L 19 AS 2235/16 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 5 AS 220/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 2235/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 12.10.2016 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe der Regelbedarfe ab Januar 2016.

Die Kläger beziehen laufend Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten. Mit Bescheid vom 16.02.2016 bewilligte der Beklagte Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.03.2016 bis 31.08.2016 in Höhe von insgesamt monatlich 1562,10 Euro. Für die Kläger zu 1) und zu 2) berücksichtigte er einen Regelbedarf von 364,00 Euro und für die Kläger zu 3) bis 5) von 270,00 Euro.

Den von den Klägern hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2016 als unbegründet zurück. Die Regelbedarfe seien nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften, der RBSFV 2016 vom 22.10.2015, festgesetzt worden.

Die Kläger haben am 04.04.2016 Klage vor dem Sozialgericht Münster erhoben. Die Festlegung der Regelbedarfe ab Januar 2016 sei rechtswidrig, da diese auf Grundlage der EVS 2008 und nicht auf Basis der EVS 2013 erfolgt seien. Seit September 2015 lägen die Ergebnisse der EVS 2013 vor, so dass nach § 28 SGB XII eine Neufestsetzung der Regelbedarfe durch ein Bundesgesetz hätte erfolgen müssen. Eine Fortschreibung der Regelbedarfe auf Basis des § 20 Abs. 5 SGB II hätte nicht erfolgen dürfen. Das menschenwürdige Existenzminimum werde durch die erhöhten Regelbedarfe ab dem 01.01.2016 nicht mehr gewahrt. Aufgrund der aktuellen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe sei eine Anhebung der Leistungen erforderlich.

Mit Beschluss vom 12.10.2016 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Gegen den am 14.10.2016 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 10.11.2016 Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht habe die hinreichende Erfolgsaussicht des Klageverfahrens zu Unrecht verneint. Zur Begründung wiederholen sie im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Klageverfahren.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Nach §§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Zu Recht hat das Sozialgericht die hinreichende Erfolgsaussicht des Klageverfahrens gegen den Bescheid vom 16.02.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.03.2016 auf Gewährung eines höheren Regelbedarfs im Zeitraum 01.03.2016 bis 31.08.2016 verneint. Hinreichende Erfolgsaussicht i.S.v. § 114 ZPO ist gegeben, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Dabei muss Prozesskostenhilfe nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die Ablehnung von Prozesskostenhilfe kann ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf Auslegungshilfen, die von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellt werden, ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies jedoch nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen fehlender Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (BVerfG, Beschlüsse vom 20.05.2016 - 1 BvR 3359/14 m.w.N., vom 19.07.2010 - 1 BvR 1873/09 , NJW 2010, 3083 ff und vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07, NJW 2008, 1060 ff. m.w.N).

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage hat der Beklagte die Höhe der den Klägern zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19, 20 SGB II zutreffend ermittelt. Gegenteiliges wird auch von den Klägern nicht geltend gemacht. Sie rügen lediglich, dass die Ermittlung des konkreten Regelbedarfs von 364,00 Euro bzw 270,00 Euro durch §§ 20 Abs. 4, 23 Nr. 1 SGB II i.d.F. ab dem 01.01.2016 (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2016 vom 22.10.2015 [BGBl. I S. 1792]) verfassungswidrig sei, weil lediglich eine Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a SGB XII zum 01.01.2016 erfolgt sei und keine Neuermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII.

Gemäß der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2016 vom 22.10.2015 wird ab 01.01.2016 ein Regelbedarf nach § 20 Abs. 4 SGB II in Höhe von monatlich 364,00 Euro bzw. nach § 23 Nr. 1 SGB II in Höhe von 270,00 Euro ab 01.01.2016 anerkannt. Diese Regelbedarfe hat der Beklagte dem angefochtenen Bewilligungsbescheid vom 16.02.2016 zugrunde gelegt. Die Höhe der Regelbedarfe ist nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschrift eindeutig festgelegt, eine vom Wortlaut abweichende Auslegung ist auch unter Beachtung verfassungsrechtlicher Vorgaben nicht möglich. Der Beklagte und die Gerichte sind an die Gesetze gebunden (Art 20 Abs. 3 GG). Die Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes obliegt allein dem Bundesverfassungsgericht (sog. Verwerfungsmonopol aus Art. 100 GG).

Der Senat hat gegen die Höhe der gesetzlich geregelten Regelbedarfe für die Zeit ab dem 01.01.2016 keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (so auch LSG Bayern, Beschlüsse vom 24.08.2016 - L 16 AS 222/16 B PKH und vom 21.07.2016 - L 18 AS 405/16 B PKH, LSG NRW, Beschluss vom 27.10.2016 - L 9 SO 447/16 B). Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 23.07.2014 festgestellt, dass die Vorschriften über die Festsetzung der Höhe des Regelbedarfs sowie deren Fortschreibung nach § 20 Abs. 5 SGB II mit dem Grundgesetz vereinbar sind (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 -, BVerfGE 137, 34). Die Entscheidung über die Ermittlung und die Höhe der Leistungen für den Regelbedarf betrifft nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts über die ausdrücklich angegriffenen Normen hinaus auch deren weitere Fassungen und Nachfolgeregelungen (BVerfG, a.a.O., juris Rn.140).

Die Feststellung der Vereinbarkeit des § 20 Abs. 5 SGB II mit dem Grundgesetz entfaltet nach § 31 Abs. 2 BVerfGG Gesetzeskraft. Ein Fachgericht ist daher an die im Tenor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgenommene Feststellung gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Einer erneuten Kontrolle der Vereinbarkeit der gesetzlichen Regelungen betreffend die Ermittlung des Regelbedarfs mit der Verfassung steht insoweit das Prozesshindernis der Gesetzeskraft entgegen (BVerfG, Beschluss vom 18.10.1983 - 2 BvL 14/83 -, BVerfGE 65, 179 m.w.N.).

Das in § 20 Abs. 5 SGB II vorgesehene Verfahren betreffend die Anpassung der Regelbedarfe ist bei der Fortschreibung der Regelbedarfe zum 01.01.2016 eingehalten worden.

Die Regelbedarfe i.S.d. §§ 20 Abs. 2 bis 4, 23 Nr. 1 SGB II werden nach § 20 Abs. 5 S. 2 SGB II i.V.m. § 28 SGB XII und dem RBEG neu ermittelt oder, soweit eine Neuermittlung nicht erfolgt, nach §§ 20 Abs. 5 S. 1 SGB II, 28a SGB XII jährlich angepasst. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils spätestens zum 1. November eines Kalenderjahres die Höhe der Regelbedarfe, die für die folgenden zwölf Monate maßgebend sind, im Bundesgesetzblatt bekannt (§ 20 Abs. 5 S. 3 SGB II). Die Vorgaben des § 28a SGB XII betreffend die Fortschreibung der Regelbedarfe sind gewahrt. Die Regelbedarfe in Höhe von monatlich 364,00 Euro bzw. 270,00 Euro wurden nach § 20 Abs. 5 S. 1 SGB II i.V.m. § 28a SGB XII auf Grundlage der im Jahr 2015 festgesetzten Regelbedarfsstufe für Paarhaushalte in Höhe von 360,00 Euro bzw. für Kinder im Alter zwischen 6 bis 13 Jahren in Höhe von 267,00 Euro zum 01.01.2016 mit einer Veränderungsrate von 1,24% fortgeschrieben (vgl. zur Berechnung: BR-Drs. 435/15 betreffend die Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2016). Die Fortschreibung ist auch in zutreffender Weise erfolgt, weil eine Neuermittlung der Regelbedarfe durch den Gesetzgeber nach § 28 SGB XII bislang nicht erfolgt und nach § 28 Abs. 1 SGB XII die Höhe des Regelbedarfs zwingend in einem Bundesgesetz neu zu ermitteln ist, wenn die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) vorliegen. Diese Vorschrift sieht zwar bei Vorliegen der Ergebnisse einer neuen EVS eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Neuermittlung der Regelbedarfshöhe vor, aber anders als etwa § 28a Abs. 1 SGB XII bestimmt sie für die Neuermittlung der Regelbedarfsstufen keinen festen Zeitpunkt, sie enthält keine Umsetzungsfrist.

Die unterlassene Neuermittlung der Regelbedarfe zum 01.01.2016 entsprechend der Vorschrift des § 28 SGB XII stellt auch keine rechtserhebliche Änderung der Sach- und Rechtslage dar, die die Gesetzeskraft der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durchbricht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.11.1992 - 1 BvL 31/88 u.a. -, BVerfGE 87, 341). Die für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgebliche Lage hat sich zum 01.01.2016 nicht geändert. Zwar sind die Ergebnisse der EVS 2013 vom Statistischen Bundesamt am 10.09.2015 veröffentlich worden. Jedoch ist bei der Umsetzung des § 28 Abs. 1 SGB XII durch den Gesetzgeber zu berücksichtigen, dass zum einen zur Neuermittlung der Regelbedarfe nicht nur die Ergebnisse einer bundesweiten neuen EVS, sondern weitere Erhebungen erforderlich sind und zum anderen ein Gesetzgebungsverfahren eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt (Gutzler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 28 SGB XII, Rn. 26). Für die Neuermittlung der Regelbedarfe sind neben den nach § 28 Abs. 3 SGB XII vorzunehmenden Sonderauswertungen der EVS noch die Überprüfung der vom BMAS vorzunehmenden Berechnung zum regelbedarfsrelevanten Konsum sowie die Berechnung des regelbedarfsrelevanten Preisindexes auf Basis der vom Statistischen Bundesamt geprüften regelbedarfsrelevanten Konsumausgaben aus der EVS 2013 durchzuführen. Die Sonderauswertungen und die Berechnung zum regelbedarfsrelevanten Konsum lagen dem zuständigen BMAS Mitte Dezember 2015 vor. Der für die Fortschreibung erforderliche regelbedarfsrelevante Preisindex wurde dem BMAS am 19.01.2016 vom Statistischen Bundesamt übermittelt. Aus diesen Umständen ergibt sich nachvollziehbar, weshalb die Neuermittlung des Regelbedarfs aus der EVS 2013 zum 01.01.2016 noch nicht zum Abschluss gebracht werden konnte.

Diese Verfahrensweise beruht auf Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Es hat dem Gesetzgeber insoweit aufgegeben, bei der Neuermittlung der Regelbedarfe auf der Grundlage der EVS 2013 sicherzustellen, dass die Höhe des Pauschalbetrags für den Regelbedarf tragfähig bemessen wird. Es liege im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, erforderlichenfalls geeignete Nacherhebungen zu veranlassen, Leistungen auf der Grundlage eines eigenen Indexes zu erhöhen oder Unterdeckungen in sonstiger Weise aufzufangen (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014, a.a.O., juris Rn. 143). Insoweit ist dem BMAS auch eine Prüfungs- und Überlegungsfrist einzuräumen. Eine verschleppende Neuermittlung der Regelbedarfe, die das Grundrecht der Kläger auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG verletzen könnte, ist daher nicht ersichtlich.

Die Festsetzung der Regelbedarfe zum 01.01.2016 nach § 20 Abs. 5 SGB II lässt auch keine offensichtliche Unterdeckung des existentiellen Bedarfs erkennen. Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen ein Leben in Deutschland zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist (BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11 -, m.w.N.). Die Regelbedarfe wurden letztmals zum 01.01.2016 um 1,24 % gemäß § 28a SGB XII erhöht. Zum 01.01.2011 wurden die Regelsätze auf der Grundlage der EVS 2008 neu festgesetzt und vom Bundesverfassungsgericht mit dem Grundgesetz für vereinbar erklärt und in den Folgejahren mit der Änderungsrate des Mischindexes (§ 28a Abs. 2 Satz 1 SGB XII) fortgeschrieben. 2012 betrug die Erhöhung 1,99 %, 2013 2,26 %, im Jahr 2014 2,27 % und im Jahr 2015 2,12% (vgl. BT-Drs. 18/6552 S. 7). Da bei der Fortschreibung nicht der Verbraucherpreisindex (Basisjahr 2010), der sich im Jahr 2012 um 2 %, im Jahr 2013 um 1,5 % , im Jahr 2014 um 0,9 % (vgl. BT-Drs. 18/6552 S. 8) und im Jahr 2015 um 0,3 % (siehe www.zinsen-berechnen.de/inflation/tabelle-inflationsrate.php) erhöht hat, sondern der regelbedarfsrelevante Preisindex, dessen Entwicklung von der des Verbraucherpreisindexes abweichen kann (vgl. hierzu BT-Drs. 18/9984 S. 77 betreffend den Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; siehe auch S. 26, wonach der jährliche Anstieg des regelbedarfsrelevanten Preisniveaus rund 1 % beträgt), berücksichtigt wurde, sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Mindeststandard der existenzsichernden Leistungen im Jahr 2016 durch die festgesetzten Regelbedarfe nicht gewahrt wird (so auch LSG NRW, a.a.O.).

Weder tragen die Kläger vor noch ist sonst erkennbar, dass eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter besteht, aufgrund derer der Gesetzgeber zeitnah hätte reagieren müssen (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014, a.a.O., juris Rn. 144). Vielmehr ist die Steigerung des Verbraucherpreisindexes geringer gewesen als die Entwicklung des Preisindexes der regelbedarfsrelevanten Güter (BT-Drs. 18/9984 S. 77).

Ebensowenig ersichtlich ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen, die ein unmittelbares Handeln des Gesetzgebers erforderten (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014, a.a.O., juris Rn. 144). Ein Beleg existenzgefährender Unterdeckung ergibt sich insbesondere nicht aus der Stellungnahme des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Gesamtverband e.V. vom 28.12.2015, auf die sich die Kläger berufen. Hierin vertritt der Verband die Auffassung, die Regelbedarfsstufen seien ab Januar 2016 zu niedrig festgelegt worden und eine Anhebung um 23% sei erforderlich. Diese Einschätzung stützt sich in erster Linie auf die Annahme, der Regelbedarf sei 2011 infolge einer Reihe von willkürlichen Eingriffen des Gesetzgebers in die statistischen Grundlagen der EVS 2008 fehlerhaft festgelegt worden. Der Gesetzgeber habe durch willkürliche Herausnahme von Bedarfspositionen eine anfängliche Bedarfsunterdeckung ausgelöst, diese sei durch die Fortschreibung des Regelbedarfs in den Folgejahren angewachsen.

Der Durchsetzung dieser Auffassung steht schon inhaltlich jedoch auch prozessual das - vgl. vorstehend - mit Gesetzeskraft ausgestattete Ergebnis der bereits erfolgten verfassungsrechtlichen Prüfung entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 23.07.2014 die Vereinbarkeit der Vorschriften über die Festsetzung der Höhe des Regelbedarfs sowie deren Fortschreibung nach § 20 Abs. 5 SGB II mit dem Grundgesetz bereits festgestellt (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13, BVerfGE 137, 34). Dies umfasst namentlich die vom Gesetzgeber in daher fortan nicht zu beanstandender Weise getroffene Auswahl der in §§ 5, 6 RBEG festgelegten regelbedarfsrelevanten Verbrauchausgaben. Die Auswahl der in §§ 5, 6 RBEG festgelegten regelbedarfsrelevanten Verbrauchausgaben begründet nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts keine existenzgefährdende Unterdeckung.

Diese Auswahl des Gesetzgebers kann auch nicht mehr angegriffen werden. Aufgrund der Gesetzeskraft der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist eine inzidente erneute Normenkontrolle in einem Folgeprozess unzulässig (BVerfG, Urteil vom 4.5.2011 - 2 BvR 2365/09 u.a., BVerfGE 128, 326).

Auch aus der von den Klägern angeführten Mitteilung des Deutschen Gewerkschaftsbundes ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Unterdeckung. Soweit sich die Kläger darauf berufen, die Stromkosten eines Haushalts hätten sich um etwa 54% seit 2005 erhöht, steht dem eine Anhebung des im Regelbedarf enthaltene Anteiles für Haushaltsstrom von 20,74 Euro (ab dem 01.01.2005, siehe gora.free.de / sofodo / themen / erwerbslosigkeit / zusammensetzung-des-alg-2-regelsatzes/) auf 31,40 Euro (ab dem 01.01.2016, siehe http://www.harald-thome.de / media/files / Ruediger-Boeker-Aufteilung-Regel-Bedarf-2011-2016.pdf), also um 51,4% gegenüber. Soweit die Kläger auf den Anstieg der Preise für Nahrungsmittel von 2005 bis 2015 um 24,4 % hinweisen, ist der im Regelbedarf enthaltene Anteil für Nahrungsmittel ohne alkoholische Getränke und Tabakwaren von 113,57 Euro (ab dem 01.01.2007, siehe Schwabe, ZfF 2007, 25ff) auf 143,45 Euro (ab dem 01.01.2016, siehe http://www.harald-thome.de/media/files/Ruediger-Boeker-Aufteilung-Regel-Bedarf-2011-2016.pdf), also um 29,88 EUR, d.h.um ca. 26,8 % allein in den letzten neun Jahren gestiegen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind gemäß §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattungsfähig.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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