L 10 AS 541/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 43 AS 806/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 541/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. Februar 2008 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für ihre private Haftpflicht- und ihre private Hausrats- und Glasversicherung von der Beklagten.

Sie ist 1962 geboren, ledig und kinderlos und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Seit dem 01. Dezember 2004 bewohnt sie allein eine Einzimmerwohnung. Nach dem Mietvertrag ist sie verpflichtet, eine Hausrats- und Haftpflichtversicherung abzuschließen, die auch Schäden durch Glasbruch und Vandalismus einschließt. Bis zum 31. Dezember 2004 bezog die Klägerin Sozialhilfe; seit dem 01. Januar 2005 erhält sie Arbeitslosengeld (Alg) II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Zum 01. Dezember 2006 wurden sowohl der Jahresbeitrag ihrer Privathaftpflichtversicherung für Singles von 56,93 EUR (Beitrag von 49,08 EUR zuzüglich 16 % Versicherungssteuer von 07,85 EUR) als auch der Jahresbetrag ihrer Hausrats- einschließlich Glasversicherung von 38,05 EUR (Beitrag von 33,00 EUR zuzüglich 16 % Versicherungssteuer 05,05 EUR) fällig, insgesamt also 94,98 EUR.

Mit Bescheid vom 01. Dezember 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01. Dezember 2006 bis zum 31. Mai 2007 Alg II von insgesamt 586,74 EUR monatlich (Regelleistung 345,00 EUR und anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung 241,47 EUR; der zuletzt genannte Betrag errechnete sie aus den Mietaufwendungen abzüglich einer Warmwasseraufbereitungspauschale von 9,00 EUR).

Mit am 06. Dezember 2006 bei der Beklagten eingegangenen "Beschwerde" (Schreiben vom 04. Dezember 2006) wandte sich Klägerin ua dagegen, dass die Beklagte nicht die von ihr zuvor geltend gemachten Versicherungsbeiträge überwiesen habe. Die Beklagte bewertete dieses Begehren als Antrag auf Übernahme der Kosten der Hausratsversicherung im Rahmen des § 23 Abs 1 SGB II und lehnte das so verstandene Begehren mit Bescheid vom 19. Dezember 2006 ab. Die gegen diesen Bescheid eingelegte "Beschwerde" (Schreiben vom 22. Dezember 2006) würdigte die Beklagte erneut als Antrag auf Übernahme der Kosten der Hausratsversicherung im Rahmen des § 23 Abs 1 SGB II, den sie mit Bescheid vom 02. Januar 2007 ablehnte. Der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin (Schreiben vom 04. Januar 2007) blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2007).

Mit ihrer vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 02. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2007 hat die Klägerin ihr Begehren auf Übernahme der zum 01. Dezember 2006 fällig gewordenen Versicherungsbeiträge weiterverfolgt.

Mit Bescheid vom 12. November 2007 hat die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01. Dezember 2007 bis zum 31. Mai 2008 Alg II von insgesamt 588,74 EUR monatlich bewilligt (Regelleistung 347,00 EUR und anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung 241,47 EUR; der zuletzt genannte Betrag errechnete sie aus den Mietaufwendungen abzüglich einer Warmwasseraufbereitungspauschale von 9,00 EUR).

Zum 01. Dezember 2007 sind sowohl der Jahresbeitrag der klägerischen Privathaftpflichtversicherung für Singles von 58,41 EUR (Beitrag von 49,08 EUR zuzüglich 19 % Versicherungssteuer von 09,33 EUR) als auch der Jahresbetrag ihrer Hausrats- einschließlich Glasversicherung von 40,03 EUR (Beitrag von 33,83 EUR zuzüglich 19 % Versicherungssteuer 06,20 EUR) fällig geworden, insgesamt also 98,44 EUR.

Mit am 26. November 2007 beim SG eingegangen Schreiben vom 29. November 2007 und 22. Dezember 2007 hat die Klägerin nunmehr insgesamt 200,62 EUR begehrt, die sich zusammen setzten aus den von ihr geltend gemachten, zum 01. Dezember 2006 fällig gewordenen Versicherungsaufwendungen von 91,18 EUR, der insoweit angefallenen Mahngebühr von 11,00 EUR sowie den zum 01. Dezember 2007 fällig gewordenen Versicherungsbeiträgen von 98,44 EUR.

Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 05. Februar 2008 abgewiesen und die Rechtsmittelbelehrung beigefügt, dass dieser Gerichtsbescheid mit der Berufung angefochten werden könne.

Gegen den ihr am 23. Februar 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26. Februar 2008 (Schreiben vom 24. Februar 2008) ausdrücklich Berufung eingelegt, mit der sie ihr zuletzt vor dem SG geltend gemachtes Begehren weiterverfolgt.

Einen Berufungsantrag hat die Klägerin nicht gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten und die die Klägerin betreffende Leistungsakte (Bd I bis IV der Behelfsakten) der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unzulässig, weil der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes nicht erreicht und eine Zulassung durch das SG nicht erfolgt ist; mithin ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen (§ 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), ohne dass es darauf ankommt, ob die Klage überhaupt zulässig ist und ob der Klägerin der erhobene Anspruch materiell-rechtlich zusteht.

Nach § 105 Abs 2 SGG können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Satz 2 SGG in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung des Gesetzes, die weiterhin Anwendung findet, weil die Klägerin noch vor der zum 01. April 2008 ohne Übergangsregelung wirksam gewordenen Neufassung des Gesetzes Berufung eingelegt hat (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, RdNr 10e vor § 143 mwN), bedarf die Berufung nur dann keiner besonderen Zulassungsentscheidung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 EUR übersteigt oder wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Die Klägerin ist durch den von ihr angefochtenen Gerichtsbescheid des SG nicht in dem von § 144 Abs. 1 SGG vorausgesetzten Maße beschwert, denn mit dem im Klageverfahren zuletzt beanspruchten Betrag von 200,62 EUR wird der erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht.

Es sind aber auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit. Richtig verstanden (§ 123 SGG) ist das Rechtsschutzziel der Klägerin darauf gerichtet, höhere Leistungen (weitere 206,62 Euro), und zwar solche für Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, für die Monate Dezember 2006 und Dezember 2007 von der Beklagten zu erlangen. Die Beschränkung des Streitgegenstandes in sachlicher Hinsicht auf höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung ist zulässig, da es sich um einen von den Regelleistungen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (BSG, Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 8/06 R, juris RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 RdNr 18 ff; ausdrücklich offen gelassen in BSG, Urteil vom 23. November 2006, B 11b AS 9/06 R, juris RdNr 17 = SozR 4-4300 § 428 Nr 3 juris RdNr 17). Die soeben beschriebene Bestimmung des Streitgegenstandes in sachlicher Hinsicht beruht auf Folgendem: Die Regelleistung nach § 20 SGB II (die für Alleinstehende wie die Klägerin bis zum 30. Juni 2007 345,00 EUR monatlich betragen hat) ist Bestandteil des Alg II, das nach § 19 Satz 1 SGB II daneben auch Leistungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) sowie weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst, wobei letztere wegen offensichtlichen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen hier nicht weiter interessieren (ua etwa Leistungen wegen unterschiedlichen Mehrbedarfs nach Maßgabe von § 21 SGB II und Leistungen für verschiedene Erstausstattungen nach § 23 Abs 3 SGB II). Daneben sieht das SGB II ua noch als Darlehen zu gewährende Leistungen nach § 23 Abs 1 SGB II vor, die die Klägerin – entgegen der Auffassung der Beklagten - zu keinem Zeitpunkt im Zusammenhang mit den von ihr geltend gemachten Versicherungsaufwendungen von der Beklagten begehrt hat. Da nach dem Leistungssystem des SGB II eine individuelle Bedarfsermittlung bzw abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung gesetzlich nicht vorgesehen ist, vielmehr der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Regelleistung des § 20 Abs 2 die in § 20 Abs. 1 SGB II genannten Bedarfe in pauschalierter Form abschließend umfasst (vgl. hierzu ausführlich zuletzt: BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 -B 14 AS 22/07 R, juris RdNr 22f), können die von der Klägerin geltend gemachten Versicherungsaufwendungen allenfalls zu den Leistungen gehören, die im Rahmen des § 22 SGB II zu berücksichtigen sind. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Aufwendungen in diesem Sinne sind nicht nur laufende Kosten, sondern auch einmalige Kosten (BSG, Beschluss vom 16. Mai 2007 - B 7b AS 40/06 R, juris RdNr 9ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 9ff). Zwar stellen die hier geltend gemachten Versicherungsaufwendungen keine Kosten der Unterkunft im engeren Sinne dar, da sie nicht Gegenleistung dafür sind, dass der Klägerin Wohnraum zur Verfügung steht. Im weiteren Sinne könnten sie aber als Kosten der Unterkunft berücksichtigungsfähig sein, sofern sie nicht zur Disposition der Klägerin gestanden haben, weil das Vorhandensein entsprechender Versicherungen (wirksamer) Teil ihrer mietvertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihrem Vermieter war und sie diesen Teil des Mietvertrages nicht im Einvernehmen mit ihm ablösen konnte. So hat etwa das BSG Kosten für eine Garage, die zwingend mit der Anmietung einer Wohnung verbunden waren und von denen der Betroffene sich nicht befreien konnte, als Kosten der Unterkunft angesehen, sofern der Mietpreis sich dann noch im Rahmen der Angemessenheit gehalten hat (Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 10/06 R, juris RdNr 28 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 28). Ebenso hatte bereits das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) für das Recht der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz angenommen, dass Kosten für einen Kabelanschluss, die im Rahmen eines Mietverhältnisses zu entrichten sind, dann als Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden müssen, wenn sie einen "unausweichlichen Nebenkostenfaktor" darstellen, da sie im Mietvertrag vereinbart sind und die Wohnung nicht ohne die Verpflichtung zur Zahlung auch dieser Kosten angemietet werden kann (Urteil vom 28. November 2001 -5 C 9/01, juris RdNr 13 = BVerwGE 115, 256, 258; so auch für das SGB II: z.B. Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. Juni 2008 - L 3 AS 77/06, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Mai 2007 -L 7 AS 3135/06, juris RdNr 27; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, RdNr 23 zu § 22). Die Beschränkung des Streitgegenstandes in zeitlicher Hinsicht (auf die Monate Dezember 2006 und Dezember 2007) ist eine Folge des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts für die Frage, ob tatsächliche Aufwendungen vorliegen, die im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II berücksichtungsfähig sind. Insoweit entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem der Hilfebedürftige Geldmittel benötigt, um eine fällige, die Kosten für Unterkunft und Heizung betreffende Forderung begleichen zu können. Erst in diesem Moment besteht der tatsächliche Bedarf hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (BSG, Beschluss vom 16. Mai 2007, aaO). Zu einer anderen Auslegung, welchen Anspruch die Klägerin erhoben hat, insbesondere dahingehend, dass eine die Zulassungsfreiheit der Berufung begründende monatliche Zahlung von Versicherungsbeiträgen über mehr als ein Jahr begehrt werde, hat der Senat keine Grundlage, da mangels klarerer Bezeichnung durch die Klägerin nur eine Bestimmung im Blick auf die materiell-rechtlich zutreffende Fassung des Begehrens in Betracht kommt. Diese kann – wie dargelegt – ausgehend von der Rechtsprechung des BSG nur derart erfolgen, dass der Anspruch sich auf die beiden real bedarfsauslösenden Fälligkeitszeitpunkte der Versicherungsbeiträge bezieht.

Ein Fall zulassungsfreier Berufung liegt auch selbst dann nicht vor, wenn die Klägerin noch einige Jahre Leistungen nach dem SGB II beziehen sollte und demgemäß sich die hier streitige Frage der Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der jeweils zum 01. Dezember eines jeden Jahres fällig werden Aufwendungen für die hier in Rede stehenden Versicherungen immer wiederholen kann. Denn Maßstab für die Beurteilung der Berufungsfähigkeit ist jeweils das sachlich verfolgbare (materiell mögliche) Prozessziel (BSG, Beschluss vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 7/08 B, juris).

Die demnach gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG erforderliche Zulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des SG liegt nicht vor. Eine Entscheidung über die Zulassung ist weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids zu entnehmen (vgl zuletzt BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 25/01 R, juris RdNr 11= SozR 4-1500 § 158 Nr 1 RdNr 11).

Daher kann die von der Klägerin erstrebte Überprüfung des angefochtenen Gerichtsbescheids durch das LSG nur dann stattfinden, wenn sie erfolgreich eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung (eine so genannte Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 SGG) dort einlegt. Zwar ist die Beschwerde beim LSG normalerweise innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGG). Diese Frist ist im vorliegenden Fall fruchtlos verstrichen, da die Klägerin bis zum 24. März 2008 (Montag) keine Nichtzulassungsbeschwerde beim LSG eingelegt hat. Diese kann insbesondere auch nicht dem Rechtsmittelschreiben der Klägerin vom 24. Februar 2008 im Wege der Auslegung entnommen werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Beteiligter das Rechtsmittel einlegen will, dass er bezeichnet hat, insbesondere dann, wenn es sich aus der Rechtsmittelbelehrung ergibt. Dies gilt auch und gerade für nicht rechtskundig vertretene Beteiligte. Nur in Ausnahmefällen kann angenommen werden, dass ein anderes, zulässiges Rechtsmittel gemeint war, wenn das eingelegte Rechtsmittel gar nicht in Betracht kommt oder Umstände erkennbar sind, wonach ein anderes Rechtsmittel eingelegt werden sollte (BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 25/01 R, juris RdNr 14 = SozR 4-1500 § 158 Nr 1 RdNr 14); d.h. hier wäre also Voraussetzung, dass außer der Bezeichnung alle übrigen Ausführungen für eine Beschwerde sprechen. Diese Situation besteht nicht. Zwar rügt die Klägerin in ihrem Rechtsmittelschriftsatz u.a. einen Verfahrensfehler, indem sie behauptet, das SG habe sie - entgegen der Darstellung im Tatbestand des Gerichtsbescheides - nicht zum beabsichtigten Erlass des Gerichtsbescheids angehört. Allein die Bezugnahme auf einen möglichen Zulassungsgrund rechtfertigt jedoch im Hinblick auf die ausdrückliche Bezeichnung des eingelegten Rechtsmittels als Berufung nicht den Schluss, dass es sich stattdessen um eine Nichtzulassungsbeschwerde handeln soll.

Da aber dann, wenn die Rechtsmittelbelehrung im Gerichtsbescheid des SG falsch ist, die Frist zur Einlegung der Beschwerde ein Jahr seit Zustellung beträgt (§ 66 Abs 2 Satz 1 SGG), könnte die Beschwerde noch bis zum 23. Februar 2009 eingelegt werden ohne verfristet zu sein. Stattdessen hat die Klägerin bis zu diesem Termin auch die Möglichkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (Leitherer, aaO, RdNr 16 2. Spiegelstrich und 20a zu § 105 SGG), einen Antrag auf mündliche Verhandlung beim SG zu stellen.

Für eine Zulassung des Rechtsmittels im Berufungsverfahren fehlt dem Berufungsgericht die Entscheidungsmacht. Eine unzulässige Berufung ist nach § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen; die Möglichkeit der Zulassungsentscheidung ist nach § 144 Abs 1 Satz 1, 145 Abs 4 Satz 1 SGG auf das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beschränkt. Es ist dem Senat auch verwehrt, die Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten (BSG, aaO, RdNr 11). Eine solche Umdeutung ist auch dann nicht zulässig, wenn die Rechtsmittelführerin - so wie hier - nicht rechtskundig vertreten wird (BSG, aaO, RdNr 15).

Offen bleiben kann auch, ob die Klägerin mit ihrem umfänglichen Vorbringen im Berufungsverfahren ihre vor dem SG erhobene Klage erweitert hat. Denn diese Klageerweiterung wäre jedenfalls unzulässig, da eine Klageänderung im Berufungsverfahren eine zulässige Berufung voraussetzt. Da die im Gerichtsbescheid des SG enthaltene Beschwer den maßgebenden Beschwerdewert – wie ausgeführt - nicht erreicht, hat eine Erweiterung des Klageanspruchs weder Einfluss auf die Zulässigkeit der Berufung noch kann dieser Anspruch im Wege der Klage zulässigerweise verfolgt werden (BSG, Urteil vom 08. November 2001 - B 11 AL 19/01 R, juris RdNr 20 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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