S 15 SO 6319/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 SO 6319/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die nicht abdingbare Betreuungs- und Notrufpauschale im Rahmen eines Betreuten Wohnens ist als Kosten der Unterkunft zu übernehmen. Für die Frage der Angemessenheit sind die ist auf die ortsüblichen Kosten von Betreuten Seniorenwohnungen unter Einschluss von Betreuungs- und Notrufpauschalen abzustellen.
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 26.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2005 und des Bescheides vom 23.01.2006 verurteilt, dem Kläger ab 01.05.2005 ein weiteres monatli-ches Betreuungsentgelt in Höhe von Euro 38,07 sowie für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2006 in Höhe von Euro 39,41 zu gewähren. 2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welchem Umfang die Beklagte dem Kläger die Kosten für eine Betreuungs- und Notrufpauschale zu gewähren hat.

Der Kläger bewohnte zunächst eine Wohnung, für die eine Gesamtmiete einschließlich Neben-kosten in Höhe von EUR 460,16 monatlich aufzubringen war. Die Beklagte gewährte dem Kläger Grundsicherungsleistungen, wobei sie in ihrer Bedarfsberechnung unter anderem Kosten der Unterkunft in Höhe von EUR 403,98 sowie Heizkosten in Höhe von EUR 127,00 berücksichtigte.

Mit Schreiben vom 22.10.2004 kündigte der ehemalige Vermieter das Mietverhältnis mit dem Kläger wegen Eigenbedarfs zum 31.07.2005. Mit Schreiben vom 24.03.2005 unterbreitete die Stadt S/Amt für Liegenschaften und Wohnen dem Kläger ein Angebot über eine zum 01.05.2005 zu beziehende Zwei-Zimmer-Wohnung (Wohnfläche 43,05 m², Dusche/Zentralheizung/Aufzug) zu einer monatlichen Miete in Höhe von EUR 231,10 zuzüglich monatlicher Betriebskosten in Höhe von EUR 70,00 und Heizkosten in Höhe von EUR 64,13 sowie eines Betreuungsentgeltes in Höhe von EUR 137,77. Am 07.04.2005 sprach der Kläger bei der Beklagten wegen dieser Wohnung vor. Im Rahmen dieses Gespräches wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die in den Mietkosten enthaltene Betreuungs- und Notrufpauschale nicht vollständig von der Beklagten übernommen würden. Mit Schreiben vom gleichen Tag erläuterte die Beklagte dem Kläger, dass die Miete in voller Höhe als Kosten der Unterkunft anerkannt werden könne, die Betreuungskosten jedoch nur bis zur Höhe von maximal EUR 99,70. Am 15.04.2005 unterschrieb der Kläger einen Wohnungsmietvertrag mit der L.-Gesellschaft über die genannte Wohnung ab 01.05.2005 zu den genannten Konditionen. Nach § 3 des Miet-vertrages trägt der Mieter neben der Grundmiete alle Betriebskosten im Sinne der §§ 1 und 2 Betriebskostenverordnung, konkret neben den genannten Beträgen für die Grundmiete, Betriebs-kosten und Heizung einen monatlichen Zuschlag für die Betreuung im Rahmen des Senioren-heimes von EUR 137,77; die Gesamtmiete belaufe sich somit auf EUR 508,00 monatlich. Nach § 5 Ziff. 3 des Mietvertrages verpflichtet sich der Mieter, vor Beginn des Mietverhältnisses einen Betreu-ungsvertrag mit dem A. über die Leistungen des betreuten Wohnens abzuschließen. Für die Leis-tungen aus dem Betreuungsvertrag ist ein Entgelt an die L.-Gesellschaft zu entrichten, das neben den Zahlungen aus diesem Mietvertrag zusätzlich an die L.-Gesellschaft zu entrichten ist, da die Miete diese Leistungen nicht decke. Das Betreuungsentgelt sei in § 3 des Mietvertrages aufge-führt und werde von der L.-Gesellschaft an den A. abgeführt. Mit Schreiben vom 16.04.2005 bat der Kläger die Beklagte um Klärung, wer die Differenz zwi-schen der Betreuungs- und Notrufpauschale und den von der Beklagten zugesagten EUR 99,70 zu tragen habe. Mit Schreiben vom 18.04.2005 teilte die Beklagte nochmals mit, dass von ihrer Sei-te maximal EUR 99,70 der Betreuungskosten übernommen werden könnten. Am 25.04.2005 unterschrieb der Kläger einen mit dem A. vereinbarten Betreuungsvertrag und verpflichtete sich zu einer monatlichen Zahlung in Höhe von EUR 137,77. Nach § 1 des Betreu-ungsvertrages beinhalten die ambulanten sozialen Dienstleistungen technische, hauswirtschaftli-che, pflegerische und soziale Hilfeleistungen und sind in ein aufeinander abgestimmtes System von obligatorischem Grundservice und fakultativem Wahlservice aufgeteilt. Dauerhafte Pflege-bedürftigkeit könne im Rahmen "Betreuten Wohnens" nicht bewältigt werden. Die ambulanten sozialen Dienstleistungen im Rahmen des Grundservice würden ausschließlich durch den A. bereitgestellt. Der vom A. angebotene Grundservice sei nicht abwählbar und müsse vom Mieter jeder Wohneinheit getragen werden. Die Leistungen des Wahlservice könnten vom A. oder von anderen Anbietern ambulanter Hilfe in Anspruch genommen werden. Nach § 2 I des Betreu-ungsvertrages umfasst der Grundservice den Personaleinsatz von Fachpersonal, das von montags bis freitags während der üblichen Arbeitszeit in der Wohnanlage tätig sei; soziale Dienste (Aus-künfte und Beratung in Fragen sozialer Dienste, allgemeine Lebensberatung in sozialen Fragen des täglichen Lebens; Hilfe in Behördenangelegenheiten; Informations- und Kommunikations-angebote; Organisation von Therapieangeboten; Unterstützung von Selbsthilfeaktivitäten; Hilfe-stellung bei der Entwicklung und Gestaltung der Hausgemeinschaft; integrative Gemeinwesen-arbeit im Wohnumfeld; Regelung der Bewirtschaftung und Benutzung der Gemeinschaftsräume; Information, Beratung und Fortbildung für pflegende Angehörige); Anschluss, Vorhaltung, Ü-berwachung und Instandhaltung einer Hausnotrufanlage.

Mit Bescheid vom 26.04.2005 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 01.05. bis 31.12.2005 Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich EUR 744,42. Die Beklagte berücksichtigte dabei in ihrer Bedarfsberechnung unter anderem eine Betreuungspauschale in Höhe von EUR 99,70 sowie Kosten der Unterkunft in Höhe von EUR 306,10 und Heizkosten in Höhe von EUR 64,13. Der dagegen erhobene, auf Übernahme der gesamten Betreuungspauschale gerichtete Wider-spruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wird unter anderem ausgeführt, die Aufwendungen im Betreuten Seniorenwohnen, die nach § 3 des Betreuungsvertrages für den Grundservice in Höhe von monatlich EUR 137,77 an-fielen, könnten im Rahmen des § 42 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII (abweichende Bemessung des Regelbedarfes) nur in Höhe von monatlich EUR 99,70 berücksichtigt werden. Für diesen Betreuungsaufwand werde in den Sozialhilferichtlinien Baden-Württemberg (SHR) eine Regelung über eine mögliche Kostenübernahme im Rahmen der Sozialhilfe getrof-fen. Diese seien durch Gemeinderatsbeschluss für die Stadt S als Träger der Sozialhilfe bindend. Rn. 30.04 SHR regele, dass zusätzliche Betreuungskosten einen Betrag von EUR 46,00 monatlich nicht übersteigen sollten. Dieser Betrag errechne sich auf der Basis der in Baden-Württemberg vereinbarten Standards für das betreute Seniorenwohnen und sichere dadurch eine durchschnitt-liche, übliche Betreuung ab. Der Gemeinderat der Stadt S habe des Weiteren beschlossen, dass bei sozialhilfebedürftigen Bewohnern der zu berücksichtigende Betreuungsaufwand im Betreu-ten Seniorenwohnen abweichend von den landesweiten Vorgaben in den SHR bedarfsorientiert (nicht bedarfsdeckend) angemessen zu erhöhen sei, maximal auf EUR 63,91. Zusätzlich werde bei öffentlich gefördertem Wohnraum in S eine Notrufeinrichtung für jede Wohnung als obligato-risch akzeptiert, unabhängig davon ob Pflegebedürftigkeit vorliege; wenn keine Pflegebedürftig-keit vorliege, erfolge unter Berücksichtigung von Notrufkosten in Höhe von maximal EUR 35,97 eine Freiwilligkeitsleistung der Beklagten. Insgesamt käme daher nur die Übernahme von Betreuungs- und Notrufbedarf in Höhe von EUR 99,70 in Betracht.

Hiergegen richtet sich die am 06.10.2005 beim Sozialgericht Stuttgart erhobene Klage.

Ab dem 01.01.2006 erhöhte sich das Betreuungsentgelt um EUR 1,34 monatlich. Mit Bescheid vom 23.01.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2006, wobei wiederum die Betreuungskosten in der genannten Höhe angesetzt wurden.

Der Kläger beruft sich zur Begründung der Klage auf die Ausführungen des LSG Baden-Württemberg in dem zu diesem Sachverhalt durchgeführten einstweiligen Rechtsschutzverfahren (08.09.2005 - L 7 SO 2708/05 ER-B). Das LSG habe darin zutreffend ausgeführt, dass die Kos-ten für das Betreuungsentgelt aufgrund der vertraglichen Gestaltung als Kosten der Unterkunft zu werten sei. Die Kosten der Unterkunft seien in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen, da sie der Höhe nach angemessen seien.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 26.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2005 und des Bescheides vom 23.01.2006 verurteilt, dem Kläger ab 01.05.2005 ein weiteres monatliches Betreuungsentgelt in Höhe von Euro 38,07 sowie für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2006 in Höhe von Euro 39,41 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die angefochtenen Bescheide. Ergänzend wird ausgeführt, die Auffassung des LSG im genannten Beschluss werde nicht geteilt. Die vom LSG in Bezug ge-nommene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Übernahme von Kosten einer Ka-belanschlussgebühr könnten auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragen werden. Dort seien Kosten, die dem Vermieter in Rechnung gestellt werden, als Betriebskosten des Mieters sozialhilferechtlich den Unterkunftskosten zugeordnet. Nach der Vertragsgestaltung im Falle des Klägers hinsichtlich der Betreuungskosten seien diese lediglich vom Vermieter einzuziehen, stünden letztlich aber dem A. zu. Die Betreuungskosten stellten für die L.-Gesellschaft somit nur einen durchlaufenden Posten dar, für die ihr als Vermieterin keine Aufwendungen entstünden und daher trotz der Bezeichnung im Mietvertrag keine Betriebskosten laut § 1 der Betriebskos-tenverordnung darstellten. Letztlich würde sich auch die Frage stellen, ob die Koppelung von Betreuungs- und Mietverträgen zulässig sei. Nicht vom Vermieter auf den Mieter überwälzbare Betriebskosten, die lediglich als solche deklariert werden, seien vom Sozialhilfeträger auch nicht als Kosten der Unterkunft zu akzeptieren, weil auch der Mieter Leistungen aufgrund unwirksa-mer Bestimmungen im Mietvertrag nicht schulde (BGH 23.06.2004 - VIII ZR 361/03). Selbst wenn man die Betreuungskosten den Unterkunftskosten zurechnen müsste, sei § 29 Abs. 1 Satz 5 SGB XII anwendbar. Die Beklagte habe der Übernahme der Kosten in vollem Umfange jedoch nicht zugestimmt. Im Übrigen seien die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft unter Einschluss des Betreuungsentgeltes auch nicht angemessen; die Ausführungen des LSG im zugrunde liegenden Beschluss berücksichtigten insoweit die bei der früheren Wohnung aner-kannten Heizkosten; bei der Frage der Angemessenheit seien jedoch die Heizkosten und die Un-terkunftskosten jeweils getrennt zu betrachten. Für die Kaltmiete werde für die Beurteilung der Angemessenheit der Mietspiegel herangezogen, sodass diesbezüglich von einer Angemessenheit ausgegangen werde. Für die Betreuungskosten orientiere man sich am Gemeinderatsbeschluss der Stadt S, weshalb insgesamt EUR 99,70 berücksichtigt würden. Auf Bl. 12/14 der Gerichtsakte wird insoweit Bezug genommen. Des Weiteren hat die Beklagte Unterlagen zum genannten Ge-meinderatsbeschluss der Stadt S vorgelegt (Bl. 22/42) sowie eine Aufstellung der Seniorenwoh-nungen in S, teilweise mit einzelnen Angaben zum Quadratmeterpreis der jeweiligen Wohnun-gen und der Höhe der gegebenenfalls anfallenden Betreuungsentgelte; Bl. 43/77 der Gerichtsak-te.

Das Gericht hat schriftliche Auskünfte von Einrichtungen Betreuten Seniorenwohnens und deren Träger im Bereich der Stadt S eingeholt. Die eingegangenen 13 Antworten beziehen sich auf mindestens 20 Einrichtungen, bzw. Wohnanlagen. In zweien werden Wohnungen angeboten, die bezogen auf den Quadratmeterpreis der Kaltmiete und der Kosten für Betreuung und Notruf über 10 % unter den tatsächlichen Aufwendungen des Klägers hierfür liegen. 13 sind teurer, fünf entsprechen in etwa den Aufwendungen des Klägers. Das W. Baden-Württemberg hat hier-zu ausgeführt, dass für zwei der letztgenannten Kategorie angehörigen, von ihm getragenen An-lagen Wohnberechtigungsscheine nötig sind; außerdem bestehe wegen des "relativ geringen Ge-samtkostenniveaus" eine hohe Nachfrage, die nicht kurzfristig befriedigt werden könne. Nach der überwiegenden vertraglichen Gestaltung hat der Bewohner einer Seniorenwohnung eine Betreuungspauschale für eine Grundbetreuung zu entrichten, wobei der Abschluss eines Betreu-ungsvertrages mit einem entsprechenden Leistungserbringer zur Voraussetzung eines Mietver-trages gemacht wird, wenn die Einrichtung die Betreuung nicht selbst erbringt. Mit einer Aus-nahme kann sich der Bewohner bei den angefragten Einrichtungen und Trägern nicht der Kosten für eine Notrufeinrichtung entziehen, auch wenn er sie selbst nicht nutzt. Darüber hinaus besteht grundsätzlich die Möglichkeit, weitere Pflegeleistungen individuell zu vereinbaren. Wegen des genauen Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf Bl. 93/105 und 111/148 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Das Gericht hat des Weiteren eine Auskunft des Vermieters des Klägers, der L.-Gesellschaft, eingeholt; auf Bl. 149/150 wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten, auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung sowie auf die Akten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (S 12 SO 2960/05 ER; S 15 SO 7706/05 ER und S 15 SO 4265/06 ER) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Stuttgart erhobe-ne Klage ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Streitgegenstand ist das Begehren des Klägers, die Beklagte zur vollständigen Übernahme der Kosten für die Betreuungs- und Notrufpauschale zu verpflichten. Neben dem ursprünglich ange-fochtenen Bescheid vom 26.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2005 ist auch der weitere Leistungsbewilligungsbescheid vom 23.01.2006 für die Zeiträume ab 01.01. und 01.07.2006 Gegenstand des Verfahrens geworden. Wird nach Klageerhebung der Verwal-tungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt, so wird auch der neue Verwaltungsakt Ge-genstand des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 SGG). Diese Regelung findet vorliegend keine unmittelba-re Anwendung, da der weitere Leistungsbescheid den ursprünglichen weder abändern noch er-setzen. Gemäß dem Normzweck der Prozessökonomie ist die Vorschrift jedoch entsprechend anzuwenden, wenn der neue Verwaltungsakt mit dem Streitstoff in tatsächlichem oder rechtli-chem Zusammenhang steht und der Grundgedanke des § 96 die Einbeziehung rechtfertigt. Bei Dauerrechtsverhältnissen ist nach bisheriger Rechtsprechung des BSG § 96 entsprechend anzu-wenden, wenn der ursprünglich mit der Klage angefochtene Verwaltungsakt durch die während des sozialgerichtlichen Verfahrens ergangene Verwaltungsentscheidung zwar nicht abgeändert oder ersetzt wird, der spätere Bescheid aber im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses ergangen ist und ein streitiges Rechtsverhältnis regelt, das sich an den von dem angefochtenen Verwal-tungsakt erfassten Zeitraum anschließt (BSG 14.12.1995 - 11 RAr 75/95 - BSGE 77, 175). Ob eine solche Einbeziehung noch dem Normzweck der Prozessökonomie entspricht, ist insbeson-dere im Hinblick auf die Regelungsgegenstände der Bescheide und die Besonderheiten des je-weiligen Rechtsgebiets zu beurteilen. Im vorliegenden Verfahren besteht mit der Grundsiche-rungsleistung ein Dauerrechtsverhältnis im genannten Sinne. Der einzubeziehende Bescheid re-gelt die Höhe der Leistung, wobei sie zwangsläufig die Frage der Berücksichtigung der Betreu-ungspauschale, die Gegenstand der Anfechtung des ursprünglichen Bescheides ist, mit behan-deln. Da keine darüber hinausgehenden zusätzlichen Streitpunkte bestehen, ist die Einbeziehung unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie gerechtfertigt. Die Beteiligten haben sich mit einer Einbeziehung auch ausdrücklich einverstanden erklärt. Der weitere Leistungsbescheid vom 22.06.06, der in seinem Regelungsgegenstand keinen Bezug zum hier streitigen Betreuungsent-gelt hat, war demgegenüber nicht einzubeziehen.

Die Klage hat in der Sache Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf Übernahme des monatlichen Betreuungsentgeltes in tatsächlicher Höhe. Soweit die angefochtenen Bescheide der Beklagten dahinter zurückbleiben, sind sie rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.

Nach Auffassung der erkennenden Kammer ergibt sich der geltend gemachte Anspruch aus §§ 41, 42 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 29 Abs. 1 SGB XII. Dass der Antragsteller die Vor-aussetzungen eines Anspruches auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbs-minderung nach § 41 SGB XII dem Grunde nach erfüllt, ist unstreitig. Ebenso unstreitig ist zwi-schen den Beteiligten, dass der Kläger auf die Leistungen eines Betreuten Wohnens angewiesen ist. Nach § 42 Satz 1 Nr. 2 umfassen die Leistungen der Grundsicherungen im Alter und bei Er-werbsminderung auch die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Hei-zung entsprechend § 29. Nach § 29 Abs. 1 SGB XII werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Übersteigen die Aufwendungen für die Unter-kunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie insoweit als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 1 zu berücksichtigen sind, anzu-erkennen. Dies gilt so lange, als es diesen Personen nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft haben Leistungsberechtigte den dort zuständigen Träger der Sozialhilfe über die nach den Sätzen 2 und 3 maßgeblichen Umstände in Kenntnis zu setzen. Sind die Aufwendungen für die neue Unterkunft unangemessen hoch, ist der Träger der Sozialhilfe nur zur Übernahme an-gemessener Aufwendungen verpflichtet, es sei denn, er hat den darüber hinausgehenden Auf-wendungen vorher zugestimmt.

Was unter den tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft im Einzelnen zu verstehen ist, ist im Gesetz nicht näher definiert. Aus dem offenen Wortlaut ergibt sich keine Einschränkung auf bestimmte rechtliche Gestaltungen. Umfasst werden unstreitig die typischen Formen Mieten und Eigentum. Die Leistungen sollen der Sicherung des elementaren Grundbedürfnisses Unterkunft bzw. Wohnen dienen. Dieser Bedarf wird vom Sozialhilfeträger nicht sachlich gedeckt, sondern durch die Übernahme der Kosten, die der Hilfebedürftige aufzuwenden hat, um die Bedarfsde-ckung "auf dem Markt einzukaufen". Was unter die Kosten der Unterkunft zu zählen ist, hat sich daher auch an den Verhältnissen und Angeboten des jeweiligen Marktes zu orientieren. Danach und nach dem Wortlaut sind daher alle Aufwendungen erfasst, die dem Hilfebedürftigen zwangs-läufig erwachsen, um die Unterkunft zu gewinnen oder zu erhalten. Dies gilt unabhängig davon, ob die so "erkaufte" Leistung des Vermieters dem Willen und persönlichem Bedürfnis des Hilfe-bedürftigen entspricht. Auch wenn die Leistung der Art nach persönlichen Bedürfnissen dient, die eigentlich über den Regelsatz abgegolten werden, sind zwangsläufige Aufwendungen, denen sich der Hilfebedürftige bei der Wohnungserhaltung und -beschaffung nicht entziehen kann, Kosten der Unterkunft. Entscheidend ist daher nicht die Art des Bedarfes, der durch die zwangs-läufig mit der Unterkunft verbundenen, "zusätzlichen" Aufwendungen gedeckt wird, sondern allein die Unmöglichkeit, die Unterkunft ohne diese Aufwendungen zu erhalten. Dies gilt für die konkrete Wohnung selbst dann, wenn bedarfsgerechte Unterkunftsalternativen ohne solche Auf-wendungen verfügbar sein sollten (BVerwG 28.11.2001 - 5 C 9/01 - BVerwGE 115, 256; LSG Baden-Württemberg, 08.09.2005 - L 7 SO 27/05 ER-B; LSG Baden-Württemberg 28.06.2006 - L 13 AS 2297/06 ER-B). Unstreitig unterfallen den Kosten der Unterkunft hier die üblichen Mietkosten, nämlich Kaltmie-te und Neben- bzw. Betriebskosten.

Diese Voraussetzungen sind aber auch hinsichtlich des Betreuungsentgeltes beim Kläger erfüllt, da er sich diesem Kostenfaktor nicht entziehen kann. Der Kläger ist nach § 5 Abs. 3 des Mietver-trages zum Abschluss eines Betreuungsvertrages mit dem Träger der Betreuung (A.) vor Beginn des Mietverhältnisses verpflichtet gewesen. Das im Betreuungsvertrag vereinbarte Betreuungs-entgelt von EUR 137,70 ist nach § 3 des Mietvertrages Bestandteil der Miete. Der Kläger wäre somit selbst ohne Inanspruchnahme der Dienste aufgrund der zugrunde liegenden vertraglichen Kon-struktion zur Zahlung verpflichtet gewesen. Das Gericht vermag dem Einwand der Beklagten nicht zu folgen, das Betreuungsentgelt sei nicht den Kosten der Unterkunft zuzurechnen, da es für den Vermieter lediglich einen durchlaufenden Posten darstelle, der letztlich an den Vertragspartner des Betreuungsvertrages, den A., weiterge-leitet werde, sodass trotz der Einbeziehung in den Mietvertrag keine Betriebskosten nach § 1 der Betriebskostenverordnung (2. Berechnungsverordnung) vorlägen. Nicht vom Vermieter auf den Mieter überwälzbare Betriebskosten, die lediglich als solche deklariert würden, seien vom Sozi-alhilfeträger auch nicht als Kosten der Unterkunft zu akzeptieren, weil auch der Mieter Leistun-gen aufgrund unwirksamer Bestimmungen im Mietvertrag nicht schulde. Das von der Beklagten insoweit in Bezug genommene Urteil des BGH (23.06.2004 - VIII ZR 361/03 - MDR 2004, 736) betrifft die Unwirksamkeit einer formularmäßigen Renovierungsklausel mit starren Fristen. Nach der dort anwendbaren Regelung des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG i. V. m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB liege eine unangemessene Benachteiligung des Mieters vor, wenn eine Bestimmung mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (Verstoß gegen Treu und Glauben). Das Gericht sieht eine Abweichung vom Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Mietrechts nur darin, dass entgegen dem Ver-tragstyp Mietvertrag Inhalt des geschlossenen "Mietvertrages" nicht nur die Überlassung der Mietsache, sondern eine darüber hinausgehende weitere Dienstleistung ist, die durch einen Drit-ten erfüllt wird. Eine unangemessene Benachteiligung des "Mieters", der die betreute Wohnung gerade wegen dieser zusätzlichen Leistung anmietet, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Al-lenfalls führt die Vertragskonstruktion dazu, dass man nicht mehr von einem typischen Mietver-trag im Sinne des BGB ausgehen kann, sondern einen Vertragstypus eigener Art anzunehmen hat. Gegen Treu und Glauben verstößt eine solche Regelung nach Auffassung der Kammer aber unter keinem Gesichtspunkt, so dass sie auch nicht als unwirksam angesehen werden kann. Des Weiteren ist auch die Qualifizierung einer - wirksamen - Regelung als mietvertragliche Verein-barung im Sinne des BGB nach Auffassung der Kammer nicht zwingende Voraussetzung für die Berücksichtigung der daraus erwachsenden Aufwendungen als Kosten der Unterkunft. Die Ziele und Wertungen des zivilrechtlichen Mietrechts und der Leistungserbringung nach dem SGB XII sind nicht deckungsgleich. Für Letztere ist - unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung - nur entscheidend, dass die Aufwendungen nötig sind, um die Unterkunft zu erlangen oder zu erhalten. Aufgrund der wirksamen rechtlichen Gestaltung kann sich der Kläger jedenfalls dem hier streiti-gen Betreuungsentgelt unter Einschluss des auf den Notruf entfallenden Teils nicht entziehen, ohne die konkrete Wohnung aufzugeben.

Schließlich darf nach Ansicht des Gerichts der besondere Inhalt des Betreuten Wohnens bei die-ser Betrachtung nicht außer acht gelassen werden. Dieses soll gewährleisten, dass bestimmte Betreuungsleistungen, deren der betroffene Personenkreis bedarf, in der Einrichtung, also gerade im Zusammenhang und in örtlicher Nähe der eigenen Unterkunft erbracht werden. Es besteht somit eine untrennbare Anknüpfung gerade an die jeweilige Wohnung. Die Erhebungen des Ge-richts im laufenden Verfahren haben ergeben, dass die Personen, die auf solche Betreuung an-gewiesen sind, diese grundsätzlich nicht gleichsam neben der Unterkunft auf dem "Markt" er-langen können. Nach allen Auskünften der Einrichtungen und Träger im Verfahren war die Un-terkunft untrennbar mit den Betreuungsleistungen der Einrichtung selbst oder eines vorgegebe-nen Dritten verbunden, mit dem ein Rahmenvertrag besteht. Danach kann das Gericht davon ausgehen, dass im Falle des Klägers, der unstreitig des Betreuten Wohnens bedarf, bedarfsge-rechte Unterkunftsalternativen ohne Betreuungsentgelt gar nicht zur Verfügung stehen. Mangels Ausweichmöglichkeiten kann sich der Kläger dann erst recht nicht den Kosten entziehen.

Daran ändert sich nach Auffassung des Gerichts auch nichts, wenn man die "nicht heimverbun-denen" Seniorenwohnungen mit einbezieht. Zunächst erscheint fraglich, ob diese in gleichem Maße wie die "heimverbundenen" den Erfordernissen eines Betreuten Wohnens, wie es der Klä-ger bedarf, gerecht werden. Dies kann aber offen bleiben. Nach der von der Beklagten vorgeleg-ten amtlichen Begründung zum Gemeinderatsbeschluss der Stadt S (Bl. 26/35 der Gerichtsakten) gab es in S 1998 einschließlich der in Planung oder Bau befindlichen Projekte ca. 3000 Senio-renwohnungen, davon 1550 nicht heimverbundene und 1450 heimverbundene. Damit sei der Bedarf an Seniorenwohnungen rein rechnerisch nahezu gedeckt (Bl. 30). Bei einem Gesamtbe-stand an Seniorenwohnungen, der gerade den Gesamtbedarf deckt, und einem Anteil daran von ca. 50% an heimverbundenen Wohnungen stellen solche Wohnungen einen so relevanten Teil des "Marktes" dar, dass der Hilfebedürftige nicht auf eine Beschränkung auf nicht heimverbun-dene Wohnungen verwiesen werden kann, um seinen Bedarf zu decken. Ohne Einbeziehung der heimverbunden Wohnungen erscheint dem Gericht eine - auch zeitgerechte - Bedarfsdeckung nicht möglich. Da bei diesen die Betreuungsentgelte aber fest mit der Unterkunft selbst ver-knüpft sind, sind diese bei der Bestimmung der Unterkunftskosten mit einzubeziehen.

Aus den Vorschriften des Heimgesetzes (HeimG) ergibt sich nichts anderes. An der Beurteilung der Betreuungspauschale als Kosten der Unterkunft würde sich durch die Anwendung des HeimG nichts ändern (LSG Baden-Württemberg v. 28.06.2006 a. a. O.). Die Angemessenheit der Entgelte und Entgeltbestandteile im Sinne des § 5 Abs. 7 Heimgesetz ist nicht zu prüfen, da das Gesetz auf den vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung findet. Nach § 1 Abs. 1 gilt dieses Gesetz für Heime. Heime im Sinne dieses Gesetzes sind Einrichtun-gen, die dem Zweck dienen, ältere Menschen oder pflegebedürftige oder behinderte Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. Die Tatsache, dass ein Ver-mieter von Wohnraum durch Verträge mit Dritten oder auf andere Weise sicherstellt, dass den Mietern Betreuung und Verpflegung angeboten werden, begründet allein nicht die Anwendung des Heimgesetzes. Dies gilt auch dann, wenn die Mieter vertraglich verpflichtet sind, allgemeine Betreuungsleistungen wie Notrufdienste oder Vermittlung von Dienst- oder Pflegeleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen und das Entgelt hierfür im Verhältnis zur Miete von unter-geordneter Bedeutung ist. Dieses Gesetz ist anzuwenden, wenn die Mieter vertraglich verpflich-tet sind, Verpflegung und weitere Betreuungsleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen (Abs. 2). Im Rahmen des mit dem A. abgeschlossenen Betreuungsvertrages, der Teil des einheit-lichen Rechtsgeschäftes über das Betreute Wohnen ist, erhält der Kläger den so genannten Grundservice, der auch nicht "abgewählt" werden kann. Die Verpflegung des Klägers wird von diesem Grundservice nicht umfasst. Vielmehr ist dies nach § 2 II des Betreuungsvertrages Teil des Wahlservice. Angebot und Leistungen des Wahlservice können im Bedarfsfall von den Be-wohnern der Wohnanlage auf freiwilliger Basis in Anspruch genommen werden; eine Verpflich-tung zur Inanspruchnahme besteht nicht. Insoweit kann auch ambulante Hilfe von anderen An-bietern in Anspruch genommen werden. Dauerhafte Pflegebedürftigkeit kann im Rahmen des Betreuten Wohnens nicht gewährleistet werden (§ 1 I des Betreuungsvertrages). Der Wahlservi-ce im Rahmen dieses Betreuungsvertrages wird vom Kläger aktuell nicht in Anspruch genom-men. Ein Zur-Verfügung-Stellen von Verpflegung im Sinne des § 1 Abs. 1 HeimG liegt somit nicht vor. In Betracht käme für die Anwendung des HeimG daher nur die Variante des Vorhal-tens von Betreuung und Verpflegung. Im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des HeimG ist zum Ausdruck gebracht worden, allgemeine Betreuungsleistungen, die sich wie hier nur auf Be-ratung, Hausnotrufdienste, hausmeisterliche Dienste, Hilfe bei der Beantragung von Sozialleis-tungen oder Vermittlung von hauswirtschaftlichen Hilfe oder Pflegeleistungen bezögen, seien für Einrichtungen des Betreuten Wohnens typisch und von einer "heimmäßigen" Betreuung, die für die Anwendung des Heimgesetzes Voraussetzung sei, zu unterscheiden (BT-Drucksache 14/5399 S. 18). Von einer genaueren Bestimmung des Anwendungsbereiches hat der Gesetzge-ber jedoch abgesehen und lediglich Auslegungsregeln in § 1 Abs. 2 HeimG formuliert. Danach soll das HeimG jedenfalls dann nicht Anwendung finden, wenn das Entgelt für die allgemeinen Betreuungsleistungen im Verhältnis zur Miete von untergeordneter Bedeutung ist; nach der amt-lichen Begründung (a. a. O. S. 19) wurde hier eine Grenze von 20 % des monatlichen Entgelts für die Miete einschließlich der Betriebskosten gesehen. Diese Grenze wird im Falle des Klägers zwar eindeutig überschritten (Miet- und Nebenkosten EUR 301,10 gegenüber dem Betreuungsent-gelt von EUR 137,77). Daraus kann jedoch noch nicht im Gegenschluss entnommen werden, dass das HeimG tatsächlich Anwendung findet. Vielmehr ist eine Gesamtbeurteilung anzustellen, ob der Kläger "heimmäßig" aufgenommen wurde (BGH 21.04.2005 - III ZR 293/04 - NJW 2005, 2008). Abzustellen ist dabei auf den heimmäßigen Aufenthalt des konkret Betroffenen (OLG München, 13.04.2006 - 33 Wx 42/06 - Juris). Eine "Versorgungsgarantie", dass der Kläger auch bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit der Folge der Pflegebedürftigkeit auf-genommen würde, besteht im Rahmen des Betreuten Wohnens nicht. Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, weitergehende, dem Wahlservice unterliegende Leistungen, insbesondere hinsicht-lich der Verpflegung, gerade vom Vertragspartner des Betreuungsvertrages im Rahmen des ein-heitlichen Rechtsgeschäftes zu beziehen. Insoweit kann er auf andere Anbieter zurückgreifen, sodass eine ähnliche Situation wie bei einer häuslichen Unterbringung unter Verpflegung nach der Art "Essen auf Rädern" vorliegt. Der Kläger hat auch bislang keinen Wahlservice in An-spruch genommen. Pflegeleistungen werden für ihn nicht erbracht. Nach der konkreten Ausges-taltung geht das Gericht daher davon aus, dass der Anwendungsbereich des HeimG nicht eröff-net ist.

Auszugehen ist daher von einer wirksamen Vereinbarung des Betreuungsentgeltes in Höhe von EUR 137,77 monatlich, bzw. ab 01.01.2006 in Höhe von EUR 139,11, das den Kosten der Unterkunft zuzuordnen ist.

Grundsätzlich sind nach § 29 Abs. 1 SGB XII Leistungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendun-gen für die Unterkunft zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Die (abstrakte) Angemessenheit bestimmt sich nach dem Bedarf des Hilfebedürftigen; hierbei kommt es auf die Besonderheiten des Einzelfalles an, vor allem auf die Person des Hilfebedürfti-gen, die Art seines Bedarfes und die örtlichen Verhältnisse. Hinsichtlich der Lage und Ausstat-tung sind für die Beurteilung grundsätzlich Wohnungen maßgeblich, die im unteren Bereich der am Wohnort des Hilfebedürftigen marktüblichen Wohnungsmieten liegen (Grube in Gru-be/Wahrendorf SGB XII § 29 Rn. 24).

Als Maßstab für die Angemessenheit bieten sich im vorliegenden Fall drei Möglichkeiten an. Abgestellt werden könnte auf den "normalen" Mietspiegel der Stadt S, auf die reinen Mietpreise von Betreuten Wohnungseinrichtungen oder auf deren Kosten unter Einschluss der für die dort grundsätzlich erbrachte Betreuung (Grundservice) anfallenden Kosten (Betreuungsentgelt). Gegen die Heranziehung des allgemeinen Mietspiegels spricht nach Ansicht des Gerichts bereits die besondere Struktur des Betreuten Wohnens: So werden teilweise in den Einrichtungen zu-sätzlich zum Quadratmeterpreis für die Wohnung noch Zuschläge für die Gemeinschaftsräume erhoben (so zum Beispiel Auskunft der S-Gesellschaft). Andererseits bestehen in vielen Fällen Preisbindungen aufgrund der örtlichen Förderung. Solche Einflüsse werden im Mietspiegel nicht ausreichend abgebildet. Des Weiteren wird darin auch nicht besondere Inhalt des Betreuten Wohnens berücksichtigt. Dieser besteht zwar in erster Linie in den Dienstleistungen, ist aber, wie oben bereits ausgeführt, dem Wesen nach gerade auch auf die Unterkunft, also das Wohnen bezogen. Die Anforderungen an die Gestaltung der Wohnungen und der Gesamtanlage, in deren Rahmen die weitere Betreuung zu erbringen ist, decken sich nicht mit einer "normalen" Woh-nung. Das Gericht sieht auch keinen Anhaltspunkt, wie die Kosten für diesen Bedarf im Betreu-ten Wohnen für den einzelnen Hilfebedürftigen anhand abstrakter oder genereller Werte (z. B. Erhöhung des Raumbedarfs, allgemeiner Zuschlag, Faktor für den im Mietspiegel ausgewiese-nen Quadratmeterpreis o. ä.) bestimmt werden könnten, sodass sie den tatsächlichen Verhältnis-sen auf dem Markt entsprächen. Der Mietspiegel gibt somit nach Auffassung des Gerichts kein verlässliches Bild über die örtlichen Verhältnisse gerade bezogen auf den konkreten Bedarf im Betreuten Wohnen. Vielmehr sind die Erhebungen des Gerichts und die von der Beklagten über-lassenen Unterlagen besser geeignet, die örtlichen Verhältnisse für das eigene "Segment" Be-treutes Wohnen zu bewerten. Dabei geht das Gericht davon aus, dass die Betreuungsentgelte (Grundservice) in den Vergleich mit einbezogen werden müssen. Dies ergibt sich aus der Vorgabe, dass der Bedarf des einzelnen Hilfebedürftigen Ausgangspunkt für die Angemessenheit ist; besteht dieser in einem Betreuten Wohnen, ist dieser Bedarf insoweit mit einzubeziehen, wie er unauslösbar mit der Unterkunft verknüpft ist. Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen besteht keine ausreichende Möglichkeit, lediglich eine Wohnung in einem Betreuten Wohnen anzumieten und die Betreu-ungsleistung selbst "einzukaufen". Vielmehr wird die Betreuung von der Einrichtung selbst er-bracht oder von einem Dritten, mit dem die Einrichtung einen Rahmenvertrag geschlossen hat, dessen sich der Hilfebedürftige in dieser Einrichtung also zu bedienen hat. Einzelne Ausnahmen stehen dem nicht entgegen, da es für die Frage der Angemessenheit auf die üblichen, also regel-mäßigen Verhältnisse ankommt. Die Wahl der Unterkunft legt somit beim Betreuten Wohnen in aller Regel sogleich den Betreuer und damit die Kosten für die Betreuung fest. Ohne die vorge-sehene Betreuung wiederum kann keine betreute Wohnung angemietet werden. Schließlich hängt das Betreuungsentgelt wiederum von der Größe der Einrichtung ab (z. B. Auskunft des S.-Werks). Diese gegenseitige Anbindung, die auch aus den oben genannten Gründen die Bewer-tung als Kosten der Unterkunft rechtfertigen, führt auch dazu, dass als Vergleichsmaßstab die Gesamtkosten aus Miete, Nebenkosten und Betreuungsentgelt heranzuziehen sind. Bei Letzterem sind aus gleichem Grund die Kosten für Notrufsysteme zu berücksichtigen, da diese nach dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen in gleicher Weise üblich und nicht abwählbar sind.

Ausgehend von diesem Maßstab sieht das Gericht die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für die Unterkunft unter Einschluss der Betreuungsentgelte als angemessen an. Von den in die Auskünfte einbezogenen 20 Objekten waren nur zwei billiger als die Unterkunft des Klägers, fünf lagen im selben Rahmen (bis zu 10 % Abweichung), 15 waren - auch erheblich - teurer. Von zusätzlichem Aussagewert erscheint dem Gericht dabei auch die Auskunft des W. Baden-Württemberg (Bl. 140/143 d. Gerichtsakten). Danach ist für die Häuser Nr. 93 und 95 des L.-Stifts, die der Preisklasse der Unterkunft des Klägers entsprechen, ein Berechtigungsschein erforderlich; darüber hinaus besteht aufgrund des "relativ geringen Gesamtkostenniveaus" eine erhöhte Nachfrage, die nicht kurzfristig befriedigt werden kann. Aus den von der Beklagten vor-gelegten Aufstellungen von Einrichtungen in S ließen sich lediglich fünf entnehmen, die deutlich billiger waren. Die Aussagekraft ist insoweit aber eingeschränkt, als dort nur die Quadratmeter-preise genannt werden, nicht aber die tatsächliche Größe der einzelnen Unterkunft. Zur Ver-gleichsberechnung hat das Gericht die tatsächliche Wohnungsgröße des Klägers angesetzt. Soll-ten die dort genannten Wohnungen tatsächlich größer sein, ergäbe sich ein anderes Bild; es könnten also weniger billigere Wohnungen vorliegen. Unberücksichtigt bleiben mussten man-gels Angaben auch die jeweiligen Neben- oder Betriebskosten. Das Gericht hat daher zum Ver-gleich auch die Betriebskosten der Wohnung des Klägers insoweit unberücksichtigt gelassen. Insgesamt erscheint dem Gericht daher der Vergleich anhand der Auskünfte im Gerichtsverfah-ren aussagekräftiger. Nach alldem geht das Gericht davon aus, dass die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für eine Unterkunft im unteren Preissegment notwendig und damit angemessen sind.

Da die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers nach Auffassung des Gerichts bereits abstrakt angemessen sind, hatte es die Frage der konkreten Angemessenheit nicht zu klären. Es kommt also nicht darauf an, ob abstrakt als unangemessen angesehene Aufwendungen mangels zu die-sem Preis tatsächlich vorhandener Unterkunftsalternativen im Einzelfall (konkret) angemessen sind (dazu BVerwGE 101, 194). Die einschränkende Vorschrift des § 29 Abs. 1 Satz 5 SGB XII findet ebenfalls keine Anwendung. Auch im Hinblick auf den erfolgten Umzug des Klägers in die hier streitige Wohnung sind die tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, da sie abstrakt angemessen sind.

Der Kläger hat somit Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für das Betreuungsentgelt. Die angefochtenen Bescheide waren entsprechend abzuändern.

Wollte man die Betreuungskosten nicht als Kosten der Unterkunft ansehen, wäre zu erwägen, ob die Beklagte dann nicht verpflichtet wäre, den Regelsatz gem. § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ab-weichend in der Art zu bestimmen, dass die tatsächlichen Betreuungskosten zugrunde zu legen wären, da der Kläger sich diesen aus o.g. Gründen nicht entziehen kann. Das Gericht lässt dies offen, da es sich seiner Auffassung nach um Kosten der Unterkunft handelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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