L 34 AS 2550/12 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
34
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 147 AS 20276/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 34 AS 2550/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine Eingliederung kann als Zusicherung im Sinne von § 34 SGB 10 ausgelegt werden.

Wird ein Leistungsempfänger durch eine Eingliederungsvereinbarung verpflichtet, eine vor Abschluss der Vereinbarung begonnene Ausbildung fortzuführen und die Teilnahme regelmäßig nachzuweisen, so kann dies als Zusicherung des Leistungträgers ausgelegt werden, ihm abweichend von § 7 Abs 5 SGB 2 im Falle der Hilfebedürftigkeit Leistungen nach dem SGB 2 zu gewähren.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. September 2012 aufgehoben und der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin für die Zeit vom 11. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2013, längstens jedoch bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig Leistungen zu gewähren, und zwar für die Zeit vom 11. Dezember 2012 bis zum 31. Dezember 2012 in Höhe von 362,67 Euro und für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Mai 2013 in Höhe von monatlich 552,00 Euro. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des gesamten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die im Jahr 1977 geborene Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Sie bewohnt allein unter der aus dem Rubrum ersichtlichen Adresse eine Wohnung, für die sie einschließlich der Nebenkosten 290,00 Euro pro Monat zu zahlen hat, und erzielt aus einer Beschäftigung ein monatliches Einkommen in Höhe von 250,00 Euro (brutto = netto).

Auf ihren am 24. Januar 2012 beim Antragsgegner eingegangenen Fortzahlungsantrag wurden der Antragstellerin mit Bescheid vom 26. Januar 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 8. Februar 2012 Februar 2012 Leistungen in Höhe von monatlich 584,00 Euro und für den Zeitraum vom 1. März bis zum 31. Juli 2012 in Höhe von monatlich 544,00 Euro bewilligt.

Am 6. Februar 2012 begann die Antragstellerin, die bisher keinen Beruf erlernt hat, an der von dem Anbieter "Euro-Schulen gemeinnützige Gesellschaft für berufliche Bildung und Beschäftigung mbh" getragenen Berufsfachschule für Sozialassistenz eine zweijährige Ausbildung zur Sozialassistentin. Diese Ausbildungsstätte ist im Verzeichnis der Ausbildungsstätten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz im Land Berlin des Stundentenwerks Berlin verzeichnet. Für die Ausbildung ist ein Schulgeld in Höhe von monatlich 200,00 Euro zu entrichten, das die Antragstellerin selbst trägt.

Noch am selben Tag legte die Antragstellerin ihrer Arbeitsvermittlerin einen Schulplan über die vorgenannte Ausbildung vor. In den Verwaltungsakten des Antragsgegners ist hierzu vermerkt: "AV stimmt Lehrgang zu zur Verbesserung der Integrationschancen".

Noch am 6. Februar 2012 schlossen die Beteiligten ferner eine bis zum 26. März 2014 gültige Eingliederungsvereinbarung ab. In dieser heißt es unter der Überschrift "Ihr Träger für Grundsicherung Jobcenter Berlin Friedrichshain-Kreuzberg unterstützt Sie mit folgenden Leistungen zur Eingliederung": "Er unterbreitet Ihnen Vermittlungsvorschläge, soweit geeignete Stellenangebote vorliegen. Er bietet eine Beratung zur Fort- und Weiterbildung an." Unter der Überschrift "Bemühungen von Frau F D zur Eingliederung in Arbeit" heißt es: "Teilnahme an Lehrgang bei EURO Schule zum Sozialassistenten vom 06.02.12 - 05.02.14. Vorlage des Zertifikates nach Abschluss und Teilnahmebescheinigungen monatlich." Die Eingliederungsvereinbarung enthält eine Rechtsfolgenbelehrung.

Mit Bescheid vom 2. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2012 hob der Antragsgegner die Bewilligung ab dem 1. April mit der Begründung auf, dass die Antragstellerin als Auszubildende von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatte Erfolg.

Mit Bescheid vom 9. Mai 2012 lehnte das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin, Amt für Ausbildungsförderung, den Antrag der Antragstellerin auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) mit der Begründung ab, dass die Antragstellerin bei Beginn der Ausbildung das 30. Lebensjahr bereits vollendet habe.

Mit Bescheid vom 5. Juli 2012 lehnte der Antragsgegner den von der Antragstellerin am 29. Juni 2012 gestellten Antrag auf Fortzahlung von Leistungen nach dem SGB II mit der Begründung ab, dass sie nach § 7 Abs. 5 und 6 SGB II von Leistungen ausgeschlossen sei, weil sie eine nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung absolviere.

Dagegen legte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schreiben vom 27. Juli 2012 Widerspruch ein, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2012 zurückwies. Mittlerweile hat sie dagegen Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben.

Den am 1. August 2012 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 6. September 2012 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Antragstellerin nach § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen ausgeschlossen sei, weil sie eine nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung absolviere. Dass die zuständige Behörde die Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG abgelehnt habe, sei unerheblich. Entscheidend sei, dass der Ausbildungsgang abstrakt förderungsfähig sei. Die Ausbildung sei auch nicht als Weiterbildung anzusehen. Da die Antragstellerin noch keinen Berufsabschluss erlangt habe, baue die Maßnahme nicht auf bereits vorhandenen Kenntnissen auf. Die Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände oder der Härtefallregelungen lägen nicht vor.

Dagegen richtet sich die von der Antragstellerin am 8. Oktober 2012 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegte Beschwerde, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. September 2012 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe zu gewähren, sowie ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen

II.

Die gemäß § 172 Abs. 1 und § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 6. September 2012 ist überwiegend begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Beschwerde ist jedoch insofern unbegründet, als sie auf die unbefristete Verpflichtung des Antragsgegners gerichtet ist.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (d. h. ein nach der Rechtslage gegebener Anspruch auf die einstweilig begehrte Leistung) wie auch ein Anordnungsgrund (im Sinne der Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung) bestehen. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)).

Die Antragstellerin hat mit der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen, aber auch ausreichenden Gewissheit die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 11. Dezember 2012 glaubhaft gemacht.

Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass das Gericht der Hauptsache die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 SGB II als erfüllt ansehen wird. Die Antragstellerin hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Weiter hat sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Sie ist auch erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II), da keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer erheblichen Krankheit oder Behinderung bestehen, die sie an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens drei Stunden täglich hindern könnten.

Dem Leistungsanspruch der Antragstellerin steht nicht mit hinreichender Sicherheit die Vorschrift des § 7 Abs. 5 SGB II entgegen. Danach sind Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift vorliegen dürften, hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend angenommen. Insofern nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 142 Abs. Satz 3 SGG auf den angefochtenen Beschluss Bezug.

Allerdings ist es hinreichend wahrscheinlich, dass der Antragsgegner der Antragstellerin im Sinne von § 34 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zugesichert hat, ihr auch bei Erfüllung des Tatbestandes des § 7 Abs. 5 SGB II Leistungen zu erbringen, wenn die übrigen Voraussetzungen für deren Gewährung vorliegen. Als Zusicherung im Sinne der genannten Vorschrift dürfte hier die am 6. Februar 2012 zwischen den Beteiligten abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung anzusehen sein.

§ 34 SGB X hat folgenden Wortlaut: (1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden. (2) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 40, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer Behörden oder Ausschüsse § 41 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 sowie Abs. 2, auf die Rücknahme §§ 44 und 45, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, §§ 46 und 47 entsprechende Anwendung. (3) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.

Zwar handelt es sich bei einer Zusicherung typischerweise um eine einseitige Maßnahme der Behörde (vgl. Engelmann, in: v. Wulffen [Hrsg.], SGB X, 6. Auflage 2008, § 34 Rn. 5, 6). Das steht jedoch der Annahme einer durch eine Eingliederungsvereinbarung erteilten Zusicherung nicht entgegen. Bei dieser handelt es sich um einen subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne von § 53 Abs. 1 SGB X, der seine Rechtsgrundlage in § 15 SGB II findet (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2007, L 7 AS 689/07, juris, Rn. 15 m. w. N.; Berlit, in: Münder [Hrsg.], LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 15, Rn. 7 ff.). Je nach Konkretisierung der Vertragsregelung sind die nach Grund, Umfang und Zeitpunkt bestimmten Leistungen zu erbringen oder die getroffenen Abreden als Zusicherung zu werten. Damit sind die zugesagten Leistungen zu erbringen, sofern sich die Sach- und Rechtslage nicht im Sinne von §§ 34 Abs. 3, 59 SGB X wesentlich geändert hat. In der Eingliederungsvereinbarung hat der Antragsgegner die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht ausdrücklich zugesichert. Ausdrücklich wurde nur eine Beratung zur Fort- und Weiterbildung zugesagt. Auch finden sich darin keine allgemeinen Erklärungen des Inhalts, der Antragsteller unterstütze die von der Antragstellerin aufgenommene Ausbildung. Vorliegend dürfte sich die Zusicherung aber aus derjenigen Klausel der Eingliederungsvereinbarung vom 6. Februar 2012 ergeben, nach der sich die Antragstellerin verpflichtet, an der Ausbildung zur Sozialassistentin im Zeitraum vom 6. Februar 2012 bis zum 5. Februar 2014 teilzunehmen und das Abschlusszertifikat sowie monatliche Teilnahmebescheinigungen vorzulegen. Bei einer ausschließlich am Wortlaut orientierten Auslegung begründet diese Klausel keine Pflichten des Antragsgegners, sondern nur solche der Antragstellerin. Die Auslegung der Eingliederungsvereinbarung darf sich jedoch nicht auf die vorgenannte Methode beschränken. Wie alle Verträge sind auch öffentlich-rechtliche Verträge und die darin enthaltenen Erklärungen aus der Sicht eines objektiven Empfängers auszulegen. Angesichts ihrer Entstehungsgeschichte durfte die Antragstellerin den Abschluss der Eingliederungsvereinbarung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit so verstehen, dass der Antragsgegner ihr im Falle von Hilfebedürftigkeit auch weiterhin Leistungen nach dem SGB II gewähren würde (vgl. dazu Thüringer LSG, Beschluss vom 11. Juni 2007, L 7 AS 423/07 ER, juris, Rn. 6, das Gericht lehnt die Annahme einer Zusicherung jedoch ab, Rn. 21). Vor dem Abschluss der Eingliederungsvereinbarung hat die Antragstellerin nämlich den von ihr mit dem Träger der Schule geschlossenen Vertrag dem Antragsgegner vorgelegt, der dem zugestimmt und mit ihr – der Antragstellerin – vereinbart hat, dass diese das zu entrichtende Schulgeld aus eigenen Mitteln trägt. Außerdem befand sie sich im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II, zuletzt bewilligt mit Bescheid vom 26. Januar 2012. Aus der Sicht eines objektiven Adressaten in der Position der Antragstellerin wären die erklärte Zustimmung und der Abschluss der Eingliederungsvereinbarung, mit der durch sie begründeten Verpflichtung, an einer Maßnahme teilzunehmen und dies auch nachzuweisen, widersinnig, wenn die Erfüllung der Verpflichtung den Verlust des Anspruches auf Leistungen nach dem SGB II zur Folge hätte. Von einem Auszubildenden, der keine Leistungen nach dem SGB II erhält und die Kosten der Ausbildung selbst trägt, darf der Träger der Grundsicherung keine Nachweise über die Teilnahme an der Ausbildung verlangen. Wird der Auszubildende allerdings wie die Antragstellerin dazu durch eine Eingliederungsvereinbarung verpflichtet, so muss er dies so verstehen, dass die Pflicht deshalb besteht, weil ihm auch während der Ausbildung weiter Leistungen nach dem SGB II gewährt werden. Die wesentlichen Förmlichkeiten einer Zusicherung, nämlich ihre Abgabe durch die zuständige Behörde und die Wahrung der Schriftform (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X) sind erfüllt. Dass der Inhalt einer Zusicherung rechtswidrig ist, steht ihrer Wirksamkeit nicht entgegen. Auch rechtswidrige Zusicherungen sind grundsätzlich rechtlich bindend und können nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 SGB X zurückgenommen werden bzw. keine Wirkung entfalten. § 34 Abs. 2 SGB X nimmt auf § 40 SGB X Bezug, nach dessen Absatz 1 ein Verwaltungsakt nichtig ist, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Weder hierfür noch für die Erfüllung von § 40 Abs. 2 SGB X liegen bei summarischer Prüfung ausreichende Anhaltspunke vor. Im Übrigen würde es der Funktion der Zusicherung widersprechen, wenn sie im Falle der Rechtswidrigkeit des zugesicherten Verwaltungshandelns nicht bindend wäre. Dieses Instrument soll dem Adressaten zusätzliche Rechtssicherheit und Vertrauensschutz verschaffen. Damit wäre aber nicht zu vereinbaren, wenn die Behörde in den Fällen an die Zusicherung nicht gebunden wäre, in denen das zugesicherte Verwaltungshandeln rechtswidrig ist. Auf rechtmäßiges Verwaltungshandeln besteht nämlich ohnehin ein Anspruch. Die Antragstellerin hat auch ihre Hilfebedürftigkeit als weitere Voraussetzung eines Anspruches auf Leistungen nach dem SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) glaubhaft gemacht. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Der insoweit maßgebliche Hilfebedarf ist anhand der gesetzlich vorgesehenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff. SGB II) zu bestimmen. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH).

Als Regelbedarf (§ 20 Abs. 1 SGB II) wären für den Zeitraum vom 1. bis zum 31. Dezember 2012 374,00 Euro anzusetzen und ab dem 1. Januar 2012 382,00 Euro pro Monat. Hinzu kommen die anzuerkennenden KdUH (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II), die 290,00 Euro pro Monat betragen und damit angemessen sind, weil sie alle Richtwerte für Einpersonenhaushalte gem. § 4 der Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Wohnaufwendungenverordnung – WAV) unterschreiten.

Auf den Bedarf in Höhe von 664,00 Euro bzw. ab Januar 2013 von 672,00 Euro ist gem. §§ 19 Abs. 3 Satz 1, 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II das von der Antragstellerin erzielte Einkommen in Höhe von 120,00 Euro anzurechnen. Von dem angegebenen Einkommen in Höhe von monatlich 250,00 Euro ist ein Freibetrag in Höhe von 130,00 Euro abzusetzen, der sich aus dem Freibetrag in Höhe von 100,00 Euro gem. § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II und einem weiteren Freibetrag in Höhe von 30,00 Euro gem. § 11b Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Satz 2 Nr. 1 SGB II ((250,00 Euro - 100,00 Euro) x 0,2 = 30,00 EUR) ergibt.

Danach verbliebe für den Zeitraum vom 1. bis zum 31. Dezember 2012 ein Leistungsanspruch in Höhe von insgesamt 544,00 Euro, für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2013 bis zum 31. Mai 2013 einer in Höhe von 552,00 Euro pro Monat.

Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass sie ihren Lebensunterhalt ohne die vorläufige Gewährung von Leistungen nicht bestreiten kann, so dass ihr ein Abwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Allerdings besteht ein Anordnungsgrund nicht für Zeiträume der Vergangenheit, so dass der Antragstellerin für den Monat Dezember 2012 Leistungen ab dem Tag des Beschlusses des Senats zuzusprechen sind. Es verbleibt für den Zeitraum vom 11. bis zum 31. Dezember 2012 ein Anspruch in Höhe von gerundet 362,67 Euro (= 544,00 Euro x 20/30) (§ 41 Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 2 SGB II).

Die Befristung orientiert sich an dem regelmäßig sechsmonatigen Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II).

Soweit die Antragstellerin ihr Begehren zeitlich nicht beschränkt hat, war die Beschwerde teilweise zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Das Teilunterliegen der Antragstellerin ist vergleichsweise geringfügig, so dass keine Kostenteilung anzuordnen war.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren, war abzulehnen, weil für ihn angesichts der das gesamte einstweilige Rechtsschutzverfahren umfassenden Kostenentscheidung kein Rechtsschutzbedürfnis besteht.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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