S 11 AS 96/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 96/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten des Klägers zu 1/3 zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine einmaligen Beihilfe für die Anschaffung eines Schreibtisches für seinen schulpflichtigen Sohn.

Der Kläger steht im laufenden Leistungsbezug. Er ist Vater zweier Söhne, die ursprünglich bei deren Mutter lebten. Am 22.03.2005 beantragte er Leistungen, um den Söhnen in seiner Wohnung ein Zimmer einrichten zu können, da diese 8-10 Tage pro Monat bei ihm lebten, und konkretisierte den Antrag am 24.02.2006 dahingehend, dass er zwei Kinderbetten, einen Kleiderschrank, einen Arbeits- und Schreibtisch, einen Schrank oder eine Kommode für Spielsachen sowie eine Kindersitzgruppe benötige. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28.04.2006 mit der Begründung ab, im Haushalt der Mutter sei bereits ein Kinderzimmer vorhanden, und bot dem Kläger lediglich ein entsprechendes Darlehen an. Den am 26.05.2006 erhobenen Widerspruch wies sie mit Bescheid vom 19.07.2006 zurück.

Hiergegen richtet sich die am 31.07.2006 erhobene Klage.

Die Beklagte hat angesichts des dauerhaften Einzugs beider Söhne beim Kläger eine Beihilfe zur Anschaffung von zwei Kinderbetten und zwei 2-türigen Kleiderschränken erbracht.

Der Kläger begehrt zusätzlich eine Beihilfe zur Anschaffung eines kindgerechten Schreibtisches für seinen schulpflichtigen Sohn.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28.04.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2006 zu verurteilen, dem Kläger eine einmalige Beihilfe zur Anschaffung eines kindgerechten Schreibtisches zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt aus, ein eigener Schreibtisch für schulpflichtige Kinder sei kein existentiell notwendigen Bedarf, für den eine Beihilfe zur Erstausstattung gewährt werden könne. Es könne Kindern zugemutet werden, die Hausaufgaben am Esstisch zu erledigen. Des Weiteren könne der Kläger - ggfs. unter Inanspruchnahme des angebotenen Darlehens - auch gebrauchte Möbel erwerben. Hierfür stünde ihm auch die in der Regelleistung enthaltene Ansparpauschale zur Verfügung. Auch gebe es in Zeitschriften regelmäßig Angebote, wonach Einrichtungsgegenstände zu verschenken seien. Schließlich sei anlässlich eines im Oktober 2006 durchgeführten Hausbesuchs festgestellt worden, dass das von den beiden Kindern bewohnte Zimmer u.a. bereits mit einem gebrauchten Schreibtisch nebst Schreibtischstuhl ausgestattet sei und der Kläger außerdem noch über zwei weitere Tische (einen Esstisch und einen eigenen Schreibtisch) verfüge.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind nicht rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch eine einmalige Beihilfe zur Anschaffung eines Schreibtisches.

Als Anspruchsgrundlage kommt vorliegend nur § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in Betracht. Nach dieser Vorschrift haben Hilfebedürftige Anspruch auf eine einmalige Beihilfe zur Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten.

Die Anschaffung eines eigenen Schreibtisches für ein schulpflichtiges Kind ist keine Erstausstattung i.S.d. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II. Zur Erstausstattung gehören sämtliche Gegenstände, die für eine geordnete Haushaltsführung und ein menschenwürdiges Wohnen erforderlich sind (SG Dresden, Beschluss vom 29.05.2006, S 23 AS 802/06 ER; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.07.2005, L 3 ER 45/05 AS, Lang in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 23 Rn. 101; Rothkegel in: Gagel, SGB III, § 23 SGB II, Rn. 64). Zu beachten ist hierbei auch das sog. Abstandsgebot gegenüber den Lebensverhältnissen der Bezieher niedriger Erwerbseinkommen (zu dessen Geltung im SGB II etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.05.2006, L 10 AS 1093/05). Da der Kläger sowohl über einen Esstisch als auch über einen eigenen Schreibtisch verfügt, ist ein hilferechtlicher Bedarf für einen weiteren Schreibtisch nicht erkennbar. Nach Auffassung der Kammer ist es auch in Haushalten niedriger Einkommensgruppen nicht unüblich, dass Kinder ihre Hausaufgaben am Esstisch erledigen und keinen gesonderten Schreibtisch in ihrem Kinderzimmer haben. Dass ein Kind unter diesen Umständen die Hausaufgaben möglicherweise nur dann erledigen kann, wenn es im Wohnzimmer hinreichend ruhig ist, ändert hieran nichts, denn es steht in der Macht der Eltern, auf die erforderliche Ruhe hinzuwirken; im Übrigen ist das Kind auch im Kinderzimmer (dass der schulpflichtige Sohn zusammen mit seinem jüngeren Bruder bewohnt) auch nicht zwingend ungestört. All dies gilt auch angesichts der Tatsache, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um "kindgerechte" (d.h. der Körpergröße von Kindern angepasste) Schreibtische handelt. Hier kann im Einzelfall lediglich die Beschaffung eines entsprechenden Stuhles geboten sein, was indes nicht Gegenstand der Klage ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass Veranlassung zur Klageerhebung nur hinsichtlich Bett und Schrank für den älteren Sohn bestanden hat.
Rechtskraft
Aus
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