S 17 SO 483/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
17
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 17 SO 483/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten einer stationären Krankenhausbehandlung nebst Zinsen.

Der am 00. Dezember 1936 geborene jordanische Staatsangehörige B K wurde nach einer notfallmäßigen Vorstellung in dem Zeitraum vom 29. Januar 2007 bis 02. April 2007 in dem von der Klägerin betriebenen N-Hospital in E Q wegen eines Dekubitus 4. Grades am Kreuzbein und einem Erysipel (einer Infektionserkrankung der Unterhaut) bei bestehender Adipositas, Diabetes Mellitus und einer Hernie stationär behandelt. Während des ersten Teiles des Behandlungszeitraumes, nämlich bis zum 15. Februar 2007 war Herr K im Besitz eines auf seinem Konto Nr. 000000000 bei der D E befindlichen Barvermögens von mindestens 5.000,00 Euro (Kontoauszug vom 22. Januar, 2. Februar und vom 16. Februar 2007 auf Bl. 89-91 Verwaltungsakte, Band 1).

Auf den von der Klägerin unter dem 30. Januar 2007 gestellten Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten in Höhe von 10.834,04 Euro übernahm die Beklagte mit Bescheid vom 06. Januar 2009 die Behandlungskosten in Höhe von 5.331,01 Euro für den Zeitraum vom 01. bis zum 31. März 2007. Die Übernahme der übrigen Behandlungskosten für den Zeitraum vom 29. Januar bis zum 28. Februar 2007 lehnte die Beklagte mit einem weiteren Bescheid vom 08. Januar 2009 (irrtümlicherweise auf 2008 datiert) ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ihre Prüfung habe ergeben, dass Herr K zu Beginn der stationären Behandlung im Zeitraum vom 29. Januar 2007 bis zum 28. Februar 2007 über Vermögen verfügt habe. Eine Übernahme der Behandlungskosten für diesen Zeitraum aus Mitteln der Sozialhilfe sei somit nicht möglich, da die Beklagte auch bei rechtzeitiger Kenntnis von der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung nicht verpflichtet gewesen wäre, die Kosten zu übernehmen, da kein Anspruch auf Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bestanden habe.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte unter gleichzeitiger Teilstattgabe für den Zeitraum vom 16. bis zum 28. Februar 2007, für den sie sich nunmehr zur Kostenübernahme bereit erklärte – zurück. Zur Begründung führte sie aus, ausweislich der bei der Beklagten vorliegenden Unterlagen habe Herr K bei Antragstellung am 16. Februar 2007 bis zum 15. Februar 2007 über Barvermögen oberhalb der Vermögensfreigrenze verfügt, so dass die Gewährung von Hilfe nicht in Betracht gekommen sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 21. Oktober 2011 Klage erhoben.

Sie ist der Ansicht, bei der Feststellung des Vermögens des Herrn K habe die Beklagte zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass bereits aus früheren Behandlungen von Herrn K bei der Klägerin diese Forderungen in Höhe von mehr als 10.000,00 Euro habe. Das vorhandene Vermögen reiche nicht aus, um diese Forderungen vollständig zu begleichen – erst recht nicht durch die aktuelle Behandlung entstehenden Forderungen. Auch das von der Beklagten berücksichtigte Vermögen des Herrn K von knapp 7.000,00 Euro hätte die Forderung nicht getilgt, geschweige denn die Kosten der hier in Rede stehenden Behandlung gedeckt. Die Tatsache, dass Herr K die alten Verbindlichkeiten ratenweise getilgt habe, führe nicht dazu, dass seine Bedürftigkeit nicht gegeben gewesen sei. Selbst wenn Herr K den Betrag von 5.000,00 Euro zur Zahlung der bisher offenstehenden Behandlungskosten verwendet hätte, wären immer noch erhebliche Verbindlichkeiten sowohl gegenüber der Klägerin als auch gegenüber dem Universitätsklinikum E verblieben. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei es auch nicht möglich, die Kosten für die Behandlung aufzuteilen. Das Fallpauschalen-System sehe nur eine Vergütung für den kompletten Aufenthalt vor. Eine virtuelle Berechnung, bzw. Aufteilung nach Leistungslagen sei im System nicht vorgesehen. Von daher sei schon die von der Beklagten vorgenommene Berechnung nicht nachvollziehbar.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2011 zu verpflichten, die Kosten für die stationäre Behandlung von Herrn B K im N-Hospital E vom 29. Januar bis 15. Februar 2007 zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Sie ist der Ansicht, dass es einen fiktiven Vermögensverbrauch, wie ihn die Klägerin fordere, nicht gebe. Fakt sei, dass Herr K das Barvermögen bis zum 15. Februar 2007 tatsächlich auf seinem Konto gehabt habe.

Wegen des Sachverhaltes im Übrigen wird auf den Inhalt der von den Beteiligten vorgelegten Schriftsätze, den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu schriftlich ihr Einverständnis erklärt haben (Erklärung der Beklagten vom 25. Juni 2012 und der Klägerin vom 03. Juli 2012).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid vom 08. Januar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2011 ist nicht rechtswidrig, soweit er hier zur Überprüfung steht; die Klägerin ist deswegen nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Es ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich, auf die die Klägerin ihren Zahlungsanspruch stützen könnte.

Die Voraussetzungen des Nothelferanspruchs nach § 25 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sind nicht erfüllt. Diese Vorschrift bestimmt, dass, wenn jemand in einem Eilfall einem anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten sind, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat.

Hier ist bereits fraglich, ob überhaupt ein Eilfall i.S.d. § 25 SGB XII vorgelegen hat. Für die Entscheidung des Falles ist dabei von vorneherein ohne Bedeutung, ob in dem Zeitraum der stationären Behandlung aufgrund des vorliegenden medizinischen Befundes ein medizinischer Eilfall bzw. bzw. Notfall vorgelegen ist. Ein Eilfall i.S.d. § 25 SGB XII liegt nämlich nur dann und solange vor, wie es der hilfebedürftigen Person bzw. dem Krankenhausträger nicht möglich oder zumutbar ist, den zuständigen Sozialhilfeträger über den Hilfefall zu unterrichten (vgl. z. B. LSG NW Urteil vom 27.02.2012, Az.: L 20 SO 48/11 R-Nr. 39 mw.N.). Aufgrund der vorliegenden Informationen kann seitens des Gerichts nicht festgestellt werden, dass bei der hier vorgelegenen notfallmäßigen Aufnahme am Montag, dem 29. Januar 2007 um 21.27 Uhr es für die Klägerin nicht zumindest ab dem Folgetag, nämlich dem 30. Januar 2007 möglich gewesen war, die Beklagte von der Notlage zu unterrichten, damit diese – bei einer Leistungsverpflichtung – selbst rechtzeitig Hilfe gewähren konnte. Dies gilt entsprechend, geht man von einer solchen rechtzeitigen Unterrichtung der Beklagten durch den von der Klägerin auf den 30. Januar 2007 datierten Kostenübernahmeantrag aus.

Darüber hinaus ist nämlich weitere Voraussetzung für einen Anspruch nach § 25 SGB XII, dass der Träger der Sozialhilfe – hier die Beklagte – bei rechtzeitiger Kenntnis des Hilfefalles für die Zeit der Nothilfe Hilfeleistungen nach dem SGB XII hätte gewähren müssen, d.h. zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Voraussetzung ist, dass bei dem Empfänger der Nothifeleistung ein Anspruch auf eine der in §§ 8, 11 SGB XII aufgeführten Sozialhilfeleistungen vorgelegen hat. Dies trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu, so dass die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 25 SGB XII bereits deshalb nicht vorliegen:

Nach § 2 Abs. 1 SGB XII erhält Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderlichen Leistungen von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Einzusetzen ist dabei gemäß § 90 As. 1 SGB XII das gesamte verwertbare Vermögen.

Bei Herrn k kam in dem streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Hilfegewährung durch die Beklagte nicht in Betracht, da er im Besitz eines erheblichen Vermögens im Wert von über 5.000,00 Euro auf seinem Bankkonto gewesen war. Dieser Vermögenswert übersteigt damit den geschützten Betrag von 2.600,00 Euro (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII vom 11. Februar 1988, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Dezember 2003) um mehr als 2.400,00 Euro.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Vortrages der Klägerin betreff der in dem streitigen Zeitraum bestehenden Verbindlichkeiten des Herrn K. Hieraus ergibt sich nämlich nicht das tatsächliche Vorliegen eines anderen, nämlich geringeren Vermögensbestandes des Herrn K. Insoweit kommt auch nicht der Rechtsgedanke eines fiktiven Vermögensverbrauches zum Tragen, da dieser im Sozialhilferecht des SGB XII nicht vorgesehen ist.

Es ist auch keine weitere Rechtsgrundlage erkennbar, auf die die Klägerin den von ihr gegenüber der Beklagten geltend gemachten Zahlungsanspruch stützen könnte. Die Vorschrift des § 25 SGB XII gestaltet das Rechtsverhältnis zwischen Nothelfer und Träger der Sozialhilfe insoweit abschließend. Ein Rückgriff auf allgemeine Ausgleichsbestimmungen, insbesondere die Regeln der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag, ist daher ausgeschlossen (ebenso Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen a.a.O., R-Nr.48).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

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Rechtskraft
Aus
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