S 4 SF 104/12 E

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 4 SF 104/12 E
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Im Falle eines Beteiligtenwechsels durch Rechtsnachfolge erhält der Rechtsanwalt der wechselnden Beteiligten nur eine Verfahrensgebühr und nur eine Auslagenpauschale, jedoch infolge der Vertretung des neuen Beteiligten zusätzlich den Mehrvertretungszuschlag gem. Nr. 1008 VV RVG (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2006 –V ZB 91/06 –, juris = NJW 2007, 769 ff.).

2. Erlischt die grundsätzliche Bindung eines Rechtsanwalts an das zur Gebührenbestimmung ausgeübte Ermessen infolge eines Irrtums, gilt dies nur insoweit, als dieser Irrtum für die ursprüngliche Bestimmung der Gebühr kausal war (im Anschluss an HessLSG, Beschluss vom 28. September 2011 – L 2 SF 185/10 E –, juris).
Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. Juni 2012 wird dahingehend abgeändert, dass die Erinnerungsgegnerin der Erinnerungsführerin weitere Kosten in Höhe von
126,44 EUR
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 50,76 EUR seit dem 22. Mai 2012 und aus 75,86 EUR seit dem 9. Juni 2013 sowie weitere Zinsen in Höhe von 7,86 EUR zu erstatten hat. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Die Erinnerungsgegnerin hat der Erinnerungsführerin 30 % ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Erinnerungsverfahren zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der im Rahmen des vor dem SG Fulda geführten Verfahrens S 4 U 8/06 durch die Erinnerungsgegnerin und Beklagte dieses Ausgangsverfahrens zu erstattenden Kosten.

1. Der Bevollmächtigte der Erinnerungsführerin vertrat in dem vorbezeichneten Verfahren, in dem um Folgen einer anerkannten Berufskrankheit sowie um die Gewährung einer Verletztenrente gestritten wurde, den ursprünglichen Kläger, der im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens verstarb. Der Rechtsstreit wurde durch seine Rechtsnachfolgerin, die jetzige Erinnerungsführerin, fortgeführt bei fortdauernder Vertretung durch denselben Bevollmächtigten. Das Verfahren endete durch Berufungsurteil des HessLSG vom 21. Februar 2012 – L 3 U 33/08 –, mit dem die Berufung der Erinnerungsgegnerin gegen das erstinstanzliche Urteil des SG Fulda vom 28. Januar 2008 zurückgewiesen wurde; sie ist daher zur Anerkennung von Unfallfolgen und zur Zahlung einer Verletztenrente nach einer MdE von 50 % rechtskräftig verurteilt. Entsprechend den im Ausgangsverfahren ergangenen Urteilen ist die Beklagte verpflichtet, der Erinnerungsführerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im vorliegenden Verfahren allein umstritten ist die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des erstinstanzlichen Verfahrens.

Diesbezüglich hatte die Erinnerungsführerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 29. Januar 2008, der am selben Tag bei dem SG Fulda eingegangen ist, beantragt, die Kosten gegen die Erinnerungsgegnerin wie folgt verzinslich festzusetzen (unter Berücksichtigung der Rechnungskorrekturen im Schriftsatz vom 22. Mai 2012):

I. Kosten des ehemaligen Klägers
Widerspruchsverfahrens Geschäftsgebühr, Nr. 2400 VV RVG 300,00 EUR
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

Klageverfahren
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Dokumentenpauschale, Nr. 7000 VV RVG 81,25 EUR

II. Kosten der Klägerin
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 VV RVG 20,00 EUR
Reisekosten, Nr. 7004 VV RVG 62,40 EUR
Auslagen, Nr. 7006 VV RVG 0,50 EUR
Zwischensumme 1.064,15 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 202,19 EUR
1.266,34 EUR

Diesen Festsetzungsantrag erweiterte die Erinnerungsführerin mit Schriftsatz vom 22. Mai 2012 um einen Hilfsantrag dergestalt, dass im Falle des Festhaltens an nur einer Verfahrensgebühr diese in Höhe des Höchstsatzes von 320 EUR geltend gemacht werde.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. Juni 2012 die Vergütung im Wesentlichen antragsgemäß fest. Nicht gewährt wurde die zweite Verfahrensgebühr einschließlich der zweiten Pauschale gem. Nr. 7002 VV RVG als "Kosten der Klägerin". Zur Begründung führte er aus, dass es sich trotz Rechtsnachfolge um dieselbe Angelegenheit handele, so dass die Verfahrensgebühr kein zweites Mal angefallen sei. Der Hilfsantrag sei unzulässig, da ein Rechtsanwalt an sein einmal ausgeübtes Ermessen gebunden sei, das er bezüglich der Verfahrensgebühr in der Kostenrechnung vom 29. Januar 2008 der Höhe nach ausgeübt habe und daher nicht nachträglich geändert werden könne. Den Verzinsungsanspruch tenorierte der Kostenbeamte nicht, sondern berücksichtigte ihn – in antragsgemäßer Höhe – lediglich in den Gründen des Beschlusses. Am 25. Mai 2012 zahlte die Beklagte die festgesetzten Kosten an die Erinnerungsführerin und am 25. Juli 2012 einen Zinsbetrag in Höhe von 274,84 EUR.

2. Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Erinnerungsführerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 5. Juli 2012 Erinnerung erhoben und verfolgt ihr Begehren auf Festsetzung einer zweiten Verfahrensgebühr einschließlich Pauschale sowie Tenorierung des Zinsanspruchs weiter. Auf gerichtlichen Hinweis, dass auf der Basis des in den Gründen überzeugenden Beschlusses des BGH, NJW 2007, S. 769 ff., im Falle der Rechtsnachfolge keine zweite Verfahrensgebühr verdient werde, hielt die Erinnerungsführerin an der Festsetzung insoweit nicht mehr fest, beantragte jedoch die Festsetzung der Verfahrenshöchstgebühr einschließlich Pauschale gem. Nr. 7002 VV RVG sowie des Mehrvertretungszuschlags gem. Nr. 1008 VV RVG, wie dies in der zitierten Entscheidung des BGH als zutreffend anerkannt worden sei. Dem stehe nicht die Bindungswirkung der ersten Kostenrechnung entgegen, da diese dann entfalle, wenn ein Rechtsanwalt einen Gebührentatbestand übersehen oder irrtümlich einen anderen als den tatsächlich einschlägigen zugrunde gelegt habe. Letztlich beantragt sie somit die Festsetzung weiterer Kosten wie folgt:

Verfahrensgebühr, Nr. 3103, 1008 VV RVG 416,00 EUR
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 436,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 82,84 EUR
518,84 EUR

Die Erinnerungsgegnerin verweist auf ihre am 25. Juli 2012 erfolgte Zinszahlung in Höhe von 274,84 EUR. Im Übrigen halte sie den angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Akten des Verfahrens S 4 U 8/06 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Erinnerung ist teilweise begründet. Die Erinnerungsführerin hat Anspruch auf weitere Vergütung in Form einer über die Mittelgebühr hinausgehenden Verfahrensgebühr zzgl. Mehrvertretungszuschlag sowie auf weitere Zinsen.

Gem. § 3 Abs. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des SGG genannten Personen gehört. Da die Erinnerungsführerin zu dem Kreis der Personen nach § 183 SGG zählt und das GKG somit nicht anwendbar ist, entstehen vorliegend Betragsrahmengebühren.

Gem. § 45 Abs. 1 RVG erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt seine gesetzliche Vergütung, die er sonst von seinem Mandanten verlangen könnte, aus der Staatskasse, soweit im 8. Abschnitt des RVG (§§ 44 bis 59) nichts anderes bestimmt ist. Er kann dabei nach § 48 Abs. 1 RVG sämtliche Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus seiner Tätigkeit ab dem Wirksamwerden seiner Beiordnung ergeben. Die von ihm danach aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss darauf wird auf Antrag des Rechtsanwalts grundsätzlich (vgl. aber § 55 Abs. 2 RVG) vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges festgesetzt, § 55 Abs. 1 S. 1 RVG.

Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet. Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich.

1. Hier allein streitig ist die Vergütung der erstinstanzlichen Tätigkeit des Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin.

a) Wie bereits im gerichtlichen Hinweis vom 15. April 2013 dargelegt, fällt bei Eintritt einer Rechtsnachfolge im Prozess keine zweite Verfahrensgebühr gem. Nr. 3103 VV RVG an, da es sich insoweit um dieselbe Angelegenheit handelt, wie der BGH (NJW 2007, S. 769 [770 f.]) ausführlich dargelegt hat (ebenso Mayer, in: Gerold/Schmitt, RVG, 19. Aufl. 2010, § 15 Rn. 36). Hierauf kann Bezug genommen werden, zumal die Erinnerungsführerin an der gegenteiligen Auffassung zuletzt nicht mehr festgehalten hat. b) Hinsichtlich der Höhe der damit nur einmal angefallenen Verfahrensgebühr ist der Bevollmächtigte der Erinnerungsführerin allerdings zunächst grundsätzlich an das im Antrag vom 29. Januar 2008 ausgeübte Ermessen gebunden. Diese Bindung erlischt nur, wenn sich der Rechtsanwalt eine Erhöhung vorbehalten hat, über Bemessungsfaktoren getäuscht worden ist oder einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen hat. Er kann daher irrtümlich nicht geltend gemachte Gebühren und Auslagen grundsätzlich nachfordern (HessLSG, Beschl. v. 28. September 2011, – L 2 SF 185/10 E – juris Rn. 30 m.w.Nw.; BGH, NJW 1987, S. 3203 [3203]). Dies ist hier zunächst hinsichtlich des neben der nur einfachen Verfahrensgebühr anzusetzenden Mehrvertretungszuschlags gem. Nr. 1008 VV RVG der Fall, denn diesen hat der Bevollmächtigte der Erinnerungsführerin aufgrund seiner ursprünglichen Rechtsansicht (irrtümlich) als nicht angefallen angesehen.

Dies gilt ebenso in Bezug auf die Verfahrensgebühr, weil der Bevollmächtigte irrtümlich davon ausging, die Tätigkeit nach Eintritt der Rechtsnachfolge könne (und müsse) er im Rahmen einer eigenständigen Verfahrensgebühr geltend machen. Daher ist er grundsätzlich nicht mehr an seine Ermessensausübung in der Kostenberechnung vom 29. Januar 2008 gebunden, so dass er eine Erhöhung der Verfahrensgebühr über die Mittelgebühr hinaus bestimmen konnte, wie er es mit dem Ansatz der Höchstgebühr getan hat. Hierfür ist jedoch folgende Einschränkung zu beachten:

Die Bindung an das ausgeübte Ermessen erlischt nur insoweit, als der bindungslösende Irrtum kausal für die Gebührenbemessung war. Denn selbst bei irrtumsgeleiteter Gebührenbestimmung ist etwa dann eine Bindung an die Ermessensausübung gerechtfertigt, wenn die richtigerweise geltend gemachte (Verfahrens-)Gebühr auf eine fehlerhafte Gebührennummer gestützt wird (HessLSG, Beschl. v. 28. September 2011, L 2 SF 185/10 E – juris Rn. 30). Entsprechendes muss auch dann gelten, wenn und soweit die Kriterien des § 14 RVG auf einzelne Verfahrensabschnitte angewandt werden, deren gebührenrechtliche Bewertung als solche nicht durch einen Irrtum des Rechtsanwalts beeinflusst sind. Dann fehlt es nämlich an der Kausalität des Versehens des Rechtsanwalts für die (aus seiner Sicht) fehlerhafte Ermessensausübung.

So liegt es im vorliegenden Fall, in dem der Bevollmächtigte der Erinnerungsführerin sein Ermessen hinsichtlich seiner Tätigkeit für den ursprünglichen Kläger ausgeübt und insoweit die Mittelgebühr als zutreffend beziffert hat. Insofern kann er nachträglich nicht mit dem Argument durchdringen, dass es sich wegen des Charakters als "EU-Rentenverfahren" um ein Verfahren mit besonderer Bedeutung oder Schwierigkeit gehandelt habe. Denn dieser Umstand war auch schon bei der erstmaligen Gebührenbemessung zu berücksichtigen gewesen; die Mittelgebühr für Schwierigkeit

und Umfang der Tätigkeit oder die Bedeutung der Sache für den ursprünglichen Kläger wurde nicht dadurch beeinflusst, dass nach dessen Tod auch noch seine Rechtsnachfolgerin zu vertreten war.

Lediglich zu berücksichtigen ist, dass der Bevollmächtigte nach dem Tod des früheren Klägers am 5. November 2006 die Frage der Rechtsnachfolge und eines Anspruchsübergangs (zusätzlich) prüfen musste und der Umfang des Verfahrens durch weitere beratungsärztliche und sachverständige Stellungnahmen vergrößert wurde. Diesen Aspekt hat der Bevollmächtigte somit irrtumsbedingt nicht in die Gebührenbemessung betreffend den ursprünglichen Kläger einfließen lassen, weil er davon ausgehen musste, diese im Rahmen der Gebührenbestimmung bezüglich der Erinnerungsführerin berücksichtigen zu können. Dabei kann aber der reine Aufwand, der aus dem Umstand folgte, eine weitere Mandantin als Klägerin vertreten zu müssen, insoweit keine Berücksichtigung finden, da dieser bereits durch Nr. 1008 VV RVG gebührenrechtlich abgegolten wird.

Vor diesem Hintergrund war eine Erhöhung der Verfahrensgebühr zwar grundsätzlich zulässig, die von der Erinnerungsführerin konkret vorgenommene ist jedoch nicht verbindlich, da sie sich als unbillig erweist. Denn – wie dargelegt – kann sich die Neuausübung nur auf die Kriterien beziehen, die nicht bereits unveränderte Grundlage der ersten Ermessensausübung waren, hier also allein Schwierigkeit (Rechtsnachfolgeprüfung) und Umfang der Tätigkeit. Dies rechtfertigt aber weder die Höchstgebühr noch eine solche im Rahmen der diesbezüglichen 20%-Toleranzgrenze.

Zu berücksichtigen ist, wie bereits abstrakt ausgeführt, die Tatsache der Rechtsnachfolge, die hier (geringfügig) komplexer zu beurteilen ist durch die bestehende gesetzliche Betreuung für die Erinnerungsführerin. Sodann musste sich der Bevollmächtigte mit einer weiteren Stellungnahme des Beratungsarztes Q. der Erinnerungsgegnerin sowie einer weiteren von ihm – dem Bevollmächtigten – angeregten ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen W. auseinandersetzen, wobei letztere (weiterhin) den Anspruch der Erinnerungsführerin stützte, so dass nur noch ein kurzer Schriftsatz unter dem 17. März 2007 zu fertigen war. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer eine Erhöhung der Verfahrensgebühr um 25 % über der Mittelgebühr für angemessen.

c) Die weitere Pauschale gem. Nr. 7002 VV RVG kann nicht geltend gemacht werden. Denn diese fällt für jede Angelegenheit nur ein Mal an, mehrfach nur je selbstständiger Angelegenheit (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmitt, RVG, 19. Aufl. 2010, VV 7001, 7002 Rn. 21). Wie aber der BGH (NJW 2007, S. 769 [770]) dargelegt hat, verbindet "die bei einem Parteiwechsel vorliegende Kontinuität des gerichtlichen Verfahrens und die gebührenrechtliche Einheit des Rechtszugs die Vertretung wechselnder Parteien zu einer einzigen gebührenrechtlichen Angelegenheit".

Zwar hat die Erinnerungsführerin zutreffend darauf hingewiesen, dass der BGH offenbar in der zitierten Entscheidung eine einheitliche Verfahrensgebühr für zutreffend erachtet, aber die doppelte Pauschale nicht beanstandet hat. Sofern der Beschluss tatsächlich so zu verstehen sein sollte, folgt dem die Kammer nicht; denn dies wäre widersprüchlich, da mit der Annahme einer einheitlichen gebührenrechtlichen Angelegenheit nicht zu vereinbaren. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der BGH sich insoweit nicht ausdrücklich geäußert hat; denkbar wäre zudem, dass der doppelte Ansatz der Pauschale gem. Nr. 7002 VV RVG mangels Anfechtung nicht Gegenstand der Rechtsbeschwerde und wegen des Verbots der reformatio in peius durch den BGH nicht zu prüfen war.

d) Nach alledem ergibt sich folgender weiterer Kostenfestsetzungsanspruch:
Erhöhungsbetrag der Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG 42,50 EUR
Mehrvertretungszuschlag aus 212,50 EUR, Nr. 1008 VV RVG 63,75 EUR
Zwischensumme 106,25 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 20,19 EUR
126,44 EUR

Der Erhöhungsbetrag betreffend die Verfahrensgebühr ist ab dem 22. Mai 2012 (Eingang des diesbezüglichen Hilfsantrags), der Mehrvertretungszuschlag ab dem 9. Juni 2013 (Antragstellung nach gerichtlichem Hinweis) – jeweils incl. Umsatzsteuer – zu verzinsen.

2. Die Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs hätte entsprechend dem Antrag der Erinnerungsführerin in den Tenor des Kostenfestsetzungsbeschlusses aufgenommen werden müsse. Hierzu fehlt nunmehr jedoch das Rechtsschutzbedürfnis, soweit die Beklagte de Zinsanspruch nach ihrem unwidersprochenen Vortrag am 25. Juli 2012 beglichen hat. Allerdings hat die Erinnerungsführerin den Zinsanspruch in der Erinnerungsschrift zutreffend mit 282,70 EUR berechnet, hinter dem die Zahlung der Erinnerungsgegnerin zurückbleibt. Entsprechend sind weitere Zinsen in Höhe des Differenzbetrages von 7,86 EUR zuzusprechen.

3. Die notwendige Kostenentscheidung (vgl. SG Fulda, Beschl. v. 10. Februar 2010 - S 3 SF 22/09 E – juris Rn. 68 ff.) folgt aus § 193 SGG. Gerichtskosten sind gem. § 3 GKG i.V.m. Teil 7 der Anlage 1 des GKG für das Erinnerungsverfahren nicht vorgesehen.

4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 197 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved