L 3 R 879/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 R 6909/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 879/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 01. Juni 2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Berufungsverfahren ist die ordnungsgemäße Klageerhebung des Klägers streitig.

Der 1939 geborene Kläger, dessen Versicherungskonto bislang Pflichtbeitragszeiten in der Zeit von August 1954 bis September 1969 und im übrigen keinerlei Versicherungszeiten aufwies, bezieht entsprechend seinem Antrag vom 29. Juni 2004 von der Beklagten seit April 2004 eine Regelaltersrente. Er war aus früherer selbständiger Tätigkeit überschuldet, hatte des Öfteren seinen Aufenthaltsort gewechselt und wohnte an unterschiedlichen Orten, ohne dort gemeldet zu sein, offenbar bei Bekannten. Die Beklagte zahlte ab März 2005 die Altersrente laufend auf ein vom Kläger angegebenes Konto in der Schweiz. Daneben bemühte sie sich fortlaufend um Ermittlung einer Anschrift des Klägers. Auf ihre Anfrage beim Einwohnermeldeamt in D, wo der Kläger zuletzt gewohnt hatte, wurde zunächst mitgeteilt, dass die Anschrift in 52349 D, N Str. 134, weiterhin gelten solle (Auskunft vom 15. Juli 2005), dann, dass der Kläger von Amts wegen abgemeldet – unbekannt verzogen – worden sei (Auskunft vom 06. Dezember 2005). Am 17. November 2005 teilte der Kläger der Beklagten eine neue Postanschrift K Str. 1, postlagernd, 88131 L (B) mit. Am 30. März 2006 sprach der Kläger bei der Auskunfts- und Beratungsstelle A vor und gab an, dass die Anschrift in D eigentlich richtig und im Personalausweis angegeben sei, er sei dort aber von Amts wegen abgemeldet worden. Die Post solle weiterhin nach L (B) gehen. Die Rente solle, auch wenn sein gewöhnlicher Aufenthalt nicht in der Schweiz sei, wie zuvor auf das Schweizer Konto überwiesen werden, da er kein inländisches Konto habe.

Am 14. November 2006 beantragte der Kläger bei der Auskunfts- und Beratungsstelle in München rückwirkend "nach alter Rechtslage" die Zahlung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) im Zeitraum vom 01. Januar 1987 bis zum 31. März 2004. In diesem Zeitraum sei ihm von der privaten Versicherung eine BU-Rente gezahlt worden. Die Beklagte sei ihren Mitteilungspflichten (hinsichtlich einer Gesetzesänderung zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen) nicht nachgekommen, so dass er keine Gelegenheit bekommen habe, anspruchserhaltende Beiträge zu zahlen. Dem Antrag beigefügt war ein Bescheid des Versorgungsamtes Köln vom 30. März 1989 über einen bei dem Kläger vorliegenden Grad der Behinderung (GdB) von 70 (Charakterneurose, Organbeschwerden, Depressionen, chronische Bronchitis, Wirbelsäulensyndrom, Fettleber).

Mit Bescheid vom 07. Dezember 2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen BU bzw. Erwerbsunfähigkeit (EU) rückwirkend für die Zeit ab dem 01. Januar 1987 ab, da der Kläger seinerzeit keinen Antrag gestellt habe (§ 19 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]). Zudem fehle es an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, da der Kläger bereits ab dem 01. Oktober 1969 keine rentenrechtlichen Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt habe. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die teilweise durch das Haushaltsbegleitungsgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 unter Ablösung der bis dahin geltenden Regelungen der §§ 23 und 24 des Angestellten-Versicherungsgesetzes (AVG) eingeführt und zum 01. Januar 1984 in Kraft getreten seien, hätten es auch Versicherten, die zuletzt vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht versicherungspflichtig gewesen seien, ermöglicht, unter Umständen in den Genuss einer Rentenzahlung zu kommen. Über diese Rechtsänderung sei seinerzeit im Rahmen der Aufklärungspflichten in den einschlägigen Medien ausreichend informiert worden. Ein Einzelanspruch des Klägers auf entsprechende Information bestehe nicht. Auch ein Anspruch auf Spontanberatung sei nicht gegeben gewesen, denn die Beklagte habe anlässlich des Bearbeitungsvorganges nicht erkennen können, dass sie den Kläger auf eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit hätte hinweisen müssen. Ein entsprechendes Ersuchen, ein Antrag des Klägers oder ein sonstiger Bearbeitungsvorgang, der eine Spontanberatung gerechtfertigt hätte, habe seinerzeit nicht vorgelegen.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch, mit dem der Kläger u. a. mitteilte, dass Post an ihn postlagernd nach St. M/S, B 12, übersandt werden solle, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2007 aus den Gründen des Bescheides vom 07. Dezember 2006 als unbegründet zurück. Sie übersandte, nachdem Ermittlungen nach der Anschrift des Klägers beim Einwohnermeldeamt L erfolglos geblieben waren und der Kläger mitgeteilt hatte, keinen Wohnsitz in Deutschland zu haben (Schreiben vom 30. März 2007), sondern sich in Ferienwohnungen in der S aufzuhalten, den Widerspruchsbescheid per Einschreiben an die Anschrift B 12, postlagernd, 9430 St. M/S.

Hiergegen erhob der Kläger am 17. September 2007 bei dem Sozialgericht (SG) Berlin Klage, übermittelt von der Poststelle St. M am 12. September 2007, mit dem Ziel, die Beklagte zu verurteilen, ihm rückwirkend für den Zeitraum vom 01. Januar 1987 bis zum 31. März 2004 Rente wegen BU zu gewähren. In seiner Klageschrift gab er, wie auch bereits im Widerspruchsverfahren, als Anschrift an: postlagernd, B 12, C-9430 St. M.

Das SG hat den Kläger unter der Anschrift St. M am 09. Oktober 2007, am 03. Dezember 2009 (gegen Empfangsbekenntnis, das nicht zurückgesandt wurde) sowie am 10. Februar 2010 (Erinnerung) angeschrieben und hierbei auf seine Absicht, die Sache ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden, hingewiesen. Ferner hat es mitgeteilt, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten nach vorläufiger Prüfung nicht zu beanstanden seien, und dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats nach Zugang des Schreibens gegeben. Das Schreiben vom 03. Dezember 2009 enthielt die Aufforderung, eine zustellfähige Anschrift anzugeben, da amtliche Zustellungen an "postlagernd" nicht möglich seien. Mit Schreiben vom 08. März 2010 forderte das SG den Kläger wiederum auf, bis zum 15. Mai 2010 eine ladungsfähige Anschrift mitzuteilen, wobei es sich um eine tatsächliche Adresse (mit Briefkasten) handeln müsse. Sollte der Kläger über keinen festen Aufenthaltsort verfügen, könne er auch die Adresse eines Bekannten angeben, der die an ihn gerichtete Post in seinem Namen entgegennehme. Das Schreiben enthielt den ausdrücklichen Hinweis, dass ein Postfach oder "postlagernd" nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klageschrift genügen würde und bei unveränderter Sachlage die Klage als unzulässig abgewiesen werden könne.

Nachdem auch auf dieses Schreiben keine Reaktion von Seiten des Klägers erfolgte, hat das SG Berlin die Klage mit Gerichtsbescheid vom 01. Juni 2010 als unzulässig abgewiesen, da der Kläger eine ladungsfähige Anschrift nicht angegeben habe und somit die Voraussetzungen des § 92 Abs. 1 SGG an eine ordnungsgemäße Klageerhebung nicht erfüllt seien.

Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger zum einen mit einfachem Brief formlos an die Anschrift in St. M postlagernd, übersandt worden, des Weiteren ist am 02. Juni 2010 seine öffentliche Zustellung erfolgt, die als am 05. Juli 2010 bewirkt gilt.

Mit Schreiben vom 17. September 2010 übersandte die Beklagte dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) ein Fax-Schreiben des Klägers vom 16. September 2010 zwecks Prüfung, ob dieses als Berufung zu werten sei. Der Kläger machte darin wiederum ein Begehren auf Gewährung einer BU-Rente geltend und teilte mit, dass seine Anschrift laute: B Str., K. Dort komme auch andere Post der DAK und der Iduna Signal-Versicherung an, und dort sei er auch seit dem 31. Oktober 1991 erreichbar gewesen.

Auf entsprechende Anfrage des LSG hat das Einwohnermeldeamt K-E mitgeteilt, dass der Kläger nicht unter der Anschrift B Str., K gemeldet oder gemeldet gewesen sei. Das LSG hat des Weiteren ohne Erfolg den Leiter der Polizeiinspektion West, V Str. 354, 50825 K, gebeten, die vom Kläger benannte Anschrift dahingehend überprüfen zu lassen, ob der Kläger dort eine Wohnung unterhalte bzw. sich regelmäßig dort aufhalte (als Untermieter u. ä.; Schreiben vom 06. Dezember 2010). Auf weitere, an die Anschriften B, postlagernd, St. M/S sowie B Str., K gerichtete Anfragen des Gerichts an den Kläger (vom 15. Oktober 2010), eine ladungsfähige Anschrift mitzuteilen, da sich auch die Anschrift B Str., K nicht als Meldeanschrift herausgestellt habe, antwortete der Kläger nicht; zurück kam allerdings die an die Anschrift B Str., K gerichtete Anfrage mit dem Bemerken eines Herrn H G der Kläger habe ihn vor Jahren als Postanschrift angegeben.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2010 teilte die Beklagte mit, dass als Anschrift des Klägers nunmehr bekannt sei: R-W-Gäßchen, I. Diese Anschrift wurde auf Anfrage vom Einwohnermeldeamt in P als Anschrift des Klägers bestätigt. Mit Schreiben vom 03. Januar 2011 teilte das Gericht dem Kläger mit, dass nunmehr offensichtlich eine ladungsfähige Anschrift in Ivorliege und dass die K Anschrift diesen Anforderungen nicht entsprochen habe. Es werde nochmals angefragt, ob es sich bei dem Schreiben an die Beklagte um eine Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Berlin handeln solle.

Mit Schreiben vom 02. Februar 2011 wies der Kläger unter dem Betreff "meine beantragte BU-Rente" auf diverse Anlagen hin, aus denen sich seine Anschrift ergebe (Schreiben der Beklagten vom 01. Juli 2010 an die Signal Iduna, Karlsruhe, mit Anfrage nach dem tatsächlichen Aufenthaltsort/der Adresse des Klägers, Mitteilung über die Anpassung der Leistung aus der Gesetzlichen Rentenversicherung zum 01. Juli 2009 durch die Beklagte, gesandt an die Anschrift in St. M/S, Fotokopie eines Führungszeugnisses des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 18. Mai 1998 mit der Anschrift: N Str. 134, 52349 D). Seine Anschrift sei also immer bekannt gewesen und das SG Berlin hätte ihn auch erreichen können. In der Sache selbst halte er an seinem Begehren auf rückwirkende Gewährung einer BU-Rente fest.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Berlin vom 01. Juni 2010 sowie des Bescheides der Beklagten vom 07. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2007 zu verurteilen, ihm rückwirkend für den Zeitraum vom 01. Januar 1987 bis zum 31. März 2004 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält ihren Bescheid vom 07. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2007 für rechtmäßig.

Nachdem die an die nunmehr bekannte Anschrift R-W-Gäßchen, I gerichtete Mitteilung des Termins zur mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht zugestellt werden konnte, hat das Einwohnermeldeamt P auf Anfrage mitgeteilt, dass der Kläger seit dem 11. März 2012 verzogen sei nach: Mstr., G. Unter dieser Anschrift ist ihm die Terminsmitteilung am 24. Januar 2013 durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten auch zugestellt worden.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Streit- und Sachstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 126 SGG ohne den der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2013 ferngebliebenen Kläger verhandeln und entscheiden, nachdem er in der ihm ordnungsgemäß zugestellten Ladung auf eben diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des - wegen fehlendem inländischem Wohnsitz/nicht ermittelbarem inländischem Aufenthaltsort und tatsächlichem Aufenthalt des Klägers in der Schweiz nach § 57 Abs. 3 SGG örtlich zuständigen - SG Berlin vom 01. Juni 2010 hat im Ergebnis keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben worden. Gemäß § 151 Abs. 1 i. V. m. § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Diese Berufungsfrist ist gemäß § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb dieser Frist bei dem Sozialgericht schriftlich eingelegt wird. Die Frist beginnt gemäß § 64 Abs. 1 SGG, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung.

Der angefochtene Gerichtsbescheid ist dem Kläger mit einfachem Brief formlos an die von ihm einzig benannte Anschrift in St. M postlagernd, übersandt worden. Des Weiteren ist am 02. Juni 2010 seine öffentliche Zustellung erfolgt, die als am 05. Juli 2010 bewirkt gilt. Das als Berufung gewertete Schreiben des Klägers, in dem dieser wiederum sein Begehren auf rückwirkende Gewährung einer BU-Rente geltend gemacht hat, ist am 17. September 2010 bei dem LSG eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war zwar die Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG bereits abgelaufen.

Dennoch ist die Berufungsfrist vorliegend mit dem am 17. September 2010 bei dem LSG eingegangenen Schreiben des Klägers gewahrt, weil die dem Gerichtsbescheid des SG Berlin beigefügte Rechtsmittelbelehrung in zweierlei Hinsicht fehlerhaft war. Zum einen fehlt der Hinweis auf die Möglichkeit, die Berufung mittels elektronischen Dokuments einzulegen, so dass die Rechtsmittelbelehrung insoweit unvollständig und damit unrichtig i. S. von § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG ist. Zum anderen erweist sich der alternativ angebrachte Hinweis auf die 3-monatige Rechtsmittelfrist für Auslandszustellungen als unrichtig, denn bei der öffentlichen Zustellung durch Aushängen an der Gerichtstafel handelt es sich um eine im Inland erfolgte Zustellung, die eine Rechtsmittelfrist von lediglich einem Monat zur Folge hat (§ 151 Abs. 1 SGG). Wegen der unvollständigen und auch unrichtigen Angaben auf der Rechtsmittelbelehrung gilt im vorliegenden Fall die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 66 RdNr. 9a).

Die zulässige Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das SG Berlin hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die am 17. September 2007 bei dem SG erhobene Klage ist unzulässig, weil der Kläger bei ihrer Erhebung sowie anschließend fortgesetzt bis zur Entscheidung des SG keine zustellungsgeeignete (Wohn-) Anschrift angegeben hat.

Nach §§ 153 Abs. 1, 90 SGG ist eine Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem zuständigen Gericht zu erheben. Das Ersuchen um Rechtsschutz soll gemäß § 92 Satz 1 und 2 SGG u. a. die Beteiligten bezeichnen und von dem Kläger oder einer zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Tagesangabe unterzeichnet sein. Ein zulässiges Rechtsschutzbegehren setzt des Weiteren voraus, dass im Verfahren auch die Anschrift des Rechtsuchenden genannt wird (BSG, Beschluss vom 18. November 2003, B 1 KR 1/02 S, in juris). Der Angabe des Wohnsitzes bzw. Aufenthalts- oder Beschäftigungsortes des Rechtsuchenden bedarf es bereits deshalb, um die örtliche Zuständigkeit des Gerichts feststellen zu können und damit ein Tätigwerden des zuständigen gesetzlichen Richters zu gewährleisten, ferner, um die rechtswirksame Zustellung gerichtlicher Anordnungen und Entscheidungen bewirken zu können (§ 63 Abs. 2 SGG i. V. m. §§ 166 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]; BSG, Beschluss vom 18. November 2003, a. a. O.; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 66 RdNr. 9a).

Bei Erhebung der Klage war als Anschrift des KIägers auf dem Briefumschlag lediglich die Anschrift des Postgebäudes in St. M mit dem Zusatz "postlagernd" vermerkt. Die ebenfalls vom Kläger mitgeteilte Anschrift B Str., K hat sich auf Anfrage beim Einwohnermeldeamt K-E nicht als Meldeadresse herausgestellt, ebenso wenig auch die vom Kläger geltend gemachte Anschrift N Str., D. Auch die Anschrift R-W-Gäßchen, I ist erst im Berufungsverfahren bekannt geworden und hat sich zudem als unzutreffend erwiesen. Die nunmehrige Anschrift Mstr., G, ist ebenfalls erst im Verlauf des Berufungsverfahrens bekannt geworden. Dies genügt zwar zur Vermeidung einer Verwerfung der Berufung als - wegen fehlender zustellfähiger Anschrift - unzulässig, jedoch war diese bis zur Entscheidung des SG nicht bekannt.

Die Angabe eines Postfaches oder "postlagernd", wie sie dem SG bis zum Erlass seines Gerichtsbescheides vorgelegen hat, ist keine Anschrift i. S. des § 92 Abs. 1 SGG (BSG, Beschluss vom 18. November 2003, B 1 KR 1/02 S; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 92 RdNr. 4; grundlegend BverwG, Urteil vom 13. April 1999, 1 C 24/97). Eine Anschrift ist geeignet, den Kläger zu individualisieren, der Wohnort des Klägers bestimmt in manchen Fällen die örtliche Zuständigkeit des Gerichts und häufig auch die Zuständigkeit der Behörde. Mit dem Sinn dieser Bestimmungen wäre es nicht vereinbar, die frei wählbare Anschrift eines Postfaches als Wohnungsangabe ausreichen zu lassen. Für die Zustellung ist das Postfach, zumal wenn es wie hier im Ausland belegen ist, nicht im gleichen Maße geeignet wie eine Wohnungsanschrift. Es lässt nur die Zustellung mittels eingeschriebenen Briefes, nicht aber eine Zustellung mit Postzustellungsurkunde zu, womit auch die Ersatzzustellung an Hausgenossen und Vermieter und durch Niederlegung entfällt. Da das Schriftstück mit Hilfe einer Postfachanschrift erst dann zugestellt ist, wenn es der benachrichtigte Zustellungsempfänger tatsächlich abholt, hängt der Erfolg der Zustellung und deren Zeitpunkt von dessen Mitwirkung ab. Gerichte und auch Behörden müssen über einen zuverlässigen Nachweis darüber verfügen, ob und wann ihre Mitteilungen, Ladungen, Fristbestimmungen den Empfänger erreicht haben. Das Fehlen der ladungsfähigen Anschrift ist dann unschädlich, wenn der Kläger glaubhaft über eine solche Anschrift nicht verfügt. Entspricht die Klage/das Rechtsmittel diesen Voraussetzungen nicht, so führt dies nicht ohne weiteres zur Unzulässigkeit, sondern der Kläger ist zur Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Die Anschrift muss aber dem Gericht spätestens im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegen. Dies war hier – wie bereits ausgeführt – nicht der Fall.

Selbst bei – unterstellter - Zulässigkeit der Klage wäre diese auch als unbegründet abzuweisen gewesen und eine Berufung daher ebenfalls unbegründet, weil die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches auf Gewährung einer BU-Rente aus den Gründen des Bescheids der Beklagten vom 07. Dezember 2006 nicht vorgelegen haben.

Damit konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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