S 12 AS 2150/12

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 12 AS 2150/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die angemessene Wohnungsgröße für Einpersonenhaushalt in Sachsen beträgt auch nach Inkrafttreten der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen weiter 50 m². Auf wesentliche kleinere Wohnungen müssen sich Grundsicherungsbezieher grundsätzlich nicht verweisen lassen.
I. Der Beklagte wird in Abänderung des Bescheides vom 17.11.2011 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 29.11.2011, vom 7.3.2012 und des Widerspruchbescheides vom 9.3.2012 (W 14938/11) verurteilt, an die Klägerin weitere Kosten von Unterkunft und Heizung i. H. v. monatlich 65,95 Euro zu zahlen. II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. III. Die Berufung zum Landessozialgericht Chemnitz wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin erstrebt höhere Leistungen nach dem SGB II.

Streitgegenständlich sind allein Kosten von Unterkunft und Heizung (im Folgenden kurz: KdU) in der Zeit vom 1.12.2011 bis zum 31.5.2012.

Die am 3.12.1959 geborene und geschiedene Klägerin steht bei dem Beklagten seit dem Jahre 2005 ergänzend im Leistungsbezug.

Seit dem 1.5.2010 wohnt die Klägerin in der derzeitigen Wohnung in der Holbeinstraße 52 in Dresden. Sie ist 49,51 m² groß und fernwärmebeheizt. Die Kaltmiete beträgt 282 Euro monatlich bei Vorauszahlungen auf Betriebs- und Heizkosten von 59,95 Euro (VA 381) und 34 Euro (VA 388).

Ihren Antrag, die Angemessenheit der Unterkunftskosten vor dem Umzug zu bescheinigen, hatte der Beklagte mit Bescheid vom 17.2.2010 (VA 332) abgelehnt. Daraufhin wurden ab dem 1.8.2010 im Rahmen der Bedarfs- und Leistungsberechnung durch den Beklagten nur noch gedeckelte KdU und zwar zunächst i. H. v. monatlich 308,70 Euro einbezogen (VA 345).

Mit vorläufigem Bescheid vom 17.11.2011 (VA 404) gewährte der Beklagte zunächst für die streitgegenständliche Zeit Leistungen nach dem SGB II i. H. v. 490,45 Euro. Nach vorläufiger Anrechnung von bereinigten 160 Euro als Einkommen aus geringfügigen Beschäftigungen wurde ein offener Bedarf für die Regelleistung beziffert von monatlich verbleibend 204 Euro und gesamte KdU i. H. v. monatlich 286,45 Euro. Der Bescheid wurde geändert mit vorläufiger Bewilligung vom 29.11.2011 auf monatliche KdU i. H. v. 308,70 Euro (VA 408). Im Hinblick auf die Regelleistung von 374 Euro ab dem 1.1.2012 wurden für die Zeit vom 1.1.2012 bis zum 31.5.2012 monatlich 522,70 Euro gewährt und für Dezember 2011 512,70 Euro. Eine weitere Erhöhung um 1,30 Euro erfolgte mit vorläufigem Bescheid vom 7.3.2012 (VA 478) mit KdU über 310,00 Euro.

Am 9.12.2011 erhob die anwaltlich vertretene Klägerin Widerspruch (VA 469). Er wurde nach Erlass des Änderungsbescheides vom 7.3.2012 mit Widerspruchsbescheid vom 9.3.2012 (W 14938/11, VA 487) zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage vom 5.4.2012, eingegangen bei Gericht am selben Tag.

Die Klägerin beruft sich darauf, dass der Beklagte über kein schlüssiges Konzept i. S. d. Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung der angemessenen Mietobergrenze verfüge. Es sei daher auf die Tabellenwerte nach § 12 WoGG zurückzugreifen und die tatsächliche Miete der Klägerin zu gewähren.

Die Klägerin beantragt:

Der Beklagte wird in Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 1.12.2011 bis zum 31.5.2012 weitere Kosten von Unterkunft und Heizung i. H. v. monatlich 65,95 Euro zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Er erachtet die angefochtenen Bescheide als zutreffend und rechtmäßig. Er verweist auf das Konzept der Landeshauptstadt Dresden gemäß Stadtratsbeschluss vom 24.11.2011.

Das Gericht hat die Verwaltungs¬akte der Beklagten beigezogen und zum Gegenstand der Entscheidung gemacht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen, sowie auf die Niederschrift zur mündlichen Erörterung vor dem Vorsitzenden vom 2.9.2013 (VA 84) Bezug genommen.

Die Parteien erklärten in dem Termin ihre Zustimmung zur Entscheidung durch Urteil im schriftlichen Verfahren ohne weitere mündliche Verhandlung (GA 85).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, 4 SGG zulässig.

Zwar kommt grundsätzlich in Fällen, in denen sich der Kläger wie vorliegend gegen vorläufige Bewilligungen wendet, in erster Linie die Anfechtungs- und Bescheidungsklage in Betracht. Die Klägerin geht aber erkennbar davon aus, dass der Ermessensspielraum des Beklagten hinsichtlich der Gewährung von vorläufigen Leistungen und deren Höhe auf Null begrenzt ist, so dass die Anfechtungs- und Leistungsklage die richtige Klageart ist.

Die Zulässigkeit der Klage scheitert auch nicht am fehlenden Rechtsschutzbedürfnis (vgl. dazu: Sächsisches Landessozialgericht, B. v. 22.4.2013, L 3 AS 1310/12 B PKH m. w. N.). Das fehlende Rechtsschutzbedürfnis steht einer Klage als sog. negative Zulässigkeitsvoraussetzung nur Klagen entgegen, an deren Bescheidung kein objektiv erkennbares Interesse der Klagepartei besteht. Das ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die angefochtenen Bescheide weiter wirksam sind und gegenüber den Parteien rechtliche Wirkung entfalten und Bescheide über die endgültige Leistungsgewährung soweit ersichtlich weder beantragt noch ergangen sind. Zum anderen würden solche Bescheide, sollten sie nachträglich ergehen, nach § 96 SGG in das Verfahren einbezogen, so dass auch insoweit Interesse am Fortgang des vorliegenden Rechtsstreits und Klärung der Rechtsfragen besteht. Die gerichtliche Klärung ist zuletzt auch deshalb nicht für die Klägerin nutzlos, weil angenommen werden kann, dass der Beklagte sein Verhalten danach ausrichten wird, zumal der vorliegende Streitgegenstand der Kosten für Unterkunft und Heizung von dem Einkommen der Klägerin aus den geringfügigen Beschäftigungen ohnehin nicht berührt wird.

Streitgegenständlich sind im vorliegenden Fall allein die Kosten von Unterkunft und Heizung. Die Klägerin hat den Gegenstand der Klage in zulässiger Weise entsprechend beschränkt (vgl. BSG, U. v. 10.9.2013, B 4 AS 77/12, Nolte, NZS 2013, S. 10 m. w. N.).

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf vorläufige Bewilligung von Kosten von Unterkunft und Heizung (KdU) für die Zeit vom 1.12.2011 bis zum 31.5.2012 i. H. v. monatlich 375,95 Euro (§ 22 Abs. 1 S. 1, 4 SGB II). Die angegriffenen Bescheide sind rechtswidrig, soweit sie dahinter zurückbleiben und der Klägerin nur geringere Leistungen zubilligen.

Die im Jahre 1959 geborene und in Dresden wohnhafte Klägerin ist uneingeschränkt leistungsberechtigt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Einschränkungen in der Erwerbsfähigkeit sind nicht bekannt. Sie ist auch uneingeschränkt hilfebedürftig. Die Klägerin kann ihren monatlichen Bedarf für Unterkunft und Heizung weder durch anrechenbares Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung, das sich nur auf die Höhe der zu gewährenden Regelleistung auswirkt, noch Vermögen decken.

Anspruchsgrundlage für die Bewilligung von Kosten für Unterkunft und Heizung ist hierbei § 22 Abs. 1 S. 1, 3, 4 SGB II. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Aber auch soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, kommt eine Kürzung erst in Betracht, wenn es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft auch möglich und zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Dabei muss eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

Im vorliegenden Fall sind die tatsächlichen Kosten von Unterkunft und Heizung von dem Beklagten vorläufig umfassend zu tragen, weil nicht ersichtlich ist, dass der Klägerin zumutbare Möglichkeiten zur Seite standen, ihre Wohnkosten in der streitgegenständlichen Zeit zu senken, § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II. Weder stand in Rede, dass ihre Verbräuche auf unwirtschaftliches Mieterverhalten zurückgehen, noch war nach Aktenlage ein Wohnungswechsel für die Klägerin seinerzeit zumutbar, weil nicht zu erwarten war, dass dadurch insgesamt weniger Kosten für Unterkunft und Heizung i. S. v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II anfallen würden, § 22 Abs. 1 S. 3, 4 SGB II.

Der Beklagte kann sich zur Begrenzung der kalten Unterkunftskosten ohne Nebenkosten (sog. Nettokaltmiete) nicht mit Erfolg auf die von ihm für angemessen erachtete Obergrenze von 276 Euro und damit nicht auf ein sog. schlüssiges Konzept i. S. d. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts berufen. Das scheitert für den vorliegenden Fall bereits an der unzureichenden Flächenvorgabe von 45 m² für einen 1-Personenenhaushalt auf Grundlage der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur Regelung von Wohnflächenhöchstgrenzen zu § 18 SächsAGSGB (VwV Wohnflächenhöchstgrenzen) vom 7.6.2010. Die Wohnfläche der Klägerin ist mit 49,51 m² angemessen. Darüber hinaus weist das vom Beklagten in Auftrag gegebene und vom Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden am 24.11.2011 beschlossene Konzept (IWU-Gutachten) zur Bestimmung der angemessenen Kosten von Unterkunft, das nach dem Inhalt des Stadtratsbeschluss Geltung ab dem 1.12.2010 beansprucht, so grundlegende Unzulänglichkeiten auf, dass hierauf insgesamt nicht abgestellt werden kann. Die Kammer sieht sich in der Lage, eine eigene Obergrenze für die noch angemessenen Kosten von Unterkunft anhand des qualifizierten Mietspiegels der Landeshauptstadt Dresden 2010 zu bestimmen. Eines Rückgriffes auf die Werte der Wohngeldtabelle nach § 12 WoGG bedarf es nicht. Auf Grundlage dessen hat im Ausgangspunkt zur Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete und angemessenen Heizkosten eine Begrenzung zu erfolgen auf folgende Werte:

Im Einzelnen:

I.

Die Bruttokaltmiete der Klägerin i. H. v. monatlich 341,95 Euro ist unangemessen i. S. v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II.

Die Bestimmung der angemessenen Obergrenze für die Bruttokaltmiete hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen (ständige Rechtsprechung der Senate, U. v. 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R = BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, U. v. 07.11.2006; B 14/7b AS 44/06 R; B 4 AS 30/08 R):

1. Abstrakt angemessene Wohnungsgröße und abstrakt angemessener Wohnungsstandard 2. örtlicher Vergleichsmaßstab 3. aufzuwendende Miete nach Produkttheorie 4. tatsächliche Verfügbarkeit solcher Wohnungen auf dem Mietmarkt

1. Abstrakt angemessene Wohnungsgröße

Die Kammer erachtet für einen 1-Personenhaushalt eine Wohnungsgröße von bis zu 50 m² als angemessen.

Bei der Bestimmung der abstrakt angemessene Wohnungsgröße ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der die Kammer nach eigener Prüfung folgt, grundsätzlich die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zu Grunde zu legen (vgl. BSG U. v. 7.11.2006, B 7b AS 18/06, Rn. 19). Das Bundessozialgericht hat hierzu (a. a. O., Rn. 19) ausgeführt:

"Bei der Wohnungsgröße ist die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zu Grunde zu legen (früher § 5 Abs 2 Wohnungsbindungsgesetz iVm den jeweiligen landesrechtlichen Durchführungsbestimmungen); dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (vgl Hofmann in LPK-BSHG, aaO, § 12 RdNr 29; Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 RdNr 43; Rothkegel aaO § 22 RdNr 26; Wieland in Estelmann, SGB II, § 22 RdNr 17 ff). Nach Aufhebung des Wohnungsbindungsgesetzes ist dabei auf die Wohnungsgrößen, die sich aus § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13. September 2001 (WoFG, BGBl I 2376) ergeben, abzustellen (vgl hierzu auch Rips, WuM 2004, 439, 441). Nach § 10 WoFG können die Länder im geförderten Mietwohnungsbau die Anerkennung von bestimmten Grenzen für Wohnungsgrößen nach Grundsätzen der Angemessenheit regeln (Rips, aaO). Hierbei erlassen die einzelnen Bundesländer Richtlinien ".

Im Bundesland Sachsen bestanden in der hier streitgegenständlichen Zeit keine aktuell gültigen Richtlinien i. S. v. § 10 WoFG. Bis zum 31.12.2009 war nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Innenministeriums zur Modernisierung und Instandsetzung von Mietwohnungen als Ersatzwohnraum im Rahmen des Stadtumbaus vom 27.6.2005, Sächsisches Amtsblatt vom 28.7.2005, S 682 (im folgenden: VwV-Ersatzwohnraumförderung) heranzuziehen. Sie ist zum 31.12.2009 ersatzlos ausgelaufen. Nach der VwV-Ersatzwohnraumförderung wurden abweichend von den zu früherer Zeit geltenden Flächenobergrenzen aus der VwV-SächsBelG Wohnungen für 1-Personenhaushalte mit wenigstens 50 m² gefördert (dort Ziff. IV. 4.). Die vormalige VwV-SächsBelG (Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Innenministeriums zum Sächsischen Belegungsrechtsgesetz (VwV-SächsBelG) vom 22.04.1996 (SächsABl. Seite 478), die vor Inkrafttreten des SGB II gültig gewesen und unter der Geltung des Bundessozialhilfegesetz (BSHG) herangezogen worden war, war bereits zum 1.4.2004 außer Kraft getreten (SächsAbl. SDr. Nr. 4/2004, Seite 226, vgl. dazu: LSG Chemnitz, B. v. 24.10.2006, L 3 B 158/06 AS-ER, Rn. 38). Sie sah für 1-Personenhaushalte eine Obergrenze von 45 m² vor.

Unter der VwV-Ersatzwohnraumförderung hielt das Bundessozialgericht für das Land Sachsen den Rückgriff auf die vormalige VwV-SächsBelG für ausgeschlossen. Stattdessen sei es aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität noch hinnehmbar, auf die auf Grundlage von § 10 WoFG festgelegten Werte zurückzugreifen, bis der Verordnungsgeber eine auf der Grundlage des § 27 SGB II mögliche und im Hinblick auf eine gleichmäßige Rechtsanwendung dringend wünschenswerte bundeseinheitliche Bestimmung bundeseinheitlicher Wohnungsgrößen durch Verordnung selbst vorgenommen hat (BSG U. v. 7.11.2006, B 7b AS 18/06, Rn. 19; U. v. 19.2.2009, B 4 AS 30/08 R m. w. N.).

Für den Fall des Auslaufens/Nichtbestehens einschlägiger Verwaltungsvorschriften hat sich das Bundessozialgericht im Urteil vom 26.5.2011 (B 14 AS 86/09 R, Rn. 16 ff.) für das Land Sachsen ebenfalls gegen die Anwendung der schon früher außer Kraft getretenen VwV-SächsBelG und weiter für die Anwendung der VwV-Ersatzwohnraumförderung ausgesprochen, nachdem das Landessozialgericht Chemnitz im Urteil vom 15.1.2009, L 3 AS 29/08 erneut auf die VwV-SächsBelG abgestellt hatte und nicht auf die VwV-Ersatzwohnraumförderung und in letzterer keine Verwaltungsvorgabe i. S. v. § 10 WoFG erblickt hatte. Für maßgeblich erachtet wurden dabei durch das BSG weiter Gründe der Rechtssicherheit und Praktikabilität. Zwar sei es grundsätzlich zulässig, für den Fall des Auslaufens von Verwaltungsvorgaben i. S. v. § 10 WoFG auch auf andere Verwaltungsvorschriften zurückzugreifen (B 4 AS 70/08 R, Rn. 15). Es ist danach aber auch nicht ausgeschlossen, weiter auf ausgelaufene Verwaltungsvorgaben i. S. v. § 10 WoFG zurückzugreifen, wenn darin materiell der am besten geeignete Größenmaßstab gesehen wird, sich also anderweitige Vorgaben des Verwaltungsrechts als weniger geeignet erweisen (ebenso i. E. für die Zeit bis 30.4.2010: SG Dresden, U. v. 18.9.2012, S 38 AS 5649/09). In diesem Sinne hat das Bundessozialgericht auf die VwV-Ersatzwohnraumförderung abgestellt und im Urteil vom 26.5.2011 ( B 14 AS 86/09 R, Rn. 16, 18) dazu auszugsweise ausgeführt:

"Nach den Feststellungen des LSG gibt es in Sachsen keine derartigen Bestimmungen nach dem WoFG. Soweit das LSG aufgrund dessen meint, die außer Kraft getretene VwV-SächsBelG weiterhin anwenden zu können, kann dem nicht gefolgt werden Diese Begründung für die VwV-Ersatzwohnraumförderung zeigt jedoch, dass diese in Übereinstimmung mit dem 4. Senat gerade der Angemessenheitsprüfung nach dem bundesrechtlichen § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu Grunde gelegt werden muss und nicht die ältere VwV-SächsBelG. Denn die abstrakte Angemessenheit der Leistung für die Unterkunft kann nicht ohne Berücksichtigung des verfügbaren Wohnraums erfolgen (vgl BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - (Berlin) RdNr 27 f; BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - (Freiburg)). Wenn die VwV-Ersatzwohnraumförderung nach ihren vom LSG festgestellten weiteren Zwecken der Beschleunigung des Freizugs von Abrissobjekten durch das Anbieten adäquater Wohnungen für Mieterhaushalte, die im Zuge des Stadtumbaus ihre bisherige Wohnung aufgeben müssen, dienen soll und die Wohnflächen gegenüber der bisherigen VwV-SächsBelG erhöht werden, so lässt dies nur den Schluss zu, dass es eine entsprechende Anzahl kleinerer Wohnungen für Mieterhaushalte im sozialen Wohnungsbau nicht gibt. Dann stehen solche Wohnungen aber auch für die Bezieher von SGB II-Leistungen nicht zur Verfügung."

Dem schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung für den vorliegenden Fall an. Sie gelangt daher im Hinblick auf die vormalige VwV-Ersatzwohnraumförderung zu einer Flächenvorgabe von 50 m² für einen 1-Personenhaushalt. Eine Heranziehung anderer Verwaltungsvorgaben ist nicht gerechtfertigt.

Einen "besseren" Maßstab stellt nicht die VwV Wohnflächenhöchstgrenzen vom 7.6.2010 des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur Regelung von Wohnflächenhöchstgrenzen zu § 18 SächsAGSGB (VwV Wohnflächenhöchstgrenzen) dar, die am 16.7.2010 durch Veröffentlichung (SächsABl. Nr. 28 S. 963) in Kraft getreten ist. Im Ausgangspunkt sind Verwaltungsvorschriften kein im Außenrecht gegenüber dem Bürger verbindliches materielles Recht, sondern wirken ausschließlich intern gegenüber nachgeordneten Behörden und Dienststellen i. S. verbindlicher Anordnungen. Auch soweit sie materiell-rechtlichen Inhalts sind (Norm konkretisierend), sind sie nicht Maßstab, sondern Gegenstand richterlicher Kontrolle (LSG Chemnitz, B. v. 29.5.2012, L 7 AS 24/12 B ER, Rn. 38). Zwar gelten anerkannte Ausnahmen für Verwaltungsvorschriften, wenn der Verwaltung ein sog. Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt ist, wie etwa bei der Beurteilung von Prüfungsleistungen und bei beamtenrechtlichen Beurteilungen, bei planerischen und prognostischen Einschätzungen (Prognoseentscheidungen) sowie beim Erlass von Richtlinien zur einheitlichen Ermessensausübung (Zweckmäßigkeitserwägungen, vgl. dazu: BVerwG, U. v. 10.12.1969, VIII C 104,69; B. v. 25.11.1993, 5 N 1/92; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 30.5.2011, 1 A 2825/09, jeweils m. w. N.). In diesem Sinne anerkannte Fallgruppen sind aber vorliegend allesamt nicht einschlägig. Der Begriff der Angemessenheit der Kosten von Unterkunft und Heizung in § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, also einen der Auslegung bedürftigen Rechtsbegriff, der uneingeschränkt richterlich überprüfbar ist und kein Ermessen der Verwaltung eröffnet (BSG, U. v. 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R, ständige Rechtsprechung; SG Dresden, U. v. 17.7.2012, S 29 AS 4546/11 m. w. N.). Eine Bindung an die VwV Wohnflächenhöchstgrenzen besteht daher für das Gericht nicht, auch wenn das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz als oberste Landesbehörde weisungsbefugt u. a. gegenüber den gemeinsamen Einrichtungen der Jobcenter, vormals ARGEn (gewesen) ist (vgl. dazu: LSG Chemnitz, B. v. 29.5.2012, L 7 AS 24/12 B ER). Es bleibt insoweit bei dem Charakter der rein innerdienstlichen Anordnung, die uneingeschränkt richterlich überprüfbar ist. Dem steht i. E. nicht die Eilentscheidung des LSG Chemnitz vom 29.5.2012, L 7 AS 24/12 ER entgegen. Die Frage der Maßgeblichkeit der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen war dort nicht entscheidungserheblich. Das LSG behandelte den Fall eines 2-Personenhaushalts, zu dem sich sowohl auf Grundlage der VwV-Ersatzwohnraumförderung als auch bei Heranziehen der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen eine angemessene Wohnfläche von 60 m² ergab. Soweit das LSG Chemnitz gleichwohl die VwV Wohnflächenhöchstgrenzen unter Hinweis auf § 22a SGB II n. F. und dem praktischen Bedarf nach einheitlichen Verwaltungsvorgaben als maßgeblich erachtet hat, folgt die Kammer dem im vorliegenden Fall nicht. Daran ändert der dringende Bedarf nach einheitlichen Vorgaben – bis zum 31.12.2010 nach § 27 Nr. 1 SGB II a. F. - nichts. In der hier streitgegenständlichen Zeit bis zum 31.12.2010 war das Verfahren zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Angemessenheit" der Kosten von Unterkunft und Heizung in § 27 Nr. 1 SGB II vorgegeben ohne Raum für normeinschränkende Verwaltungsvorgaben in den Ländern vor Erlass der entsprechenden Verordnung, seit dem 1.4.2011 ist es in den §§ 22a ff. SGB II geregelt, ohne dass bislang ein entsprechendes Landesgesetz in Sachsen ergangen ist. Für diesen Fall ist den Gerichten vorbehalten zu bestimmen, welche Unterkunftskosten i. R. v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II als angemessen zu übernehmen und welche Flächenvorgaben dabei zugrunde zu legen sind (vgl. SG Dresden, U. v. 25.1.2013, S 20 AS 4915/11 m. w. N.). Aber auch inhaltlich erweist sich die VwV Wohnflächenhöchstgrenzen nicht als geeigneter Maßstab zur Bestimmung der angemessenen Obergrenze für die Wohnfläche i. R. der Leistungsgewährung nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Es handelt sich um keine Vorschrift i. S. v. § 10 WoFG, die die Länder im Bereich des Sozialen Wohnungsbaues zur Regelung angemessener Wohnungsgrößen erlassen haben. Hier käme es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf die Qualität der Vorschrift nicht an, so dass auch interne Anweisungen Wirkung i. S. einer Orientierung entfalten können. Die VwV Wohnflächenhöchstgrenzen hat bis auf das Setzen einer Obergrenze für die Wohnflächenhöchstgrenzen bei Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII keinen materiellen Regelungsgehalt und beinhaltet insbesondere keine Förderung des sozialen Wohnungsbaues in Sachsen. Selbst eine Übergangsregelung für am 16.7.2010 bestehende Mietverhältnisse enthält sie nicht, obwohl sie zudem in Ziffer I. Satz 5 eine Ermächtigung an kommunale Träger statuiert für noch um 10 % geringere Flächenvorgaben als 45 m². Inhaltlich ergeben sich aus ihr keine Hinweise darauf, welche materiellen Gesichtspunkte für die Bestimmung dieser Größenvorgaben und für die Abweichung von den bis zum 31.12.2009 einschlägigen Vorgaben des sozialen Wohnungsbaues maßgeblich gewesen sein sollen. Soweit mit ihr offenbar an eine bisher in Teilen vorhandene Verwaltungspraxis mit der Flächenvorgabe von 45 m² für einen 1-Personenhaushalt angeknüpft werden soll, kann sie keine Geltung beanspruchen, weil die Rechtspraxis unter dem BSHG lange zurückliegt, nach Inkrafttreten des SGB II seit 2005 überholt ist und nach Inkrafttreten der VwV-Ersatzwohnraumförderung rechtswidrig war, was das Bundessozialgericht in mehreren Entscheidungen aufgezeigt hat. Die Vorgabe läuft daher für 1-Personenhaushalte auf die Einschränkung bestehender subjektiv-öffentlicher Rechte hinaus, was mit ihrer Eigenschaft als reiner Verwaltungsvorgabe im Bereich des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Angemessenheit" i. S. v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II nicht vereinbar ist. Sie führt zu erheblicher Rechtsunsicherheit, fördert nicht die Grundsätze der Rechtssicherheit und Praktikabilität und steht nicht in Einklang mit dem aus Verfassungsgründen herzuleitenden Erfordernis, die Bestimmung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Angemessenheit" von Unterkunft und Heizung in einem vorgegebenen objektiven und transparenten Verfahren i. S. eines schlüssigen Konzepts vorzunehmen, das uneingeschränkt in allen seinen Schritten gerichtlich überprüfbar ist (vgl. BVerfG, U. v. 9.2.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09; U. v. 18.7.2012, 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11, SG Dresden, U. v. 25.1.2013, S 20 AS 4915/11 m. w. N.).

Auch die Sächsische Trennungsgeldverordnung (VwV-SächsTGV) vom 10.11.1999, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 19.12.2011, SächsABl. SDr. S 1702, enthält keinen geeigneten Maßstab für die Bestimmung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Kosten von Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II. Die Sächsische Trennungsgeldverordnung – wie auch die Trennungsgeldvorordnungen des Bundes oder der übrigen Länder - regelt inhaltlich nicht Wohnungsgrößen für Beamte und Richter und frühere Beamte und Richter (im Folgenden: Beamte) des Freistaates. In ihr geht es, wie der Regelungszusammenhang in den §§ 3, 12 SächsUKG i. V. m. § 2 Sächs TGV zeigt, um die zeitliche Begrenzung der Umzugskostenvergütung und Trennungsgeldberechtigung auf die Zeit, solange der Beamte uneingeschränkt umzugswillig ist (so ausdrücklich 2.1.1 VwV-SächsTGV [Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zum Vollzug der Sächsischen Trennungsgeldverordnung i. d. F. v. 10.11.1999, geä. 26.1.2010]). M. a. W. soll er durch Verweis auf die Wohnung am neuen Dienstort angehalten werden – wenn keine Ausnahmen nach dem Gesetz vorliegen –dorthin umzuziehen. Unabhängig von der TGV steht es ihm aber frei, am neuen Dienstort eine nach seinen Bedürfnissen und aus seiner Sicht angenehme Wohnung zu nehmen. Die VwV-TGV kommt erst dort zum Zuge, wo er sich am Umzug wegen Wohnungsmangel gehindert sieht. Desweiteren handelt es sich bei der Größenvorgabe in Ziff. 2.1.5 VwV-TGV um keine strikte Deckelung, wie in der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen, sondern nach dem Wortlaut der Verwaltungsvorschrift "sollten folgende Flächen eine Orientierungshilfe sein". Diese bloße Orientierungshilfe entfaltet zudem nur Wirkung i. V. m. den übrigen materiellen Kriterien der TGV und Verwaltungsvorschrift dazu (vgl. dazu: Schlemmer, SächsRKG/UKG/TGV, Loseblatt, zu § 2 Rn. 55 m. w. N.). Maßgeblich ist stets ein individueller Maßstab, dabei auch die Größe der bisherigen Wohnung des Beamten, § 2 Abs. 1 S. 4 SächsTGV. Stets muss sie seinen familiären Bedürfnissen entsprechen und nach den Kriterien Lage, Größe, Ausstattung und Mietpreis angemessen sein. Abzustellen ist dabei zudem auf die Miethöhe im Verhältnis zum Einkommen des Beamten sowie auf seine sonstigen berechtigten Belange. Es bleibt daher trotz der Orientierungshilfe von 45 m² auch bei dem alleinstehenden Beamten ein ganz weiter Bewertungsspielraum für die Frage des Vorhandenseins angemessenen Wohnraums am neuen Dienstort unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse (bisherige Wohnung, dienstliche Stellung, wirtschaftliche Verhältnisse: individueller Maßstab, dazu: Schlemmer, a. a. O., Rn. 61, 62 m. w. N.). Die Orientierungshilfe in dieser Verwaltungsvorschrift, die zudem ihrerseits keine materielle Regelung darstellt, kann daher für die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Angemessenheit" in § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II im Sinne einer strikten und für den Leistungsbezug nach dem SGB II dauerhaften Deckelung der Wohnfläche, die schon in der VwV-TGV weder inhaltlich noch zeitlich so gewollt ist, keinen geeigneten Maßstab bilden. Dementsprechend hat auch das Bundessozialgericht bislang in beamtenrechtlichen Trennungsgeldvorschriften keine relevante Vorgabe für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße nach § 22 SGB II erblickt. Dem schließt sich die Kammer wegen der Unterschiedlichkeit der Regelungszusammenhänge aus vorstehenden Gründen an.

Abzustellen ist daher für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße i. S. eines schlüssigen Konzepts weiter auf die zum 31.12.2009 ausgelaufene VwV-Ersatzwohnraumförderung vom 27.6.2005 (SächsABl. 28.7.2005, S. 682). Dies entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG für das Land Sachsen (U. v. 22.9.2009 und vom 26.5.2011 a. a. O.) und damit der maßgeblichen Rechtspraxis für diese Zeit. Für die Kammer ist nicht ersichtlich, dass seit Außerkrafttreten der VwV-Ersatzwohnraumförderung im maßgeblichen einfachen Wohnungssegment in Sachsen eine erhebliche Änderung eingetreten ist, die es rechtfertigt, bereits für die 2. Jahreshälfte 2010 und die ersten Monate im Kalenderjahr 2011 eine geänderte Flächenvorgabe, etwa von 45 m² als angemessen zu erachten. Dagegen spricht, dass seit Mitte 2005 bis zum 31.12.2009 in Sachsen auf der Grundlage der VwV-Ersatzwohnraumförderung Wohnraum schon für 1-Raumwohnungen (1-Personenhaushalte) bis zur Größe von 50 m² gefördert worden ist und seit dem 1.1.2010 keine abweichende öffentliche Förderung i. S. v. § 10 WoFG stattgefunden hat. Inhalt und Zweckrichtung der VwV-Ersatzwohnraumförderung legen nahe, dass in Sachsen im einfachen Wohnungssegment kleine Wohnungen knapp sind, denn mit ihr wurden die Wohnungsgrößen im Bereich der 1-Personenhaushalte von 45 m² auf 50 m² erhöht (BSG, U. v. 26.5.2011, B 14 AS 86/09 R, Rn. 18). Es ist nicht ersichtlich, dass sich daran seit dem 1.1.2010 etwas geändert hat. Der Beklagte hat sich darauf auch gar nicht berufen, sondern allein aus Rechtsgründen auf die VwV Wohnflächenhöchstgrenzen verwiesen. Diese datiert bereits vom 7.6.2010 und lässt an keiner Stelle erkennen, dass sie auf einen tatsächlich geänderten Wohnungsbestand in Sachsen reagiert hat.

2. örtlicher Vergleichsmaßstab

Es begegnet keinen Bedenken, wenn der Beklagte i. R. seines schlüssigen Konzepts gemäß IWU-Gutachten vom 24.10.2011 (Gutachten des Institut Wohnen und Umwelt GmbH, Darmstadt, Projektleiter Dr. Christian v. Malottki, im Folgenden kurz: IWU-Gutachten oder IWU-Gutachter) auf das gesamte Stadtgebiet Dresden als örtlichem Vergleichsmaßstab abstellt.

Das gesamte Stadtgebiet stellt jedenfalls einen ausreichend großen Raum dar, der geeignet ist den Wohnungsmarkt in Dresden angemessen zu repräsentieren und der Klägerin die Möglichkeit des Anmietens einer angemessenen Wohnung zu eröffnen und sie nicht auf "billige Stadtteile" (sog. Ghettobildung) zu verweisen (vgl. B 4 AS 30/08 R [München], 19.2.2009, Rn. 21). Ob der Beklagte stattdessen noch weitere Räume hätte einbeziehen können, braucht hier nicht beantwortet zu werden.

3. aufzuwendende Miete nach der Produkttheorie

Für die aufzuwendende Miete nach der Produkttheorie gilt ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard. Die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen (BSG U. v. 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R). Die Festlegung der Mietobergrenzen obliegt in erster Linie dem zuständigen Grundsicherungsträger. Es hat die Angemessenheitsgrenzen festzulegen im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes. Der Beklagte ist dem aus seiner Sicht mit dem Stadtratsbeschluss vom 24.11.2011 auf Grundlage des IWU-Gutachtens vom 24.10.2011 nachgekommen. Darin wurde folgende Mietobergrenze für 1-Personenhaushalte festgelegt (S. 44 des Gutachtens):

45 m², bruttokalt 276,00 Euro

Zugrunde gelegt ist mithin ein Wert für die Bruttokaltmiete von 6,13 Euro je m² Wohnfläche. Auf Grundlage der hier durch die Kammer als angemessen erachteten Wohnfläche von 50 m² ergeben sich bei Anwendung dieser Werte des Gutachtens im Übrigen bruttokalt als Obergrenze:

50 x 6,13 = 306,50 Euro

Das von dem Beklagten herangezogene Konzept zur Bemessung der angemessenen Unterkunftskosten in Gestalt des IWU-Gutachtens vom 24.10.2011 erachtet die Kammer als unschlüssig. Es erfüllt nicht die Voraussetzungen, die an ein solches Konzept in sachlicher Hinsicht zu stellen sind und ist auch nicht nachbesserungsfähig (dazu unten). Wie hier bereits ausgeführt wurde, erfolgt die Prüfung der Angemessenheit der Kosten von Unterkunft und Heizung in einem 4-stufigen Verfahren. Das IWU-Gutachten vom 24.10.2011 lehnt bereits die Umsetzung des ersten Schrittes ab, nämlich die Ermittlung des abstrakt angemessenen Wohnungsstandards. Die konkrete Verfügbarkeit ist stattdessen erst in dem vierten Schritt zu prüfen, in dem sich die im dritten Schritt zu ermittelnde Referenzmiete auf dem konkreten Wohnungsmarkt als belastbar erweisen muss. Die festgestellte angemessene Referenzmiete bzw. Mietobergrenze muss dabei so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten (vgl. B 7b AS 18/06 R, Rn. 22; B 14 AS 50/10 R, Rn. 25). Das von dem Beklagten zugrunde gelegte IWU-Gutachten wendet stattdessen ein sog. Wohnungsmarktmodell an, bei dem das Kernelement die Einbeziehung von Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt pro Monat ist (S. 8. d. Gut.) und in dem praktisch alle maßgeblichen Prüfungsschritte zusammen fallen. Dabei wird – mit diversen weitergehenden Annahmen und Prämissen - eine Angemessenheitsgrenze ermittelt, bei der in den einzelnen Wohnungsgrößenklassen die Anzahl der Überschreiter dieser Angemessenheitsgrenze gleich hoch ist wie die Anzahl der unter der Angemessenheitsgrenze liegenden Wohnungsangebote (S. 39 d. Gutachtens). Dabei werden im Ausgangspunkt nicht für zumutbar erachtete Wohnungen ausgeschlossen, die nicht über eine Sammelheizung und Bad verfügen (S. 15 d. Gut.). Ein weitergehender abstrakt angemessener Wohnungsstandard wird nicht festgelegt, was damit begründet wird, dass es wenig sinnvoll sei, abstrakte Richtwerte festzulegen, zu denen der aktuelle Wohnungsmarkt konkret keine Wohnungen in ausreichender Anzahl vorhalte (S. 5 d. Gut.). Die Kammer legt das Wohnungsmarktmodell, wie es im Stadtratsbeschluss vom 24.11.2011 seinen Niederschlag gefunden hat, dem vorliegenden Urteil nicht zugrunde und teilt die grundlegenden Annahmen des IWU-Gutachtens bereits in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht, so dass es im Ergebnis auf die zahl- und detailreich geäußerte Kritik an der konkreten Vorgehensweise des Gutachtens nicht streitentscheidend ankommt, wobei sämtliche Kammern des Sozialgerichts soweit ersichtlich, die sich bisher mit dem Konzept inhaltlich in Entscheidungen auseinandergesetzt haben, es letztlich als unschlüssig verworfen haben (vgl. beispielhaft: SG Dresden, U. v. 2.11.2011, S 10 AS 4150/10; B. v. 16.12.2011, S 10 AS 6969/11 ER; Urteil vom 17.12.2012, S 29 AS 4546/11; Urteil vom 18.9.2012, S 38 AS 5649/09; U. v. 1.6.2012, S 40 AS 5435/11). Auf jene Entscheidungen wird ergänzend Bezug genommen. Nach Auffassung der 12. Kammer kann das IWU-Gutachten schon deshalb nicht zur Ermittlung der Angemessenheits- bzw. Obergrenze (Kappungsgrenze) herangezogen werden, weil es rechtlich von falschen Grundannahmen ausgeht, die im Wege der Nachjustierung auch nicht behoben werden können. Insbesondere bedarf es im Ausgangspunkt zwingend der abstrakten Bestimmung des angemessenen Wohnstandards (vgl. B 7b AS 18/06 R, Rn. 22). Die Angemessenheitsprüfung ist nicht ins Belieben der Verwaltung gestellt. Vielmehr sind weitere Konkretisierungen erforderlich, die schon auf Grund des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien erfolgen müssen. Zum anderen fordert das Rechtsstaatsprinzip die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Begrenzung (vgl. B 14 AS 15/09 R). Indem im IWU-Gutachten nur unzumutbare Wohnungen ausgeschlossen wurden – Ausstattungsklassen 1 und 2 des Dresdner Mietspiegels – wurde dieser Vorgabe nicht genügt. Zwar sind Wohnungen des einfachsten, nicht zur einfachen Segments im Ausgangspunkt auszuschließen (vgl. B 14 AS 50/10 R, Rn. 25). Damit ist aber noch nichts darüber gesagt, welchen einfachen Wohnungsstandard der Grundsicherungsträger seinem Konzept zu Grunde legen will. Diesen zu definieren ist grundsätzlich seine Aufgabe, wenngleich er dabei einer uneingeschränkten richterlichen Kontrolle unterliegt (zum sog. unbestimmten Rechtsbegriff bereits oben). So ist es etwa denkbar, dass der Grundsicherungsträger seinem Konzept nur Wohnungen einer bestimmten Baualtersklasse zu Grunde legt oder solche von Vornherein ausschließt, denen keine entscheidende Bedeutung auf dem Wohnungsmarkt zukommt. Auch kann etwa beim Vorliegen von Mietspiegeln definiert werden, dass eine bestimmte Anzahl von mietpreisbildenden Faktoren grundsätzlich vorliegen muss; auf diesem Wege kann eine Streuung zwischen bauseitigen Wohnungsmerkmalen und der Umgebung (Wohnungslage und -umfeld) herbeigeführt und auf den konkreten Wohnungsmarkt (Siedlungsstruktur, Bausubstanz etc.) reagiert werden. Bereits im Ausgangspunkt unzureichend ist es hingegen, wie im vorliegenden Fall geschehen auf die Festlegung solcher Mindeststandards im ersten Schritt ganz zu verzichten und stattdessen rein "marktmäßig" Angebot und Nachfrage in Ausgleich zu bringen, um den Preis zu ermitteln, bei dem alle Überschreiter auf dem Markt mit günstigen Wohnungen versorgt sind. Ein solches Modell schließt anstatt von abstrakten Mindeststandards auf den hierfür auf dem Markt zu zahlenden Preis (Referenzmiete), in umgekehrter Richtung von einem auf dem Markt ermittelten Preis auf die dafür verfügbaren Wohnstandards und läuft damit im Kern auf eine nicht statthafte "Gegenprobe" hinaus, dass es innerhalb des Vergleichsraums Wohnungen für die festgelegte Referenzmiete gibt (vgl. B 4 AS 50/09 R, Rn. 22). Darauf kommt es aber im ersten Prüfungsschritt nicht an, weil im Ausgangspunkt der Wohnungsstandard erst einmal nach sachlichen Kriterien abstrakt bestimmt werden muss. Im Wege dieses Vorgehen wird sichergestellt, dass die Mietobergrenzen unter Berücksichtigung der Bedingungen eines existenzsichernden Leistungssystems festgelegt werden (B 4 AS 27/09 R, 21 mit Verweis auf Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2009, § 22 Rn. 7 ). Denn der Hilfebedürftige soll durch die Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in die Lage versetzt werden, sein elementares Grundbedürfnis "Wohnen" zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen zu befriedigen, damit der Lebensmittelpunkt geschützt wird (BSG, a. a. O., Rn. 21). Die Festlegung bestimmter nicht zu unterschreitender Wohnungsstandards auf abstraktem Wege stellt sicher, dass Grundsicherungsbezieher nicht indirekt über den Preis auf soziale Brennpunktgebiete verwiesen werden (sog. Gefahr der Ghettobildung). Stattdessen soll auf dem gesamten Vergleichsraum in ausreichender Anzahl die reale Möglichkeit bestehen, angemessenen Wohnraum in der festgelegten Spanne anzumieten (B 14/7b AS 44/06 R, Rn. 13). Das IWU-Gutachten wird diesen Vorgaben schon im Ausgangspunkt nicht gerecht, weil prinzipiell danach gesucht wird, zu welchem Preis alle potentiellen Überschreiter in Wohnungen unterkommen können ab Ausstattungsklasse 3 des Dresdner Mietspiegels. Nach Überzeugung der Kammer findet bei einer solchen Vorgehensweise eine Verschiebung der Grundsicherungsbezieher hin zu einfachen Wohnungslagen und kleinen Wohnungsgrößen bei gerade an sich noch hinnehmbaren Einzel-Ausstattungsstandards der Wohnungen statt, ohne hinreichenden Schutz grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen im Bereich des Wohnens. Eine solche Vorgehensweise ist einem Grundsicherungsträger grundsätzlich verwehrt, so dass es auf - darüber hinaus bestehende - Defizite in der konkreten Umsetzung (insbesondere Validität der Daten, Plausibilität von Annahmen wie Mehrfachinseratefaktor oder Ermittlung und Verwendung von Leerstandsquoten, herausrechnen von sog. anerkannten Überschreitern oder der Gruppe der Unter-25-Jährigen als eigene Nachfragegruppe etc.) hier nicht weiter ankommt. Die Kammer sieht daher von einer weitergehenden Darstellung ab und verweist ergänzend auf die überzeugenden Ausführungen dazu etwa im Urteil der 40. Kammer vom 1.6.2012, S 40 AS 5435/11, S. 15 – 25). Ausgenommen hiervon ist die rechtliche Einschätzung des Einbeziehens von Wohnungen der Eignungsklasse 1 ab 24 m² auf der Angebotsseite für die Frage der konkreten Verfügbarkeit (a. a. O., S. 15). Die in einem schlüssigen Konzept gefundene Referenzmiete muss anhand größenangemessenen Wohnungen einfachen Standards als belastbar erweisen. Das ist zumal in einem Wohnungsmarktmodell zu fordern, in dem Angebot und Nachfrage zu einem Ausgleich gebracht werden sollen, wie im vorliegenden Fall im IWU-Gutachten vom 24.10.2011 geschehen (vgl. Tabelle 15, und 16 des IWU-Gutachtens vom 24.10.2011, dort Seiten 40, 41). Der Nachweis konkreter Verfügbarkeit – dem vierten Prüfungsschritt – darf jedenfalls nicht unter Einbeziehen von Wohnungen geführt werden, die in der Wohnfläche von vornherein so erheblich hinter den Angemessenheitsvorgaben zurückbleiben, dass damit nicht mehr die – gemessen am Konzept – nach Größe und Wohnstandard durchschnittliche – und darüber hinaus gemessen am gesamten Wohnungsmarkt einfache - Wohnung repräsentiert wird. In einem solchen Modell bliebe völlig ungeklärt, ob sich die gefundene Referenzmiete – als Produkt aus Wohnstandard und Wohnfläche – am Markt bewährt bei Zugrunde legen der abstrakten Wohnungsgröße und des abstrakten Wohnstandards aus dem ersten Prüfungsschritt. Das aber ist der Kern des Belegs konkreter Verfügbarkeit. Damit ist nicht gleichzeitig gesagt, dass Grundsicherungsbezieher, die in kleinen Wohnungen untergebracht sind, unter Ausschöpfen der Angemessenheitsvorgaben innerhalb der Gemeinde einen Umzug und daraus resultierende höhere KdU verlangen können (§ 22 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 SGB II). Keinesfalls ist jede Wohnung, die spürbar kleiner als die angemessene Wohnfläche ist, auch für Grundsicherungsbezieher unzumutbar; das ist vielmehr im Grundsatz zu verneinen. Allerdings ist die Unzumutbarkeit mit zunehmender Annäherung der Wohnfläche an die Untergrenze der im Mietspiegel erfassten Wohnungen von wenigstens 24 m² eher zu bejahen als bei größeren Wohnungen, weil bei der Beurteilung der (Un-) Zumutbarkeit u. a. auch die Größe der Wohnung eine Rolle spielt. Der Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit ist aber losgelöst vom Konzept zur Ermittlung der Referenzmieten zu beurteilen und bedarf deshalb hier keiner weiteren Vertiefung. Dasselbe gilt für die weitere Überlegung, ob Quadratmeterpreise kleiner Wohnungen ab 24 m² im Rahmen eines Konzepts des Grundsicherungsträgers in die Preisberechnungen im dritten Prüfungsschritt einbezogen werden dürfen etwa weil sie auch im Dresdner Mietspiegel in der 1. Spalte einbezogen sind und auf die Mietspiegeltabelle oder den Datensatz abgestellt werden soll. Dagegen bestehen keine Bedenken, weil das Einbeziehen kleinerer Wohnungen Grundsicherungsbezieher eher begünstigt, weil sie im Durchschnittspreis pro Quadratmeter regelmäßig kostenintensiver sind als größere Wohnungen. Das Einbeziehen begünstigt Grundsicherungsbezieher daher eher. Allerdings wäre aus Sicht der Kammer ein Grundsicherungsträger umgekehrt nicht gehindert, im Rahmen seines Konzepts besonders kleine und potentiell kostenintensive Wohnungen nicht einzubeziehen, etwa weil Grundsicherungsbezieher hierauf ohnehin nicht verwiesen werden sollen.

Die Kammer sieht sich gleichwohl in der Lage, eine eigene Obergrenze für die noch angemessenen Kosten von Unterkunft und Heizung anhand des qualifizierten Mietspiegels der Landeshauptstadt Dresden 2010 zu bestimmten. Eines Rückgriffes auf die Werte der Wohngeldtabelle nach § 12 WoGG bedarf es nicht.

Der Rückgriff auf die Werte eines qualifizierten Mietspiegels ist statthaft, wenn das Konzept des Grundsicherungsträgers als unschlüssig verworfen wird und auch im Wege der Nachbesserung unter Beteiligung der Behörde seine Anwendung nicht eröffnet ist (BSG, U. v. 19.10.2010, B 14 AS 65/09 R, Rn. 28, B 14 AS 50/10 R, Rn. 27). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, weil das Konzept des Beklagten unschlüssig und wegen konzeptioneller Schwächen für eine Überarbeitung ohne gleichzeitige Aufgabe seines Kerns nicht geeignet ist. Es kann daher die rechtliche Frage dahinstehen, inwieweit es Gerichten obliegt, als nicht schlüssig eingestufte Konzepte der Grundsicherungsträger weiter aufzugreifen und nachzubessern (vgl. SG Dresden, U. v. 1.6.2012, S 40 AS 5435/11, S. 24). Gerechtfertigt ist der Rückgriff auf die Werte eines qualifizierten Mietspiegels mit der rechtlichen Ausgestaltung solcher Mietspiegel im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 558 ff. BGB) und den damit einhergehenden Wirksamkeitsvoraussetzungen und Richtigkeitsgarantien. Insbesondere ist sachliche Wirksamkeitsvoraussetzung für den Mietspiegel, dass er den Anforderungen der Statistik genügt und auf einer ausreichenden empirischen Grundlage unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben des § 558 BGB zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB) beruht (vgl. BSG, U. v. 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R, Rn. 27). Zwar ergeben sich aus der Funktion von einfachen und qualifizierten Mietspiegeln im Anwendungsbereich des Mieterhöhungsverfahrens nach §§ 558 ff BGB einige Vorgaben, die für die Ermittlung der grundsicherungsrelevanten Vergleichsmiete nicht in gleichem Maße Bedeutung haben (vgl. BSG, U. v. 19.10.2010, B 14 AS 2/10 R, Rn. 22). Gleichwohl spricht entscheidend für die Anwendung solcher Mietspiegel, dass auch bei der Prüfung nach § 22 Abs. 1 SGB II es i. E. auch die Frage ankommt, ob im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten wäre für den Fall, dass die Bestandswohnung unangemessen teuer ist (BSG, a. a. O.). Nach Überzeugung der Kammer kann auch aus dem qualifizierten Mietspiegel für die Landeshauptstadt Dresden mit hinreichender Gewissheit und Transparenz entnommen werden, zu welchem Preis (Nettokaltmiete = Grundmiete ohne Nebenkosten) auf dem lokalen Markt in dem Geltungszeitraum des Mietspiegels Wohnungen bestimmter Eigenschaften (mietpreisbildende Faktoren) zu welchem Preis angemietet werden können (vgl. § 558c Abs. 3 BGB).

Bei grundsätzlicher Anwendung eines Mietspiegels ist ferner festzustellen, welche grundsicherungslevanten Schlüsse aus demselben und aus anderen Quellen abgeleitet werden können. Es ist dabei nicht statthaft, Grundsicherungsbezieher auf weniger als einfach ausgestattete und damit einfachst ausgestattete Wohnungen zu verweisen, die nicht alle über Bad, Sammelheizung und Innen-WC verfügen und im Dresdner Mietspiegel in den Ausstattungsklassen 1 und 2 abgebildet sind. Ebenso ist es nicht sachgerecht, für die Bestimmung einer Obergrenze auf einzelne Baualtersklassen der Mietspiegel 2008 und 2010 abzustellen. Zwar war etwa die Baualtersklasse C der Baujahre 1946 – 1990 im Stadtgebiet von Dresden mit einem Anteil von 40,9 % (Methodenbericht der TU Dresden zum Mietspiegel 2010, S. 16) an der Grundgesamtheit der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern zum 31.12.2009 besonders häufig vertreten. Gegen die Beschränkung hierauf sprechen aber mehrere Gesichtspunkte. So können schon grundsätzlich über das Baualter nur sehr vergröbernd Rückschlüsse auf die Bauweise und den Baustandard gezogen werden. Aus einem Mietspiegel lässt sich nicht ersehen, inwieweit gerade Wohnungen einer bestimmten Baualtersklasse in einem Umfang zur Verfügung stehen, die den Rückschluss zulassen, im konkreten Vergleichsraum sei eine "angemessene" Wohnung tatsächlich anmietbar. Zuletzt birgt die Verweisung auf bestimmte Bauklassen verdeckt die Gefahr einer Gettoisierung (B 14 AS 2/10 R, Rn. 23). Das gilt auch vorliegend. Das Abstellen nur auf die Altersklasse der Nachkriegsbebauung, würde im Ergebnis darauf hinauslaufen, Grundsicherungsbezieher tendenziell auf vorhandene Plattenbausiedlungen zu verweisen, die in Dresden teilweise in einzelnen Stadtteilen besonders konzentriert in großer Anzahl und dichter Bebauung vorhanden sind. Einem Grundsicherungsbezieher soll es mit der vorgegebenen Referenzmiete aber tatsächlich möglich sein, eine angemessene Wohnung einfachen Standards im gesamten Stadtgebiet anzumieten, also auch in guten Wohnlagen Dresdens. Die Kammer erachtet dazu ein Abstellen auf einen gewichteten arithmetischen Mittelwert über alle im Mietspiegel 2010 abgebildeten Wohnungen der Ausstattungsklassen 3 bis 6 – bzw. für November 2010 über alle im Mietspiegel 2008 abgebildeten Wohnungen der Ausstattungsklassen 3 – 5 - für sachgerecht, um eine Obergrenze zu bestimmen. Das Bundessozialgericht hat etwa in der Entscheidung vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 unter der Rn. 32 (zitiert nach Juris) in diesem Sinne zum Mietspiegel für Berlin ausgeführt:

"Lassen sich solche weitergehenden Schlüsse aus vorhandenem Datenmaterial nicht ziehen, bietet es sich an, einen gewichteten arithmetischen Mittelwert nach Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten Wohnungen in den jeweiligen Bauklassen zu bilden (dazu Schifferdecker/Irgang/Silbermann, Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 2010, 28; SG Berlin Urteil vom 30.6.2010 - S 174 AS 21949/07 - juris RdNr 46). Ein solcher Mittelwert böte immerhin die Gewähr, dass ein einzelner Wert für eine bestimmte Baualtersklasse entsprechend seiner tatsächlichen Häufigkeit auf dem Markt in einen grundsicherungsrelevanten Mittelwert einfließt. Dabei erscheint es - wovon auch das LSG ausgegangen ist - zulässig, einen Wert auf Grundlage der jeweiligen Mittelwerte der Rasterfelder zu bilden. Er bestimmt eine nach den weiteren Ausstattungsmerkmalen, die im Mietspiegel nicht schon in den Rasterfeldern ihren Niederschlag finden (Bad, Küche, Wohnung, Gebäude, Wohnumfeld), durchschnittliche Wohnung. Also gibt der Mittelwert sowohl die schlecht ausgestatteten Wohnungen in einer bevorzugten, einfachen Wohnlage als auch die gut ausgestatteten Wohnungen in sehr einfachen Wohnlagen (zB an einer Durchgangsstraße) wieder. Mit dem Mittelwert aus der einfachen Wohnlage werden schließlich auch schlechter ausgestattete Wohnungen in mittlerer und guter Wohnlage erfasst."

Diesen Überlegungen schließt sich das Gericht für den vorliegenden Fall an. Der gewichtete Mittelwert aller relevanten Mietspiegelfelder des Dresdner Mietspiegels bietet die hinreichende Gewähr, dass im gesamten Stadtgebiet von Dresden eine angemessene Wohnung tatsächlich zur Verfügung steht und tatsächlich angemietet werden kann. Die Kammer legt hierbei die Daten des Dresdner Mietspiegels 2010 zu Grunde und nicht die Primärdaten desselben. Solange kein schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers vorliegt, das in einem transparenten und für jedermann nachvollziehbaren Verfahren zustande gekommen ist, sieht die Kammer den Rückgriff auf Grundlagendaten verwehrt. Zwar ist mit dem IWU-Gutachten davon auszugehen, dass sich an sich aus den Primärdaten an sich rechnerisch genauere und vollständigere Aufschlüsse über die auf dem gesamten Wohnungsmarkt geforderten Mieten ergeben. Die Anwendung der Mietspiegelfelder ist aber bei Fehlen eines schlüssigen Konzepts des Grundsicherungsträgers gleichwohl geboten, weil allein auf sie i. S. eines transparenten und für jedermann leicht zugänglichen Verfahrens für die Bestimmung der Referenzmiete verwiesen werden kann. Denn das Rechtsstaatsprinzip fordert die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit des Verfahrens der Begrenzung der Kosten von Unterkunft und Heizung für den betroffenen Grundsicherungsbezieher, weil nur so das elementare Grundbedürfnis des Wohnens garantiert ist. Die Grundlagendaten erfüllen diese Voraussetzungen nicht in gleichwertiger Weise. Nach der Lebenserfahrung kann nicht angenommen werden, dass Grundsicherungsbezieher etwa nach dem Erhalt von Senkungsaufforderungen, nach Dresden Zuziehende oder Umzugswillige, um die angemessene Mietobergrenze festzustellen, Grundlagendaten der Mietspiegel beiziehen und eigenständig im Hinblick hierauf auswerten. Stattdessen liegt es nahe und entspricht der Lebenswirklichkeit, sich über übliche Entgelte und solche einfacherer Wohnungen über Annoncen und andere Angebote - auch im Internet - und/oder durch Blick in den einschlägigen Mietspiegel ein Bild zu machen, auch um die Angemessenheit von Wohnangeboten auszuloten. Dem qualifizierten Mietspiegel kommt auf dem Wohnungsmarkt nicht nur bei Mieterhöhungsverlangen, sondern auch bei Vertragsanbahnungen und –verhandlungen erhebliche Bedeutung zu, weil insbesondere qualifizierte Mietspiegel zivilrechtlich besondere Ausgestaltung gefunden haben und damit besondere Richtigkeitsgewähr bieten (§§ 558 ff. BGB). Stellt im Prozess das Gericht auf eigene Angemessenheitsgrenzen ab, wie im vorliegenden Fall, muss dies ebenfalls auf Grundlage von für die Grundsicherungsbezieher ohne Weiteres zugänglicher Datengrundlage geschehen, von der erwartet werden kann, dass sie die Betroffenen von sich aus in ihre Überlegungen hätten einbeziehen sollen. Das gilt auch hier. Von der Klägerin hätte auf die Kostensenkungsaufforderungen durchaus erwartet werden können, dass sie sich im Rahmen von Kostensenkungsüberlegungen über die üblichen Wohnungsgrößen und –entgelte in Dresden ein eigenes Bild macht und dabei insbesondere auch auf den Dresdner Mietspiegel abstellt. Sie hätte schon an diesem feststellen können, dass die kleinste Wohnungsgrößenkategorie bei 50 m² endet, die Wohnung sich also schon im Hinblick auf ihre Größe und den damit bedingten höheren Mietspreis (als Produkt) als nicht mehr angemessen erweisen könnte. Ein Rückgriff auf Grundlagendaten des Mietspiegels wäre von ihr dagegen nicht zu erwarten gewesen.

Rechnerisch ergibt sich für hinsichtlich der Nettokaltmiete (ohne Nebenkosten) für die Zeit vom 1.12.2011 bis zum 31.5.2012 ein Wert von 5,34 Euro je Quadratmeter (angemessener) Wohnfläche.

Der Wert von 5,34 Euro/m² Wohnfläche errechnet sich aus dem (um die Fallzahlen erweiterten [Methodenbericht 2010, Seite 38]) Mietspiegel 2010 wie folgt:

(Erläuterung der nachfolgenden Tabelle: "Zeile" = Zeile des Mietspiegels (1 – 11) "ZE" = Zwischenergebnis der darüberstehenden Multiplikation FZ-Zeile = Summe der Fallzahlen einer Zeile des Mietspiegels PR-Zeile = Summe d. Produkte einzelner Mietspiegelfelder i. d. jeweiligen Zeile Z Zeilen: Baualtersklassen: A B C D FZ- PR- Zeile Zeile (vor 1918) (1919 – 1945) (1946 – 1990) (nach 1990) Zeile 3. - 3,95 x 52 - - 52 ZE 205,40 205,40 Zeile 4. 4,61 x 68 + 4,83 x 50 + 4,85 x 85 + 5,44 x 29 232 ZE 313,48 + 241,50 + 412,25 + 157,76 1124,99 Zeile 5. 5,06 x 96 + 5,10 x 72 + 4,88 x 123 - 291 ZE 485,76 + 367,20 + 600,24 1453,20 Zeile 6: 5,39 x 50 + 5,18 x 46 + 5,08 x 79 + 5,85 x 47 222 ZE 269,50 + 238,28 + 401,32 + 274,95 1184,05 Zeile 7: 5,42 x 52 + - 5,39 x 63 + 5,25 x 113 228 ZE 281,84 + 339,57 + 593,25 1214,66 Zeile 8: 5,65 x 40 + 5,59 x 43 + 6,15 x 54 - 137 ZE 226,00 + 240,37 + 332,10 + 798,47 Zeile 9: 6,03 x 58 + 5,52 x 56 + 5,39 x 78 + 6,38 x 91 283 ZE 349,74 + 309,12 + 420,42 + 580,58 1659,86 Zeile 10: - 5,79 x 56 - - 56 ZE 324,24 324,24 Zeile 11: - 6,29 x 59 - - 59 ZE 371,11 371,11

Summe aller Fallzahlen: 1560 Summe aller Produkte aus den einzelnen Zeilen des Mietspiegels: 8335,98

Gewichteter Mittelwert: 8335,98./. 1560 = 5,34 Euro /m²

Die Kammer legt den Wert von 5,34 Euro/m² Wohnfläche Nettokaltmiete dem Urteil zugrunde. Der Wert erscheint angemessen und hinreichend repräsentativ, um als Obergrenze für die angemessene Nettokaltmiete für Grundsicherungsbezieher in Einzelhaushalten herangezogen zu werden. Zwar wurden in die obenstehende Berechnung auch solche Mietspiegelfelder einbezogen, die sich im Wege der sog. Clusterbildung über mehrere Größenkorridore von Wohnungen erstrecken und teilweise mittlere (51 – 75 m²) und/oder große Wohnungen (ab 76 m²) erfassen. Der Wert von 5,34 Euro/m² ist aber auch unter Berücksichtigung dessen ausreichend repräsentativ. Das Einbeziehen dieser erweiterten Mietspiegelfelder hat nur geringen rechnerischen Einfluss auf das Ergebnis und rechtfertigt ein Abweichen hiervon nach oben nicht. So errechnet sich bei Zugrundelegen ausschließlich der Mietspiegelfelder, die mit kleinen Wohnungen bis 50 m² belegt sind, ein Nettokaltmietwert von 5,40 Euro/m² und damit ein nur um 6 Cent je Quadratmeter Wohnfläche erhöhter Wert. Der höhere Wert von 5,40 Euro ist jedoch (auch für kleine Wohnungen) weniger repräsentativ und damit weniger aussagekräftig, weil ihm die Clustermietfelder, die kleine Wohnungen mit umfassen, gar nicht zugrunde liegen. Außerdem berücksichtigt der Wert von 5,34 Euro auch kleinere Wohnungen bis herab zu 24 m² Wohnfläche, die tendenziell preisintensiv, aber nicht zumutbar sind. Die Kammer stellt daher auf den Wert von 5,34 Euro je Quadratmeter Wohnfläche ab. Ihm liegen weit überwiegend Mietspiegelwerte ausschließlich kleiner Wohnungen von 24 m² bis 50 m² zu Grunde, so dass eine hinreichende Differenzierung nach Größenklassen gewährleistet ist. Geringe rechnerische Abweichungen durch Clusterbildungen sind durch zu geringe Fallzahlen sachlich bedingt, ändern am Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels nichts und sind im Rahmen des vorliegenden Konzepts zur Begrenzung der Unterkunftskosten äußerst geringfügig und i. E. vernachlässigbar.

Nach Überzeugung der Kammer ist mit dem Wert von 5,34 Euro je Quadratmeter Wohnfläche sichergestellt, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können (konkrete Verfügbarkeit, vgl.: BSG, B 7b AS 18/06 Rn. 22). Die dem Mietspiegel 2010 zugrunde liegenden Primärdaten sind auch ausreichend aktuell, so dass auf nachfolgende Mietspiegel nicht abzustellen ist. Zwar widerspiegeln Mietspiegel systembedingt immer Daten ihres Erhebungszeitraumes, weil eine nachträgliche Inflationierung nicht stattfindet. Das Abstellen auf den gewichteten Mittelwert des Mietspiegels der Grundgesamtheit aller Mietspiegelfelder (außer sog. Substandart der Ausstattungsklassen 1 und 2) stellt aber ohnehin auf ein Wohnniveau ab, das deutlich oberhalb des sog. einfachen Wohnstandards – also Aufwendungen für eine Wohnung, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandart aufweist (BSG, a. a. O., Rn. 20) – liegt und damit für Grundsicherungsbezieher auf dem Wohnungsmarkt ein besonders breites Spektrum bietet (vgl. LSG Baden-Württemberg, a. a. O.), so dass es einer weiteren Aktualisierung nicht bedarf. Etwas anders würde nur gelten bei nicht vorhersehbaren Preisentwicklungen und –sprüngen (vgl. B 4 AS 50/09 R, Rn. 21, B 14 AS 2/10 R, Rn. 21), die aber auf dem Dresdner Wohnungsmarkt für die hier maßgebliche Zeit – bei Abgleich der Mietspiegel 2010 und 2013 - nicht festzustellen sind. Es bleibt daher dabei, dass der Mietspiegel maßgeblich ist, der zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (9.3.2012) auch vorliegt. Zur Erstellung schlüssiger Konzepte ist zwar eigentlich nicht abzustellen auf Durchschnittswerte des Mietspiegels, weil es auf das untere Preissegment ankommt; soweit der Mietrichtwert für sämtliche in die Erhebung einbezogenen Wohnungen Gültigkeit haben soll, steht dieses den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept aber nicht zwingend nicht entgegen; diese "Unschärfe" wird regelmäßig durch Vergabe von Plus- und Minuspunkten gestaffelt nach der Wohnungsgröße ausgeglichen (vgl. BSG, U. v. 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R, Rn. 28; B 14 AS 106/10 R, Rn. 30). Verzichtet das hier zugrunde gelegte "Konzept", also das vom Gericht zugrunde gelegte Verfahren zum Finden einer angemessenen Obergrenze – anstelle des Rückgriffs auf die Werte der Tabelle in § 12 WoGG (ggfs. samt Zuschlag von 10 %) - gänzlich auf die Anwendung von Abschlägen im Hinblick auf wertbildende Faktoren, bestehen an der konkreten Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums keine vernünftigen Zweifel. Das belegt auch der Blick in die Mietspiegeltabellen. Mit der Nettokaltmiete von 5,34 Euro/m² war es nach dem Mietspiegel 2010 möglich, eine angemessene Wohnung in nahezu allen Ausstattungsklassen bis Klasse 6 anzumieten. Allein der Spannenunterwert der Baualtersklasse A (vor 1918) übersteigt den Wert mit 5,44 Euro/m². In der Ausstattungsklasse 5 liegen die Mehrzahl der arithmetischen Mittelwerte der Mietspiegelfelder über alle Baualtersklassen teils deutlich unter dem Wert von 5,34 Euro/m², so dass auch bei kleinen Wohnungen ein breites Spektrum nach anmietbaren angemessenen Wohnungen zweifelsfrei bestanden hat.

Hinzuzurechnen sind kalte Nebenkosten mit angemessenen 1,16 Euro/m². Den Wert von 1,16 Euro/m² Wohnfläche hat der Beklagte seinem Konzept vom 24.11.2011 auf Grundlage der kommunalen Bürgerumfrage vom Herbst 2010 zugrunde gelegt. Er erscheint ausreichend hinterlegt und repräsentativ. Die kalten Nebenkosten sind zunächst ebenfalls in einem abstrakten Verfahren hinsichtlich ihrer Obergrenze zu ermitteln (ebenso LSG Baden-Württemberg, a. a. O. Rn. 43). Zur Erstellung eines Konzeptes kann dabei auf vorhandene Betriebskostenübersichten zurückgegriffen werden, im Ausgangspunkt auf örtliche Übersichten und die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte (vgl. B 14 AS 2/10 R, Rn. 29). Die Werte sollen dabei möglichst aktuell sein. GGfs. ist eine Fortschreibung vorzunehmen anhand des allgemeinen Verbraucherindexes (BSG, a. a. O.). Für das Gebiet der Landeshauptstadt Dresden hat der Mieterverein Dresden und Umgebung e. V. für die Jahre 2009 und 2010 zuletzt durchschnittliche Werte für kalte und warme Betriebskosten veröffentlicht. Danach lagen in 2009 die gesamten Nebenkosten (kalte und warme) bei 2,19 Euro je Quadratmeter Wohnfläche und in 2010 bei 2,35 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Im Internet findet sich unter DNN-Online vom 28.6.2011 Folgendes zum Abrechnungsjahr 2009: "Allein auf Heizkosten und Warmwasser entfallen im Schnitt 1,46 Euro, die restlichen 1,12 Euro verteilen sich auf kalte Betriebskosten wie Grundsteuer, Müllbeseitigung oder Objektpflege." Die Steigerung in 2010 ist nach der Presseinformation des Mietervereins Dresden vom 29.10.2012 im Wesentlichen auf eine Erhöhung bei den Heizkosten zurückzuführen. Bei den kalten Nebenkosten habe es nur eine signifikante Steigerung bei der Position "Hausmeister" gegeben. Die verfügbaren Quellen ergeben keine Hinweise auf spürbare Kostensteigerungen im Bereich der kalten Nebenkosten für das Stadtgebiet Dresden in der streitgegenständlichen Zeit. Der Wert von 1,16 Euro/m² ist für die Zeit bis zum 31.5.2012 nicht inflationsbedingt fortschreibungswürdig.

Für die Klägerin errechnet sich daher folgender abstrakt angemessener Wert für die kalten Nebenkosten

1,16 Euro/m² x 50,0 m² = 58,00 Euro

und folgende angemessene Bruttokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche

5,34 + 1,16 = 6,50 Euro/m²

und insgesamt für die Wohnung der Klägerin:

6,50 Euro/m² x 50 Euro = 325,00 Euro

Hinzuzurechnen sind angemessene Heizkosten i. H. v. monatlich 34,00 Euro. Die Angemessenheit der Heizkosten ist unabhängig von derjenigen der Bruttokaltmiete zu prüfen (vgl. BSG, U. v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, Rn. 28; U. v. 2.7.2009, B 14 AS 36/08) und nach eigenen Regeln (vgl. BSG, U. v. 13.4.2011, B 14 AS 32/09 R). Abzustellen ist auf sich aus bundesweiten oder kommunalen Heizkostenspiegeln sich ergebenden Obergrenzen. Diese weisen für den vorliegenden Fall - Obergrenzen für die Heizungsart Fernwärme, Wohngebäude größer 1.000 m² Wohnfläche (vgl. VA 528R) - folgende Grenzwerte in der rechten Spalte ("zu hoch") auf:

Bundesweiter Heizkostenspiegel 2012 und 2013 mit Abrechnungsjahren 2011 und 2012:

12/2011: 16,60 Euro/m² und Jahr x 50 m²./. 12 = 69,17 Euro/Monat 1- 5/2012: 18,60 Euro/m² und Jahr x 50 m²./. 12 = 77,50 Euro/Monat

II.

Der Beklagte ist für die streitgegenständliche Zeit vom 1.12.2011 bis zum 31.5.2012 trotz i. S. v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II nicht angemessener Bruttokaltkosten von 341,95 Euro zum Tragen der gesamten Kosten für Unterkunft und Heizung i. H. v. monatlich 375,95 Euro verpflichtet, weil der Klägerin zumutbare Kostensenkungsmaßnahmen nicht zur Seite standen, insbesondere war nicht zu erwarten, dass die Kosten durch einen Wohnungswechsel hätten reduziert werden können.

Der Wohnungswechsel zum Zwecke des Senkens von Kosten für Unterkunft und Heizung i. S. v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II darf von dem Betroffenen nur erwartet werden, wenn aus objektiver Sicht auch damit zu rechnen ist, dass damit einhergehend es tatsächlich zu einer Senkung der Unterkunftskosten kommt. Nur ein Wohnungswechsel, mit dem dieses Ziel erreicht werden kann, ist das von dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger geforderte "wirtschaftliche Verhalten". Andernfalls stellt sich das Verlangen des Grundsicherungsträgers als nicht verhältnismäßig dar (BSG, U. v. 12.6.2013, B 14 AS 60/12 R). Gegenüber dem grundsätzlich schützenswerten individuellen Interesse des hilfebedürftigen Leistungsempfängers am Verbleib in seiner Wohnung überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an deren Aufgabe nur für den Fall eines wirtschaftlich sinnvollen Umzuges. Stehen auf dem in Bezug zu nehmenden Wohnungsmarkt keine Wohnungen zur Verfügung, in denen von dem Träger der Grundsicherung insgesamt niedrigere Kosten aufzubringen sind, bleibt es der Entscheidung des Einzelnen überlassen, ob er weiterhin in einer Wohnung, die entsprechende Nachteile eines ungünstigen energetischen Standards mit sich bringt, aus anderen Gründen (etwa wegen ihrer Lage oder ihres Zuschnitts) verbleiben will (BSG, a. a. O.). Dabei ist die Frage, mit welchen Unterkunftskosten nach einem Umzug zu rechnen ist, anhand der rechtmäßigen Angemessenheitsvorgaben i. S. eines schlüssigen Konzepts zu beantworten. Der Grundsicherungsbezieher ist dabei im Ausgangspunkt grundsätzlich berechtigt, die Angemessenheitsvorgaben sowohl bei den Bruttokaltkosten als auch bei den Heizkosten auszuschöpfen, unbeschadet des Umstandes, dass es keine Angemessenheitsvorgabe für Bruttowarmkosten gibt. Im vorliegenden Fall wäre bei einem Umzug der Klägerin zu erwarten gewesen, dass die oben dargestellten Obergrenzen für die Bruttokaltmiete und für die Heizkosten i. H. v. monatlich 325,00 Euro und 69,17 Euro bzw. 77,50 Euro ausgeschöpft worden wären. Im Falle ihres Umzuges hätte daher mit gesamten Mietkosten (Bruttowarmmiete) für Dezember 2011 i. H. v. 394,17 Euro und für die Monate Januar bis Mai 2012 i. H. v. jeweils 402,50 Euro gerechnet werden müssen. Gegenüber tatsächlichen Kosten i. H. v. 375,95 Euro wäre es daher voraussichtlich nicht zu einer Kostenersparnis für den Steuerzahler, sondern zu noch höheren Wohnkosten gekommen. Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass die Angemessenheitsvorgaben des Beklagten geringere Werte vorsahen und dementsprechend ein wohnungssuchender Grundsicherungsbezieher sich mutmaßlich auf günstigere Wohnungsangebote beschränkt hätte. Nach dem Obenstehenden standen dafür Wohnungsangebote nicht in ausreichender Anzahl auf dem lokalen Markt zur Verfügung. Auch durfte sich die Klägerin bei der Wohnungssuche auf dauerhaft angemessene Angebote beschränken und musste nicht etwa, um Preisvorgaben einzuhalten, besonders beengten oder aus anderen Gründen nicht dauerhaft zumutbaren Wohnraum anmieten (dazu oben). Ein Umzug war ihr daher nach den hier unterstellten Angemessenheitsvorgaben nicht zumutbar. Andere Kostensenkungsmöglichkeiten sind von dem Beklagten nicht aufgezeigt und nach dem Ergebnis der Aufklärung und dem gesamten Inhalt der Akten nicht ersichtlich geworden. Anlass für weitere Aufklärung (§ 103 SGG) in dieser Hinsicht bestand nicht.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

III.

Die Berufung ist nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil der Entscheidung grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Frage des Vorliegens eines schlüssigen Konzepts i. S. d. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist im Zuständigkeitsbereich des Beklagten in einer Vielzahl von Klageverfahren beim Sozialgericht Dresden anhängig und erscheint bislang nicht hinreichend geklärt. Sie wird auch innerhalb der Kammern des Sozialgerichts inhaltlich unterschiedlich beantwortet.
Rechtskraft
Aus
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