L 7 SO 3237/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 6501/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3237/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ist vor Aufnahme in eine stationäre Einrichtung kein gewöhnlicher Aufenthalt vorhanden, endet die durch § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII begründete Zuständigkeit erst dann, wenn sich ein in Anwendung des § 98 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB XII örtlich zuständiger Sozialhilfeträger ermitteln lässt und dieser die Leistungsgewährung übernimmt. In solchen Fällen wird das Tatbestandsmerkmal des gewöhnlichen Aufenthalts bei Einsetzten der stationären Leistungen durch den tatsächlichen Aufenthalt ersetzt.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1 und 2; diese tragen ihre Kosten selbst.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Eingliederungshilfeleistungen in Höhe von 25.040,57 Euro, die der klagende Landkreis für die Hilfeempfängerin A. H. (i.F.: A.H.) in der Zeit vom 27. November 2006 bis 31. Oktober 2010 aufgewandt hat.

Die 1967 in O. (bei B.) geborene alleinstehende A.H. leidet an einer paranoiden Schizophrenie (ICD 10 F.20); eine Krankheitseinsicht besteht nicht. Ab Anfang der 1990er Jahre lebte sie in I., und zwar anfänglich mit ihrem Sohn (geb. 1987), der jedoch im Jahr 2002 zu seinem in Südbaden wohnenden Vater zurückkehrte. A.H. selbst blieb weiterhin in I., wurde ihren Angaben zufolge im Mai 2005 verhaftet und saß in N. D.in einer Haftanstalt bis 22. Februar 2006 ein. Nach anschließender stationärer Behandlung in einer privaten Klinik in G. wurde sie am 31. März 2006 auf Betreiben der Deutschen Botschaft in ärztlicher Begleitung nach Deutschland ausgeflogen und direkt vom Flughafen F. a. M. in die geschlossene Abteilung des Psychiatrischen Zentrums des Universitätsklinikums F. (i.F.: Universitätsklinikum) verbracht. Die einstweilige Unterbringung in der geschlossenen Abteilung erfolgte zunächst bis zum 14. April 2006 im Wege der sofortigen Ingewahrsamnahme und vorläufigen Unterbringung nach den Vorschriften des Landesrechts (§§ 1, 10 des Hessischen Freiheitsentziehungsgesetzes (HFEG); Beschluss des Amtsgerichts (AG) Frankfurt am Main vom 3. April 2006). Die Unterbringungsanordnung wurde nachfolgend durch Beschluss des AG Schöneberg vom 4. April 2006 vormundschaftsgerichtlich bis zum 15. Mai 2006 genehmigt und durch Beschluss vom 15. Mai 2006 bis zum 26. Juni 2006 verlängert; der nachfolgende weitere Aufenthalt der A.H. im Universitätsklinikum fand auf Antrag ihrer damaligen gesetzlichen Betreuerin statt. Vom Universitätsklinikum wurde A.H. am 3. Juli 2006 in Begleitung eines Pflegers in das Zentrum für Psychiatrie E. verlegt, wo sie bis zur Entlassung am 27. November 2006 stationär behandelt wurde.

Unmittelbar nach ihrer Entlassung aus dem Z. wechselte A.H. am 27. November 2006 in das Betreute Wohnangebot des D. W. des Evangelischen Kirchenbezirks B.-H. (i.F.: D.W.) in einer von diesem angemieteten Wohnung in K. (Landkreis B.-H.). Eine schriftliche Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) zwischen dem D.W. und dem Beklagten wurde erstmals am 15. April 2008 mit Wirkung vom 1. Mai 2008 geschlossen; die nachfolgende Vereinbarung vom 17. April 2009 betraf den Zeitraum ab 1. Mai 2009, die Vereinbarung vom 31. Mai 2010 den Zeitraum ab 1. Juni 2010. Ausweislich des am 21. November 2006 zwischen dem D.W. und A.H. geschlossenen, von einem Vertreter des D.W., der A.H. sowie von deren damaliger Betreuerin unterzeichneten Untermietvertrags war für das an diese untervermietete Zimmer (nebst Mitbenutzung von Küche, Bad, Toilette, Flur und Kellerraum) eine monatliche Gesamtmiete von 270,00 Euro (Kaltmiete 185,00 Euro, Nebenkosten 85,00 Euro) zu zahlen. Ein allein von A.H. als "Nutzerin" sowie von einer Sozialarbeiterin des Gemeindepsychiatrischen Dienstes des D.W. als "Leistungserbringer" unterschriebener "Betreuungsvertrag" vom 28. November 2006 enthielt "Rahmenbedingungen" für die Betreuung, jedoch keine Entgeltvereinbarung.

Die Kosten der stationären Behandlung der A.H. im Universitätsklinikum in der Zeit vom 31. März bis 14. April 2006 trug zunächst der Beigeladene zu 2 auf der Grundlage der Sondervorschrift des § 31 HFEG. In der Folgezeit erteilte die Beigeladene zu 1 dem Universitätsklinikum im Rahmen der Hilfen zur Gesundheit eine Kostenzusage für die medizinische Behandlung ab dem 15. April 2006 (Bescheid vom 12. September 2006); bewilligt wurde außerdem der A.H. ein Barbetrag zur persönlichen Verfügung (Schreiben vom 7. Juni 2006). Die Beigeladene zu 1 übernahm ferner die Fahrtkosten der A.H. sowie die des sie begleitenden Pflegers in das Z. (Schreiben vom 8. Juni 2006). Während des stationären Aufenthalts im Z. bezog A.H. von der Arbeitsgemeinschaft Landkreis E. ab dem 3. Juli 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nach dem Wechsel nach K. stand A.H. bei der Arbeitsgemeinschaft B.-H. im Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II; die Leistungsbewilligung wurde mit Wirkung vom 1. Juli 2007 aufgehoben, nachdem zwischenzeitlich eine volle Erwerbminderung der A.H. festgestellt worden war. Während des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II (3. Juli 2006 bis 31. Mai 2007) bestand Versicherungsschutz in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung.

Am 14. September 2006 beantragte A.H. beim vorliegend beklagten Landkreis mit Blick auf den absehbaren Wechsel in die Betreute Wohngemeinschaft des D.W. in K. Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII. Der Beklagte leitete diesen Antrag mit Schreiben vom 25. September 2006 an den Kläger weiter (dortiger Eingang 26. September 2006). Nach Rückgabe der Antragsunterlagen seitens des Klägers unter Hinweis auf den tatsächlichen Aufenthalt der A.H. im Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Bedarfs (Schreiben vom 2. Oktober 2006) bat der Beklagte mit Schreiben vom 20. Oktober 2006 unter erneuter Übersendung der bis dahin angefallenen Vorgänge mit Blick auf § 14 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) nochmals um Entscheidung des Klägers in eigener Zuständigkeit. Der Kläger bewilligte A.H. darauf mit Bescheid vom 16. Januar 2007 für die Zeit vom 27. November 2006 bis 31. Mai 2007 Eingliederungshilfe in Form des Betreuten Wohnens für behinderte Menschen unter Verweis auf § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in Höhe von 485,69 Euro monatlich. Auf die Verlängerungsanträge der A.H. ergingen anschließend weitere Leistungsbewilligungen in Höhe von 485,69 Euro monatlich, und zwar durch Bescheid vom 9. Mai 2007 für die Zeit vom 1. bis 31. Oktober 2007, durch Bescheid vom 6. November 2007 für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008, durch Bescheid vom 4. März 2008 für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 2008, durch Bescheid vom 8. Oktober 2008 für die Zeit vom 1. November 2008 bis 30. April 2009 und durch Bescheid vom 23. März 2009 für die Zeit vom 1. Mai bis 30. September 2009 (Maßnahmepauschale für Wohngemeinschaften Form A). Ab 1. April 2008 übernahm der Kläger ferner die Fahrtkosten für die von A.H. besuchte Tagesstätte in H. in Höhe von anfänglich 44,00 Euro monatlich (April bis Oktober 2008; Bescheid vom 24. Juni 2008) sowie in Höhe von 45,50 Euro monatlich für die Zeiten vom 1. November 2008 bis 30. April 2009 und vom 1. Mai bis 30. September 2009 (vgl. die vorgenannten Bescheide vom 8. Oktober 2008 und 23. März 2009). Mit Bescheid vom 14. Oktober 2009 erfolgte die Bewilligung für die Zeit vom 1. Oktober 2009 bis 31. März 2010 auf der Grundlage einer geänderten Maßnahmepauschale für Wohngemeinschaften Form A in Höhe von 518,72 Euro monatlich sowie durch Übernahme der Aufwendungen für die Fahrten zur Tagesstätte in Höhe von nunmehr 47,00 Euro monatlich. Schließlich bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 16. September 2010 für die Zeit vom 1. April bis 31. Mai 2010 Eingliederungshilfe in Höhe von 518,72 Euro monatlich und vom 1. Juni bis 31. Oktober 2010 in Höhe von 527,58 Euro monatlich (nach der erneut erhöhten Maßnahmepauschale für Wohngemeinschaften Form A) sowie vom 1. November 2010 bis 31. März 2011 in Höhe von 439,64 Euro monatlich (Maßnahmepauschale für Wohngemeinschaften in Form B); er übernahm außerdem die Fahrtkosten zur Tagesstätte in Höhe von 47,00 Euro monatlich. Von der Mutter der A.H. gingen als "Unterhaltsbeitrag" (§ 94 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 SGB XII) am 17. Dezember 2009 27,69 Euro sowie im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Oktober 2010 monatlich 31,07 Euro (insgesamt 310,70 Euro) ein. Die Nettoaufwendungen des Klägers beliefen sich sonach im vorliegend streitigen Zeitraum vom 27. November 2006 bis 31. Oktober 2010 in Ansehung der vorbezeichneten Bescheide sowie der Unterhaltsbeiträge der Mutter der A.H. auf insgesamt 25.040,57 Euro (25.378,96 Euro./. 338,39 Euro).

Ab 1. Juli 2007 erbrachte der Kläger an A.H. außerdem Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII; er kam ferner ab August 2007 auch für die Kosten der Krankenbehandlung gemäß § 264 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) auf. Die vorgenannten Aufwendungen sind jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits (vgl. die Klageschrift vom 17. Dezember 2010). Zum 1. Mai 2012 zog A.H. in eine eigene Wohnung in L. um und kündigte ferner die Betreuung im ambulant Betreuten Wohnen.

Den vom Kläger mit Schreiben vom 7. Februar 2007 beim Beklagten angemeldeten Erstattungsanspruch lehnte dieser mit Schreiben vom 14. März 2007 ab; die weitere außergerichtliche Korrespondenz blieb ergebnislos. Bei der Beigeladenen zu 1 am 26. Mai 2011 angemeldete Erstattungsansprüche führten ebenfalls zu keinem Ergebnis.

Am 20. Dezember 2010 hat der Kläger gegen den beklagten Landkreis Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgebracht, da sich A.H. nach der Rückführung nach Deutschland im März 2006 bis zum Wechsel in das ambulant Betreute Wohnen in K. ausschließlich in stationären Einrichtungen aufgehalten habe und ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland vor der Aufnahme nicht bestanden habe, komme die Bestimmung des § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII zur Anwendung. Örtlich zuständig sei hiernach der Träger der Sozialhilfe am Ort des tatsächlichen Aufenthalts (§ 98 Abs. 1 SGB XII); dies sei für den stationären Aufenthalt im Universitätsklinikum die Beigeladene zu 1 und - nach der Verlegung in das Z. - der Beklagte gewesen. Eine so genannte Einrichtungskette liege zwar vor; bei Aufnahme in die erste Einrichtung habe bei A.H. jedoch ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht bestanden, der dort eine Zuständigkeit nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII begründet hätte und beim Wechsel der Einrichtung erhalten geblieben wäre. Die Zuständigkeit habe sich vielmehr mit dem Wechsel in das Z. neu aktualisiert; der Beklagte sei mithin nach § 98 Abs. 5 SGB XII als Sozialhilfeträger örtlich und sachlich zuständig gewesen. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten; A.H. habe wegen des Schutzes des Anstaltsorts (§ 109 SGB XII) im Landkreis E. keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet und auch zuvor im Landkreis nicht gehabt. Nach § 98 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 98 Abs. 1 SGB XII sei für den stationären Aufenthalt im Universitätsklinikum der dortige Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig gewesen. Die nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII begründete Rechtspflicht zur Leistungsgewährung ende erst, wenn sich ein in Anwendung des § 98 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB XII örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe ermitteln lasse und dieser die Leistungsgewährung übernehme. Solange dies nicht der Fall sei, bleibe auch bei einem Wechsel der Einrichtung (Heimkette) die nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII begründete örtliche Zuständigkeit erhalten.

Mit Gerichtsbescheid vom 20. Juni 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Gründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, da die Aufenthaltsorte der A.H. vor dem Wechsel in das Betreute Wohnen geschützt gewesen seien, bestimme sich die Zuständigkeit für das Betreute Wohnen nach § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Somit sei der Kläger für die Gewährung der Eingliederungshilfeleistungen an A.H. im streitgegenständlichen Zeitraum vom 27. November 2006 bis 31. Oktober 2010 selbst zuständig. Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX ergebe sich demnach nicht.

Gegen diesen dem Kläger am 28. Juni 2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich seine am 27. Juli 2012 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung. Zur Begründung hat er vorgebracht, ein Anwendungsfall des § 98 Abs. 5 SGB XII sei hier gegeben; die Betreuung, die A.H. seit 27. November 2006 erhalten habe, sei nachgerade die "klassische" Form des ambulant Betreuten Wohnens, hier durchgeführt durch das D.W. in einer Wohngemeinschaft in von diesem angemieteten Räumen, gewesen, wobei das D.W. keine Gesamtverantwortung "Rund um die Uhr" getragen habe. Der Gesetzgeber habe indes für den Träger am Ort des ambulant Betreuten Wohnens einen Schutz, vergleichbar dem eines Anstaltsorts eingerichtet, und sich dafür entschieden, dies über eine fortdauernde Zuständigkeit des zuvor (auch hypothetisch) zuständigen Sozialhilfeträgers zu regeln. Die Spezialnorm des § 98 Abs. 5 SGB XII frage nicht danach, wo eine leistungsberechtigte Person vor dem Eintritt in die betreute Wohnform ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, sondern allein danach, wer zuletzt örtlich zuständiger Sozialhilfeträger gewesen sei; die Vorschrift könne entgegen der Auffassung des SG durch § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht verdrängt werden. Ferner greife die Perpetuierung der Zuständigkeit nach § 98 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht; vielmehr aktualisiere sich die örtliche Zuständigkeit für die Unterbringung in einer stationären Einrichtung jeweils neu, wenn der Hilfebedürftige - wie hier A.H. - über Zuständigkeitsgrenzen hinweg transportiert werde. Schon deshalb habe die örtliche Zuständigkeit und Leistungsverpflichtung der Beigeladenen zu 1, der für die Tragung der Kosten der stationären Krankenhausunterbringung der A.H. ab dem 15. April 2006 örtlich zuständiger Sozialhilfeträger gewesen sei, am 2. Juli 2006 geendet. Auf Grund des Hessischen Ausführungsgesetzes zum SGB XII (HAG/SGB XII) sei der Beigeladene zu 2 zwar sachlich zuständig für Leistungen in ambulant betreuten Wohnformen; zwischen diesem und A.H. habe während deren stationärer Betreuung im Universitätsklinikum indes keine sozialhilferechtliche Beziehung bestanden; dessen Kostentragung nach dem HFEG vom 31. März bis 14. April 2006 habe auf ordnungs-/polizeirechtlichem Landesrecht beruht. Die Sozialhilfeleistungen an A.H. seien auch rechtmäßig erbracht worden. Auf Grund der Neuaktualisierung der örtlichen Zuständigkeit sei der Beklagte ab dem 3. Juli 2006 als Träger des neuen tatsächlichen Aufenthalts für die stationäre Unterbringung im Z. örtlich zuständig geworden, wobei an seiner Zuständigkeit nichts ändere, dass er tatsächlich keine Sozialhilfeleistungen zu erbringen gehabt habe. Die Sozialhilfeleistungen an A.H. seien von ihm - dem Kläger - auch rechtmäßig erbracht worden. Zwar hätten schriftliche Vereinbarungen zwischen ihm und dem D.W. erst für die Zeit ab 1. Mai 2008 existiert. Für die Zeit davor hätten sich die Träger des ambulant Betreuten Wohnens der Region F. und die Sozialhilfeträger dieser Region in gemeinsamen Besprechungen auf der Grundlage eines Eckpunkte-Papiers über Inhalt, Umfang und Qualität des ambulant Betreuten Wohnens sowie die pauschale Vergütung (Maßnahmepauschale) "mündlich" verständigt. Ein privatrechtlicher gegenseitiger Vertrag, der die gegenseitigen Hauptleistungspflichten der Vertragspartner - also D.W. und A.H. - geregelt habe, sei zwar nicht schriftlich, jedoch "konkludent" geschlossen worden; das sei zum damaligen Zeitpunkt die übliche Praxis gewesen und habe der Verkehrssitte entsprochen. Das D.W. habe sich nach Treu und Glauben darauf verlassen dürfen, dass sich A.H. mit der Annahme seiner Leistung dazu verpflichte, auch das entsprechende Entgelt zu zahlen, und zwar in Höhe der zwischen dem D.W. und ihm - dem Kläger - nach § 75 Abs. 3 SGB XII vereinbarten Maßnahmepauschale. A.H. und D.W. sei bewusst gewesen, dass es sich nicht um eine Gefälligkeitsleistung des D.W. gehandelt habe, sondern um eine entgeltliche Leistung. Nicht entscheidend sei, ob sich A.H. darüber im Klaren gewesen sei, dass sie selbst dem D.W. die Vergütung schulde und dass diese Verpflichtung sogar konstitutiv für ihren Anspruch auf Übernahme der Schuld durch ihn - den Kläger - sei. Die Rechtsgrundlage für die Übernahme der Fahrtkosten zur Tagesstätte H. des D.W., die von ihm seit Jahren durch einen jährlichen Zuschuss institutionell gefördert werde, ergebe sich aus § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX. Der Kläger hat die zwischen ihm und dem D.W. geschlossenen "Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII für Betreutes Wohnen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX" vom 15. April 2008, 17. April 2009 und 31. Mai 2010, die "Leistungsbeschreibung Ambulant betreutes Wohnen für Erwachsene mit einer psychischen Behinderung" des D.W. vom 26. Februar 2008 sowie das Eckpunkte-Papier der Arbeitsgruppe Region F. - Fachgruppe Soziales "Ambulante Leistungen in fachlich betreuten Wohnformen" vom Juli 2006 zu den Akten gereicht.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Juni 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm die in der Zeit vom 27. November 2006 bis 31. Oktober 2010 für A. H. erbrachten Aufwendungen der Eingliederungshilfe in Höhe von 25.040,57 Euro zu erstatten, hilfsweise, festzustellen, dass die Beigeladene zu 1 für den Leistungsfall A. H. in der Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Oktober 2010 örtlich zuständig war.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf seine Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren.

Die Beigeladene zu 1 (Beiladungsbeschluss vom 28. Januar 2013) ist der Auffassung, sie sei lediglich auf Grund der Bestimmungen des § 98 Abs. 2 SGB XII für den stationären Aufenthalt in der Universitätsklinik örtlich zuständig gewesen, weil sich kein gewöhnlicher Aufenthalt habe feststellen lassen, wobei die diesbezüglichen Aufwendungen vom Beigeladenen zu 2 als überörtlichem Sozialhilfeträger zu erstatten gewesen seien. Eine weitergehende Zuständigkeit lasse sich aus dem Gesetz nicht herleiten. Wenn der Gesetzgeber bei durchgängig fehlendem gewöhnlichen Aufenthalt für die weiteren Einrichtungen keine Erstattungspflicht durch den jeweiligen überörtlichen Träger vorgesehen habe, so könne dies nicht zur Folge haben, dass das erste örtlich nicht zuständige Sozialamt im Ergebnis zwar nicht die Kosten für die erste stationäre Leistung zu tragen habe, wohl aber für die nachfolgenden stationären oder ambulanten Leistungen. Zwar schütze die Bestimmung des § 98 Abs. 5 SGB XII den örtlichen Sozialhilfeträger am Ort des Betreuten Wohnens; gleichwohl werde an diesem Ort ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet. Mit der Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts ende die zuvor bestehende, aus § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII hergeleitete Zuständigkeit.

Der Beigeladene zu 2 (Beiladungsbeschluss vom 18. November 2015) hat vorgebracht, mit Änderung des HAG/SGB XII im Jahr 2008 sei er sachlich zuständiger Leistungsträger für ambulant betreute Wohnmöglichkeiten für behinderte Menschen geworden. Zuvor sei er "unter den Bedingungen" der zwischen dem Hessischen Sozialministerium und dem Hessischen Landkreistag, dem Hessischen Städtetag und ihm im Dezember 2003 abgeschlossenen Vereinbarung seine Zuständigkeit für das ambulant Betreute Wohnen auf den "Korridor" von 89 bis 396 Fachleistungsstunden begrenzt gewesen. Örtlich zuständiger Leistungsträger könne er schon deswegen nicht sein, weil A.H. in F. - und damit in Hessen - keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe. Ungeachtet dessen seien vom Kläger Erstattungsansprüche ihm gegenüber vor dem Beiladungsbeschluss vom 18. November 2015 in keiner Weise geltend gemacht worden, sodass die Ausschlussnorm des § 111 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) greifen dürfte. Darüber hinaus dürften etwaige Erstattungsansprüche ihm gegenüber verjährt sein; vorsorglich erhebe er deshalb die Einrede der Verjährung. Der Beigeladene zu 2 hat die "Vereinbarung zwischen dem Hessischen S. und dem Hessischen L., dem Hessischen S. und dem L. H. über die Zuständigkeit, die Finanzierung und den landesweit gleichmäßigen Ausbau von Angeboten im Bereich des ‚Betreuten Wohnens für behinderte Menschen‘ im Lande Hessen bis zum 31. Dezember 2008" vom 17. Dezember 2003, die "Zusatzvereinbarung ‚Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderungen‘ zum Rahmenvertrag nach § 93d Abs. 2 BSHG/§ 19 Abs. 1 SGB XII für ambulante Einrichtungen" vom 25. November 2004 sowie die mit Wirkung vom 1. Januar 1991 in Kraft getretene "Vereinbarung über die Errichtung und Finanzierung von Betreutem Wohnen für behinderte Menschen" nebst den hierzu gehörenden Erläuterungen vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten von Kläger, Beklagtem und Beigeladener zu 1 sowie auf die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht entgegensteht. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

In Ansehung des § 123 SGG zu entscheiden ist über die mit den Haupt- und Hilfsanträgen prozessual erhobenen Ansprüche gegen den Beklagten und die Beigeladene zu 1, deren hilfsweise Verurteilung der Kläger über § 75 Abs. 5 SGG erstrebt. Im Streit stehen allein die vom Kläger an A.H. bis zum 31. Oktober 2010 aufgebrachten Eingliederungshilfeleistungen, nicht dagegen, wie er bereits mit der Klageschrift vom 17. Dezember 2010 klargestellt hat, die in der Zeit ab dem 1. Juli 2007 erbrachten Aufwendungen für die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII sowie für die Krankenbehandlung der A.H. im Rahmen des § 264 SGB V. Eine Verurteilung des Beigeladenen zu 2, der - wie die Beigeladene zu 1 - vom Senat als in Betracht kommender Leistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 2. Alt. SGG beigeladen worden ist, hat der Kläger, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 9. Juni 2016 zur Niederschrift erklärt, ausdrücklich nicht begehrt. Einer Beiladung der A.H. (§ 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG) hat es dagegen nicht bedurft, weil deren Position durch den vorliegenden Erstattungsstreit mehrerer Sozialhilfeträger nicht berührt wird (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 25. April 2013 - B 8 SO 6/12 R - (juris Rdnr. 10); BSG SozR 4-3500 § 106 Nr. 1 (Rdnr. 14); BSG SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 (Rdnr. 9)); einer Erstattungsforderung seitens des Klägers ist sie ohnehin nicht ausgesetzt.

Zu beachten ist, dass die Verurteilung eines Beigeladenen nach § 75 Abs. 5 SGG nur subsidiär gegenüber einer Verurteilung des Beklagten erfolgen kann. Eine Verurteilung nach dieser Vorschrift kommt mithin nur in Betracht, wenn die vorrangig zu prüfende Klage gegen den Beklagten keinen Erfolg hat (ständige Rechtsprechung; vgl. nur BSG SozR 4-1300 § 88 Nr. 2 (Rdnr. 16); BSGE 106, 268 = SozR 4-4200 § 16 Nr. 5 (jeweils Rdnr. 19); BSGE 114, 292 = SozR 4-3500 § 25 Nr. 3 (jeweils Rdnr. 12)). Der Kläger hat indessen gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der an A.H. in der Zeit vom 27. November 2006 bis 31. Oktober 2010 erbrachten Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 25.040,57 Euro (siehe hierzu sogleich unter 1.). Auch der gegen die Beigeladene zu 1 gerichtete Hilfsantrag dringt nicht durch (siehe nachstehend unter 2.).

1.) Ein Erstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten, welchen er zulässigerweise im Wege der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) verfolgt, ist nicht gegeben. Sämtliche denkbaren Anspruchsgrundlagen - die vom SG herangezogene Bestimmung des § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX, § 106 Abs. 2 SGB XII (Erstattung für den Fall der vorläufigen Leistungserbringung bei ungeklärtem gewöhnlichem Aufenthalt) oder die allgemeinen Vorschriften der §§ 102 ff. SGB X - scheiden gegenüber dem Beklagten schon deshalb aus, weil dieser in der streitbefangenen Zeit für die Erbringung der Maßnahmeleistungen für A.H. in der betreuten Wohngemeinschaft in K., die hier in ambulanter Form durchgeführt worden sind, bereits örtlich nicht zuständig war.

Die örtliche Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers ergibt sich aus § 98 SGB XII, der im Zwölften Kapitel des SGB XII verortet ist. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 (in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022)) ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Sonderregelungen hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit bestehen u.a. für stationäre Leistungen (vgl. § 98 Abs. 2 SGB XII in der seit 1. Januar 2005 unverändert geltenden Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 a.a.O.) und für Leistungen des ambulant Betreuten Wohnens (vgl. § 98 Abs. 5 SGB XII, ab 1. Januar 2005 in der Fassung des Verwaltungsvereinfachungsgesetzes vom 21. März 2005 (BGBl. I S. 2670) bzw. ab 7. Dezember 2006 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2670)).

Gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend (§ 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach § 98 Abs. 2 Satz 1 oder 2 SGB XII begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe, d.h. derjenige, in dessen Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält, über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen (§ 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII).

Nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII (in der Fassung des Gesetzes vom 2. Dezember 2006 a.a.O.) ist für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben unberührt (§ 98 Abs. 5 Satz 2 SGB XII). Da der Hilfefall vorliegend erst nach Inkrafttreten des SGB XII eingetreten ist, greift die letztgenannte Übergangsregelung hier indes von vornherein nicht ein.

a) Die vorgenannte besondere örtlichen Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII ist allerdings nur dann anzuwenden, wenn die genannten Hilfen in der Form einer "ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit" erbracht werden. Wäre die Betreuung der A.H. in K. stationär erfolgt, richtete sich die Zuständigkeitsbestimmung nach § 98 Abs. 2 SGB XII (vgl. BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 16); BSG SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 (Rdnr. 13)). Andererseits unterfiele eine vorwiegend medizinische oder pflegerische ambulante Betreuung ohne die Hauptzielrichtung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nicht der Sonderregelung des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII (vgl. BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 15)), sondern hätte die Regelzuständigkeit nach § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge (vgl. hierzu auch das - den Beteiligten zur Kenntnis gebrachte - Senatsurteil vom 23. April 2015 - L 7 SO 3800/10 - (n.v.)). Zur Überzeugung des Senats lag indessen in der hier streitbefangenen Zeit ein ambulant Betreutes Wohnen der A.H. im Sinne der vorgenannten Sonderregelung vor.

Der Begriff "betreute Wohnmöglichkeiten" wird im Gesetz nicht näher definiert, hat sich allerdings über den Verweis in § 54 Abs. 1 SGB XII an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu orientieren (BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 15) unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung, Bundestags-Drucksache 15/1514 S. 67(zu § 93)). Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen hat deshalb in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung (vgl. BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 15); Söhngen in jurisPK-SGB XII, § 98 Rdnr. 54 (Stand: 17.05.2016)). Die besondere Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII bezieht sich im Übrigen auf alle Sozialhilfeleistungen, die während des Betreuten Wohnens zu erbringen sind, also nicht nur auf die Kosten für die hierauf gerichtete Eingliederungshilfe (vgl. BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 13); BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 8/10 R - (juris Rdnr. 13); Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 98 Rdnr. 98 (Stand: 03/15); Rabe in Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Auflage, § 98 Rdnr. 37).

b) Die Voraussetzungen des ambulanten Betreuten Wohnens in K. waren im Fall der A.H. erfüllt. Eine Betreuung in einer stationären Einrichtung lag nicht vor. Eine Einrichtung im Sinne des § 13 Abs. 2 SGB XII ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen größeren wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (BSGE 106, 264 = SozR 4-3500 § 19 Nr. 2 (jeweils Rdnr. 13); BSG SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 (Rdnr. 18); BSGE 116, 112 = SozR 4-4200 § 7 Nr. 36 (jeweils Rdnr. 25); ferner schon Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 95, 149, 152)). Prägend für die "verantwortliche Trägerschaft" im Sinne des Einrichtungsbegriffs ist, dass der Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt (BSG SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 (Rdnr. 18) unter Verweis auf BVerwGE 95, 149, 150)). Die Vorhaltung von Wohnraum durch den Träger der Einrichtung selbst ist ein wesentliches Merkmal einer Zuordnung zur "Rechts- und Organisationssphäre des Einrichtungsträgers", weil hierin die räumliche Bindung an die Einrichtung zum Ausdruck kommt (BSG SozR 4-3500 § 106 Nr. 1 (Rdnr. 19)).

Eine derartige organisatorische Einordnung lag hier indessen nicht vor. Die von A.H. bewohnten Räumlichkeiten befanden sich in einer vom D.W. angemieteten Wohnung; es war insoweit eine Untervermietung erfolgt. Im Rahmen des Untermietverhältnisses stand der Klägerin ein allein von ihr bewohntes Zimmer zur Verfügung; zur Mitbenutzung überlassen waren ihr Küche, Bad und Toilette sowie Flur und Kellerraum (vgl. § 1 des Untermietvertrages vom 21. November 2006 (i.F.: UV)). A.H. hatte sich an den Neben- und Betriebskosten zu beteiligten (vgl. § 4 UV). Für die untervermieteten Räumlichkeiten war eine Untermiete zu zahlen (Gesamtmiete laut § 3 UV 270,00 Euro (Kaltmiete 185,00 Euro, Neben- und Betriebskosten 85,00 Euro)). Das Untermietverhältnis war anfänglich befristet (vom 24. November 2006 bis 31. Mai 2007); es konnte, vom Recht der außerordentlichen Kündigung abgesehen, von beiden Vertragspartnern nur unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gekündigt werden (vgl. §§ 2, 8 UV). Es war eine Mietkaution von 270,00 Euro zu zahlen (§ 6 UV); außerdem bestanden Vereinbarungen zu von der Untermieterin zu übernehmenden Schönheitsreparaturen (§§ 7, 9 UV) sowie Regelungen zu den Rechtsfolgen bei vorzeitiger Räumung, fristloser Kündigung oder verspäteter Rückgabe der untervermieteten Räume (vgl. § 10 UV). Das Betreten der untervermieteten Räume durch Mitarbeiterinnen und Beauftragte des D.W. war nur unter bestimmten Voraussetzungen und regelmäßig nur nach rechtzeitiger Ankündigung zulässig (§ 12 Abs. 4 UV). Einzuhalten war allerdings die Hausordnung als fester Bestandteil des Untermietverhältnisses (§ 11 UV).

Das vorliegende Wohnmodell des D.W. in K. entsprach weder nach den rechtlichen Regelungen noch der tatsächlichen Durchführung einer stationären Leistung in umfassender Rechts- und Organisationssphäre eines Einrichtungsträgers. Es handelte sich aber auch nicht lediglich um eine ambulante Wohnmöglichkeit ohne Betreuung. Das Gesamtbild der zwischen dem D.W. und A.H. getroffenen Vereinbarungen zeigte vielmehr eine Hilfeerbringung in eigener Häuslichkeit der A.H. unter deren eigenverantwortlicher Organisation, freilich mit von dieser einzuhaltenden "Rahmenbedingungen" (vgl. den "Betreuungsvertrag" vom 28. November 2006), z.B. der Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen, der aktiven Teilnahme am wöchentlichen Wohngemeinschaftsgespräch, der Selbstversorgung in den Bereichen Haushaltsführung, Sauberkeit, Einteilung des Einkommens (ggf. mit Unterstützung der Mitarbeiterinnen), der regelmäßigen Konsultation eines Facharztes für Psychiatrie oder des Hausarztes sowie der Einhaltung eines strukturierten Tagesablaufs (z.B. durch Besuch einer Tagesstätte). Es handelte sich mithin um ein Wohnmodell, das unter die ambulanten Formen des Betreuten Wohnens, die äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen zum Gegenstand haben können (vgl. BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 16), Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGBXII, 5. Auflage, § 98 Rdnr. 36), zu fassen ist. Ein für eine stationäre Einrichtung typischer, in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln sowie eine Gesamtverantwortung des D.W. lag nicht vor. Das D.W. trug, worauf der Kläger zu Recht hingewiesen hat, Verantwortung und leistete Hilfe lediglich in Teilbereichen der täglichen Lebensführung der A.H., und zwar sowohl in zeitlicher als auch inhaltlicher Hinsicht, ohne diese aus ihrer Eigenverantwortung zu entlassen; eine ständige Überwachung fand nicht statt. Dem entsprachen auch die seit dem 1. Mai 2008 zwischen dem D.W. und dem Kläger abgeschlossenen Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII vom 15. April 2008, 17. April 2009 und 31. Mai 2010, die auf der Leistungsbeschreibung des D.W. vom 26. Februar 2008 sowie den "Eckpunkten für ambulante Leistungen in fachlich betreuten Wohnformen" der Fachgruppe Soziales der Region F. vom Juli 2006 basierten. Danach richtete sich das Leistungsangebot des Betreuten Wohnens an volljährige seelisch wesentlich behinderte Menschen, die vorübergehend oder für längere Zeit oder auf Dauer von ihren Familien nicht mehr häuslich betreut werden und die nicht ohne Hilfe selbständig und selbstbestimmt leben konnten, sodass sie ohne dieses Betreuungsangebot der stationären Hilfe in einem Heim bedurft hätten. Es war nur geeignet für Personen, die, unterstützt durch eine planmäßige regelmäßige Beratung und persönliche Betreuung durch Fachkräfte, in der Lage waren, ein Mindestmaß an eigenständiger Lebensführung zu gestalten (vgl. Leistungsbeschreibung S. 3 oben, Eckpunkte-Papier Nrn. 1, 3.1). Soweit Wohnen und Betreuung durch denselben Träger angeboten wurden, war zwischen dem Miet- und dem Betreuungsverhältnis vertragsmäßig zu trennen (vgl. Leistungsbeschreibung S. 2, Eckpunkte-Papier Nr. 5).

c) Maßgeblich für die Bestimmung des örtlich zuständigen Sozialhilfeträgers ist vorliegend nach allem die Sonderregelung des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII, die dem Schutz der Leistungsorte dient, die Formen des Betreuten Wohnens anbieten (BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 (jeweils Rdnrn. 17, 18)); eine vergleichbare Regelung hatte das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) im Übrigen nicht enthalten. Anwendungsvoraussetzung des § 98 Abs. 5 SGB XII ist freilich nicht, wie die - "in Klarstellung des Gewollten" (vgl. BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 17) unter Verweis auf die Gesetzesbegründung, Bundestags-Drucksache 16/2711 S. 13 (zu Nr. 19)) - um eine 2. Alt. ergänzte Formulierung durch das Gesetz vom 2. Dezember 2006 a.a.O. ("zuständig gewesen wäre") verdeutlicht, dass ein Sozialhilfebezug unmittelbar bis zum Eintritt vorgelegen haben muss (vgl. Söhngen in jurisPK-SGBXII, a.a.O., Rdnr. 56). Vielmehr ist bei fehlendem vorhergehendem Sozialhilfebezug gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. SGB XII darauf abzustellen, welcher Träger zuletzt hypothetisch zuständig gewesen wäre (BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 17); BSG SozR4-3500 § 98 Nr. 3 (Rdnr. 14); ferner BSG SozR 4-5910 § 97 Nr. 1 (Rdnr. 16)). Maßgeblich ist insoweit nur eine objektiv-rechtlich bestehende Zuständigkeit, nicht die irrtümlich angenommene (Senatsurteil vom 23. April 2015, a.a.O.; Schlette in Hauck/Noftz, a.a.O., Rdnr. 95). Für die (hypothetische) Zuständigkeitsbestimmung abzustellen ist somit auf die Regelungen des § 98 Abs. 1 bis 4 SGB XII (Söhngen, a.a.O.), sodass etwa, wenn vor Eintritt in die Wohnform des Betreuten Wohnen Leistungen in einer stationären Einrichtung erbracht worden sind, auf § 98 Abs. 2 SGB XII (vgl. BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 13)), andernfalls (in Fällen ohne vorherige Betreuung) auf § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zurückzugreifen ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 8/10 R - (juris Rdnr. 13); BSG SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 (Rdnr. 14)). Unberührt hiervon bleibt die sachliche Zuständigkeit für die Leistungen des Betreuten Wohnens (örtlicher oder überörtlicher Träger), welche sich nach § 97 SGB XII (i.V.m. landesrechtlichen Regelungen) richtet (Senatsurteil vom 23. April 2015 a.a.O.; Bay. LSG, Urteil vom 16. Mai 2013 - L 18 SO 220/11 - (juris Rdnr. 24); Schlette, a.a.O., Rdnr. 98; Rabe in Fichtner/Wenzel, a.a.O., Rdnr. 37), sodass sich trotz der bereits oben unter a) beschriebenen örtlichen Gesamtzuständigkeit (vgl. etwa BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 13)) eine sachliche Zuständigkeit von zwei verschiedenen Trägern für die im Zusammenhang mit dem Betreuten Wohnen zu erbringenden Leistungen ergeben kann.

d) Nach diesen Maßstäben war vorliegend für die an A.H. erbrachten Leistungen im Betreuten Wohnen örtlich zuständig der für den räumlichen Bereich der Stadt F. a. M. zuständige Sozialhilfeträger. Dies ergibt sich unter Heranziehung der Regelung zur vorläufigen Eintrittspflicht in § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII, der in seiner 2. Alt. greift, wenn vor Eintritt in die betreute Wohnform ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist. Die "Vorläufigkeit" der Leistungserbringung bezieht sich dabei nicht auf das Verhältnis zum Hilfebedürftigen; diesem gegenüber begründet die Vorschrift eine endgültige und dauerhafte Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers des tatsächlichen Aufenthalts. Die Vorläufigkeit kommt vielmehr im Verhältnis zum eigentlich örtlich zuständigen oder zum überörtlichen Sozialhilfeträger zum Ausdruck, denen gegenüber Erstattungsansprüche nach § 106 Abs. 1 SGB XII eingeräumt werden (BVerwG Buchholz 436.0 § 97 BSHG Nr. 16 (zu den Vorgängerregelungen in § 97 Abs. 2 Satz 3, § 103 Abs. 1 BSHG); Schlette, a.a.O., Rdnr. 77). Die Zuständigkeit nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII ergänzt die Zuständigkeitsregelungen nach § 98 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII und stellt keine Rechtsgrundverweisung dar; der Träger des tatsächlichen Aufenthalts wird also nicht originär nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständig (Senatsurteil vom 23. April 2015 a.a.O. unter Verweis auf BVerwG, a.a.O.).

Die Zuständigkeitsregelung in § 98 Abs. 2 Satz 3 2. Alt. SGB XII war auch im Fall der A.H. einschlägig, denn diese hatte vor ihrer stationären Aufnahme in das Universitätsklinikum F. am 31. März 2006 im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs. 1, Abs. 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch); vielmehr hatte sie bis dahin jahreslang in I. gelebt. Die Beigeladene zu 1 hatte deshalb als Träger des tatsächlichen Aufenthalts mit Blick auf die vorgenannte Regelung zur (vorläufigen) Eintrittspflicht jedenfalls für die Zeit ab dem 14. April 2006 während der stationären Behandlung der A.H. im Universitätsklinikum ihre Zuständigkeit für die Hilfen zur Gesundheit (Fünftes Kapitel des SGB XII) sowie die Leistungen des weiteren notwendigen Lebensunterhalts in Einrichtungen (§ 35 Abs. 2 SGB XII in der Fassung des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3305)) zu Recht bejaht (zur sachlichen Zuständigkeit vgl. § 97 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 1 HAG/SGB XII); insoweit hatte sie offensichtlich vom Beigeladenen zu 2 auch eine Kostenerstattung nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII erhalten. Die über § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII begründete örtliche Zuständigkeit des ersten tatsächlichen Aufenthalts im Bundesgebiet wurde indes auch für die nachfolgende Zeit perpetuiert. Denn A.H. hatte sich unmittelbar vor Eintritt in die betreute Wohnform in K. durchgehend in stationären Einrichtungen befunden; ihre Verlegung in das Z. zur weiteren stationären Behandlung erfolgte am 3. Juli 2006 unmittelbar aus dem Universitätsklinikum ohne anderweitige Zwischenaufenthalte. Für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ist im Übrigen bei ununterbrochenem Aufenthalt in einer Einrichtung bzw. einer Einrichtungskette ein permanenter Leistungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger nicht erforderlich; es reicht vielmehr aus, dass Leistungen in der stationären Einrichtung erbracht worden sind, die, wenngleich ggf. mit einem höheren oder anderen Betreuungsaufwand, bei bestehender Bedürftigkeit der Sozialhilfeträger hätte erbringen müssen, wenn nicht ein anderer für diese Leistungen aufgekommen wäre (vgl. BSG SozR 4-5910 § 97 Nr. 1 (Rdnrn. 15 ff.) auch unter Verweis auf BVerwGE 119, 90, 94; BVerwG Buchholz 436.0 § 103 BSHG Nr. 4). Vorliegend wären mit Blick auf die stationäre Behandlung der A.H. im Z. Hilfen zur Gesundheit nach dem Fünften Kapitel des SGB XII zu erbringen gewesen; dies war hier jedoch deshalb nicht erforderlich, weil A.H. während ihres dortigen Aufenthalts von der Arbeitsgemeinschaft Landkreis E. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhalten hatte und auf Grund des Leistungsbezugs gesetzlich krankenversichert war (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V).

Eine sog. "Einrichtungskette" im Sinne des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII lag mithin hier vor. Im Falle einer ununterbrochenen Einrichtungskette ist nach der genannten Bestimmung örtlich zuständig der Träger, der örtlich für den Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts vor Eintritt in die erste stationäre Einrichtung zuständig war. Einen solchen gewöhnlichen Aufenthalt hatte A.H. jedoch nach ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland bis zum Eintritt in die ambulant betreute Wohnform in K. nicht begründet; denn als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des Zwölften Kapitels des SGB XII gilt nach § 109 SGB XII nicht der Aufenthalt in einer Einrichtung nach § 98 Abs. 2 SGB XII. A.H. hatte im Übrigen auch zu keinem Zeitpunkt die Absicht, ihren Lebensmittelpunkt in F. zu begründen; ihre Verlegung in das Z. erfolgte vielmehr, weil sie ihren Sohn in ihrer Nähe haben wollte.

e) Die örtliche Zuständigkeit für die Sozialhilfegewährung in der ersten stationären Einrich- tung (Universitätsklinikum F.) ergab sich im Fall der A.H. - wie bereits ausgeführt - aus § 98 Abs. 2 Satz 3 2. Alt. SGB XII. Zuständig wurde seinerzeit der Träger des tatsächlichen Aufenthalts, hier der örtlich für die Stadt F. a. M. zuständige Sozialhilfeträger. Die durch § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII begründete Zuständigkeit endete nicht mit der Verlegung der A.H. in das Z ... Die Zuständigkeit nach der genannten Eintrittsregel endet vielmehr - wie der Senat im Urteil vom 23. April 2015 (L 7 SO 3800/10) unter Verweis auf die höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit (BVerwG Buchholz 436. § 97 BSHG Nr. 16; Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig-Holstein, Urteil vom 11. Mai 2005 - 2 L 68/04 -(juris)) sowie die Rechtsprechung des weiteren, nach der Geschäftsverteilung des LSG Baden-Württemberg für Sozialhilfeangelegenheiten zuständigen 2. Senats (Urteil vom 30. März 2011 - L 2 SO 1196/10 - (juris)) bereits entschieden hat - erst dann, wenn sich ein in Anwendung des § 98 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB XII örtlich zuständiger Sozialhilfeträger ermitteln lässt und dieser die Leistungsgewährung übernimmt. Der Senat hat insoweit insbesondere auch die Gesetzesbegründung zur Vorgängerregelung in § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG (Bundestags-Drucksache 12/4401 S. 84 (zu § 97)) herangezogen, in der es heißt: "Solange der für den gewöhnlichen Aufenthalt in Betracht kommende Träger seine Zuständigkeit nicht anerkennt oder ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht festzustellen ist, hat der Träger des tatsächlichen Aufenthalts zu entscheiden und die Leistung vorläufig zu erbringen". Sonach liegt eine Fixierung der Zuständigkeit beim Träger des tatsächlichen Aufenthaltsorts vor, wenn - wie hier - vor Aufnahme in der ersten Einrichtung kein gewöhnlicher Aufenthalt vorhanden war (vgl. auch Schlette, a.a.O., Rdnrn. 76, 78; Rabe, a.a.O., Rdnr. 24; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Auflage, § 98 Rdnr. 100). Eine Zuständigkeitsbestimmung ist insoweit nach § 98 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB XII nicht möglich; in solchen Fällen wird vielmehr das Tatbestandsmerkmal des gewöhnlichen Aufenthalts bei Einsetzen der stationären Leistungen durch den tatsächlichen Aufenthalt ersetzt (Senatsurteil vom 23. April 2015 a.a.O.; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 11. Mai 2005 a.a.O.; sowie LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Mai 2005 a.a.O.).

Entgegen der Auffassung des Klägers steht diesem Ergebnis das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2001 (BVerwGE 114, 326) nicht entgegen. In dieser Entscheidung ist lediglich ausgesprochen, dass sich die Eilfallzuständigkeit (nach § 98 Abs. 2 Satz 3 3. Alt. SGB XII) jeweils neu aktualisiert, wenn der Hilfebedürftige, um ihm im Eilfall zu helfen, vor einem (möglichen) Einsetzen von Sozialhilfe, über die Zuständigkeitsgrenzen mehrerer örtlich zuständiger Sozialhilfeträger hinweg transportiert wird; in diesen Fällen sei für die Annahme einer Fixierung der zuerst begründeten örtlichen Zuständigkeit kein Raum, weil sie unnötig die Effizienz der Eilfallhilfe behindere, ohne durch schutzwürdige Belange des Hilfebedürftigen oder eines anderen Sozialhilfeträgers geboten zu sein. Im dortigen Streitfall ging es um eine Notfallhilfe (§ 121 BSHG; jetzt § 25 BSGB XII), die sich gerade als eine Hilfe vor Einsetzen der Sozialhilfe darstellt. Der vorgenannten Entscheidung lässt sich aber auch entnehmen, dass eine Perpetuierung der örtlichen Zuständigkeit eintritt, sobald der Träger der Sozialhilfe die (vorläufigen) Leistungen nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII aufgenommen hat, sodass weitere Ortswechsel im Hinblick auf die Effektivität der Leistungsgewährung die Einstandspflicht unberührt lassen (vgl. auch Schlette, a.a.O., Rdnr. 76). Die gegenteilige Auffassung des Klägers, der vorliegend eine Fixierung der Zuständigkeit mit Blick auf den Transport der A.H. über mehrere Zuständigkeitsgrenzen verneinen möchte, würde im Übrigen dazu führen, dass er selbst für die Hilfegewährung örtlich zuständiger Sozialhilfeträger wäre, weil alsdann auch ein Wechsel in eine betreute Wohnmöglichkeit eine Aktualisierung der örtlichen Zuständigkeit - in diesem Fall über § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und so im Ergebnis auch vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid befürwortet - zur Folge hätte; eine solche endgültige Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers des tatsächlichen Aufenthalts bei Fehlen eines gewöhnlichen Aufenthalts im Inland wurde in der Vergangenheit unter der Geltung des § 97 BSHG in der Tat vertreten (vgl. Bräutigam in Fichtner/Wenzel, BSHG, 2. Auflage, § 97 Rdnr. 13). Da § 109 SGB XII nicht auf § 98 Abs. 5 SGB XII verweist, hätte A.H. im Betreuten Wohnen in K. im Übrigen sogar einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen können.

Nach der oben dargestellten - im Einklang mit höchstrichterlicher Judikatur stehenden - Rechtsprechung beider für Sozialhilfeangelegenheiten zuständigen Senate des LSG Baden-Württemberg, die der Senat hiermit fortführt, hat sich indessen die örtliche Zuständigkeit des für den räumlichen Bereich der beigeladenen Stadt Frankfurt am Main zuständigen Sozialhilfeträgers nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII vorliegend perpetuiert und ist damit maßgeblich geblieben. Der Kläger vermag sonach mit seinem im Berufungsverfahren im Hauptantrag gegen den Beklagten verfolgten Begehren nicht durchzudringen.

2. Indessen ist auch dem hilfsweise gestellten Antrag des Klägers auf Verurteilung der Beigeladenen zu 1 nach § 75 Abs. 5 SGG (vgl. zu dessen Anwendung auf Feststellungsklagen Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, § 75 Rdnr. 18 (m.w.N.)) der Erfolg zu versagen.

Zwar richtete sich die örtliche Zuständigkeit wegen der oben unter 1. e) dargestellten Zuständigkeitsperpetuierung vorliegend nach dem Ort, in dessen Bezirk sich A.H. bei Einsetzen der Sozialhilfe nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet tatsächlich aufgehalten hatte; dies war hier das Stadtgebiet der Beigeladenen zu 1. Für die vorliegend umstrittene Erstattung von Eingliederungshilfeleistungen im Betreuten Wohnen einschließlich der vom Kläger auf § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX gestützten Übernahme der Fahrtkosten zur Tagesstätte in H. besteht indessen keine sachliche Zuständigkeit der Beigeladenen zu 1.

Die sachliche Zuständigkeit für die genannten Leistungen bestimmt sich nach § 97 SGB XII i.V.m. dem jeweiligen Landesrecht. Gemäß § 97 Abs. 1 SGB XII ist für die Sozialhilfe sachlich zuständig der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist. Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers wird nach Landesrecht bestimmt (§ 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist nach § 97 Abs. 3 SGB XII der überörtliche Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach den §§ 53 bis 60 SGB XII, Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66 SGB XII, Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69 SGB XII und Leistungen der Blindenhilfe nach § 72 SGB XII.

Auf Grund der oben festgestellten örtlichen Zuständigkeit für die Maßnahme (Betreutes Wohnen in K.) ist die sachliche Zuständigkeit unter Berücksichtigung des Rechts des Landes H. zu bestimmen. Sachlich zuständig war insoweit jedoch durchgehend der Beigeladene zu 2. Zwar hatte § 2 Abs. 1 Nr. 4 HAG-SGB XII in der mit Wirkung vom 1. Januar 2005 eingeführten Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2004 (GVBl. I S. 488); i.F.: a.F.) abweichend von § 97 Abs. 3 SGB XII für die Gewährung der Eingliederungshilfe, Unterbringung und Versorgung von behinderten Menschen in betreuten Wohnmöglichkeiten die Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe vorgesehen. Indessen sollte § 2 Abs. 1 Nr. 4 HAG/SGB XII a.F. erst zum 1. Januar 2009 in Kraft treten (vgl. § 14 Abs. 1 HAG/SGB XII). Nach der Übergangsregelung in § 13 Abs. 3 HAG/SGB XII sollte § 2 HAG/SGB XII bis dahin in modifizierter Fassung angewendet werden. Dort war indessen eine sachliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe für die Eingliederungshilfe in betreuten Wohnmöglichkeiten nicht vorgesehen, sodass es bei der Grundregel des § 97 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII verblieb. Sonach war der Beigeladene zu 2 als überörtlicher Träger (§ 3 HAG/SGB XII) für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 für die vorgenannten Eingliederungshilfeleistungen sachlich zuständig. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus § 2 HAG/SGB XII in der ab 7. Oktober 2008 geltenden Fassung des Gesetzes vom 29. September 2008 (GVBl. I S. 881). Dort wurde die in § 2 Abs. 1 Nr. 4 HAG/SGB XII a.F. für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 vorgesehene Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe wieder gestrichen, sodass die sachliche Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2 auch für die Zeit ab dem 7. Oktober 2008 erhalten geblieben ist. Eine Heranziehung der Beigeladenen zu 1 durch den Beigeladenen zu 2, die nach dem HAG/SGB XII (vgl. nur § 4 HAG/SGB XII in allen Fassungen seit dessen Inkrafttreten zum 1. Januar 2005) nicht mehr möglich ist, sondern diesem nur nach § 96 Abs. 2 BSHG i.V.m. § 5 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum BSHG eingeräumt war (vgl. zur Fortgeltung entsprechender Delegationsbeschlüsse BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 8 SO 19/13 R - (juris Rdnr. 9)), war zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Der Delegationsbeschluss des Verwaltungsausschusses des Beigeladenen zu 2 über die Heranziehung der örtlichen Träger der Sozialhilfe zur Durchführung von Aufgaben des überörtlichen Sozialhilfeträgers vom 24. September 1993 (Staatsanzeiger für das Land Hessen Nr. 50 S. 3088) in der Fassung des Änderungsbeschlusses vom 20. Oktober 2001 (Staatsanzeiger Nr. 46 S. 4100) sah eine solche Heranziehung für die hier streitigen Leistungen nicht vor. Die vom Beigeladenen zu 2 vorgelegten Vereinbarungen zum 1. Januar 1991 sowie vom 17. Dezember 2003 und 25. November 2004 vermögen daran nichts zu ändern. Denn abgesehen davon, dass über solche Vereinbarungen die Sperre des § 53 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGB XII ("soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen") nicht umgangen werden kann (vgl. hierzu auch BSG SozR 4-3500 § 106 (Rdnrn. 29 ff.)), lag die wesentliche Zielrichtung der betreffenden Vereinbarungen - wie der Kläger zu Recht angemerkt hat - auf dem Auf- und Ausbau der Angebotsstruktur des ambulant Betreuten Wohnens im Land H ...

Ein Erstattungsanspruch des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1 scheidet nach allem wegen deren fehlender sachlichen Zuständigkeit für die hier umstrittene Erstattung von Leistungen der Eingliederungshilfe aus.

3. Einen Erstattungsanspruch gegen den Beigeladenen zu 2 hat der Kläger ausdrücklich nicht erhoben. Darauf, dass die Durchsetzung eines solchen Anspruchs voraussichtlich an der Ausschlussfrist des § 111 SGB X gescheitert wäre, weil der Kläger dem Beigeladenen zu 2 gegenüber den Erstattungsanspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht hat (vgl. hierzu ausführlich LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. März 2016 - L 2 SO 3461/13 ZWV - (juris) (m.w.N.)), kommt es mithin hier nicht mehr an.

4. Da sonach ein Erstattungsanspruch des Klägers sowohl gegen den Beklagten als auch die Beigeladene zu 1 nicht gegeben ist, bedarf es einer näheren Prüfung dazu, ob die Leistungen vom Kläger zu Recht erbracht worden sind (vgl. hierzu BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 10); BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 8 SO 19/13 R - (juris Rdnr. 19); BSG SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 (Rdnr.11)), vorliegend nicht mehr. Ferner kann offenbleiben, ob überhaupt die sonstigen Voraussetzungen für die oben unter 1. aufgeführten gesetzlichen Erstattungsregelungen erfüllt gewesen wären.

5. Die Kostenscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 und 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen zu 1 und 2 haben sich am Verfahren nicht durch eine eigene Antragstellung beteiligt; deshalb bestand keine Veranlassung, diesen Kosten zuzusprechen oder aufzuerlegen (§ 154 Abs. 3 VwGO).

6. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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