L 9 SO 490/16 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 2 SO 128/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 490/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Keine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach dem Tod der antragstellenden Partei.
Die Beschwerde des Bevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.08.2016 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.
Die am 05.09.2016 von dem Prozessbevollmächtigten des bereits am 07.06.2016 verstorbenen Klägers eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.08.2016, die sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren, Az.: S 2 SO 128/16, richtet, ist zulässig. Denn der Tod des Klägers hat die seinem Prozessbevollmächtigten erteilte Vollmacht gemäß § 86 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht aufgehoben. Das Prozesskostenhilfeverfahren ist damit auch nicht nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. §§ 239, 246 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterbrochen (siehe LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.02.2015, L 7 KA 55/12 B PKH, juris Rn. 1; BayLSG, Beschluss vom 08.04.2015, L 3 SB 2/15 B PKH, juris Rn. 13).

Die Beschwerde kann in der Sache jedoch schon deswegen keinen Erfolg haben, weil der Tod des Klägers das Prozesskostenhilfeverfahren beendet hat.

Denn grundsätzlich kommt nach dem Tod der antragstellenden Partei keine Bewilligung von Prozesskostenhilfe mehr in Betracht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 73a Rn. 11a m.w.N.). So ist Prozesskostenhilfe, für deren Bewilligung es gemäß § 114 ZPO auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers ankommt, personenbezogen und nicht vererblich. Nach ganz herrschender Ansicht, der sich der Senat anschließt, kann sie deshalb einem verstorbenen Verfahrensbeteiligten nicht (mehr) bewilligt werden (LSG NRW, Beschluss vom 29.02.2008, L 20 B 9/08 SO, juris Rn. 4; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.02.2015, L 7 KA 55/12 B PKH, juris Rn. 3; siehe auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 08.04.2015, L 3 SB 2/15 B PKH, juris Rn. 12; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.01.2016, L 3 R 466/15 B, juris Rn. 8). Auch eine nachträgliche Bewilligung zugunsten des verstorbenen Beteiligten ist grundsätzlich ausgeschlossen, weil es für die Bewilligung entscheidend darauf ankommt, ob der Antragsteller der Hilfe - noch - aktuell bedarf (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.02.2015, L 7 KA 55/12 B PKH, juris Rn. 3 m.w.N.). Dabei kann der Senat die Frage, ob Prozesskostenhilfe wegen ihres höchstpersönlichen Charakters nach dem Tode des Antragstellers generell nicht mehr geltend gemacht werden kann (vgl. BSG, Beschluss vom 02.12.1987, 1 RA 25/87, juris Rn. 4), oder dann eine Ausnahme zu machen ist, wenn der Antrag auf Prozesskostenhilfe bereits vor dem Tode des Antragstellers entscheidungsreif gewesen ist, das Gericht diesen aber zögerlich oder nicht ordnungsgemäß bearbeitet hat, (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 15.04.2014, L 8 SO 1450/12 B, juris Rn. 8), offen lassen. Denn eine solche Situation hat hier nicht vorgelegen. Der Zeitpunkt der Entscheidungsreife tritt regelmäßig dann ein, wenn der Antrag entsprechend den Vorgaben in § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 117 ZPO, insbesondere unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und der erforderlichen Belege, gestellt ist und die übrigen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt haben. Nach dieser Maßgabe war der Prozesskostenhilfe-Antrag des vormaligen Klägers erst am 01.07.2016 mit dem Eingang der zur Prüfung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse erforderlichen Angaben entscheidungsreif. Zu diesem Zeitpunkt war der vormalige Kläger jedoch bereits verstorben. Entgegen den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten in seiner Beschwerdebegründung, wonach sich aus dem dem Gericht bereits am 04.05.2016 vorgelegten Vertrag für vollstationäre Einrichtungen der Altenhilfe (Sozialzentren) zumindest der Gesamtrahmen der monatlich entstehenden Pflegekosten und damit die Notwendigkeit der zu bewilligenden Prozesskostenhilfe ergeben habe, konnte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Prüfung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Antragstellers erst abschließend vornehmen, nachdem der Nachweis der monatlich anfallenden Pflegeheimkosten mit Schriftsatz vom 01.07.2016 beigebracht wurde. Aus dem vorgelegten Vertrag ergaben sich die fälligen monatlichen Kosten indessen nicht.

Unabhängig davon dürfte aber zweifelhaft sein, ob selbst im Falle des Vorliegens von Entscheidungsreife vor dem Zeitpunkt des Todes von dem Grundsatz der Ablehnung von Prozesskostenhilfe überhaupt eine Ausnahme vorzunehmen ist und eine rückwirkende Bewilligung in Betracht kommt. Denn eine solche Ausnahme ist nur schwer mit dem Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe in Einklang zu bringen. So kann die zentrale Funktion der Prozesskostenhilfe, der hilfebedürftigen Partei die beabsichtigte Rechtsverfolgung zu ermöglichen, nicht mehr erreicht werden. Sie würde nicht mehr dem gesetzlichem Adressaten, sondern etwaigen Erben oder dem Rechtsanwalt zu Gute kommen und dadurch ihre gesetzliche Bestimmung verlieren (siehe Senat, Beschluss vom 20.04.2016, L 9 SO 373/15 B, so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.02.2015, L 7 KA 55/12 B PKH, juris Rn. 3). Zudem verfolgt die Prozesskostenhilfe nicht den Zweck, dem Rechtsanwalt, der die Prozesskostenhilfe begehrende Partei vertritt, einen Vergütungsanspruch zu verschaffen (Senat, Beschluss vom 20.04.2016, a.a.O., Bayerisches LSG, Beschluss vom 08.04.2015, L 3 SB 2/15 B PKH, juris Rn. 12).

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

III.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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