S 160 AS 3191/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
160
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 160 AS 3191/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 34 AS 1036/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. März 2013 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Streitig ist ein Auskunftsanspruch des Beklagten gegenüber der Klägerin.

Die 1962 geborene Klägerin ist die Mutter des 1991 geborenen D H, der seit dem 01. Juli 2011 von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht (Bescheid vom 09. Juni 2011).

Mit Bescheid vom 05. Januar 2012 teilte der Beklagte der Klägerin mit, kraft Gesetzes sei ab dem 01. Juli 2011 der Unterhaltsanspruch des D H gemäß § 33 SGB II auf den Beklagten übergegangen. Zusammen mit dem Unterhaltsanspruch sei auch der zivilrechtliche Auskunftsanspruch auf den Beklagten übergegangen. Daneben besitze er gemäß § 60 Abs. 2 SGB II einen eigenen öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch. Unter Gebrauchmachung von diesem Auskunftsanspruchs wurde die Klägerin aufgefordert, ihre wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse darzulegen.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2012 als unzulässig, machte in der Begründung der Entscheidung jedoch Ausführungen zur Unbegründetheit des Widerspruchs.

Am 03. Februar 2012 ist die hiergegen gerichtete Klage der Klägerin bei dem Sozialgericht Berlin (SG) eingegangen. Sie sei über die momentanen Lebensverhältnisse ihres Sohnes nicht unterrichtet. Zu einer solchen Unterrichtung sei er jedoch gemäß § 1605 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verpflichtet. Bei Nichterfüllung der Auskunftspflicht komme eine Verwirkung der Unterhaltsansprüche in Betracht. Eine solche Verwirkung komme hier außerdem unter dem Gesichtspunkt des § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB in Betracht, denn ihr Sohn habe ihr gegenüber eine schwere Verfehlung in diesem Sinne begangen, indem er sie mit dem Tode bedroht habe.

Nach Beiziehung der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Berlin zu dem Az. 263 Js2383/11 HG Hw und Erteilung des Einverständnisses mit einer schriftlichen Entscheidung seitens der Beteiligten hat das SG die Klage durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 25. März 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bescheid vom 05. Januar 23012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2012 sei nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte den Widerspruch der Klägerin im Tenor des Widerspruchsbescheides als unzulässig verworfen habe, denn hierbei handele es sich um eine offenbare Unrichtigkeit, die nicht zur Rechtswidrigkeit führe sondern nur dazu, dass der Verwaltungsakt mit dem eigentlich gewollten Inhalt gelte. Die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs des Beklagten gemäß § 60 Abs. 2 i. V. m. § 6b Abs. 1 Satz 2 SGB II lägen hier vor. Der Sohn beziehe Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin selbst sei aufgrund ihrer Unterhaltspflicht (§ 1601 BGB i. V. m. § 1589 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu Leistungen verpflichtet, die grundsätzlich auch geeignet seien, Leistungen nach dem SGB II auszuschließen oder zu mindern. Eine Auskunftspflicht sei auch nicht, insbesondere nicht wegen § 1611 Abs. 1 BGB, offensichtlich ausgeschlossen. Eine grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme des Verpflichteten gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB sei hier nicht offensichtlich. Zunächst sei zu berücksichtigen, dass für eine grobe Unbilligkeit mehr erforderlich sei als eine vorsätzliche schwere Verfehlung des Unterhaltsberechtigten Dustin Hanold, denn selbst seine solche Verfehlung führe nach § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zum Wegfall, sondern lediglich zur Beschränkung des Unterhaltsanspruchs. Ausgehend hiervon erfüllten die Verhaltensweisen des Unterhaltsberechtigten – den Vortrag der Klägerin sowie den Akteninhalt der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Berlin 263 Js 2383/11 HG Hw als wahr unterstellt – die Voraussetzungen an eine grobe Unbilligkeit nicht im Sinne einer Negativevidenz. Einzig in Betracht kämen diesbezüglich die vorgetragenen Straftaten zum Nachteil der Klägerin und ihrer Familie. Die Klägerin habe hierzu nur auf "verschiedene Beleidigungs- und Diebstahlsstraftaten" sowie auf einen Gewaltausbruch und eine Todesdrohung abgestellt. Diebstahls- oder Beleidigungsstraftaten begründeten jedoch – unabhängig von der konkreten Begehungsform – keine schwere Verfehlung und damit erst Recht keine grobe Unbilligkeit. Beide Delikte seien nach ihrem Strafrahmen dem Bereich der unteren bzw. mittleren Kriminalität zuzuordnen und zudem (absolut) von einem Strafantrag abhängig. Nichts anderes gelte für die vorgetragene Todesdrohung. Diese möge zwar nach dem allgemeinen Empfinden schwer wiegen, werde jedoch nach § 241 Strafgesetzbuch (StGB) lediglich mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft. Zudem sei die Bedrohung ein Privatklagedelikt. Nach der insoweit maßgeblichen Auffassung des Gesetzes begründe daher auch die Bedrohung keine schwere Verfehlung und damit ebenfalls erst Recht keine Unbilligkeit. Der potentielle Unterhaltsanspruch sei auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil der Unterhaltsberechtigte die Klägerin nicht unaufgefordert über seine Einkünfte bzw. sein Vermögen und seine derzeitige Lebenssituation informiert habe. Denn eine Auskunft sei in der Regel nur auf Verlangen zu erteilen, nur in Ausnahmefällen bestehe aus Treu und Glauben eine Pflicht zur ungefragten Information. Tatsachen, die einen solchen Ausnahmefall begründeten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Der vorgetragene Gewaltausbruch sei nicht weiter substantiiert worden. Mangels Tatsachengrundlage – die sich auch nicht aus der Ermittlungsakte ergebe – könne das Vorliegen einer groben Unbilligkeit unter diesem Aspekt bereits nicht geprüft werden.

Gegen das am 09. April 2013 zugegangene Urteil richtet sich die am 23. April 2013 eingegangene Berufung der Klägerin, mit welcher sie ihr erstinstanzliches Begehren fortführt. Die durch den Unterhaltsberechtigten begangenen Straftaten – Diebstahl, Beleidigung, Körperverletzung, Todesdrohung -, deren Opfer sie geworden sei, stellten schwere Verfehlungen i. S. d. § 1611 BGB dar. Maßgeblich sei nicht allein der Strafrahmen. § 1611 BGB sehe eine umfassende Abwägung aller Umstände vor. Unter den Tatbestand des § 1611 BGB fielen z. B. schwere Kränkungen, tätliche Angriffe, Bedrohungen und Denunziationen sowie das Verschweigen regelmäßiger Einkünfte. Am 17. März 2011 habe der Unterhaltsberechtigte gegenüber ihr folgende Äußerungen getätigt: "ich hoffe, du stirbst bald" und "Du Fotze". Bis zum Eintreffen der Polizei habe sie sich in Todesangst in der Küche eingeschlossen, in die der Unterhaltsberechtigte mit den Worten "ich bringe die Alte um" versucht habe einzudringen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. März 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 05. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Berlin zu dem Az. 263 Js 2383/11 HG Hw beigezogen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 02. Oktober 2013 sind die Beteiligten zur Absicht des Senats, die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückzuweisen, angehört worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Kopie der Behelfsakte des Beklagten (Unterhaltsbeiakte Nr. 11.0697H01) verwiesen.

II.

Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, denn er hält sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der angefochtene Bescheid des Beklagten rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.

Zu Recht hat der Beklagte die Klägerin zur Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie zur Vorlage von Belegen über ihre Einkommensverhältnisse gemäß § 60 Abs. 2 SGB II aufgefordert.

Nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide maßgeblichen Fassung hat, wer jemandem, der eine Leistung nach diesem Buch beantragt hat oder bezieht, zu Leistungen verpflichtet ist, die geeignet sind, Leistungen nach diesem Buch auszuschließen oder zu mindern, oder wer für ihn Guthaben oder Vermögensgegenstände verwahrt, der Agentur für Arbeit auf Verlangen hierüber sowie über damit im Zusammenhang stehendes Einkommen oder Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach diesem Buch erforderlich ist. Nach § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II ist für die Feststellung einer Unterhaltsverpflichtung § 1605 Abs. 1 BGB anzuwenden.

Der Beklagte ist zuständiger Leistungsträger i. S. d. § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Zwar ist in der genannten Norm lediglich die Agentur für Arbeit als Auskunftsberechtigte genannt. Jedoch nahm gemäß § 44b Abs. 3 Satz 1 SGB II in der zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Bescheide maßgeblichen Fassung die Arbeitsgemeinschaft die Aufgaben der Agentur für Arbeit wahr (vgl. Blüggel in Eicher, SGB II, 3. A. 2013, § 60 Rn. 9; Schoch in LPK-SGB II, 5. A. 2013, § 60 Rn. 2).

Zu Recht hat der Beklagte den Auskunftsanspruch auch mittels Verwaltungsakt geltend gemacht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 87/09 R, zitiert nach juris, Rn. 13ff.).

Auch zählt die Klägerin zu dem von § 60 Abs. 2 SGB II erfassten Personenkreis, weil sie als Mutter des Leistungsbeziehers D H als Unterhaltspflichtige in Betracht kommt. Der von der Vorschrift erfasste Personenkreis wird allein durch § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II festgelegt. Bei § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II handelt es sich lediglich um eine Rechtsfolgenverweisung (Blüggel in Eicher a. a. O. § 60 Rn 20).

Die vom Beklagten geforderte Auskunft war zur Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II im Sinne von § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II erforderlich. Erforderlich ist dabei eine Güterabwägung zwischen dem Auskunftsinteresse des Leistungsträgers einerseits und den schutzwürdigen Persönlichkeitsinteressen des Auskunftsverpflichteten andererseits. Der Auskunftsanspruch besteht daher nicht, wenn der Leistungsträger über die gewünschten Informationen bereits verfügt oder sie auch auf einfachere Weise beschaffen kann. Ebenso kann der Leistungsträger keine Auskunft verlangen, wenn feststeht, dass die Auskunft den Leistungsanspruch nicht (mehr) beeinflussen kann, weil er aus anderen, insbesondere rechtlichen Gründen nicht besteht. Schließlich ist das Auskunftsverlangen auch dann rechtswidrig, wenn feststeht, dass der behauptete Unterhaltsanspruch aus anderen Gründen als der mangelnden Leistungsfähigkeit des auf Auskunft in Anspruch Genommenen unabhängig von dessen Einkommen oder Vermögen nicht gegeben ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Januar 2007 – L 1 AS 12/06 - zitiert nach juris, Rn. 18; Schoch in LPK-SGB II a. a. O. § 60 RN 18 f.; Blüggel in Eicher, a. a. O. § 60 Rn. 38 ff.)

Gemessen an diesen Vorgaben, war die Auskunft vorliegend erforderlich. Der Beklagte verfügt nicht über die angeforderten Informationen. Der Beklagte kann sich die Informationen auch nicht auf einfachere Weise beschaffen. Der Leistungsanspruch des Dustin Hanold nach dem SGB II bestand ab dem 01. Juli 2011. Der Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 09. Juni 2011 für den Zeitraum vom 01. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i. H. v. monatlich 749,32 EUR, mit Bescheid vom 22. Dezember 2011 für den Zeitraum vom 01. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2012 i. H. v. monatlich 759,92 EUR, mit Bescheid vom 15. Juni 2012 in der Fassung des Bescheides vom 13. November 2012 für den Zeitraum vom 01. Juli 2012 bis zum 30. November 2012 i. H. v. monatlich 759,92 EUR sowie für den Monat Dezember 2012 i. H. v. 605,92 EUR und mit Bescheid vom 13. Dezember 2013 für den Zeitraum vom 01. Januar 2013 bis zum 30. Juni 2013 i. H. v. monatlich 614,11 EUR.

Es steht auch zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 SGG) nicht fest, dass der vom Beklagten behauptete Unterhaltsanspruch nicht gegeben ist. Für die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens ist es nicht erforderlich, dass alle für die Beurteilung des Leistungsanspruchs maßgebenden tatsächlichen Fragen in vollem Umfang geklärt sind. Vielmehr ist der Auskunftsanspruch nur dann nicht gegeben, wenn der Leistungsanspruch schon aus Rechtsgründen nicht bestehen kann (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 20). Das Interesse der Klägerin an der Geheimhaltung ihrer Daten überwiegt dann das Auskunftsinteresse des Beklagten, wenn der Unterhaltsanspruch unabhängig von ihren Einkommens- oder Vermögensverhältnissen ganz offensichtlich (evident) nicht besteht. In einem solchen Fall wäre das Festhalten an dem Auskunftsbegehren unverhältnismäßig und daher nicht mehr erforderlich (vgl. zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur "Negativevidenz" u. a. Urteil vom 21.01.1993 – 5 C 22/90 - zitiert nach juris, Rn. 8 m. w. N.; vgl. auch: LSG Nordrhein-Westfahlen, Beschluss vom 11. Januar 2006 – L 1 B 18/05 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 9). Daher setzt die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens nicht etwa voraus, dass der Unterhaltsanspruch tatsächlich gegeben ist. Die Auskunft soll den Leistungsträger erst in die Lage versetzen zu prüfen, ob eine gerichtliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs möglich und sinnvoll ist. Das Auskunftsverlangen ist aber dann rechtswidrig, wenn der Unterhaltsanspruch offensichtlich nicht gegeben ist. Die Frage, ob der Unterhaltsanspruch tatsächlich besteht, ist demgegenüber erst im familiengerichtlichen Verfahren im Anschluss an die Überleitung zu klären (LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O., Rn. 21; Schoch in LPK-SGB II, a. a. O., § 60 Rn. 28; Blüggel in Eicher, a. a. O., § 60 Rn. 20).

Ein Unterhaltsanspruch des Dustin Hanold gegen die Klägerin – seine Mutter – gemäß § 1601 BGB i. V. m. § 1589 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht ausgeschlossen. Insbesondere ist ein völliger Wegfall der Unterhaltsverpflichtung der Klägerin gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB ("Verwirkung") nicht evident. Dies hat letztlich bereits das SG in dem angefochtenen ausführlichen Urteil vom 25. März 2013 überzeugend dargelegt, weshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG abgesehen wird, weil die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist.

Lediglich ergänzend sei hier Folgendes angemerkt:

Nach § 1611 Abs. 1 S. 1 BGB bleibt im Falle einer vorsätzlichen schweren Verfehlung des Unterhaltsberechtigten grundsätzlich der Unterhaltsanspruch bestehen, er ist lediglich der Höhe nach auf den Betrag beschränkt, der der Billigkeit entspricht. Ein völliges Entfallen der Verpflichtung nach § 1611 Abs. 1 S. 2 BGB kommt nur in Betracht, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre. Die Fassung des Gesetzes deutet darauf hin, dass der völlige Wegfall die Ausnahme sein soll. Das war auch die Absicht des Gesetzgebers (BT-Drucks V/2370, 41). Deshalb müssen an die grobe Unbilligkeit strenge Anforderungen gestellt werden. Nach der herrschenden Meinung setzt sie voraus, dass selbst die Leistung eines geringfügigen Beitrags der Gerechtigkeit in unerträglicher Weise widerspräche (vgl. Engler in Staudinger, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2000, § 1611 BGB Rn 43 m. w. N.; Born in Münchener Kommentar zum BGB, 6. A. 2012, § 1611 Rn 37, Viefhues in juris-PK, 6. A. 2012, § 1611 Rn 81 ff.). Ebenso wie im Rahmen des Verwirkungstatbestandes des § 1579 BGB ist eine umfassende Abwägung sämtlicher für und gegen den Unterhaltsanspruch sprechender Umstände erforderlich. Hierzu gehören auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien, weshalb nach herrschender Meinung § 1579 BGB dem Auskunftsanspruch regelmäßig nicht entgegensteht (vgl. BGH FamRZ 1983, 456; OLG Frankfurt Fam-RZ 1987, 947; FamRZ 1988, 62; OLG München, FamRZ 1988, 1285; FamRZ 1989, 284). Das Ergebnis der Auskunft hat nämlich innerhalb der Gesamtabwägung, bei der es letztlich um die Frage der Zumutbarkeit der Einengung der Handlungsfreiheit des Unterhaltspflichtigen durch die Unterhaltszahlung geht, wesentliche Bedeutung. Die gleichen Überlegungen müssen auch für die nach § 1611 BGB durchzuführende Billigkeitsprüfung gelten, so dass der Verwirkungseinwand dem Auskunftsanspruch nicht entgegensteht (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 02. März 1993 – 4 WF 24/93 – zitiert nach juris Rn. 4 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 31. Mai 2006 – 11 UF 53/06 – zitiert nach juris, Rn. 27 ff.; Viefhues in juris-PK, a. a. O., § 1611 Rn. 87).

Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Die Streitwertentscheidung folgt aus § 52 Abs. 2 GKG.
Rechtskraft
Aus
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