L 22 R 1171/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 R 2235/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 1171/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
siehe auch Berichtigungsbeschluss vom 16.04.2013
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Oktober 2011 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (AVI) für die Zeit vom 01. Januar 1957 bis 30. Juni 1990 und die Berücksichtigung der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.

Die im September 1937 geborene Klägerin ist Säuglingsschwester (Urkunde des Rates des Bezirkes Rostock vom 31. Januar 1960) mit Bestätigung der medizinischen Fachschulanerkennung auf der Grundlage der Anordnung vom 21. August 1975 (Urkunde der Medizinischen Fachschule am Städtischen Krankenhaus i vom 01. Dezember 1975).

Die Klägerin war vom 01. Januar 1957 bis 31. Dezember 1957 als Hilfsschwester (Säuglingspflegerin) an der Universitäts-Frauenklinik R tätig, bevor sie vom 01. Februar 1958 bis 31. Januar 1960 als Schwesternschülerin die Medizinische Fachschule Rbesuchte. Sie war vom 01. Februar 1960 bis 31. August 1961 als Säuglings- und Kinderkrankenschwester an der Universitäts-Kinderklinik R, vom 01. Oktober 1961 bis 31. August 1964 als Säuglings- und Kinderkrankenschwester am O-Krankenhaus B und vom 01. Oktober 1964 bis wenigstens 30. Juni 1990 als Säuglings- und Kinderkrankenschwester, ab 15. Januar 1987 mit den Aufgaben einer leitenden Schwester der Patientenaufnahme an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin L des Krankenhauses L beschäftigt.

Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) gehörte sie nicht an.

Im Juni 2010 beantragte die Klägerin, die streitige Zeit als Zeit der Zugehörigkeit zur AVI festzustellen.

Mit Bescheid vom 20. Juli 2010 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab: Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen gewesen wäre. Die ausgeübte Tätigkeit als Säuglings- und Kinderkrankenschwester habe (noch) nicht zu den besonders qualifizierten Tätigkeiten im Sinne der Versorgungsordnung gezählt.

Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, ihre Versorgungsinhaberschaft folge aus der Fachschulanerkennung mit Staatsexamensabschluss und der Berechtigung zur Führung zwei bestimmter Berufsbezeichnungen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01. März 2011, der der Klägerin am 07. März 2011 bekannt gegeben wurde, zurück: Die ausgeübte Beschäftigung als Säuglings- und Kinderkrankenschwester könne lediglich zu den so genannten Ermessensfällen gerechnet werden. Anders als bei den ohne Einschränkung Einzubeziehenden (Ärzte, Zahnärzte, Apotheker usw.) sei insoweit ausdrücklich eine Ermessensentscheidung (besonders qualifiziert, leitend) vorgesehen gewesen. Ohne erteilte Versorgungszusage (Einbeziehung) habe von diesem Personenkreis niemand darauf vertrauen können, ihm werde eine Versorgungsrente im Leistungsfall bewilligt werden. Eine bis zur Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 nicht getroffene Ermessensentscheidung der damals dazu berufenen Stellen könne nicht durch eine Ermessensentscheidung des bundesdeutschen Versorgungsträgers nachgeholt werden.

Dagegen hat die Klägerin am 06. April 2011 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt.

Sie hat außerdem vorgetragen, die verantwortlich leitende Tätigkeit (ab 1987) und die Übernahme durch das Land Berlin seien mehrfach nachgewiesen worden. Es gehe nicht um solche Begriffe wie "besonders verdienstvoll" o. ä. Eine leitende Position indiziere immer auch eine Verantwortung und lasse daher eine Trennung der "verantwortlich leitenden Tätigkeit" nicht zu. Tatsächlich sei diese Bestimmung auch mit § 8 Arbeitsgesetzbuch der DDR (AGB) geregelt worden. Jedenfalls sei eine Umdeutung ihrer Versorgungsrente aus § 47 Rentenverordnung, auf die sie vertraut habe, geboten.

Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 13. Oktober 2011 die Klage abgewiesen: Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass die Klägerin als "leitende Schwester der Patientenaufnahme" ab Januar 1987 eine "leitende Schwester" gewesen sei, und wenn weiter davon ausgegangen werde, dass mit dem erworbenen Examen eine "besonders qualifizierte Schwester" vorgelegen habe, komme bereits die nachträgliche Anerkennung als "besonders qualifiziert" nicht in Betracht. Außerdem stelle die Frage, ob die Klägerin "verantwortlich" tätig gewesen sei, keine abstrakt-generelle Regelung im Sinne gebundener Verwaltung, sondern einen Bewertungsfreiraum für die Entscheidung des "Arbeitgebers" oder der staatlichen Stelle im Blick auf die Zuerkennung einer AVI-Versorgung dar. Dieser Bewertungsfreiraum sei zu DDR-Zeiten nicht zu ihren Gunsten ausgeübt worden. Die Ausfüllung dieses Bewertungsfreiraumes könne bundesrechtlich nicht mehr nachträglich zu ihren Gunsten vorgenommen werden.

Gegen den ihrer Prozessbevollmächtigten am 21. Oktober 2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 21. November 2011 eingelegte Berufung der Klägerin.

Sie ist der Auffassung, eine besonders qualifizierte und verantwortlich tätig leitende Schwester gewesen zu sein. Die besondere Qualifikation sei durch Abschluss einer Fachschulausbildung nachgewiesen. Der Begriff der verantwortlich leitenden Tätigkeit sei nicht einem Ermessens- oder Bewertungsspielraum des Arbeitgebers unterworfen, sondern in § 8 AGB gesetzlich geregelt und bestimmt gewesen. Daneben sei auch der Vertrauensgesichtspunkt nicht ganz außer Acht zu lassen gewesen, nachdem alle Krankenschwestern auf "ihre" Zusatzversorgung (§ 47 Rentenverordnung) bis zur Wiedervereinigung hätten vertrauen dürfen. Sie verweist darauf, dass beim Klinikum L Richtlinien des Arbeitgebers über die Festlegungen der "besonderen Qualifikation" vorhanden seien, deren Inhalt jedoch nicht bekannt sei. Es müsse aufgeklärt werden, ob die Klägerin davon erfasst werde. Es sei eine Auskunft des Klinikums Lzu den damaligen Richtlinien über diese Festlegungen einzuholen. Darüber hinaus sei der damalige Betriebsrahmenkollektivvertrag beizuziehen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Oktober 2011 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. März 2011 zu verpflichten, die Anwendbarkeit des Anspruchs- und Anwartschafts-überführungsgesetzes (AAÜG) festzustellen, die Zeit vom 01. Januar 1957 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVI und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 20. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. März 2011 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Anwendbarkeit des AAÜG, die Zeit vom 01. Januar 1957 bis 30. Juni 1990 sowie die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Sie hat keine Anwartschaft aufgrund einer Zugehörigkeit zur AVI erworben, denn sie erfüllte insbesondere nicht am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVI.

Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 AAÜG hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben, und insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, und die als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).

Allerdings hat der Versorgungsträger diese Daten nur festzustellen, wenn das AAÜG anwendbar ist (Bundessozialgericht – BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2). Dies ist nicht der Fall.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – SGB IV) erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Zusatzversorgungssysteme sind die in Anlage 1, Sonderversorgungssysteme sind die in Anlage 2 genannten Systeme (§ 1 Abs. 2 und 3 AAÜG). Zu den Zusatzversorgungssystemen der Anlage 1 AAÜG zählt die AVI (Anlage 1 Ziffer 4 AAÜG).

Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der AVI sind bei der Klägerin nicht vorhanden.

Solche Zeiten der Zugehörigkeit liegen nach § 4 Abs. 5 AAÜG vor, wenn eine in einem Versorgungssystem erworbene Anwartschaft bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 AAÜG). Der bundesrechtliche Begriff der Zugehörigkeit in § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG umfasst zunächst die konkret in ein Versorgungssystem der DDR Einbezogenen. Die Aufnahme in das Versorgungssystem hing von vielfältigen Voraussetzungen ab und erfolgte grundsätzlich durch einen individuellen Einzelakt in Form konkreter Einzelzusagen (Versorgungszusagen), sonstiger Einzelentscheidungen oder Einzelverträgen. Nach der Wende in der DDR änderte sich die Rechtslage. Der Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 18. Mai 1990 (BGBl II 1990, 537) - Staatsvertrag - sah eine schrittweise Angleichung des Sozialversicherungsrechts der DDR an das bundesdeutsche Recht vor. Die bestehenden Zusatz- und Sonderversorgungssysteme sollten grundsätzlich zum 01. Juli 1990 geschlossen und die Ansprüche und Anwartschaften in die Rentenversicherung überführt werden. Diese Festlegungen des Staatsvertrages setzte die DDR im Wesentlichen mit dem Rentenangleichungsgesetz vom 28. Juni 1990(GBl DDR I 495) - RAnglG - um. § 22 Abs 1 RAnglG schloss die bestehenden Zusatzversorgungssysteme mit Wirkung zum 30. Juni 1990 und verbot Neueinbeziehungen. Auf Grund des Neueinbeziehungsverbots in § 22 Abs 1 Satz 2 RAnglG erfasst der Einigungsvertrag (EV) im Kern nur Personen, die die zuständigen Stellen der DDR vor dem 01. Juli 1990 in ein Versorgungssystem einbezogen hatten. Bereits der EV, der noch den hergebrachten Begriff der Einbeziehung zu Grunde legt, enthielt allerdings der Sache nach eine Modifikation des Neueinbeziehungsverbotes in § 22 Abs 1 Satz 2 RAnglG (BSG, Urteile vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 10/09 R, abgedruckt in BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr. 17, B 5 RS 2/09 R, B 5 RS 6/09 R, B 5 RS 9/09 R, B 5 RS 16/09 R und B 5 RS 17/09 R, jeweils zitiert nach juris, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 3/02 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 7),nämlich, so das BSG, mit Art. 17 Satz 1 und 2 EV i. V. m. § 13 Abs. 3 Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BGBl I 1997, 1625) und Art. 19 Satz 2 EV. In beiden Fällen waren die Betroffenen daher zwar historisch betrachtet am 30. Juni 1990 nicht durch einen konkreten Akt der DDR "einbezogen". Insofern wird auf der Grundlage nachträglicher bundesrechtlicher Entscheidungen und hierzu ergangener bundesrechtlicher Anordnungen im Sinne der Herstellung rechtsstaatlicher Verhältnisse zum Stichtag jeweils tatbestandlich partiell an fiktive Verhältnisse angeknüpft. Unter anderem dieser bereits im EV angelegten bundesrechtlichen Modifikation des Verbots der Neueinbeziehung bei grundsätzlicher Aufrechterhaltung dieses Verbots trägt § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG auch sprachlich Rechnung, indem er den umfassenden Begriff der "Zugehörigkeit" an Stelle des engeren Begriffs der "Einbeziehung" verwendet (BSG, Urteile vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 10/09 R u. a.). Ansprüche und Anwartschaften können daher nach der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als willkürfrei gebilligten (Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a., abgedruckt in SozR 4-8560 § 22 Nr. 1) Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG, der sich der 5. Senat des BSG im Ergebnis ebenfalls angeschlossen hat, auch dann als durch "Zugehörigkeit" erworben angesehen werden, wenn nach der am 01. August 1991 (Inkrafttreten des AAÜG) gegebenen bundesrechtlichen Rechtslage ein "Anspruch auf Versorgungszusage" bestanden hätte (Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 3, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 56/01 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 4, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 5, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 41/01 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 6, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 3/02 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 7, sowie Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R, abgedruckt in SozR 3-8570 § 1 Nr. 8). Dieser fiktive "Anspruch" besteht nach Bundesrecht unabhängig von einer gesicherten Rechtsposition in der DDR, wenn nach den leistungsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Versorgungssystems - mit Ausnahme des Versorgungsfalls - alle materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zusatzversorgungsrente gegeben waren. Entscheidend ist, ob zum Stichtag der Tatbestand der Versorgungsordnungen, die insofern bis zum 31. Dezember 1991 nachrangig und lückenfüllend ("soweit") als Bundesrecht anzuwenden sind, erfüllt war. Die Versorgungsordnungen sind dabei im Sinne verbindlicher Handlungsanweisungen für die Verwaltung als Tatbestände einer ohne Entscheidungsspielraum zwingend zu gewährenden Vergünstigung zu verstehen und sind auch nur insoweit Bundesrecht geworden. Maßgeblich sind, soweit originäre bundesrechtliche Regelungen nicht eingreifen, die in der DDR grundsätzlich am 30. Juni 1990 geltenden "letzten Fassungen" des Teils der Versorgungsregelungen, der am 03. Oktober 1990 zu sekundärem Bundesrecht geworden ist (BSG, Urteile vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 10/09 R u. a. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 3/02 R) Eines Rückgriffs auf eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG (so BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R) bedarf es daher nicht (BSG, Urteile vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 10/09 R u. a.; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 – B 5 RS 7/10 R, abgedruckt in SozR 4-8570 § 1 Nr. 18 = BSGE 108, 300).

Dabei bleibt es wegen der den gesamten Anwendungsbereich der Norm umfassenden Stichtagsregelung auch im Rahmen des weiten ("erweiternden"/"ausdehnenden") Verständnisses dabei, dass die genannten Voraussetzungen eines "Anspruchs" auf Einbeziehung gerade am 30. Juni 1990 erfüllt sein müssen. Namentlich sind daher Personen, die ohne rechtlich wirksame Einbeziehung irgendwann einmal vor Schließung der Zusatzversorgungssysteme die damals geltenden Regeln für die Einbeziehung in Zusatzversorgungssysteme erfüllt hatten, bundesrechtlich ohne Gleichheitsverstoß nicht als Zugehörige anzusehen. Gesetzgebung und Rechtsprechung durften ohne Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) grundsätzlich an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR anknüpfen und waren nicht etwa gehalten, sich hieraus ergebende Ungleichheiten zu Lasten der heutigen Steuer- und Beitragszahler zu kompensieren (BSG, Urteile vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 10/09 R u. a. unter Hinweis auf BSG Urteil vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 R, zitiert nach juris; vgl. zum Stichtag des 30. Juni 1990 auch BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 20/03 R, abgedruckt in SozR 4-8570 § 1 Nr. 2)

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, lagen bei der Klägerin am 30. Juni 1990 nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVI vor, denn eine solche Einbeziehung bedurfte in der DDR einer bewertenden Entscheidung, die nicht vorliegt und die nicht mehr nachgeholt werden kann.

§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG knüpft bei der Frage, ob eine Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem vorliegt, am Recht der DDR an, so dass es insoweit auf die maßgebenden Vorschriften des Beitrittsgebietes ankommt.

Es handelt sich hierbei grundsätzlich um die Gesamtheit der Vorschriften, die hinsichtlich des jeweiligen Versorgungssystems nach Anlage 1 und Anlage 2 AAÜG bestehen. Bezogen auf die AVI ist dies die Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Juli 1951 – GBl. DDR 1951, 675 - (AVI-VO).

Nach § 1 AVI VO wurde für die Intelligenz an den wissenschaftlichen, medizinischen, pädagogischen und künstlerischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik über den Rahmen der Sozialversicherung hinaus eine zusätzliche Altersversorgung eingeführt.

Nach § 3 AVI-VO galten als auf dem Gebiet der Medizin tätige Angehörige der Intelligenz im Sinne dieser Verordnung: a) alle in Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens hauptberuflich tätigen Ärzte, Zahnärzte und Apotheker sowie die leitenden Ärzte der Kreisgesundheitsverwaltungen; b) besonders qualifizierte und verantwortlich tätige leitende Schwestern in Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens; c) besonders qualifizierte und verantwortlich tätige leitende Pfleger in Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens; d) besonders qualifizierte leitende Hebammen in Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens; e) im öffentlichen Dienst stehende Tierärzte und verantwortlich tätige tierärztliche Gehilfen.

Nach § 6 AVI VO waren wissenschaftliche, künstlerische, pädagogische und medizinische Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik im Sinne des § 1 AVI VO wissenschaftliche und künstlerische Akademien, Universitäten und Hochschulen, Forschungsinstitute, wissenschaftliche und künstlerische Bibliotheken, Kunstsammlungen und Museen und ihnen entsprechende künstlerisch-wissenschaftliche Einrichtungen, öffentliche Theater- und Kulturorchester (einschließlich solcher von Organisationen, soweit sie von der Staatlichen Kommission für Kunstangelegenheiten anerkannt waren), künstlerische Einrichtungen des Films und des Rundfunks in der Deutschen Demokratischen Republik, alle Einrichtungen des öffentlichen Bildungs- und Erziehungswesens, alle Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens.

Allerdings sind nicht alle Regelungen zu Bundesrecht geworden. Insbesondere sind solche Regelungen kein Bundesrecht, die eine bewertende oder eine Ermessensentscheidung eines Betriebes, Direktors, einer staatlichen Stelle der DDR etc. vorsahen. Bundesrecht sind nur diejenigen Regelungen geworden, die als zwingende Bestimmungen gebundenen Verwaltungshandelns als abstrakt-generelle Voraussetzungen verstanden werden können (vgl. BSG; Urteil vom 15. Juni 2010 – B 5 RS 10/09 R unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 3/02 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 7; vgl. auch BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 18/01 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 8; BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2). Eine bewertende oder eine Ermessensentscheidung könnte allein aus der Sicht der DDR und nach deren Maßstäben getroffen werden. Sie darf infolge dessen mangels sachlicher, objektivierbarer, bundesrechtlich nicht nachvollziehbarer Grundlage nicht rückschauend ersetzt werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 34/01 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).

Bei § 3 Buchstabe b AVI-VO handelt es sich nicht um eine abstrakt-generelle Regelung. Eine Einbeziehung dieses Personenkreises war nicht obligatorisch, sondern bedurfte einer individuellen Einzelentscheidung, denn jedenfalls das Merkmal "besonders qualifiziert" setzt eine bewertende Entscheidung voraus.

Soweit ersichtlich hat das BSG eine bewertende bzw. Ermessensentscheidung zur Einbeziehung teilweise oder vollständig bei drei Zusatzversorgungssystemen angenommen.

Dies gilt zum einen bei der Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) für die Vorschriften des § 1 Abs. 1 Satz 3 und des § 1 Abs. 3 Zweite Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl DDR 1951, 487) – 2. DB zur AVtI-VO (BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 – B 4 RA 117/00 R in SozR 3-8570 § 5 Nr. 6; BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 18/01 R).

Nach diesen Regelungen konnten außerdem auf Antrag des Werkdirektors durch das zuständige Fachministerium bzw. die zuständige Hauptverwaltung auch andere Personen, die verwaltungstechnische Funktionen bekleideten, wie stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter, Abteilungsleiter, Meister, Steiger, Poliere im Bauwesen, Laboratoriumsleiter, Bauleiter, Leiter von produktionstechnischen Anlagen und andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers hatten, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausübten, eingereiht werden. Zum Kreis der Versorgungsberechtigten gehörte ferner, wer aufgrund eines Einzelvertrages Anspruch auf eine Altersversorgung hatte.

Zum anderen betrifft dies die Altersversorgung für verdienstvolle Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften und Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft (AV-VorLPG) nach der Anordnung über die zusätzliche Versorgung für verdienstvolle Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften und Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft vom 31. Dezember 1987 (AO-AV-VorLPG), abgedruckt in Aichberger II, Sozialgesetze, Ergänzungsband für die neuen Bundesländer Nr. 206, (BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 21/02 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 9).

Nach § 3 Abs. 1 AO-AV-VorLPG konnten in die zusätzliche Versorgung Vorsitzende und Leiter einbezogen werden, die a) durch ihre Tätigkeit einen hohen persönlichen Beitrag für die gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung der Landwirtschaft geleistet hatten, b) der freiwilligen Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung (nachfolgend FZR genannt) angehörten und für die tatsächlichen Bruttoeinkünfte über 7.200 Mark jährlich bzw. 600 Mark monatlich Beiträge zur FZR zahlten. Anträge auf Einbeziehung konnten vom Vorsitzenden des zuständigen Rates des Kreises gestellt werden. Über die Einbeziehung entschied der Vorsitzende des zuständigen Rates des Bezirkes (§ 3 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO-AV-VorLPG).

Als weiteres Zusatzversorgungssystem gehört dazu die Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler (AVfbK) nach dem Beschluss des Präsidiums des Ministerrates der DDR über den Vorschlag zur Verbesserung der Rentenversorgung für freischaffende bildende Künstler vom 02. Dezember 1988 - B-AVfbK, abgedruckt in Aichberger II, a. a. O. Nr. 170 (BSG, Urteil vom 18. Juni 2003 – B 4 RA 50/02 R, zitiert nach juris).

Nach Ziffer 2 des Anhangs zum B-AVfbK erhielt der Minister für Kultur das Recht, gemeinsam mit dem Staatssekretär für Arbeit und Löhne im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Verbandes Bildender Künstler verdienstvollen freischaffenden bildenden Künstlern eine zusätzliche Altersversorgung der künstlerischen Intelligenz zu gewähren, die bereits Rentner waren ab Einführung der Verbesserung für ihr volles Einkommen bis zur Höchstgrenze Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung zahlten und wegen ihres Alters damit keinen angemessenen Rentenanspruch mehr erwerben konnten.

Das BSG hat in den genannten Urteilen wesentlich darauf abgestellt, dass zum einen Kriterien zur Ausfüllung der bewertenden Entscheidung fehlen und es zum anderen im freien Ermessen der zu entscheidenden Stelle stand, wem im Einzelfall die Wohltat einer zusätzlichen Altersversorgung zukam.

Auch bezogen auf das Merkmal "besonders qualifiziert" fehlen konkrete Kriterien, um objektivieren zu können, welche Schwestern damit erfasst waren. Zur Beurteilung der besonderen Qualifizierung bedarf es aber einer Bewertung, so dass die Einbeziehung einer solchen Schwester als eine bewertende Entscheidung angesehen werden muss (vgl. Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 27. Oktober 2003 – L 16 RA 2/02, zitiert nach juris, zum besonders qualifizierten und verantwortlich tätigen Orchestermusiker nach § 5 Buchstabe b AVI-VO). Im gleichen Sinne und mit gleicher Begründung hat zur besonders qualifizierten Schwester das Thüringische Landessozialgericht (Urteil vom 28. November 2005 – L 6 RA 473/04, zitiert nach juris) entschieden.

Diese Ansicht wird durch den Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt, wonach der damalige Arbeitgeber in Richtlinien die "besondere Qualifikation" festgelegt habe. Damit wird deutlich, dass zur Ausfüllung des Merkmals "besonders qualifiziert" gerade eine Bewertung erforderlich war, die nicht einmal durch den damaligen Zusatzversorgungsträger, sondern durch eine andere Stelle, nämlich den damaligen Arbeitgeber, vorgenommen wurde. Daraus folgt, dass sich das Merkmal "besonders qualifiziert" aus sich heraus, also ausschließlich durch Auslegung des § 3 Buchstabe b AVI-VO nicht erschließt bzw. erschließen lässt. Das Vorliegen einer abstrakt-generellen Regelung scheidet daher aus. Angesichts dessen bedarf es auch nicht der Einholung einer Auskunft über den Inhalt der Richtlinien des damaligen Arbeitgebers über die Festlegungen der "besonderen Qualifikation" bzw. des damaligen Betriebsrahmenkollektivvertrages, denn bereits aus Rechtsgründen sind diese Beweismittel unerheblich.

Ungeachtet dessen, ob die Richtlinie zum Abschluss von Altersversorgungen der Intelligenz für Mitarbeiter in staatlichen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens vom 01. Juli 1976 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Gesundheitswesen Nr. 8 vom 17. August 1976, abgedruckt in Aichberger II, a. a. O. Nr. 180) zur Ausfüllung des Kriteriums der besonderen Qualifizierung herangezogen werden kann (offen gelassen vom Thüringer Landessozialgericht im Urteil vom 28. November 2005 – L 6 RA 473/04 bezüglich ihrer versorgungsrechtlichen Bedeutung unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R in SozR 4-8570 § 1 Nr. 6 und BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 13/04 R, zitiert nach juris, wonach Richtlinien keine versorgungsrechtliche Bedeutung haben, wenn es sich nicht um eine von einem zuständigen Rechtsetzungsorgan in der vorgesehenen Form getroffene abstrakt-generelle Regelung handelt), würde auch diese nicht dazu führen, dass die Klägerin als besonders qualifizierte Schwester anzusehen wäre.

Nach Abschnitt I Abs. 4 Buchstabe b dieser Richtlinie konnten in die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz auf Antrag weiterhin einbezogen werden die in den Einrichtungen des staatlichen Gesundheits- und Sozialwesens hauptberuflich Tätigen: Leitende Schwestern, leitende Pfleger und leitende Hebammen mit hoher Qualifikation, wenn folgende Kriterien erfüllt wurden: Leitende Tätigkeit in einer Einrichtung mit ca. 300 Betten bzw. einer Abteilung mit mindestens 120 Betten bzw. wenn der leitenden Hebamme mindestens 8 Hebammen unterstellt waren, 20jährige Berufserfahrung, 10jährige leitende Tätigkeit, Lehrtätigkeit und Anerkennung der Leistungen durch staatliche Auszeichnungen.

Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin nicht sämtlichst. Nach dem Änderungsvertrag mit dem Kinderkrankenhaus L vom 02. Januar 1987 war die Klägerin erst mit Wirkung vom 15. Januar 1987 als leitende Schwester der Patientenaufnahme (ungeachtet dessen, ob damit das Merkmal der "leitenden Tätigkeit" gegeben war) tätig, so dass sie bis zum 30. Juni 1990 (dem Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme) jedenfalls nicht eine 10jährige leitende Tätigkeit ausgeübt hatte.

Im Übrigen könnte die Richtlinie darauf hindeuten, falls § 3 Buchstabe b AVI-VO im Sinne einer abstrakt-generellen Regelung verstanden werden müsste, dass hinsichtlich der Merkmale einer besonders qualifizierten und verantwortlich tätigen leitenden Schwester noch höhere Anforderungen als nach Abschnitt I Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie zu stellen waren. Diese Richtlinie wäre nämlich überflüssig gewesen, wenn sie Personen betroffen hätte, die ohnehin nach den (unterstellt) abstrakt-generellen Voraussetzungen des § 3 Buchstabe b AVI-VO schon einbezogen wären.

Die besondere Qualifizierung ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht durch die Urkunden des Rates des Bezirkes Rostock vom 31. Januar 1960 und der Medizinischen Fachschule am Städtischen Krankenhaus i vom 01. Dezember 1975 nachgewiesen. Vielmehr war die erstgenannte Urkunde Voraussetzung dafür, dass die Klägerin die Berufsbezeichnung Säuglingsschwester führen durfte, während die zweitgenannte Urkunde aufgrund dieser staatlichen Anerkennung (lediglich) die (bereits vorliegende) medizinische Fachschulanerkennung auch auf der Grundlage der Anordnung vom 21. August 1975 über die medizinische Fachschulanerkennung für Krankenschwestern und andere mittlere medizinische Fachkräfte (GBl DDR I 1975, 642) bestätigte.

Nach § 1 Abs. 1 Anordnung vom 21. August 1975 wurde die medizinische Fachschulanerkennung Krankenschwestern und anderen mittleren medizinischen Fachkräften mit abgeschlossener Ausbildung und Berufserlaubnis (staatlicher Anerkennung), die auf dem Gebiet des Gesundheits- und Sozialwesens tätig waren, ausgesprochen bzw. bestätigt, wenn sie in zweijähriger Tätigkeit Berufserfahrungen erworben hatten, den an die Berufsausübung gestellten Anforderungen gerecht wurden und ihr Wissen und Können zur Ausübung ihrer Tätigkeit gefestigt und durch Weiterbildung erhöht hatten. Mittlere medizinische Fachkräfte, die eine Urkunde über die Berufserlaubnis (staatlicher Anerkennung) auf der Grundlage einer nach 1951 abgeschlossenen Fachschulausbildung vorlegten, erhielten eine Urkunde entsprechend Anlage 2 (womit die medizinische Fachschulanerkennung bestätigt wurde). In allen übrigen Fällen wurde eine Urkunde gemäß Anlage 3 (womit die medizinische Fachschulanerkennung ausgesprochen wurde) ausgestellt (§ 4 Abs. 3 Anordnung vom 21. August 1975).

Hintergrund dessen war, dass seit der mit Wirkung vom 01. September 1961 erfolgten Neuregelung der Ausbildung in den mittleren medizinischen Berufen (vgl. Ziffern 1 und 2 des Beschlusses zur Neuordnung der Ausbildung in den mittleren medizinischen Berufen und zur Bildung der medizinischen Schulen vom 13. Juli 1961 - GBl. II 1961, 319; Zweite Verordnung über die Berufserlaubnis und Berufsausübung in den mittleren medizinischen Berufen sowie medizinischen Hilfsberufen vom 13. Juli 1961 – GBl. II 1961, 320; §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 Elfte Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Berufserlaubnis und Berufsausübung in den mittleren medizinischen Berufen sowie medizinischen Hilfsberufen vom 14. Juli 1961 – GBl. II 1961, 320), zu denen auch die Berufe der Krankenschwester, des Krankenpflegers, der Säuglings- und Kinderkrankenschwester gehörten (§ 1 Zwölfte Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Berufserlaubnis und Berufsausübung in den mittleren medizinischen Berufen sowie medizinischen Hilfsberufen vom 30. Oktober 1962 – GBl II 1962, 757; § 2 Vierzehnte Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Berufserlaubnis und Berufsausübung in den mittleren medizinischen Berufen sowie medizinischen Hilfsberufen vom 01. März 1971 – GBl II 1971, 313), die Ausbildung an den medizinischen Schulen entsprechend der Systematik der Ausbildungsberufe (vgl. § 1 Abs. 1 Bst. a Elfte Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Berufserlaubnis und Berufsausübung in den mittleren medizinischen Berufen sowie medizinischen Hilfsberufen vom 14. Juli 1961) nur zur Facharbeiterqualifikation (vgl. auch § 32 Abs. 3 und 4, § 37 Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25. Februar 1965 – GBl I 1965, 83 – und Anlage 1 der Anordnung über die Verantwortlichkeit für die Ausbildungsberufe vom 01. Februar 1965 – GBl II 1965, 165 - unter Berufsnummern 6362 Krankenschwester bzw. –pfleger und 6363 Säuglings- und Kinderkrankenschwester) führte. Erst wieder zum 01. September 1974 wurden durch § 1 Abs. 1 Zweite Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Aufgaben der Ingenieur- und Fachschulen der Deutschen Demokratischen Republik vom 20. Mai 1974 (GBl. I 1974, 270) medizinische Fachschulen gebildet und damit an die Rechtslage bis 30. August 1961 (Anordnung über die Neuordnung der Ausbildung in der Krankenpflege vom 11. Januar 1951 – GBl 1951, 30 -, wonach die Ausbildung an Fachschulen erfolgte) angeknüpft.

Die Anordnung vom 21. August 1975 brachte somit für diejenigen Berufsabschlüsse der mittleren medizinischen Berufe, die bereits an einer medizinische Fachschule erworben worden waren, wie im Falle der Klägerin, lediglich die Bestätigung dieser Fachschulanerkennung. Den anderen Berufsabschlüssen der mittleren medizinischen Berufe, die bisher nur eine Facharbeiterqualifikation vermittelten, wurde diese Fachschulanerkennung im Sinne einer Aufwertung ausgesprochen. Die Anordnung vom 21. August 1975 betraf mithin alle u. a. Säuglings- und Kinderkrankenschwestern, so dass allein deswegen keine besondere Qualifizierung im Sinne des § 3 Buchstabe b AVI-VO verbunden war.

Aus § 8 AGB ergibt sich nichts anderes.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 AGB waren der Betriebsleiter und die leitenden Mitarbeiter (z. B. Abteilungsleiter, Meister) Beauftragte der Arbeiter-und-Bauern-Macht. Für die leitenden Mitarbeiter galten die Grundsätze für die Tätigkeit des Betriebsleiters entsprechend (§ 8 Abs. 4 AGB).

Diese Regelungen lassen auch nicht ansatzweise erkennen, dass und in welcher Weise sie § 3 Buchstabe b AVI-VO ändern, ergänzen oder inhaltlich näher bestimmen. Solches ist deswegen so, weil § 8 AGB Teil des Arbeitsrechts ist, während § 3 Buchstabe b AVI-VO eine Regelung der zusätzlichen Altersversorgung darstellt.

Schließlich ist der AVI-VO nichts dafür zu entnehmen, dass zur Auslegung des § 3 Buchstabe b AVI-VO die Vorschrift des § 47 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung (Rentenverordnung) vom 23. November 1979 (GBl. DDR I 1979, 401) maßgebend sein könnte.

§ 47 Rentenverordnung bestimmte: In Würdigung der physischen und psychischen persönlichen Belastung im Beruf und des selbstlosen Einsatzes bei der Behandlung und Pflege kranker Menschen beträgt für Mitarbeiter des Gesundheits- und Sozialwesens, die mindestens 10 Jahre ununterbrochen in Einrichtungen des Gesundheits- oder Sozialwesens eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt haben, bei der Berechnung der Alters- oder Invalidenrente der Steigerungsbetrag für jedes Jahr der Tätigkeit in einer solchen Einrichtung 1,5 Prozent des Durchschnittsverdienstes gemäß § 5 Abs. 1 Buchstabe a Rentenverordnung.

§ 47 Rentenverordnung war eine Vorschrift zur Berechnung der Renten der Sozialversicherung ohne jeglichen Bezug zur AVI. Ob die Klägerin auf die weitere Fortgeltung der Rentenverordnung und damit des § 47 Rentenverordnung vertrauen durfte, kann angesichts dessen dahinstehen, denn eine Verletzung eines Vertrauensschutzes könnte lediglich durch eine Neuregelung der Vorschriften über die Berechnung ihrer Sozialversicherungsrente, nicht jedoch durch die bis zum 30. Juni 1990 unverändert geltende AVI-VO eingetreten sein. Da § 47 Rentenverordnung zu keiner Zeit für die AVI-VO maßgebend war, besteht mithin auch keine Veranlassung zur Umdeutung einer "Versorgungsrente" aus § 47 Rentenverordnung in eine solche nach der AVI-VO.

Die Berufung muss mithin erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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