S 38 AS 1542/13 WA

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
38
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 38 AS 1542/13 WA
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 AS 1251/14
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheids vom 27.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2010 (W 649/10) verurteilt, der Klägerin im Zeitraum 01.03.2010 bis 31.08.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich weiteren 30,00 Euro zu gewähren und auszuzahlen. Der Beklagte erstattet der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) (Arbeitslosengeld II) zur Sicherung des Lebensunterhalts, die die Klägerin für die Zeit vom 01.03.2010 bis 31.08.2010 von dem Beklagten beansprucht.

Die 1957 geborene Klägerin schuldete zuletzt eine Gesamtmiete für die von ihr angemietete 70 m² große 3-Zimmer-Wohnung i. H. v. monatlich 290,00 Euro, die die Nebenkostenvorauszahlungen i. H. v. 75,26 Euro beinhaltet. Die monatlich an den Gasversorger zum Beheizen der Wohnung zu entrichtenden Abschläge beliefen sich ab Februar 2010 auf 97,00 Euro. Die Warmwasserbereitung erfolgte mit einem mit elektrischer Energie betriebenen Gerät. Seit 2001 vermietete die Klägerin ein Zimmer ihrer Wohnung an Herrn F. unter. Nach dem vorgelegten Untermietvertrag schuldete Herr F. hierfür monatlich 106,00 Euro und zusätzlich anteilig Nebenkosten i. H. v. insgesamt 108,26 Euro. Durch Quittungen belegte die Klägerin Untermieteinnahmen in Höhe von monatlich 174,26 Euro. Der Rechtsvorgänger des Beklagten – das I. H. - berücksichtigte seit Beginn des Leistungsbezugs 2006 bis Ende Februar 2009 die tatsächlich zufließenden Einnahmen aus der Untermiete als Einkommen und rechnete sie nach Abzug von 30,00 Euro i. H. v. 144,26 Euro auf die Regelleistung an. Die von der Klägerin geschuldete Miete berücksichtigte der Rechtsvorgänger des Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt unter Berücksichtigung der vollen Grundmiete sowie Nebenkostenvorauszahlung sowie des dem Gaslieferanten jeweils geschuldeten Abschlags. Mit Bescheid vom 28.07.2009 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Bund den Antrag der Klägerin vom 25.02.2009 auf Rente wegen Erwerbsminderung ab, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Der Rentenversicherungsträger bejahte die Erwerbsminderung für die Zeit ab 26.10.2006.

Auf den Antrag auf Weiterbewilligung der SGB II-Leistungen ab 01.03.2010 bewilligte der Rechtsvorgänger des Beklagten der Klägerin mit Bescheid vom 27.01.2010 für den Zeitraum 01.03.2010 bis 31.08.2010 monatlich 571,74 Euro (Regelleistung i. H. v. 359,00 Euro sowie Leistungen für Unterkunft und Heizung i. H. v. 212,74 Euro). Dem lag die Anrechnung der Untermieteinnahmen i. H. v. 174,26 Euro auf die von der Klägerin geschuldete Miete sowie die geschuldeten Heizkostenvorauszahlungen zugrunde. Die Klägerin widersprach dem Bescheid vom 27.01.2010 (Az. des Beklagten: W 649/10), da keine 30,00 Euro für Haftpflicht- und Hausratversicherung berücksichtigt worden seien. Durch Widerspruchsbescheid vom 10.05.2010 wies der Rechtsvorgänger des Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück, da die Klägerin kein Einkommen erziele und somit keine Versicherungspauschale als Absetzbetrag vom Einkommen zu berücksichtigen sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 03.06.2010 Klage erhoben durch Klageerweiterung des bereits zum Zeitraum März 2009 bis August 2009 sowie September 2009 bis Februar 2010 anhängigen Verfahrens S 38 AS 3708/09 (neu: S 38 AS 1541/13 WA). Nach Abtrennung des hiesigen Streitstoffs durch Beschluss vom 28.07.2010 und Anordnung des Ruhens des Verfahrens durch Beschluss vom 11.10.2012 wurde das Verfahren auf Antrag der Klägerin vom 15.07.2013 fortgesetzt. Die Klägerin ist der Ansicht, die Untermiete stelle von ihr erzieltes Einkommen dar und sei erst nach Abzug der Versicherungspauschale auf den Bedarf anzurechnen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 27.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2010 (W 649/10) zu verurteilen, ihr im Zeitraum 01.03.2010 bis 31.08.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von weiteren 30,00 Euro monatlich zu gewähren und auszuzahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, die Untermieteinnahmen minderten zunächst die Kosten der Unterkunft und seien als Einkommen erst anzurechnen, wenn sie die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung überstiegen. Dies sei in einer Dienstanweisung vorgeschrieben. Eine Versicherungspauschale sei somit nicht abzusetzen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese haben dem Gericht vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin ist durch den Bescheid des Rechtsvorgängers des Beklagten vom 27.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2010 in ihren Rechten verletzt. Sie hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich weiteren 30,00 Euro im Zeitraum 01.03.2010 bis 31.08.2010. Die Untermieteinnahmen sind als Einkommen auf die Regelleistung anzurechnen. Zuvor ist die sog. Versicherungspauschale i. H. v. 30,00 Euro abzuziehen.

Zum 01.01.2011 ist auf Seiten des Beklagten ein Beteiligtenwechsel erfolgt, der von Amts wegen zu berücksichtigen war. An die Stelle der eingangs beklagten I. H. ist als zugelassener kommunaler Träger nach § 6 a Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in der seit 01.01.20011 geltenden Fassung der Landkreis H. getreten. Gemäß § 76 Abs. 3 SGB II tritt bei einem Wechsel der Trägerschaft oder der Organisationsform auch in Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren der zuständige Träger oder die zuständige Organisationsform an die Stelle des bisherigen Trägers oder der zuständigen Organisationsform. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten als Rechtsnachfolger des Integrations- und Leistungszentraum Havelland. Der Rechtsvorgänger des Beklagten hatte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II zu erbringen.

Nach § 19 Satz 1 SGB II in der Fassung vom 20.07.2006 ("a. F.") erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Im streitigen Zeitraum hatte der Rechtsvorgänger des Beklagten der Klägerin bereits Arbeitslosengeld II bewilligt. Sie war Leistungsberechtigte im Sinn des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung (a. F.). Die Klägerin erfüllte unstreitig die vom Alter her vorgeschriebenen Voraussetzungen für den Leistungsanspruch und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 4 SGB II a. F.). Die Leistungsverpflichtung des Beklagten ergibt sich zumindest aus § 44 a Abs. 1 Satz 3 SGB II (Fassung vom 02.12.2006 – künftig: a. F.), da nicht abschließend geklärt wurde, ob die Klägerin die weitere in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II a. F. vorgeschriebene Leistungsvoraussetzung der Erwerbsfähigkeit erfüllte. Der Rentenversicherungsträger hatte ihr die Erwerbsminderung bescheinigt. Die Klärung der Frage der Erwerbsfähigkeit musste nicht erfolgen. Gemäß § 44 a Abs. 1 Satz 3 SGB II a. F. erbringen die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bis zur Entscheidung der Einigungsstelle. Das bei einem Streit um die Frage der Erwerbsfähigkeit gemäß § 44 a Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F. vorgeschriebene Verfahren vor der gemeinsamen Einigungsstelle war bis zum Erlass des streitigen Bescheids nicht durchgeführt worden. Die Klägerin war auch hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II a. F.). Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II (i. d. F. vom 20.07.2006) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Das Einkommen der Klägerin aus Untervermietung reichte nicht aus, um ihren Lebensunterhalt zu decken. Hierbei ist von einem Gesamtbedarf von 746,00 Euro auszugehen. Bei der Ermittlung des Lebensunterhalts ist als Bedarf zunächst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 20 Abs. 1 und 2 SGB II i. H. v. 359,00 Euro zu berücksichtigen (vgl. BGBl 2009, Teil I S. 1342 – trotz Unvereinbarkeit der Bekanntmachung mit dem Grundgesetz ist diese weiter anzuwenden laut der Entscheidung des BverfG vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09 u. a.; vgl. BGBl 2010, Teil I S. 820 für die Zeit ab 01.07.2010). Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. d. F. vom 21.12.2008 – "a. F.") werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Als Unterkunftsbedarf der Klägerin sind im streitigen Zeitraum ihre tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i. H. v. 387,00 Euro (290,00 Euro Grundmiete und Nebenkostenvorauszahlung, 97,00 Euro Vorauszahlung für Gasversorgung) anzusetzen. Dem Gesamtbedarf gegenüber steht die von der Klägerin vereinnahmte Untermiete i. H. v. monatlich 174,26 Euro. Gemäß § 19 Satz 3 SGB II a. F. mindert das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen die Geldleistungen der Agentur für Arbeit; soweit Einkommen und Vermögen darüber hinaus zu berücksichtigen ist, mindert es die Geldleistungen der kommunalen Träger. Nach dieser Vorschrift ist - unter Berücksichtigung der Vorgaben in § 11 SGB II i. d. F. vom 05.12.2006 – die Untermiete als Einkommen auf die Regelleistung als Geldleistung der Agentur für Arbeit anzurechnen. Für eine Anrechnung der Untermiete unmittelbar auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung fehlt die rechtliche Grundlage. Es ist nicht möglich, zu einem verminderten Unterkunftsbedarf durch die Anrechnung der Untermiete zu gelangen und hierbei auf § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II i. d. F. vom 20.07.2006 ("a. F.") abzustellen. In § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II (a. F.) heißt es zwar: Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Allein im Zusammenhang mit unangemessenen Aufwendungen für die Unterkunft klingt im SGB II an, dass diese durch Vermieten (nicht ausdrücklich genannt: Untervermieten) gesenkt werden können. Im Fall der Klägerin ist die Angemessenheit der Unterkunftskosten jedoch nicht im Streit. Der Beklagte hat die Klägerin zu keiner Zeit darauf hingewiesen, dass die Aufwendungen für Unterkunft oder Heizung nicht angemessen sind. Eine Auslegung von § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II a. F. – zunächst als § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Kraft getreten zum 01.01.2005 durch Gesetz vom 24.12.2003 - im Sinn der vom Beklagten vertretenen Auffassung lässt sich der Begründung zum Gesetzentwurf (vgl. BT-Drucksache 15/1516, S. 57) nicht entnehmen. Es handelt sich mit § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II a. F. gerade nicht um eine ausdrückliche Anordnung der Anrechnung auf die Unterkunftsaufwendungen, die der Gesetzgeber im Bewusstsein der Konsequenzen insoweit - z. B. mit Blick auf die hier streitige Versicherungspauschale - in Abweichung von § 19 Satz 3 SGB II a. F. getroffen hat.

Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II durch Gesetz vom 20.07.2006 ("a. F.") hingegen eine von § 19 Satz 3 SGB II a. F. abweichende Anrechnung von Einkommen bzw. Einnahmen ausdrücklich geregelt. § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. F. lautet: Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie beziehen, bleiben insoweit außer Betracht. In dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages, auf dessen Initiative § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a. F. zurückgeht, wird zur Begründung der Neuregelung ausgeführt, es sei nicht sachgerecht, wenn Betriebskostenrückzahlungen die Geldleistungen der Agentur für Arbeit minderten und wenn ein Pauschbetrag für Versicherungen sowie ggf. die Kosten einer Kfz-Haftpflichtversicherung hiervon abzusetzen seien (BT-Drucksache 16/1696 S. 26). Dies bekräftigt die Auffassung des erkennenden Gerichts, dass für eine unmittelbare Minderung von Unterkunftsaufwendungen durch die Berücksichtigung Untermieteinnahmen eine gesetzliche Regelung erforderlich ist, die die in § 19 Satz 3 SGB II a. F. geregelte Reihenfolge der Berücksichtigung von Einkommen ausdrücklich abändert. Die von einigen Stimmen in der Literatur vertretene Auffassung, Einkommen aus Untermiete könne aufgrund der Formulierung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II a. F. in Abweichung von § 19 Satz 3 SGB II a. F. dem Bedarf für Unterkunft zugeordnet werden (so Berlit in LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, § 22 Rn. 24; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, 52. Ergänzungslieferung 2014, § 22 Rn. 18 – zitiert nach beck-online) überzeugt insoweit nicht.

In Fällen unangemessen hoher Unterkunftsaufwendungen – anders als bei der Klägerin – mag es für die Bedarfsdeckung zwar gerade darauf ankommen, dass zufließende Untermiete unmittelbar auf die Unterkunftsaufwendungen angerechnet wird, da andernfalls ein SGB II-Leistungsträger nur die angemessenen (und somit geringeren) Unterkunftsaufwendungen in die Ermittlung des Bedarfs einstellen müsste. Wenn auch die Auffassung des Beklagten in diesen Fällen dazu führt, dass dem Hilfebedürftigen höhere Leistungen zustehen, ergibt sich daraus nicht, dass im Fall des Zufließens von Untermiete diese immer auf den Unterkunftsbedarf anzurechnen ist.

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 29.11.2012 (B 14 AS 161/11 R, zitiert nach juris) die Frage offen gelassen, ob zufließende Untermiete dem Bedarf für Unterkunft zugeordnet werden kann oder ob die Einnahmen als Einkommen zählen, das beim Regelbedarf zu berücksichtigen ist (vgl. dort: Rn. 19). Nach Einschätzung des Bundessozialgerichts ist allein mit dem Abschluss eines Untermietvertrags zum Zwecke der Kostensenkung keine Minderung der tatsächlich zu erbringenden Mietzahlungen und damit die Senkung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung verbunden (BSG, a. a. O., Rn. 17). Diese Erwägung legt nahe, dass es bei der Beurteilung der Höhe des Unterkunftsbedarfs auf die tatsächlichen Aufwendungen ankommt, die ein Hilfebedürftiger zu erbringen hat. Die Klägerin ist alleinige Schuldnerin gegenüber dem Vermieter sowie gegenüber dem Gasversorgungsunternehmen. Diese rechtliche Verpflichtung nach außen änderte sich weder durch den Abschluss des Untermietvertrags noch durch den Zufluss der Untermiete.

Die von dem Rechtsvorgänger des Beklagten herangezogene Dienstanweisung ist mangels parlamentarischer Legitimierung keine Grundlage für eine anderweitige Anrechnung der Untermiete. Eine Dienstanweisung führt nicht dazu, von den Vorgaben des SGB II im Sinn der vom Beklagten vertretenen Auffassung zur Anrechnung von Einkommen abzuweichen.

Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. d. F. vom 05.12.2006 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung) i. d. Fassung vom 23.07.2009 sind als Pauschbetrag 30,00 Euro als Beitrag für private Versicherungen – die sogenannte Versicherungspauschale - abzusetzen. Auf den Gesamtbedarf der Klägerin von 746,00 Euro ist somit Einkommen i. H. v. 144,26 Euro anzurechnen, woraus sich der Leistungsanspruch Klägerin im streitigen Zeitraum i. H. v. 601,74 Euro errechnet. Angesichts der bereits erbrachten Leistungen i. H. v. lediglich 571,74 Euro ergibt sich der von dem Beklagten noch zu erbringende Differenzbetrag.

Die Berufung war gemäß §§ 143, 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Aus dem Umstand, dass das Bundessozialgericht die hier streitige Frage offen gelassen hat, folgt nicht, dass es sich um keine relevante Rechtsfrage handelt. Denn es ist – wie dargelegt – die Konstellation denkbar, in der die Anrechnung der zufließenden Untermiete auf den Unterkunftsbedarf durchaus im Sinne des Leistungsberechtigten ist. Die Klärung der hier streitigen Rechtsfrage fördert die Weiterentwicklung des Rechts und liegt im allgemeinen Interesse.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Försterweg 2-6

14482 Potsdam,

schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem

Sozialgericht Potsdam Rubensstraße 8

14467 Potsdam,

schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Potsdam schriftlich oder in elektronischer Form zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.

Die elektronische Form wird durch eine qualifizierte signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg vom 14. Dezember 2006 (GVBl. II S. 558) idF vom 1. Oktober 2007 (GVBl. II S. 425) in die elektronische Poststelle des jeweiligen Gerichts zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zu den Kommunikationswegen für den elektronischen Rechtsverkehr können unter der Internetadresse www.erv.brandenburg.de abgerufen werden.
Rechtskraft
Aus
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