S 28 SO 279/14

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
28
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 28 SO 279/14
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 18.10.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2014 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, Leistungen einer ambulanten 24-Stunden Betreuung als persönliches Budget im Rahmen der Hilfen zur Pflege und ggf. der Leistungen der Eingliederungshilfe anstelle der bestehenden stationären Versorgung in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er berechtigt ist, anstelle der gewährten Leistungen im Rahmen der stationären Versorgung ambulante Leistungen der Hilfen zur Pflege und zur Eingliederung behinderter Menschen in Anspruch zu nehmen. Der 1962 geborene Kläger leidet seit 1990 an Multipler Sklerose (MS). Er ist auf einen Rollstuhl angewiesen und anerkannt schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie den Merkzeichen G, aG, H, RF, Bl und B. Ausweislich der Feststellungen der Pflegekasse ist der Kläger in die Pflegestufe III, jetzt Pflegegrad 5 eingestuft (Gutachten des MDK vom 22.03.2013). Er lebt seit Dezember 2005 im S.-Heim in H., einer vollstationären Einrichtung für Menschen mit komplexen Behinderungen und erhält neben seiner Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von z.Zt. Euro 1.074,28 (01.07.2018), eine monatliche Betriebsrente in Höhe von Euro 303,78 sowie Landesblindengeld in Höhe von Euro 374,34 monatlich. Die Beklagte als örtlich zuständiger Sozialhilfeträger gewährt dem Kläger aufstockende Leistungen für die Heimkosten abzüglich der Leistungen der Pflegekasse in Höhe von Euro 6.160,66 zuzüglich Pflegewohngeld in Höhe von Euro 10,52 monatlich und eine Beförderungspauschale in Höhe von Euro 160,- monatlich. Mit Schreiben vom 15.03.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine ambulante Versorgung mit persönlicher Assistenz. Er sei seinerzeit im Rahmen einer familiären Notsituation in das Heim eingewiesen worden. Es werde ihm jetzt immer deutlicher, dass diese Lebensform nicht seinem Bedarf und seinen Bedürfnissen gerecht werde. Eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sei ihm nicht möglich. Da keine Förderung erfolge, verkümmerten bestehende Ressourcen und er empfinde sein Leben als nur noch fremdbestimmt. Er möchte daher den Schritt in ein selbstbestimmtes Leben gehen und beantrage daher, auch unter Berufung auf die UNBehindertenrechtskonvention, die Absicherung seines Assistenzbedarfs über einen ambulanten Träger. Der Kläger reichte dazu einen Kostenvoranschlag vom 12.03.3012 für eine 24-Stunden-Assistenz (168 Stunden wöchentlich/727,44 Stunden monatlich) in Höhe von Euro 16.767,49 ein. Die Beklagte veranlasste dazu am 02.11.2012 ein Hilfeplangespräch im S.-Heim, an dem der Kläger, dessen Vater als gesetzlicher Betreuer sowie Pflegefachkräfte des Heimes und eine Vertreterin der Beklagten vom Fachdienst Soziales, Frau R., teilnahmen. Es wurden dabei Teilhabeeinschränkungen nach dem ICF in den Bereichen allgemeine Aufgaben und Wissensanwendung, Mobilität, Selbstversorgung, häusliches Leben, interpersonelle Interaktionen und Beziehungen, gemeinschafts-, soziales,- und staatsbürgerliches Leben festgestellt. Der Kläger wünsche sich, in einer eigenen Wohnung zu leben mit einer 24- Stunden Assistenz. Er möchte essen und trinken wann und was er möchte und eigene Unternehmungen nach seiner freien (Zeit-) Wahl machen. Aus dem Gespräch werde deutlich, dass der Kläger einen großen Leidensdruck habe und ihn seine aktuelle Situation belaste. Er verbringe seine Tage im Bett und werde kaum mobilisiert. Er fühle sich sehr fremdbestimmt. Unter dem 13.05.2013 übersandte der Kläger eine weitere, mit Hilfe der Firma P. erstellte, Budgetaufstellung für eine 24-Stunden Assistenz unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Stundensatzes von Euro 12,- ,wonach Kosten in Höhe von Euro 14.156,46 monatlich entstünden. Auf Antrag der Beklagten erfolgte am 20.08.2013 eine amtsärztliche Stellungnahme des Fachamtes Gesundheit der Freien und Hansestadt Hamburg. Frau Dr. K. kommt darin zu dem Ergebnis, dass sich für den Kläger im Bereich der Pflege ein täglicher Hilfebedarf von 10 Stunden, ein Hilfebedarf von 3 Stunden täglich für die hauswirtschaftliche Versorgung und eine Anwesenheitsbereitschaft im Umfang von 11 Stunden ergebe. Der Kläger sei aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung auch im Hinblick auf die Rollstuhlfähigkeit in der Lage, an Aktivitäten außerhalb des Hauses teilzunehmen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, es empfehle sich die Gewährung der Beförderungspauschale II in Höhe von Euro 160,-. Eine Betreuung im Rahmen des Arbeitgebermodells könnte in der Weise erfolgen, dass der Kläger seine Pflege- und Betreuungskräfte entsprechend anleite, wozu dieser auch in der Lage sei. Eine besondere Qualifikation der Assistenten sei deshalb nicht erforderlich, pflegerische Erfahrung sei jedoch von Vorteil. Insgesamt werde die Betreuung über das Arbeitgebermodell begrüßt. Da nicht abzusehen sei, wie sich der Gesundheitszustand des Klägers in den nächsten Jahren entwickeln werde, sei eine Budgetüberprüfung nach einem Jahr durchzuführen. Der Fachdienst Soziales führte in einer weiteren Stellungnahme vom 10.09.2013 (Frau R.) aus, dass ein Großteil der Unterstützung für den Kläger im Bereich der Hilfe zur Pflege zu leisten sein werde. Aus sozialpädagogischer Sicht sei es wahrscheinlich, dass sich die Lebensqualität des Klägers unter den derzeitigen gesundheitlichen Voraussetzungen in eigenem Wohnraum mit einer 24 Stunden Assistenz steigern werde und die Teilhabe in einem größeren Maß gewährleistet werden könne als dies jetzt in der Einrichtung möglich sei. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.10.2013 lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger Leistungen im Rahmen der ambulanten persönlichen Assistenz zu gewähren. Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII gelte der Vorrang ambulanter vor stationärer Leistungen nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sei. Sie sei nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die bisherige Leistung in einer stationären Einrichtung im S.-Heim für den Kläger zumutbar sei, denn es handele sich dabei nicht um ein reines Alten- und Pflegeheim. Zielgruppe seien vielmehr Menschen mit einem hohen Pflegebedarf. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass der Kläger dort die Betreuung erhalte, die aufgrund seiner Erkrankung erforderlich sei. Es mag sein, dass die vom Kläger gewünschte Wohnform einen besseren Betreuungsschlüssel biete alsin der Einrichtung. Der Sozialhilfeträger sei jedoch nur verpflichtet, den notwendigen und nicht den optimalen Bedarf zu gewährleisten. Es sei jedenfalls nicht zu erkennen, dass die Leistungen, die der Kläger im Heim erhalte, ihm kein menschenwürdiges Dasein ermöglichen. Eine andere Einschätzung ergebe sich auch nicht aus dem Sozial- und Verlaufsbericht. Der Kläger erhalte auch einen zusätzlichen Betrag von Euro 120,- monatlich, um die Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben zu gewährleisten. Soweit die stationäre Leistung damit für den Kläger zumutbar sei, sei zu prüfen, ob die begehrte ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sei. Soweit sich diese ausweislich der vorgelegten Kostenkalkulation auf ca. Euro 14.000,- monatlich belaufe, während die Heimkosten aktuell Euro 5.600,- betragen, bedürfe es keiner näheren Erläuterung, dass hier eine Unangemessenheit vorliege. Dagegen erhob der Kläger am 24.10.2013 Widerspruch. Die in dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Kostenabwägung und die damit ganz im Sinne der fiskalischen Interessen der Beklagten beschriebene Zumutbarkeit der stationären Unterbringung gegen seinen erklärten Willen sei mit dem in Art 19 der UN-Behindertenrechtskonvention bestimmten Recht auf freie Wahl- des Wohn- und Aufenthaltsortes nicht vereinbar. Diese Vorschrift habe Verfassungsrang, so dass § 13 SGB XII hier keine uneingeschränkte Anwendung mehr finde. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2014 im Wesentlichen mit den Gründen aus dem Bescheid vom 18.10.2013 zurück. Ergänzend führte sie darin aus, dass sich auch aus der UN-Behindertenrechtskonvention nichts anderes ableiten lasse, da diese keine unmittelbare Anwendung im nationalen Recht entfalte. Dem uneingeschränkten Wahlrecht nach Art 19 der UN-Konvention stehe daher im deutschen Sozialrecht in vielen Bereichen, so wie hier, der Vorrang der Wirtschaftlichkeit entgegen. Dagegen hat der Kläger am 08.05.2014 beim Sozialgericht Hamburg Klage erhoben. Der Kläger verfolgt sein Begehren weiter. Er trägt vor, dass er ein selbstbestimmtes Leben in einer eigenen Wohnung führen möchte. Er fühle sich im Heim durch die dort vorgegebene Tagesstruktur und die vorhandenen Pflegekräfte fremdbestimmt und empfinde dadurch einen zunehmenden Leidensdruck. Er könne dort keine spontanen Aktivitäten planen, sei an die Essens- und den durch die Dienstpläne vorgegebenen Ins-Bett-Geh-Zeiten gebunden und möchte dies ändern, in dem er in eine eigene Wohnung ziehe. Er halte sich auch persönlich dafür geeignet, eine solche persönliche 24-Stunden Budgetassistenz zu verwalten.

Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 18.10.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2014 aufzuheben und festzustellen, dass er berechtigt ist, Leistungen einer ambulanten 24-Stunden Betreuung als persönliches Budget im Rahmen der Hilfen zur Pflege und ggf. der Leistungen der Eingliederungshilfe an Stelle der bestehenden stationären Versorgung in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen. Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Umstände, die die Annahme rechtfertigten, dass eine Unterbringung des Klägers in der Einrichtung des S.-Heimes unzumutbar sei, lasse sich weder dessen Vortrag noch der Stellungnahme der Pflegefachkräfte ihres Fachdienstes entnehmen. Die vom Kläger genannten Einschränkungen, welche mit dem Heimaufenthalt verbunden seien, beruhten zum Teil auch darauf, dass dieser bereits gewisse Einschränkungen aufgrund seiner Grunderkrankung hinnehmen müsse. Es müssten hier noch weitere Umstände hinzutreten, die den Verbleib in der stationären Einrichtung auch aus der Sicht eines objektiven Betrachters unzumutbar erscheinen ließen. Darüber hinaus sei die vorgelegte Personalkostenkalkulation teilweise nicht nachvollziehbar. Dies betreffe die Kalkulation für Urlaubs- und Krankheitstage und die Einplanung von wöchentlichen Dienstbesprechungen. Darüber hinaus werde nach den vorliegenden fachlichen Stellungnahmen der Einsatz von Pflegekräften nicht für notwendig erachtet. Das Gericht hat die Verwaltungsakte von der Beklagten beigezogen, die zusammen mit der Prozessakte Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung der Kammer war. Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 18.10.2013, mit dem diese den Antrag auf persönliche Assistenz gemäß § 61 SGB XII abgelehnt hat. Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Eine weitere Voraussetzung dafür ist, dass der Kläger seine Rechte nicht auch durch eine Gestaltungs- und Leistungsklage nach § 54 SGG verfolgen kann. Vorliegend handelt es sich um ein erst künftiges Rechtsverhältnis, d.h. ein erst in der Zukunft liegender Vorgang erfüllt die Tatbestandsseite, welche die begehrte Verpflichtung der Beklagten auslösen würde, denn der Kläger ist lebt derzeit noch in einer stationären Einrichtung. Dies ist ausnahmsweise zulässig, wenn ein besonderes Feststellungsinteresse vorliegt (vgl. Meyer-Ladewig, Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 12. Auflage 2018 § 55 Rdnr. 8b mit weiteren Nachweisen-mwN). Ein solches ist anzunehmen, wenn ein weiteres Abwarten unzumutbar ist, weil z.B. bereits jetzt wirtschaftliche Dispositionen getroffen werden müssen (vgl. aO, § 55 Rdnr. 15c). Diese Voraussetzungen liegen hier vor, denn der Kläger beabsichtigt, aus der stationären Einrichtung auszuziehen, eine eigene Wohnung anzumieten und für seine persönliche Assistenz eigene Pflege- und Betreuungskräfte, vorzugsweise wohl im Rahmen eines persönlichen Budgets, zu beschaffen. Diese Kosten kann er mit dem ihm zur Verfügung stehenden Einkommen und Vermögen nicht aufbringen, so dass er für seine weitere Planung auf die hier begehrte grundsätzliche Leistungsverpflichtung der Beklagten angewiesen ist. Mithin liegen die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG vor. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. Meyer-Ladewig, aaO, § 55 Rdnr. 21 mwN). Die Klage ist danach auch begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf die begehrte Feststellung auf Inanspruchnahme ambulanter Pflegeleistungen im Rahmen einer 24-Stunden Assistenz. Gemäß § 61 Satz 1 SGB XII in der seit dem 01.01.2017 geltenden Fassung haben Personen, die pflegebedürftig i.S. des § 61a SGB XII sind, Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Soweit bei dem Kläger im Hinblick auf die bei ihm bestehende Erkrankung einer Multiplen Sklerose seit dem Jahr 2013 die Pflegestufe 3 bzw. der Pflegegrad 5 gemäß §§ 61b Abs. 1 Nr. 5, 62 SGB XII im Rahmen einer Begutachtung nach dem SGB XI festgestellt worden ist, liegt bei dem Kläger ebenso Pflegebedürftigkeit i.S. des § 61 SGB XII vor. Gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 1 a) und b) SGB XII in der ab 01.01.2017 geltenden Fassung umfasst die Hilfe zur Pflege für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2,4 oder 5 ua. auch die häusliche Pflege in Form der Leistungen nach § 64a (Pflegegeld) und § 64b (häuslicher Pflegehilfe). Nach § 64 SGB XII in der seit dem 01.01.2017 geltenden Fassung soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden. Die Regelung des § 64 SGB XII n.F. nimmt damit den bereits in § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII formulierten Grundsatz auf, dass ambulante den stationären Leistungen vorgehen, also bei ausreichender häuslicher Pflege diese einer Einrichtungspflege vorzuziehen ist (vgl. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, 6.Auflage 2018, § 64 Rn 4). Nach § 13 Abs. 1 1. Hs. SGB XII können ua. Leistungen entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen) erbracht werden. Ambulante Leistungen haben dabei Vorrang vor teilstationären und stationären Leistungen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Dies korrespondiert vorliegend auch mit dem Wunsch des Klägers i.S. von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII, welcher zukünftig außerhalb einer stationären Einrichtung ambulant in einer eigenen Wohnung versorgt werden möchte. Nach dem vorliegenden Sachverhalt geht die Kammer davon aus, dass der Kläger, der sich derzeit noch in stationärer Pflege befindet, trotz seiner schweren Erkrankung, welche eine Pflegeleistung entsprechend des Pflegegrades 5, also schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung, vgl. § 61b Abs. 1 Nr. 5 SGB XII, erfordert, dem Grunde nach auch im Rahmen einer ambulanten häuslichen Pflege bedarfsdeckend im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB XII sozialhilferechtlich versorgt werden kann. Danach richten sich die Leistungen nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt. Dies ergibt sich aus der Stellungnahme des Fachamtes Gesundheit bei der Freien und Hansestadt Hamburg von Frau Dr. K. vom 20.08.2013 sowie der sozialpädagogischen Stellungnahme von Frau R. vom 10.09.2013 vom Fachdienst Soziales bei der Beklagten, welche im Ergebnis davon ausgehen, dass der Kläger, mit entsprechender pflegerischer und allgemeiner hauswirtschaftlicher und betreuerischer Unterstützung von 10 bzw. 3 bzw. 11 Stunden auch in einer eigenen Häuslichkeit täglich ausreichend versorgt werden kann. Die Kammer geht darüber hinaus auch nach dem persönlichen Eindruck vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2018 davon aus, dass die Möglichkeit einer ambulanten bedarfsdeckenden Versorgung auch im Hinblick auf dessen aktuellen Gesundheitszustand weiterhin gegeben ist. Dies wird auch von Seiten der Beklagten im Übrigen nicht in Frage gestellt. Ausweislich des vom Kläger vorgelegten Kostenvoranschläge der Firma P. vom 13.05.2013 und 22.01.2018 für eine ambulante 24-Stunden Pflege- und Betreuung des Klägers in Höhe von von ca. 14.000,- Euro monatlich bzw. von Euro 15.869,15 monatlich übersteigt dies die bisher angefallenen und aktuellen Kosten für die stationäre Versorgung des Klägers im Senator Neumann Heim in Höhe von z.Zt. 6.160,- zuzüglich der Beförderungspauschale und Pflegewohngeld um ein Vielfaches und lässt sich dies auch mit dem Einkommen des Klägers aus seinen Renten in Höhe von Euro 1.378,06 nicht wesentlich finanzieren. Als Anspruchsbeschränkung bei der häuslichen Pflege ist zwar grundsätzlich der in § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII geregelte Mehrkostenvorbehalt zu beachten (vgl. Wahrendorf, aaO, § 64 Rn 5). Dieser korrespondiert mit der in § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII enthaltenen Regelung, wonach der Vorrang ambulanter Leistungen nicht gilt, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Leistung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Die Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 3 greift die Regelung "ambulant vor stationär" aus § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII auf und macht durch die weitgehend inhaltsgleiche Kodifikation des Mehrkostenvorbehalts deutlich, dass dieser Vorrang auch durch die Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts nicht durchbrochen werden kann. Mehrkosten sind dann "unverhältnismäßig", wenn die hieraus folgende Mehrbelastung des Sozialhilfehaushalts zum Gewicht der vom Hilfebedürftigen angeführten Gründe für die von ihm getroffene Wahl der Hilfemaßnahme nicht mehr im rechten Verhältnis steht, so dass die Frage nach der (Un-)Verhältnismäßigkeit wunschbedingter Mehrkosten sich nicht in einem rein rechnerischen Kostenvergleich erschöpft, sondern eine wertende Betrachtungsweise verlangt (so zur Vorgängerregelung [§ 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG] BVerwG, Urteil vom 17. November 1994 – 5 C 11/93 – juris Rdnr. 14; BVerwG, Beschluss vom 18. August 2003 – 5 B 14/03 – juris Rdnr. 3). Bei dem Kostenvergleich sind danach auf der einen Seiten die konkreten Kosten der gewünschten Unterbringung bzw. der gewünschten Dienste in den Blick zu nehmen (Müller-Grune in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 9 Rdnr. 34). In die konkrete Bewertung hat dabei einzufließen, dass es sich bei Leistungen der Sozialhilfe um steuerfinanzierte Leistungen handelt, die endlich sind und daher nicht beliebig verteilt werden können. Die Kammer ist danach zu dem Ergebnis gelangt, dass im Rahmen der hier vorzunehmenden wertenden Betrachtung dem Wunsch des Klägers nach einer außerstationären Pflege und Versorgung Rechnung zu tragen ist. Der Mehrkostenvorbehalt des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII greift zunächst bei allen Leistungsformen ein. Er gilt daher nicht nur im Verhältnis ambulanter zu stationärer Leistungen, sondern auch im Verhältnis zwischen verschiedenen ambulanten Leistungen untereinander und zwischen verschiedenen stationären Leistungen untereinander. § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII normiere dabei eine weitere Prüfungsebene neben § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII (so ausdrücklich Müller-Grune in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 9 Rdnr. 32) und enthalte einen "allgemein gültigen Versagungstatbestand hinsichtlich der Wünsche und eines etwaigen Wahlrechts des Leistungsberechtigten" (vgl. Adolph in Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 9 SGB XII Rdnr. 27 , Stand Mai 2014). Aus der Gesetzessystematik folgt hier für beide Vorschriften ein Regel-Ausnahmeverhältnis insoweit, als der Grundsatz die aus dem Bedarf gefolgerte und am konkreten Wahlrecht ausgerichtete Leistung ist, und deren Begrenzung die begründungsbedürftige Ausnahme. Demnach darf sich die Prüfung der Leistungsvoraussetzungen nicht darauf beschränken, ob eine geeignete Einrichtung vorhanden ist. Wichtig sei, ob der vom Wunsch- und Wahlrecht abweichende Verweis auf eine konkrete Einrichtung für den Leistungsempfänger unter Beachtung der konkreten und auch die Einbindung in die soziale Gemeinschaft berücksichtigende persönliche Verhältnisse bei gleichwertiger Bedarfsdeckung und gleichwertigem Erfolg zumutbar ist. Es ist demnach die am besten geeignete Leistung geschuldet, wobei diese nur dann vom Wunsch des Leistungsberechtigten abweichen darf, wenn sie zumutbar ist. Die Prüfung dieser anspruchsbegrenzenden Vorschriften habe dabei die zwingend geltenden Rechte aus der Verfassung, dem allgemeinen und besonderen Sozialrecht und aus der UNBehindertenrechtskonvention einzubeziehen und miteinander in Einklang zu bringen (vgl. Frankenstein, Eingliederungshilfeleistungen in Form eines persönlichen Budgets und deren rechtliche Begrenzungsmöglichkeiten im Kontext von Art 19 UN-BRK – Anmerkung zu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2018 Az.: L 7 SO 3516/14 – Teil I A 25-2018, www.reha-recht.de 11.12.2018). Der Umstand, dass bei der Entscheidung zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen ist, zeigt, dass bei ihrer Überprüfung Kostenerwägungen grundsätzlich keine Rolle spielen dürfen. Es kommt vielmehr allein auf die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände an (vgl. Luthe in Hauck/Noftz, SGB, 3/16, § 13 Rn 29 mwN). Erweist sich danach die stationäre Hilfe unter Abwägung der genannten Gesichtspunkte bereits als unzumutbar, so bleibt für die Überprüfung der Unverhältnismäßigkeit der Mehrkosten kein Raum. Auch unter Berücksichtigung des Nachranggrundsatzes kommt es weiter nicht darauf an, welche Versorgung besser für den Hilfesuchenden ist, da der Sozialhilfeträger nicht für eine optimale sondern nur für eine bedarfsgerechte Versorgung zu sorgen habe (vgl. Luthe, aaO, § 13 Rn 29 mwN). Die Einrichtung muss zunächst überhaupt geeignet sein, bevor sie als zumutbar in Betracht gezogen werden kann. Diese Prüfung erfordert eine objektivierende Sicht des Einrichtungsbedarfs, während die Zumutbarkeit stärker auf die persönlichen Verhältnisse des Leistungsberechtigten ausgerichtet ist. Die Kammer hat danach keine Zweifel, dass das Senator - Neumann-Heim, in dem der Kläger derzeit stationär untergebracht ist, grundsätzlich eine geeignete Einrichtung in diesem Sinne darstellt. Die bei der Zumutbarkeitsfrage hier angemessen zu berücksichtigenden persönlichen Umstände verbieten es jedoch nach der Überzeugung der Kammer, den Kläger, dessen ausdrücklicher Wunsch es ist, seine Lebensführung eigenständig und ohne den geordneten Tagesablauf einer stationären Einrichtung zu gestalten, in einer stationären Pflegeeinrichtung zu belassen, wenn eine bedarfsdeckende ambulante Versorgung im eigenen Wohnraum objektiv geeignet und zumutbar scheint. Das SGB XII hat dazu in § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB XII einer entsprechenden selbstbestimmten Lebensführung einen überragenden Rang eingeräumt. Der Kläger hat dazu glaubhaft und nachvollziehbar ausgeführt, dass er nach der seit dem Jahre 2005 bestehenden stationären Versorgung im S.-Heim ein eigenständiges Leben außerhalb einer stationären Einrichtung anstrebt, zumal die Heimunterbringung seinerzeit nur eine Notlösung gewesen sei. Diese persönliche Wunschäußerung hat die Kammer im Rahmen der hier zu berücksichtigenden persönlichen Umstände als ausreichend im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung angesehen, soweit anderenfalls ein Wechsel von stationärer zu einer ambulanten Versorgung im Hinblick auf die dabei verursachten objektiven Mehrkosten in der Regel ausgeschlossen erscheinen. Eine solche Auslegung im Hinblick auf den Wunsch nach einer unabhängigen Lebensführung im Hinblick auf die Zumutbarkeit i.S. von § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII ist nach der Überzeugung der Kammer auch in Anwendbarkeit des hier zu berücksichtigenden Art 19 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) geboten, soweit der Kläger im Hinblick auf seine schwere Erkrankung auch zum Personenkreis der behinderten Menschen nach § 53 SGB XII gehört. Nach Art. 19 UN- BRK anerkennen die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens das gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, und treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern, indem sie unter anderem gewährleisten, dass a) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben; b) Menschen mit Behinderungen Zugang zu einer Reihe von gemeindenahen Unterstützungsdiensten zu Hause und in Einrichtungen sowie zu sonstigen gemeindenahen Unterstützungsdiensten haben, einschließlich der persönlichen Assistenz, die zur Unterstützung des Lebens in der Gemeinschaft und der Einbeziehung in die Gemeinschaft sowie zur Verhinderung von Isolation und Absonderung von der Gemeinschaft notwendig ist; c) gemeindenahe Dienstleistungen und Einrichtungen für die Allgemeinheit Menschen mit Behinderungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung zur Verfügung stehen und ihren Bedürfnissen Rechnung tragen. Das Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008 (Vertragsgesetz zur UN-BRK, BGBl II S. 1419) ist gemäß dessen Art. 2 Abs. 1 am 1. Januar 2009 in Kraft getreten. Es erteilt innerstaatlich den Befehl zur Anwendung der UN-BRK und setzt diese in nationales Recht um. Völkerrechtliche Verbindlichkeit kommt der UN-BRK für Deutschland gemäß Art. 45 Abs. 2 UN-BRK ab dem 26. März 2009 zu (vgl. auch Art. 2 Abs. 2 Vertragsgesetz zur UN-BRK i.A. der Bekanntmachung über das Inkrafttreten der UN-BRK vom 5. Juni 2009, BGBl. II S. 812). Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen völkerrechtliche Verträge wie die UN-BRK, denen die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist, im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. März 2011 – 2 BvR 882/09 – juris Rdnr. 52; BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2016 – 1 BvL 8/15 – juris Rdnr. 88; BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 10/11 R – juris Rdnr. 20). Diese Rangzuweisung führt in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG dazu, dass deutsche Gerichte das anwendbare Völkervertragsrecht wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 – 2 BvR 1481/04 – juris Rdnr. 32 zur Europäischen Menschenrechtskonvention; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. März 2011 – 2 BvR 882/09 – juris Rdnr. 52; BVerfG, Beschluss vom 21. März 2016 – 1 BvR 53/14 – juris Rdnr. 4; BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 10/11 R – juris Rdnr. 20). Subjektive Ansprüche für behinderte Menschen vermittelt die UN-BRK allerdings nur, soweit sie unmittelbar anwendbar ("self-executing") ist. Die unmittelbare Anwendbarkeit völkervertragsrechtlicher Bestimmungen setzt voraus, dass die Bestimmung alle Eigenschaften besitzt, welche ein Gesetz nach innerstaatlichem Recht haben muss, um Einzelne berechtigen oder verpflichten zu können (BVerfG, Beschluss vom 9. Dezember 1970 – 1 BvL 7/66 – juris Rdnr. 42). Dafür muss ihre Auslegung ergeben, dass sie geeignet und hinreichend bestimmt ist, wie eine innerstaatliche Vorschrift rechtliche Wirkung zu entfalten, ohne dass es einer weiteren normativen Ausfüllung bedarf (BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 10/11 R – juris Rdnr. 24 m.w.N.). Ist eine Regelung – objektiv-rechtlich – unmittelbar anwendbar, muss sie zusätzlich auch ein subjektives Recht des Einzelnen vermitteln (BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 10/11 R – juris Rdnr. 24 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2014 – L 20 SO 436/13 B ER – juris Rdnr. 59 m.w.N.). Gemäß Art. 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (BGBl. II 1985 S. 926 und BGBl. II 1987 S. 757) erfolgt die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks (BSG, Urteil vom 6. März 2012 – B 1 KR 10/11 R – juris Rdnr. 24; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, aaO, Rn 63ff juris). Nach diesen Maßstäben ist Art. 19 UN-BRK zwar nicht unmittelbar anwendbar (vgl. Luthe, aaO, § 13 Rn 37, LSG Baden-Württemberg, aaO, Rdnr. 66ff). Hierfür spricht zunächst der Wortlaut des Artikels. Denn danach treffen die Vertragsstaaten wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern. Dies deutet darauf hin, dass das Übereinkommen an dieser Stelle gerade keine subjektiven Rechte schaffen will, sondern die nähere Umsetzung des in Art. 19 UN-BRK eingeräumten Rechts aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, den Vertragsstaaten vorbehalten bleiben soll (vgl. dazu näher: LSG Baden-Württemberg, aaO, Rdnr. 66 mwN). Insofern ähnelt Art. 19 UN-BRK eher dem Freizügigkeitsrecht des Art. 11 GG, das sich auch im Wesentlichen in einer abwehrrechtlichen Dimension erschöpft, aber keinen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen begründet (vgl. dazu zuletzt BSG, Urteil vom 12. April 2017 – B 13 R 12/15 R – juris Rdnr. 37 ff, zitiert nach LSG Baden-Württemberg, aaO, Rdnr. 67). Nichts anderes gilt für den Mehrkostenvorbehalt des § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII, der – insofern ebenso wie der Mehrkostenvorbehalt des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII hinsichtlich des Wunsch- und Wahlrechts des Klägers – als Begrenzung der Vorrangs ambulanter vor (teil)stationären Leistungen wirkt. Die Überzeugung, dass Mehrkostenvorbehalte nicht durch die UN-BRK dispensiert werden, lag auch parlamentarischen Bemühungen zugrunde, den Mehrkostenvorbehalt des § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII aus dem Gesetz zu beseitigen (Antrag der Fraktion Die Linke vom 24. Februar 2011, Bundestags-Drucksache 17/4911). Dieses Ziel fand im Deutschen Bundestag keine Mehrheit (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 9. Juni 2011, Bundestags-Drucksache 17/6154; Bundestags-Plenarprotokoll 17/121 vom 8. Juli 2011, S. 14337B). Allerdings ist nach der Rechtsprechung des BVerfG auch einfaches Recht konventionsgemäß auszulegen, solange dies methodisch vertretbar ist. Das bedeutet nach der Auffassung des erkennenden Gerichts, dass der Bedeutungsgehalt der UN-BRK insbesondere bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe und der Ausübung von Ermessen Eingang in das juristische Verfahren der Rechtsprüfung zu erlangen hat (vgl. Roller, Auswirkungen der UN-Behindertenrechtskonvention auf das sozialgerichtliche Verfahrensrecht, SGb 2016, S. 17-24, Seite18; Heinz, die Vorgaben der UNBehindertenrechtskonvention, ZFSH, SGB 2016, Seite 7-16, Seite 8; a.A.: Luthe, aaO, § Rn 37). Denn bezogen auf den Bedeutungsgehalt von Art 19 UN-BRK sind dabei neben der Entstehungsgeschichte der Vorschrift auch die Äußerungen des UN-Fachausschuses für die Rechte der Menschen mit Behinderungen heranzuziehen. Dieser äußert sich ua. im turnusmäßigen Monitoring der Staatenberichtsprüfungen und es kommt ihm die Aufgabe zu, die Auslegung der Konventionsvorschriften zu vereinheitlichen. Ihre Berücksichtigungspflicht ergibt sich sowohl aus dem völkerrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben und bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass das nationale Gericht sich mit seinen Ausführungen in gutem Glauben argumentativ auseinanderzusetzen hat und dieses in dies Auslegung einzubeziehen sind. Im Hinblick auf Art 19 UN-BRK hat der Fachausschuss dargelegt, dass sich sowohl das Konzept der selbstbestimmten Lebensführung als auch die Einbeziehung in die Gemeinschaft auf Lebensformen außerhalb von Einrichtungen beziehen. Er betont, dass besondere Wohnformen, in denen behinderte Menschen zu leben verpflichtet sind und eine strukturelle Abhängigkeit des behinderten Menschen besteht, menschenrechtlich nicht akzeptiert werden müsse. Dies gelte erst recht, wenn der behinderte Mensch außerhalb einer solchen Einrichtung leben möchte. Da der Begriff der besonderen Wohnform im deutschen Recht nicht definiert sei, sei daher auch auf die Auslegung des Fachausschusses zurückzugreifen. Auch im Hinblick auf die Einführung des § 104 Abs. 3 SGB IX n.F. ab 01.01.2020 im Rahmen des neuen Bundesteilhabegesetzes, welcher lautet: "Kommt danach ein Wohnen außerhalb von besonderen Wohnformen in Betracht, ist dieser Wohnform der Vorzug zu geben, wenn dies von der leistungsberechtigten Person gewünscht wird", sei auf diese Definition des Fachausschusses zurückzugreifen. Ferner habe der Fachausschuss bereits der Bundesregierung ausdrücklich eine Novellierung des Mehrkostenvorbehalts in § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII empfohlen und sich in diesem Zusammenhang besorgt über den hohen Grad der Institutionalisierung in Deutschland geäußert (vgl. dazu Frankenstein, aaO, Teil II Beitrag A 26-2018 13.12.2108 www.-recht.de). Nach allem kommt die Kammer danach zu dem Ergebnis, dass das Verbleiben des Klägers in der stationären Einrichtung nicht auf Dauer zumutbar ist, so dass es bei dem Vorrang der ambulanten Leistungen i.S. von § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, § 64 SGB XII unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts des Klägers i.S. von § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII verbleibt mit der Folge, dass der Kläger die gewünschten Leistungen der Hilfe zur Pflege in eigener Häuslichkeit damit grundsätzlich beanspruchen kann. Denn eine Prüfung der unverhältnismäßigen Mehrkosten ist nicht vorzunehmen, wenn die stationäre Hilfe als unzumutbar ist, so dass die dadurch entstehenden Mehrkosten nach allem bei der vorliegenden Entscheidung nicht mehr zu berücksichtigen waren. Soweit der Kläger mit seinem Begehren auf eine 24-Stunden Assistenzleistung im Ergebnis neben den Leistungen der Pflege auch Leistungen der Eingliederungshilfe geltend macht, gelten diesbezüglich im Hinblick auf die Vorrangregelung in § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, welcher als allgemeine Vorschrift für alle Leistungsarten nach dem SGB XII gilt, keine anderen Maßstäbe. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind damit im Ergebnis rechtswidrig und waren somit aufzuheben. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved