L 20 AY 4/18 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 46 AY 59/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AY 4/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.
Leistungsbezieher nach § 2 AsylbLG, die eine dem Grunde nach nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung besuchen, sind nach § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII von Leistungen nach dem AsylbLG ausgeschlossen, auch wenn die Ausbildung tatsächlich nicht nach dem BAföG gefördert wird.
2.
Eine besondere Härte i.S.v. § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII lässt sich in einem solchen Fall - abweichend von der Weisungs- und Erlasslage einiger Bundesländer - nicht grundsätzlich annehmen. Die integrations- oder bildungspolitische Zweckmäßigkeit des gesetzlichen Leistungsausschlusses ist im sozialgerichtlichen Verfahren unbeachtlich, wenn der Leistungsausschluss sich klar aus der gesetzlichen Regelung ergibt.
3.
Im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes kommt eine Aussetzung und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht; dem Antragsteller verbleibt insofern nur eine Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht und ggf. der dortige Antrag auf eine einstweilige Regelung.
4.
Fragen der Recht- oder Verfassungsmäßigkeit eines Ausschlusses von Leistungen an den Antragsteller (auch) nach dem BAföG oder SGB III sind ggf. in Verfahren gegen die dort zuständigen Leistungsträger zu klären.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 28.12.2017 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ab dem 26.01.2018 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T, E, beigeordnet.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des Eilrechtsschutzes Leistungen nach dem AsylbLG.

Der (fiktiv) im Januar 1997 geborene Antragsteller besitzt die afghanische Staatsangehörigkeit. In seinem Heimatland war er nach eigenen Angaben zuletzt als Elektriker tätig. Im Juni 2015 reiste er in das Bundesgebiet ein und wurde der Antragsgegnerin zugewiesen. Sein Asylantrag blieb bislang erfolglos. Gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 05.01.2017, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, ist bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ein Klageverfahren (Az.: 5a K 803/17.A) anhängig. Der Antragsteller ist im Besitz einer Aufenthaltsgestattung, die zuletzt bis zum 01.04.2018 befristet wurde.

Der Antragsteller erhielt von der Antragsgegnerin seit Oktober 2015 zunächst Leistungen nach § 3 AsylbLG. Ab dem 24.08.2016 besuchte er eine Abendrealschule, für welche die Antragsgegnerin eine monatliche Beihilfe gewährte. Seit Dezember 2016 erhielt der Antragsteller Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG sog. Analogleistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII, die jeweils monatlich in schriftlicher Form oder konkludent durch bloße Auszahlung bewilligt wurden.

Seit dem 30.08.2017 absolviert der Antragsteller eine einjährige Vorbereitungsklasse des Berufskollegs X, um einen sog. "Sek-I-Abschluss" (= Hauptschulabschluss Klasse 9) sowie Berufsorientierung zu erwerben. Daraufhin stellte die Antragsgegnerin die Analogleistungen durch Bescheid vom 21.11.2017 (rückwirkend) zum 30.08.2017 ein und hörte den Antragsteller zu der beabsichtigten Rückforderung überzahlter Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG vom 30.08. bis zum 30.11.2017 an. Leistungen nach dem AsylbLG seien seit dem Besuch der einjährigen Vorbereitungsklasse nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB XII, der gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG entsprechende Anwendung finde, ausgeschlossen; denn der Antragsteller habe eine im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähige Berufsausbildung aufgenommen (vgl. § 11 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG). Gründe für einen besonderen Härtefall im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII habe der Antragsteller weder vorgetragen, noch seien solche ersichtlich. Die Antragsgegnerin sei an die gesetzlichen Regelungen gebunden. Es obliege allein dem Gesetzgeber, diese ggf. zu ändern.

Dagegen legte der Antragsteller am 08.12.2017 Widerspruch ein, über den bislang nicht entschieden wurde. Im Rahmen seiner Anhörung erklärte er, Leistungen nach dem BAföG mangels Kenntnis derartiger Leistungen bislang nicht beantragt zu haben.

Ferner hat der Antragsteller am 08.12.2017 bei dem Sozialgericht Dortmund um Eilrechtsschutz nachgesucht und vorläufige Leistungen nach dem AsylbLG ab dem 01.09.2017 begehrt. Es sei schon zweifelhaft, ob der Ausschlussgrund des § 22 SGB XII im Rahmen des Bezugs von Analogleistungen entsprechend anwendbar sei. Jedenfalls aber liege eine besondere Härte i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 2 SGB XII vor, wenn der Antragsteller die Ausbildung abbrechen müsse, weil sein Lebensunterhalt nicht gesichert sei. Aufgrund des andauernden Asylverfahrens, in dem eine abschließende Entscheidung nicht absehbar sei, sei dem Antragsteller die Planung des weiteren Lebenswegs und der Aufbau einer beruflichen Existenz in Deutschland nicht möglich. Der Erwerb einer anerkannten beruflichen Qualifikation sei eine wichtige Voraussetzung für seine wirtschaftliche Unabhängigkeit und damit auch für den Erhalt längerfristiger Aufenthaltstitel sowie für die Integration in die Gesellschaft. Aus diesem Grunde habe die Stadt Münster einem Flüchtling aus Guinea, der im Besitz einer Aufenthaltsgestattung sei, Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG trotz aufgenommener Ausbildung weiterbewilligt. Zudem habe der Innenminister des Landes Niedersachsen in einem Erlass vom 04.10.2017 klargestellt, dass Personen mit Aufenthaltsgestattung im Regelfall auch dann Analogleistungen erhalten könnten, wenn sie sich in einer dem Grunde nach förderfähigen Berufs- oder Schulausbildung befänden, jedoch kein BAföG erhielten, weil die Voraussetzungen des § 8 BAföG nicht erfüllt seien.

Der Antragsteller hat schriftlich sinngemäß beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm über den 31.08.2017 hinaus vorläufig ergänzende Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren.

Die Antragsgegnerin hat schriftlich beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Antragsteller gemäß § 22 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 2 AsylbLG von Leistungen nach dem AsylbLG ausgeschlossen sei. Der Umstand, dass er nicht dem förderungsfähigen Personenkreis für Leistungen nach dem BAföG angehöre, stehe einer Förderungsfähigkeit seiner Ausbildung dem Grunde nach nicht entgegen; denn insofern komme es allein auf die abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung als solche an. Ein Härtefall im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII liege ebenfalls nicht vor.

Durch Beschluss vom 28.12.2017 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, von der Antragsgegnerin über den 30.08.2017 hinaus Leistungen nach § 2 AsylbLG beanspruchen zu können (= Anordnungsanspruch i.S.v. § 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Die Voraussetzungen der Ausschlussnorm des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB XII, der gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG entsprechende Anwendung finde, seien erfüllt. Der Antragsteller habe eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung aufgenommen. Eine besondere Härte i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 2 SGB XII liege nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.

Dagegen hat der Antragsteller am 02.01.2018 Beschwerde eingelegt und zugleich Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten beantragt. Zwar seien die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 SGB XII erfüllt. Es sei jedoch mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht vereinbar, dass er faktisch weder Leistungen nach dem BAföG bzw. Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) noch solche nach § 2 Abs. 1 AsylbLG erhalte. Zudem könne es sozial- bzw. gesellschaftspolitisch nicht gewollt sein, dass Personen vollständig durch das Sicherungssystem fielen und keine Unterstützung erhielten, obwohl sie keinen Fehler begangen hätten. Es laufe der Integration in die Gesellschaft und dem Willen des Gesetzgebers zuwider, wenn junge Ausländer gezwungen seien, ihre Ausbildung abzubrechen, um wieder Leistungen des Staates zu erhalten. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller während seines laufenden Asylverfahrens keine Leistungen zur Sicherstellung seines Lebensunterhalts erhalte, ihm nach Rücknahme seines Asylantrags als geduldeter Ausländer jedoch Leistungen nach § 8 Abs. 2a BAföG zustünden. Hinzu komme, dass das BAMF die Asylverfahren aktuell nicht zeitnah bearbeiten könne; dies gehe zu Lasten derjenigen Antragsteller, deren Aufenthalt bis zum Abschluss des Asylverfahrens lediglich gestattet sei. Zumindest liege eine besondere Härte i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 2 SGB XII vor; denn der Antragsteller habe keine andere Möglichkeit, sein wirtschaftliches Existenzminimum sicherzustellen. Die Annahme einer besonderen Härte entspreche auch der Weisungs-/Erlasslage in anderen Bundesländern. Insofern hat der Antragsteller über den bereits erwähnten Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 04.10.2017 hinaus u.a. einen Erlass des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein vom 10.05.2017, eine E-Mail der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales in Berlin vom 24.10.2016 sowie einen Bericht des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19.01.2018 vorgelegt. Auf den Inhalt jener Unterlagen wird verwiesen.

Durch Bescheid vom 16.01.2018 hat das Amt für Ausbildungsförderung der Stadt E den Antrag des Antragstellers vom 14.12.2017 auf Leistungen für den Besuch der X nach dem BAföG abgelehnt. Auf den Inhalt des Bescheides wird Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 28.12.2017 zu ändern und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Leistungen nach § 2 AsylbLG über den 31.08.2017 hinaus zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt schriftlich,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Leistungs- und Ausländervorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Die Antragsgegnerin ist nicht verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren. Dem Antragsteller stehen entsprechende Leistungen ab dem 01.09.2017 nicht zu.

Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) als auch die Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft (i.S.v. überwiegend wahrscheinlich; vgl. u.a. BVerfG vom 29.07.2003 - 2 BvR 311/03) macht (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund allerdings nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr zwischen beiden eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt.

Darüber hinaus können sich aus Art. 19 Abs. 4 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, also dem Bestehen eines Anordnungsanspruchs, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Das gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (vgl. zu alledem BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05).

Ausgehend hiervon ist die Angelegenheit zwar seit dem 08.12.2017 (= Eingang seines Eilantrags bei dem Sozialgericht eilbedürftig (vgl. zur grundsätzlichen Maßgeblichkeit jenes Zeitpunkts Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 35a m.w.N.); denn der Antragsteller kann seinen Lebensunterhalt nicht mit etwaigem eigenen Vermögen oder Einkommen sicherstellen. Er hat jedoch nicht glaubhaft gemacht, de lege lata von der Antragsgegnerin seither Leistungen zum Lebensunterhalt gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG in entsprechender Anwendung der Vorschriften des SGB XII beanspruchen zu können (= Anordnungsanspruch i.S.v. § 86b Abs. 2 S. 2 SGG).

a) Zwar ist der Antragsteller, der sich im Bundesgebiet aufhält und im Besitz einer Aufenthaltsgestattung nach dem AsylG ist, grundsätzlich nach dem AsylbLG leistungsberechtigt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG). Dabei ist nach § 2 Abs. 1 AsylbLG das SGB XII (abweichend von §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 AsylbLG) auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich - wie unstreitig der Antragsteller - seit (mindestens) 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben.

b) Der Antragsteller unterfällt jedoch dem Leistungsausschluss des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 51, 57 und 58 des SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB XII. (Lediglich) In besonderen Härtefällen können Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden (S. 2).

aa) Abweichend von den insofern geäußerten Zweifeln des Antragstellers bezieht sich die in § 2 Abs. 1 AsylbLG angeordnete entsprechende Anwendung des SGB XII auch auf § 22 SGB XII (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.01.2017 - L 7 AY 18/17 ER-B Rn. 7; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.01.2010 - L 23 AY 1/07 Rn. 31, und Beschluss vom 15.11.2005 - L 23 B 1008/05 AY ER Rn. 19; SG Hamburg, Beschluss vom 17.01.2017 - S 10 AY 92/16 ER Rn. 14, vom 15.04.2016 - S 10 AY 25/16 ER Rn. 5 und vom 07.09.2016 - S 28 AY 56/16 ER Rn. 5; Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 14.03.2005 - S 38 AY 13/05 ER Rn. 5; Hohm in Schellhorn/Hohm/Schneider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 2 AsylbLG Rn. 27; Oppermann in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 2 AsylbLG Rn. 129; Voelzke in jurisPK-SGB XII, § 22 Rn. 12). Ob eine Vorschrift aus dem SGB XII im Rahmen des § 2 Abs. 1 AsylbLG entsprechende Anwendung findet, ergibt sich aus dessen Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift.

(1) Nach dem Wortlaut der Verweisungsvorschrift ("das SGB XII"), die zudem keine konkreten Normen des SGB XII für entsprechend anwendbar erklärt oder von der Anwendung ausnimmt, ist grundsätzlich der gesamte Regelungsbereich des SGB XII von der entsprechenden Anwendung umfasst. Dies gilt allerdings nur für diejenigen Normen, welche das Verhältnis des Leistungsberechtigten zum Leistungsträger berühren; denn § 2 Abs. 1 AsylbLG ordnet die entsprechende Anwendung des SGB XII in Abweichung von den §§ 3 bis 7 AsylbLG an, die - anders als §§ 8 ff. AsylbLG - ausschließlich dieses Leistungsverhältnis betreffen (vgl. dazu Hohm in AsylbLG, Loseblattsammlung § 2 Rn. 96 ff.). Da § 2 Abs. 1 AsylbLG die Vorschriften des SGB XII nur "entsprechend" für anwendbar erklärt, können die Vorschriften des SGB XII - vergleichbar einer sonstigen Analogie - allerdings nur dann Anwendung finden, wenn eine planwidrige Regelungslücke und vergleichbare Interessenlage besteht. Vorschriften des SGB XII sind also nur dann entsprechend anwendbar, wenn keine anderweitigen Regelungen im AsylbLG vorrangige Anwendung finden und die Vorschriften des SGB XII den Besonderheiten des verweisenden AsylbLG hinreichend Rechnung tragen (Hohm, a.a.O. § 2 Rn. 100 ff. Oppermann, a.a.O., § 2 Rn. 110). Dies entspricht im Übrigen auch dem Zweck der Verweisung in § 2 Abs. 1 AsylbLG, der einerseits die hiervon erfasste Gruppe von Leistungsberechtigten leistungsrechtlich besser stellen will als den Personenkreis, der dem § 1 Abs. 1 AsylbLG unterfällt, andererseits (lediglich) eine weitgehende Angleichung des Leistungsrechts an das Sozialhilfehilferecht erreichen will (vgl. zu alledem Hohm, a.a.O. § 2 Rn. 109). Bei der Beurteilung, ob die jeweilige Vorschrift des SGB XII den Besonderheiten des AsylbLG hinreichend Rechnung trägt, sind insbesondere die Entstehungsgeschichte, Systematik und der Zweck des AsylbLG auf der einen Seite sowie Sinn und Zweck des in Bezug genommenen SGB XII bzw. der jeweiligen Sozialhilfevorschrift auf der anderen Seite zu berücksichtigen (Hohm, a.a.O., § 2 Rn. 101; Oppermann, a.a.O. § 2 Rn. 110).

(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Ausschlussgrund des § 22 SGB XII vorliegend anwendbar.

(a) Es handelt sich bei § 22 SGB XII um eine Vorschrift, die das Verhältnis des Leistungsberechtigten (hier des Antragstellers) zur Antragsgegnerin als zuständiger Leistungsträgerin nach dem AsylbLG betrifft. Hierunter fallen sämtliche Regelungen über Art, Form und Umfang der Leistungsgewährung inklusive der Bestimmungen über den Einsatz von Einkommen und Vermögen (Hohm, a.a.O. § 2 Rn. 105; Oppermann, a.a.O. § 2 Rn. 109). Der Ausschlussgrund des § 22 SGB XII gehört zu den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des 2. Kapitels der SGB XII (§§ 17 bis 26 SGB XII), die den Anspruch auf Leistungen - hier den Umfang der Leistungsgewährung - regeln (vgl. Oppermann, a.a.O. § 2 Rn. 115).

(b) Die Ausschlussnorm des § 22 SGB XII wird ferner nicht durch speziellere Regelungen des AsylbLG verdrängt; denn dieses Gesetz enthält keine eigenständige Rechtsgrundlage für den Ausschluss von Leistungen nach dem AsylbLG während der Absolvierung einer Ausbildung.

(c) Der Anwendung des § 22 SGB XII stehen überdies nicht etwaige zu berücksichtigende Besonderheiten des AsylbLG entgegen; denn der Sinn des § 22 Abs. 1 SGB XII, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R Rn. 24 ff., und Urteil vom 17.02.2015 - B 14 AS 25/14 R Rn. 21 ff.), gilt gleichermaßen für das - ebenfalls existenzsichernde Leistungen vorsehende - Leistungsregime des AsylbLG.

Der Senat verkennt insofern nicht, dass Bezieher von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, welche gegenüber den Leistungen nach dem SGB XII eingeschränkt sind, bei Aufnahme einer (i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB XII dem Grunde nach förderungsfähigen) Ausbildung weiterhin (ergänzende) existenzsichernde Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 3 AsylbLG beanspruchen können. Für sie ist weder die entsprechende Anwendung der Ausschlussnorm des § 22 SGB XII angeordnet, noch enthält das AsylbLG eine solche Regelung. Ebenso dürfte sich eine analoge Anwendung des § 22 SGB XII auf jenen Personenkreis - vorbehaltlich einer abschließenden Prüfung im Hauptsachverfahren - verbieten, weil es an einer dem gesetzgeberischen Plan zuwider laufenden Regelungslücke fehlt; denn anknüpfend an die vom Gesetzgeber angelegte Systematik des AsylbLG, für bestimmte Bereiche auf Vorschriften des SGB XII zu verweisen (vgl. §§ 2, 7 Abs. 4 und 9 Abs. 4 und 5 AsylbLG), hat der Gesetzgeber im weiteren Verlauf diverse Einschränkungs- oder Ausschlusstatbestände (z.B. § 1a Nr. 1 AsylbLG), die er für notwendig hielt, jeweils gesondert innerhalb des AsylbLG geregelt (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.06.2001 - 12 B 795/00 Rn. 7, zu der Vorgängervorschrift des § 26 BSHG; an einer planwidrigen Regelungslücke zweifelnd LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.09.2008 - L 8 B 32/08 AY ER Rn. 26). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber dabei eine dem § 22 SGB XII entsprechende Regelung für Grundleistungsbezieher versehentlich nicht in das AsylbLG aufgenommen hat, sind dem Senat jedenfalls bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich. Etwa rechtspolitisch zu beklagende Wertungswidersprüche innerhalb des AsylbLG muss die Rechtsprechung daher hinnehmen (OVG NRW, a.a.O. Rn. 9). Sie können insbesondere nicht dazu führen, die Regelung des § 22 SGB XII - abweichend von dem Zweck des § 2 Abs. 1 AsylbLG - nicht auf Analogleistungsberechtigte anzuwenden; denn § 2 Abs. 1 AsylbLG will lediglich eine (weitgehende) Angleichung des Leistungsrechts an das Sozialhilferecht sicherstellen (s.o.). Eine Besserstellung gegenüber unmittelbar nach dem SGB XII Leistungsberechtigten, wie sie bei Nichtanwendung des § 22 SGB XII auf Analogleistungsberechtigte eintreten würde, hat der Gesetzgeber hingegen nicht beabsichtigt.

bb) Die Voraussetzungen des (somit entsprechend anwendbaren) § 22 Abs. 1 S. 1 SGB XII sind vorliegend erfüllt.

(1) Der Antragsteller befindet sich seit dem 30.08.2017 in einer im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung. Eine Ausbildung ist dann dem Grunde nach förderungsfähig, wenn sie abstrakt, d.h. unabhängig von in der Person des Auszubildenden liegenden Ausschlussgründen, förderungsfähig ist (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 17.02.2015 - B 14 AS 25/14 R Rn. 20 ff. zu der im Wesentlichen inhaltsgleichen Ausschlussnorm des § 7 Abs. 5 SGB II; ferner LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.11.2005 - L 23 B 1008/05 AY Rn. 19). Bei der Ausbildungsvorbereitungsklasse am Berufskolleg X, welche der Antragsteller in Vollzeit besucht, um den Hauptschulabschluss zu erwerben, handelt es sich bei summarischer Prüfung um einen Bildungsgang, der schul- und förderrechtlich einer Berufsfachschulklasse (ab Klasse 10) i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BAföG gleichgestellt ist (vgl. die Rundverfügung der Bezirksregierung Köln vom 06.10.2017 - 49.2.11.00 - 370/2017 (Anlage 1). Da die Schule von der Wohnung seiner (in Afghanistan lebenden) Eltern nicht erreichbar ist, sind auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a Nr. 1 BAföG erfüllt.

(2) Dass die Ausbildung des Antragstellers tatsächlich nicht nach dem BAföG gefördert wird (vgl. den ablehnenden Bescheid des Amts für Ausbildungsförderung der Antragsgegnerin vom 16.01.2018), ist im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB XII hingegen ebenso ohne Belang wie die Frage, aus welchen individuellen Gründen keine Förderung erfolgt, Leistungen nach dem BAföG bzw. dem SGB III hier also möglicherweise ausgeschlossen sind, weil der Antragsteller nicht zu dem von § 8 BAföG bzw. § 59 i.V.m. § 132 SGB III erfassten förderungsfähigen Personenkreis gehört (vgl. insofern zu § 8 BAföG LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.01.2017 - L 7 AY 18/17 ER-B Rn. 8). § 22 Abs. 1 SGB XII stellt nach seinem Wortlaut ("deren Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig ist"), der Entstehungsgeschichte (als Nachfolgevorschrift des § 26 BSHG) und seinem Sinn und Zweck allein auf die abstrakte Förderungsfähigkeit der konkreten Ausbildung, nicht hingegen auf individuelle, in der Person des Auszubildenden liegende Umstände bzw. darauf ab, ob eine abstrakt förderungsfähige Ausbildung nur einer bestimmten Personengruppe offensteht (BSG, Urteil vom 17.02.2015 - B 14 AS 25/14 R Rn. 20 ff., zu der im Wesentlichen inhaltsgleichen Ausschlussnorm des § 7 Abs. 5 SGB II, und Rn. 40 zu den Personengruppen Auszubildender ohne oder mit Behinderungen); denn die im BAföG und im SGG III vorgesehenen Ausbildungsförderungsmöglichkeiten, welche die Kosten der Ausbildung und den Lebensunterhalt umfassen, sind nach der gesetzgeberischen Konzeption des Sozialleistungssystems abschließend. Das gilt insbesondere auch für gestattete bzw. geduldete Asylbewerber, die nur unter den § 59 SGB III (i.d.F. vom 01.01.2016) und/oder in der Übergangsregelung des § 132 SGB III (i.d.F. ab 06.08.2016) bzw. in § 8 BAföG genannten Voraussetzungen in den förderungsfähigen Personenkreis für Leistungen nach §§ 56 und 122 SGB III bzw. nach dem BAföG einbezogen sind. Die Sozialhilfe hingegen soll - wie bereits erwähnt - von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freigehalten werden und keine (versteckte) Ausbildungsförderung auf einer "zweiten Ebene" sein (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 4/7b AS 28/06 R Rn. 24 ff., und BSG, Urteil vom 17.02.2015 - B 14 AS 25/14 R Rn. 21 ff.). Dies muss gleichermaßen für den unter § 2 Abs. 1 AsylbLG fallenden Personenkreis gelten (s.o.).

Es handelt sich bei den in §§ 59, § 132 SGB III bzw. § 8 BAföG statuierten Merkmalen im Übrigen auch um individuelle Voraussetzungen für eine Förderung nach dem SGB III bzw. BAföG, die keinen Einfluss auf die abstrakte Förderungsfähigkeit der in Rede stehenden Ausbildung haben; denn der Grund, aus dem der Antragsteller nach dem SGB III bzw. BAföG (möglicherweise) nicht gefördert wird, ist in seiner Person, nicht hingegen in der Art seiner Ausbildung begründet (so auch SG Hamburg, Beschluss vom 17.01.2017 - S 10 AY 92/16 ER Rn. 18 für § 59 Abs. 2 SGB III).

(3) Ob der Leistungsausschluss nach § 22 Abs. 1 SGB XII verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes offen bleiben. Allein unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten kann der Senat keine Leistungen zuerkennen, die der Antragsteller nur unter Missachtung der gesetzlichen Regelungen (contra legem) beziehen könnte. Er ist vielmehr an die gesetzlichen Regelungen gebunden.

Auch eine Aussetzung des vorliegenden Verfahren und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in Betracht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.10.2010 - 1 BvR 1037/10 zu 3.b); denn eine zeitnahe Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die dem Eilbedürfnis eines Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes entspräche, wäre nicht zu erwarten. Dem Antragsteller bleibt es indes unbenommen, gegen den vorliegenden Beschluss des Senats Verfassungsbeschwerde einzulegen und dabei ggf. eine einstweilige Regelung durch das Bundesverfassungsgericht zu suchen.

Der Senat weist in diesem Zusammenhang allerdings ergänzend darauf hin, dass der Gesetzgeber nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R Rn. 29; vgl. aber auch den Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Mainz vom 18.04.2016 - S 3 AS 149/16) nicht gehalten ist, Ausbildungszeiten außerhalb des von ihm geschaffenen besonderen Systems der Ausbildungsförderung (nach dem SGB III bzw. BAföG) zu fördern.

Ebenso wenig rechtfertigt der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG - vorbehaltlich einer abschließenden Prüfung im Hauptsacheverfahren - die Gewährung von Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG während der Ausbildung des Antragstellers. Einzuräumen ist zwar, dass § 22 Abs. 1 SGB XII auf Bezieher von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG keine (unmittelbare oder entsprechende) Anwendung finden dürfte (s.o.). Selbst wenn der Gesetzgeber eine dem § 22 Abs. 1 SGB XII vergleichbare Ausschlussregelung für Bezieher von Grundleistungen aufgrund eines Versehens nicht getroffen haben sollte, kann dies jedenfalls nicht dazu führen, dass Bezieher von Analogleistungen privilegiert und - abweichend von der in § 2 Abs. 1 AsylbLG angeordneten (entsprechenden) Anwendung des SGB XII - insofern gleichgestellt werden. Allenfalls wäre diese (unterstellte planwidrige) Regelungslücke im Wege einer Analogie des § 22 SGB XII zu Lasten der Bezieher von Grundleistungen zu schließen. Überdies führte eine solche Gleichstellung - wie bereits ausgeführt - zugleich zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Empfängern von Leistungen nach dem SGB XII bzw. SGB II, die bei Aufnahme einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gemäß § 22 Abs. 1 SGB XII bzw. § 7 SGB II von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen sind. Jedenfalls die Integration des letztgenannten (erwerbsfähigen) Personenkreises in den Arbeitsmarkt ist aber ebenso gewollt wie die des Antragstellers im vorliegenden Fall.

cc) Eine der in § 22 Abs. 2 SGB XII unter Ziffer 1 bis 3 SGB III genannten, abschließend aufgeführten (Rück-)Ausnahmen von dem Anspruchsausschluss des § 22 Abs. 1 SGB XII liegt hier unstreitig nicht vor.

dd) Der Antragsteller hat auch nicht deshalb einen Leistungsanspruch, weil ein besonderer Härtefall i.S.d. § 22 Abs. 1 S. 2 SGB XII gegeben sein könnte (vgl. zu diesem unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R Rn. 32 ff.). Ein solcher Härtefall ist nur dann anzunehmen, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist und vom Gesetzgeber in Kauf genommen wird. Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, muss der Ausschluss von der Ausbildungsförderung als übermäßig hart, d.h. als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erscheinen (BSG, a.a.O.).

Ausgehend hiervon ist einzig der Umstand, dass der Antragsteller die begonnene Ausbildung aus wirtschaftlichen Gründen, insbesondere wegen evtl. mangelnder Förderung nach dem SGB III bzw. BAföG, möglicherweise nicht fortführen kann, nicht geeignet, einen besonderen Härtefall zu begründen (vgl. BSG, a.a.O. Rn. 34). Es bedarf vielmehr außergewöhnlicher Umstände, um die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB XII zu erfüllen (vgl. hierzu ausführlich auch SG Berlin, Beschluss vom 14.03.2005 - S 38 AY 13/05 ER Rn. 10 ff.). Besondere (atypische) Umstände des Einzelfalls, welche es - über den ggf. notwendigen Abbruch der Ausbildung hinaus - als unzumutbar erscheinen lassen, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu verweigern (BSG, a.a.O., Rn. 34 ff.), hat dieser jedoch nicht glaubhaft gemacht.

(1) Insbesondere war der Lebensunterhalt des Antragstellers während seiner Schulausbildung nicht durch eine Förderung auf Grund von BAföG oder SGB III-Leistungen bzw. durch sonstige finanzielle Mittel gesichert, die erst kurz vor Abschluss der Ausbildung entfallen sind (vgl. zu diesem Härtefall unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes BSG, a.a.O. Rn. 35); denn der Antragsteller bezog lediglich vom 30.08. bis zum 30.11.2017 Leistungen nach dem AsylbLG von der Antragsgegnerin. Im Zeitpunkt der Leistungseinstellung (am 30.11.2017) hatte er daher lediglich drei Monate der auf ein Jahr angelegten Vorbereitungsklasse absolviert. Ebenso wenig wurde eine bereits weit fortgeschrittene und bisher kontinuierlich betriebene Ausbildung auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls wegen einer Behinderung oder Erkrankung unterbrochen (vgl. zu einer solchen Konstellation ebenfalls BSG, a.a.O.).

(2) Ein besonderer Härtefall ist ferner nicht unter dem Gesichtspunkt gegeben, dass die konkrete Ausbildung bei objektiver Betrachtung die einzige Chance des Antragstellers darstellt, Zugang zum Erwerbsleben zu erhalten (vgl. hierzu BSG, a.a.O. Rn. 37). Der Antragsteller hat schon nicht behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass er soziale und/oder persönlichkeitsbedingte Defizite aufweist, die ihm andere (berufliche) Entwicklungsmöglichkeiten verschließen.

Dass ihm die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ausländerbehördlich untersagt ist, hat er weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Dagegen spricht vielmehr, dass die Aufenthaltsgestattung des Antragstellers vor Aufnahme der Ausbildung (im August 2017) mit der Nebenbestimmung versehen war, dass die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit mit Erlaubnis der Ausländerbehörde erlaubt sei (vgl. die bis zum 05.10.2017 gültige Aufenthaltsgestattung vom 06.04.2017). Unabhängig hiervon entspricht es nicht dem Willen des Gesetzgebers, bei allen in Ausbildung befindlichen Leistungsempfängern nach dem AsylbLG, denen die Aufnahme einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit ausländerbehördlich untersagt ist, eine besondere Härte i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 2 SGB XII anzunehmen. Damit würde ggf. eine ganze Gruppe von Auszubildenden dem Grundsatz des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB XII entzogen und für einen zahlenmäßig nicht unerheblichen Personenkreis eine Ausbildungsförderung auf einer "zweiten Ebene", nämlich der des § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. dem SGB II, gewährt. Dies wäre durch die systematisch als Ausnahmebestimmung einschränkend auszulegende Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB XII nicht mehr gedeckt und liefe der allgemeinen Zielrichtung des Satzes 1 dieser Norm zuwider (vgl. SG Berlin, Beschluss vom 14.03.2005 - S 38 AY 13/05 ER Rn. 10, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerwG, Urteil vom 12.02.1981 in BVerwGE 61, 352, 359) zur Vorgängernorm); denn das Sozialhilferecht soll gerade nicht die Grundlage dafür hergeben, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen (s.o.; ferner BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1985 - 5 C 29/84 Rn. 10).

(3) Selbst wenn eine Förderung der Ausbildung des Antragstellers nach dem SGB III bzw. BAföG ausgeschlossen wäre, weil der Antragsteller nicht zu dem nach § 8 BAföG bzw. §§ 59 bzw. 132 SGB III förderungsfähigen Personenkreis gehören sollte, begründete auch dies keinen Härtefall. Eine besondere Härte kann regelmäßig nicht daraus hergeleitet werden, dass die Voraussetzungen für die Förderung nach dem BAföG nicht erfüllt werden (BSG, a.a.O. Rn. 38). Zudem stellt die Beschränkung der Ausbildungsförderung für gestattete und geduldete Ausländer, die nur unter den in § 8 BAföG bzw. §§ 59, 132 SGB III bestimmten Voraussetzungen in den förderungsfähigen Personenkreis für Leistungen nach §§ 56 und 122 SGB III (= Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld) einbezogen werden, eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung dar, die jedenfalls nicht über die Anwendung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB XII unterlaufen werden darf (vgl. insofern zu § 8 BAföG auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.11.2005 - L 23 B 1008/05 AY ER Rn. 20).

Ob die Voraussetzungen der §§ 59, 132 SGB III oder hier - abweichend von dem ablehnenden Bescheid des Amtes für Ausbildungsförderung - des § 8 Abs. 2a BAföG erfüllt sind, bedarf im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens, in dem allein Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG Streitgegenstand sind, keiner abschließenden Entscheidung. Gleiches gilt für die Frage, ob eine Ausweitung des anspruchsberechtigten Personenkreises auf Asylbewerber, deren Aufenthalt - wie beim Antragsteller - lediglich gestattet ist, integrations- und bildungspolitisch wünschenswert oder sogar verfassungsrechtlich geboten ist; denn diese Fragen sind innerhalb des besonderen (primären) Leistungssystems des SGB III bzw. BAföG zu klären, welches die Ausbildungsförderung nach dem Willen des Gesetzgebers abschließend regelt. Insofern ist es dem Antragsteller unbenommen, gegenüber dem Amt für Ausbildungsförderung die gesetzlich vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten (einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und bei negativem Ausgang ggf. auch Erhebung einer Verfassungsbeschwerde) auszuschöpfen.

(4) Eine besondere Härte lässt sich zudem nicht mit Blick darauf begründen, dass Bezieher von Grundleistungen, die eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung aufnehmen, nicht von Leistungen nach § 3 AsylbLG ausgeschlossen sind (s.o.). Da der Gesetzgeber einen - dem § 22 SGB XII entsprechenden - Anspruchsausschluss für jenen Personenkreis (selbst wenn dies aufgrund eines Versehens geschehen sein sollte) nicht geregelt hat (s.o.), sind jedenfalls im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes - rechtspolitisch möglicherweise zu beklagende - Wertungswidersprüche hinzunehmen (s.o.).

(5) Schließlich rechtfertigt auch die Weisungs- und Erlasslage in anderen Bundesländern keine andere Beurteilung. Die vom Antragsteller vorgelegten Erlasse bzw. Weisungen sind von vornherein nicht geeignet, die bundesgesetzliche Regelung des § 22 SGB XII zu umgehen. Die länderseitige Annahme eines generellen Härtefalls für sämtliche Personen, die - wie der Antragsteller - im Besitz einer Aufenthaltsgestattung sind und eine i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB XII dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung aufnehmen, missachtet den rechtlichen Ausnahmecharakter der Härtefallvorschrift und widerspricht dem (oben dargestellten) Willen des Gesetzgeber. Hierauf sowie auf den Umstand, dass dem Bundesgesetzgeber die Problematik des Leistungsausschlusses "im AsylbLG" bei Aufnahme einer Ausbildung schon seit Februar 2016 bekannt ist, ohne verschiedene Gelegenheiten genutzt zu haben, um diese Versorgungslücke zu schließen, wird in dem schriftlichen Bericht des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19.01.2018, auf den der Antragsteller ebenfalls Bezug nimmt, auch ausdrücklich hingewiesen. Soweit die Stadt Münster einem gestatteten Asylbewerber für die Zeit des Besuchs einer Abendrealschule einen besonderen Härtefall i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 2 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 AsylbLG angenommen hat (vgl. den vom Antragsteller vorgelegten Bescheid vom 18.08.2016), kann diese Einzelfallentscheidung von vornherein keinerlei Bindungswirkung für das hiesige Verfahren entfalten. Im Übrigen beruhte sie offensichtlich darauf, dass das Asylverfahren des dortigen Antragstellers bereits über mehrere Jahre andauerte und eine Entscheidung über dessen Asylantrag weiterhin nicht absehbar war.

2. Dem (bedürftigen) Antragsteller steht ab Eingang des Prozesskostenhilfeantrags (am 26.01.2018) (auch) für das zweitinstanzliche Verfahren gemäß § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten zu; denn im Hinblick auf die zu beurteilenden Rechtsfragen kann dem Eilantrag eine gewisse Erfolgsaussicht nicht von vornherein abgesprochen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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