicht nach sorgfältiger Prüfung aber nicht ganz offensichtlich aus, sondern verbleiben Zweifel hinsichtlich des Bestehens, so bleibt die Verpflichtung zur Auskunftserteilung bestehen (Meyerhoff, a.a.O., § 60 RdNrn. 50, 51; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 01.09.2010 – L 12 SO 61/09, zitiert nach Juris, RdNrn. 20 ff.).

Welche Ermittlungen die Sozialgerichte zur Prüfung der Frage, ob eine Unterhaltspflicht besteht, anzustellen haben, ist stets im Einzelfall zu entscheiden.

Im vorliegenden Verfahren konnte trotz umfangreicher Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, dass der vom Beklagten behauptete Unterhaltsanspruch nicht gegeben ist.

Ein Unterhaltsanspruch der B.N. gegen den Kläger nach § 1573 BGB ist nicht ausgeschlossen. Zwar sieht § 1569 Satz 1 BGB vor, dass es nach der Scheidung jedem Ehegatten obliegt, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. § 1569 Satz 2 BGB regelt jedoch eine Ausnahme von diesem Grundsatz: Ist ein Ehegatte hierzu außer Stande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nach den folgenden Vorschriften, u.a. § 1573 BGB. Gemäß § 1573 Abs. 1 BGB kann ein geschiedener Ehegatte, soweit er keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 BGB hat, gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. Nach § 1573 Abs. 2 BGB kann er, soweit die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt nicht ausreichen, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen. Nach § 1573 Abs. 4 BGB kann der geschiedene Ehegatte auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

Zweck der Vorschrift des § 1573 Abs. 4 BGB ist es, die nacheheliche Verantwortung des Unterhaltsschuldners für die Bedürftigkeit des anderen Ehegatten zu begrenzen, wenn der Unterhaltsbedürftige zunächst eine wirtschaftliche Sicherung erlangt und später aus persönlichen oder arbeitsmarktpolitischen Gründen wieder verloren hat. Betriebsbedingte Arbeitsplatz- und persönliche Krankheitsrisiken trägt dann der Bedürftige selbst (Brudermüller in Palandt, BGB, 70. Auflage 2011, § 1573 RdNr. 26). Nachhaltig i.S.d. § 1573 Abs. 4 BGB bedeutet dauerhaft. Nachhaltig ist daher der Unterhalt gesichert, wenn aus objektiver Sicht im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung oder später ein Dauerarbeitsplatz erlangt wurde (Brudermüller, a.a.O., RdNr. 27). Die Tätigkeit muss im Zeitpunkt ihrer Aufnahme nach objektiven Maßstäben und allgemeiner Lebenserfahrung mit einer gewissen Sicherheit als dauerhaft angesehen werden können und ein stetiges Einkommen auch in der Zukunft und nicht nur vorübergehend in der Gegenwart gewährleisten. Von Anfang an zeitlich befristeten Tätigkeiten mangelt es daher an der Nachhaltigkeit. Eine Nachhaltigkeit wird i.d.R. nach Ablauf von zwei Jahren in einem dauerhaften Beschäftigungsverhältnis angenommen (Maurer in Münchner Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2010, § 1573 RdNr. 26). Wenn von Nachhaltigkeit auszugehen ist, ist unerheblich, aus welchen Gründen die Arbeitsstelle verloren geht (Maurer, a.a.O., RdNr. 22). Da der Anspruch nur besteht, wenn dem Bedürftigen die Sicherung seines Lebensunterhalts "trotz seiner Bemühungen nicht gelungen" ist, trifft ihn eine Obliegenheit, sich ernsthaft um eine auf Dauer angelegte Erwerbstätigkeit zu bemühen, auch nach dem Verlust eines Arbeitsplatzes (Maurer, a.a.O., RdNr. 24).

B.N. ging zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Bescheide keiner Erwerbstätigkeit nach. Sie konnte sich nicht selbst unterhalten.

Nach der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist gerade nicht nachgewiesen, dass B.N. zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung oder später einen Dauerarbeitplatz erlangt hätte. Die selbstständige Tätigkeit als Aktenvernichterin übte sie ausweislich ihres beim Beklagten gespeicherten beruflichen Werdegangs lediglich vom 01.05.1991 bis 31.08.1994 aus. Sie gab die Tätigkeit mithin lange vor der Scheidung der Ehe am 07.03.2001 auf. Danach gelang es ihr gerade nicht, nachhaltig ihren Unterhalt zu sichern und einen Dauerarbeitplatz zu erlangen. Beschäftigungen als Auslieferungsfahrerin bzw. Fachkraft Kurier-, Express- und Postdienstleistungen übte sie ausweislich der beim Beklagten gespeicherten Daten lediglich vom 05.02.1996 bis 30.09.1996, vom 07.10.1996 bis 31.10.1996, vom 06.01.1997 bis 04.02.1997, vom 30.06.1997 bis 01.08.1998, am 06.03.2000, vom 25.04.2000 bis 19.06.2000 und vom 06.08.2001 bis 30.09.2001, mithin stets lediglich maximal wenige Monate, aus.

Es steht ebenfalls trotz Beweisaufnahme und Einsichtnahme in die beim Beklagten gespeicherten Daten der B.N. über deren beruflichen Werdegang, ihre gesundheitliche Situation und ihre Bemühungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes nicht fest, dass die nicht nachhaltige Sicherung des Unterhalts durch B.N. auf ungenügenden Eigenbemühungen beruht hätte. Zunächst ergibt sich aus den beim Beklagten gespeicherten Daten zum beruflichen Werdegang der B.N., dass ihr häufig ärztlicherseits Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurden (vom 08.04.1999 bis 30.06.1999, vom 03.11.2010 bis 17.11.2010, vom 30.03.2011 bis 21.04.2011, vom 07.07.2011 bis 05.08.2011, vom 08.09.2011 bis 07.10.2011, vom 05.01.2012 bis 03.02.2012 und vom 01.03.2012 bis 06.04.2012). Dies deckt sich mit den Vermerken des Beklagten, dass die Arbeitsvermittlung bzw. die Eigenbemühungen aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen der B.N. erschwert sind (z.B. Vermerke vom 03.11.1998, 11.12.2000, 18.07.2006). B.N. litt unter Bandscheibenproblemen (Beratungsvermerke des Beklagten vom 22.05.2007, 05.09.2008).

B.N. schloss regelmäßig, nämlich am 23.12.2005, 26.02.2008, 05.09.2008, 17.03.2009, 09.09.2009, 08.09.2010, 01.03.2011, 08.08.2011 und 07.02.2012 Eingliederungsvereinbarungen mit dem Beklagten ab und wies entsprechende Eigenbemühungen um einen Arbeitsplatz nach. Verstöße gegen die Verpflichtungen aus den Eingliederungsvereinbarungen wurden seitens des Beklagten nicht festgestellt.

Dass eine nachehelicher Unterhaltsanspruch der B.N. gegen den Kläger durch das Familiengericht lediglich zeitlich befristet erfolgt und die Befristung zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Auskunftsanpruchs des Beklagten abgelaufen wäre, steht nach den Ermittlungen des Senats ebenfalls nicht fest.

Zwar sieht § 1578b Abs. 1 BGB in der sowohl zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide des Beklagten als auch der Verkündung des Urteils des Senats geltenden Fassung vor, dass der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen ist, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Nach § 1578 b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Nach § 1578b Abs. 3 BGB können Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs miteinander verbunden werden.

Der Senat vermag nach der Beweisaufnahme und dem Studium der einschlägigen Rechtsprechung der Familiengerichte nicht auszuschließen, dass das Familiengericht der B.N. einen über die Dauer der freiwilligen Unterhaltszahlung hinausgehenden Unterhaltsanpruch zubilligen würde. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) deutlich gemacht, dass eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt unzulässig sein könne, wenn zwar keine ehebedingten Nachteile vorlägen, eine Beschränkung aber mit Blick auf die insbesondere bei Ehen von langer Dauer gebotene nacheheliche Solidarität unbillig erscheine (BGH, Urteil vom 06.10.2010 – XII ZR 202/08, NJW 2011, S.147; vgl. auch Born, NJW 2013, S. 561). Auch ein Teil der Instanzgerichte hat der nachehelichen Solidarität im Rahmen des § 1578b BGB Gewicht beigemessen (vgl. Rechtsprechungsübersicht bei Maurer in Münchner Kommentar zum BGB, Band 7 2010, § 1578b, RdNr. 41: u.a. OLG Zweibrücken NJW 2008, S.1893 f.: Ehedauer 21 Jahre, keine ehebedingten beruflichen Nachteile, aber ungesicherte berufliche Zukunft: nach 10-jähriger Zahlung von Aufstockungsunterhalt Befristung auf weitere 6 Jahre; OLG Köln, NJW 2008, S.2448: Ehedauer über 25 Jahre, Berechtigte hat 2 Kinder großgezogen, gelernte Rechtsanwaltsgehilfin, ehemalige Justizangestellte, die ihre Erwerbstätigkeit wegen Haushaltsführung und Kindererziehung aufgegeben hat; Verdienstmöglichkeit lediglich brutto 1400,00 EUR/Monat: keine Befristung; OLG Zweibrücken, FamRZ 2008, S. 1958 f.: Ehedauer 20 Jahre, keine ehebedingten Nachteile: nachehelicher Unterhalt für insgesamt 16 Jahre, um der Berechtigten die Wiedererlangung von Einkünften zur Wahrung ihres angemessenen Bedarfs zu ermöglichen).

Nicht unberücksichtigt bleiben kann zudem die zum 01.03.2013 erfolgte Änderung des § 1578b Abs. 1 BGB. Danach ist im Rahmen des § 1578b BGB zu prüfen, ob eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre (vgl. zur Rechtsänderung: Born, NJW 2012, S. 561). Durch diese Gesetzesänderung hat sich der Stellenwert der Ehedauer im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 1578b BGB erhöht. Sie ist nunmehr dem Kriterium des ehebedingten Nachteils gleichgestellt.

e) Ein ggf. bestehender Anspruch auf Geschiedenenunterhalt nach § 1573 BGB ist auch weder verjährt noch verwirkt. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.

Nach alledem ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

3. Da weder Kläger noch Beklagter zu den in § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Personen zählen, ist für die Kostenentscheidung § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO anwendbar.

Die hälftige Teilung der Kosten des Berufungsverfahrens ist angesichts des vom Beklagten abgegebenen Teilanerkenntnisses und des diesbezügliches Obsiegens der Klägerseite einerseits und des Unterliegens der Klägerseite im Übrigen andererseits gerechtfertigt. Die Kosten des Klageverfahrens hat der Beklagte zu zwei Dritteln und der Kläger zu einem Drittel zu tragen, weil die Bescheide des Beklagten bereits erstinstanzlich teilweise aufgehoben wurden.

4. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtslage zur Negativevidenz ist geklärt und auch nicht umstritten. Zu prüfen ist vorliegend lediglich für den Fall des Klägers, ob die Voraussetzungen einer Negativevidenz gegeben sind (ebenso: LSG Nordrhein Westfalen, Urteil vom 29.01.2007 – L 1 AS 12/06, zitiert nach Juris; LSG Nordrhein Westfalen, Urteil vom 07.05.2012 – L 20 SO 32/12, zitiert nach Juris; LSG Nordrhein Westfalen, Urteil vom 01.09.2010 – L 12 SO 61/09, zitiert nach Juris).

Weinholtz Brügmann Dr. Anders
Rechtskraft
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