L 2 AS 2191/15 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 29 AS 3457/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 2191/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 08.12.2015 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren abgelehnt.

Beteiligte, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können, erhalten gemäß § 73a Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 73a Rn. 7a). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, darf der Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt werden (vgl. BSG Beschluss vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R, Rn. 26).

Gemessen an diesen Vorgaben lagen die Voraussetzungen für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zwischenzeitlich erledigte erstinstanzliche Anordnungsverfahren nicht vor, denn es fehlte dafür an hinreichenden Erfolgsaussichten. Erfolg hat ein einstweiliges Rechtsschutzgesuch, wenn Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht werden.

Zweifelhaft ist bereits, ob ein Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit der vom Gericht zu treffenden vorläufigen Entscheidung vorgelegen hat. Eine einstweilige Verpflichtung der Behörde zur Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung und erst Recht zur Übernahme von diesbezüglichen Schulden setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine unmittelbare Gefährdung der weiteren Nutzung des Wohnraums voraus und kann daher frühestens bei einem zielgerichteten Handeln des Vermieters zur Räumung des Wohnraums, das heißt insbesondere bei Erhebung einer Räumungsklage angenommen werden. Hier war zwar bereits vor Anbringung des Antrags bei Gericht eine Räumungsklage erhoben und auch zugestellt worden, in diesem zivilgerichtlichen Verfahren fanden aber alsbald Vergleichsverhandlungen der Beteiligten mit dem Ziel, der Antragstellerin eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auch ohne sofortige Tilgung der Mietrückstände zu ermöglichen, statt. Diese Verhandlungen mündeten in einen gerichtlich protokollierten Vergleich, der zur Beendigung des Räumungsrechtsstreits führte. Damit ist der Antragstellerin eine Sicherung der Unterkunft auch ohne die hier angestrebte Leistungsbewilligung des Antragsgegners gelungen, so dass davon auszugehen ist, dass eine unmittelbar bevorstehende Wohnungslosigkeit zu keinem Zeitpunkt konkret drohte.

Unabhängig davon ist, worauf vom Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss bereits zutreffend abgestellt wurde, von der Antragstellerin auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden. Gemäß § 22 Abs. 8 S. 1 des Sozialgesetzbuches 2. Buch (SGB II) können, sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (§ 22 Abs. 8 S. 2 SGB II).

Die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit zur Übernahme von Mietschulden erfolgt nicht, um den Antragsteller von zivilrechtlichen Forderungen freizustellen oder um Ansprüche des Vermieters zu sichern. Zweck der Leistung ist allein die (längerfristige) Sicherung der Unterkunft. Ist dieser Zweck nicht mehr erreichbar (beispielsweise, weil die Wohnung schon geräumt wurde) oder kann dieser Zweck aus anderen Gründen nicht erreicht werden (beispielsweise, weil ein Umzug wegen des Zustands der Wohnung oder weil diese nicht angemessen ist, ohnehin erforderlich wird), ist es regelmäßig nicht gerechtfertigt, Steuermittel für eine allenfalls noch vorübergehende Nutzung der Unterkunft zur Verfügung zu stellen. So verhält es sich hier, denn die Antragstellerin hatte angegeben, ihr Sohn werde aufgrund seines Studiums alsbald aus der Wohnung, deren Kosten für eine Person unangemessen hoch ist, ausziehen. Damit wäre der Antragstellerin als bedürftiger Leistungsbezieherin aber ein längerfristiger Verbleib in dieser Wohnung auch bei Mietschuldenfreiheit nicht möglich, so dass eine Mietschuldenübernahme nicht als gerechtfertigt anzusehen ist. Die mit der Beschwerde dagegen vorgebrachte Einwendung, der Sohn sei tatsächlich noch nicht aus der Wohnung ausgezogen und es müsse auf den aktuellen Zeitpunkt abgestellt werden, vermag nicht zu überzeugen, denn es fehlt jedenfalls an den Voraussetzungen für einen längerfristigen Erhalt der derzeitigen Unterkunft. Dies gilt auch für den Fall, dass der Sohn der Antragstellerin nicht ausziehen sollte. Ihr stünde - wegen des Leistungsausschlusses des Sohnes gemäß § 7 Abs. 5 SGB II - nur der hälftige Kopfteil der Kosten der Unterkunft und Heizung zur Verfügung. Ob für den Sohn Leistungen nach § 27 Abs. 3 SGB II in Betracht kommen, ist nicht abschließend beurteilbar.

Eine Kostenerstattung für das Beschwerdeverfahren ist gesetzlich nicht vorgesehen (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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