L 30 R 374/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 17 R 4500/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 30 R 374/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. März 2010 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2007 abgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2010 wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Säumniszuschlägen wegen verspätet geleisteter Nachversicherungsbeiträge.

Der 1952 geborene Beigeladene stand bei dem Kläger vom 1. Januar 1971 bis zum 6. Juni 1996 zuletzt als Polizeiobermeister im Beamtenverhältnis. In der Zeit vom 1. Juni 1984 bis zum 31. Mai 1996 war er unter Fortfall der Dienstbezüge beurlaubt. Vom 1. Juni 1996 bis 6. Juni 1996 blieb er dem Dienst fern und wurde am 6. Juni 1996 auf eigenen Antrag aus dem Dienst entlassen. Mit Schreiben vom 3. Juni 1996 bat der Kläger den Beigeladenen um Rücksendung der beigefügten Erklärung zur Entscheidung über die Nachversicherung und teilte ihm gleichzeitig mit, dass er, sofern bis zum 17. Juli 1996 keine gegenteilige Nachricht des Beigeladenen vorliege, davon ausgehe, dass die Aufschubgründe für die Nachversicherung nicht erfüllt seien und die Nachversicherung durchgeführt werden könne.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 22. August 1996 forderte der Kläger von dem Beigeladenen die bereits geleisteten Dienstbezüge für den Monat Juni 1996 zurück.

Am 16. März 2006 stellte der Kläger fest, dass der Beigeladene bei der Beklagten nicht nachversichert worden war.

Mit Schreiben vom 3. Mai 2006 teilte der Kläger dem Beigeladenen mit, dass der Vorgang bezüglich der Nachversicherung nicht abschließend bearbeitet worden sei. Zur Entscheidung über die Nachversicherung werde er gebeten, die beigefügte Erklärung ausgefüllt zurückzusenden. Andernfalls werde davon ausgegangen, dass die besonderen Aufschubgründe nicht erfüllt seien und die Nachversicherung durchgeführt werden könne. Mit Schreiben vom 12. Juni 2006 teilte der Kläger der Beklagten unter Hinweis auf eine entsprechende Bescheinigung nach § 185 Abs. 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) mit, dass der Beigeladene ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden sei und damit die Voraussetzungen zur Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung vorlägen. Von dem im Nachversicherungszeitraum vom 1. Januar 1971 bis 6. Juni 1996 erzielten Bruttoeinkommen seien 75.433,59 Euro als Beitragssumme errechnet und an die Beklagte überwiesen worden.

Mit Bescheid vom 14. Mai 2007 erhob die Beklagte auf die Nachversicherungsbeiträge Säumniszuschläge in Höhe von 78.116 Euro. Die Nachversicherungsbeiträge seien am 7. Juni 1996 fällig geworden. Eingegangen seien die Nachversicherungsbeiträge mit Wertstellung am 16. Juni 2006. Unter Berücksichtigung des Rundschreibens des Bundesministers des Inneren (BMI) von 27. April 1999, wonach der Nachversicherungsschuldner spätestens drei Monate nach dem Ausscheiden aus der Beschäftigung über den Aufschub oder die Durchführung der Nachversicherung entscheiden solle, sei im vorliegenden Fall der Fälligkeitstag im Sinne des § 24 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) der 7. September 1996. Somit ergebe sich eine Säumnis von 118 Monaten. Der Säumniszuschlag werde berechnet, in dem die Nachversicherungsschuld zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge abgerundet auf 50 Euro mit den Monaten der Säumnis und einem Prozent vervielfältigt werde. Die Höhe der Nachversicherungsschuld habe am 7. September 1996 66.231,88 Euro betragen.

Am 7. Juni 2007 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Die Voraussetzungen für die Erhebung der Säumniszuschläge lägen nicht vor. Die Gründe dafür, dass nach dem Ausscheiden des Beigeladenen eine Nachversicherung zunächst nicht durchgeführt worden sei, seien nach der Aktenlage nicht mehr nachvollziehbar. Erst aufgrund einer Nachfrage des Landesverwaltungsamtes im Jahr 2006 sei der Personalstelle aufgefallen, dass die Nachversicherung unterblieben sei. Anschließend seien die Nachversicherungsbeiträge an die Beklagte mit Auszahlungsanordnung vom 13. Juni 2006 überwiesen worden. Mit Schreiben vom 28. März 2003 habe die Beklagte der Personalstelle des Klägers mitgeteilt, dass sie ihre bisherige Rechtsauffassung und Verwaltungspraxis zur Erhebung von Säumniszuschlägen wegen verspäteter Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen aufgebe und künftig in allen Fällen Säumniszuschläge erheben werde. Dass für den Geschäftsbereich der Beklagten zuständige Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung habe mit Schreiben vom 8. April 2003 dem Bundesministerium des Inneren (BMI) die Änderung der Verwaltungspraxis durch die Beklagte mitgeteilt. Zugleich habe sie darum gebeten, die neue Praxis und Aufgabe der bisherigen Rechtsauffassung gegenüber allen Nachversicherungsschuldnern zu veröffentlichen. Es sei somit festzustellen, dass die Rentenversicherungsträger ihre Verwaltungspraxis jedenfalls nicht vor April 2003 geändert bzw. eine solche Änderung bekannt gegeben hätten. Nach der bisherigen Praxis der Rentenversicherungsträger sei die Nachversicherung von der Personalstelle des Klägers erst dann umgehend durchzuführen gewesen, wenn alle notwendigen Ermittlungen und Feststellungen zum Bestehen der Nachversicherung abgeschlossen worden seien. Säumniszuschläge seien infolge dieser Praxis in keinem einzigen Fall einer verspäteten Nachversicherung seitens der Beklagten erhoben worden. Vorliegend würden Säumniszuschläge für eine Säumnisdauer erhoben, in der die Beklagte ihre Verwaltungspraxis noch gar nicht geändert habe. Die Beklagte setze sich damit in Widerspruch zu ihrer jedenfalls bis zum April 2003 praktizierten Verfahrensweise.

Außerdem berufe er (der Kläger) sich auf die Verjährung nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV. Eine vorsätzliche Vorenthaltung der Beitragszahlung sei ihm nicht vorzuwerfen, jedenfalls von der insoweit beweispflichtigen Beklagten nicht zu beweisen. Vorliegend habe eine ordnungsgemäße Weisungslage für die Sachbearbeiter bei einem Ausscheiden eines Beamten ohne Anspruch auf Versorgung bestanden, d.h. die Nachversicherungsvoraussetzungen und mögliche Aufschubgründe seien nach dem Ausscheiden des Beamten zu prüfen gewesen. Auch wenn diese Weisung nicht in schriftlicher Form vorgelegen habe, sei jedem Sachbearbeiter bekannt gewesen, dass die Nachversicherung in einem Fall wie dem vorliegenden zu prüfen und gegebenenfalls durchzuführen gewesen sei. Ein Organisationsverschulden sei ihm daher nicht vorzuwerfen. Die Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters von der Notwendigkeit einer Nachversicherung könne nicht in Zweifel gezogen werden. Der für einen Vorsatz erforderliche Wille, die Beiträge der Beklagten vorzuenthalten, werde ausdrücklich bestritten. Es könne allenfalls von einem Versehen des Sachbearbeiters ausgegangen werden. Der Behörde könne aber bei versehentlicher Nichtabführung der Beiträge eine vorsätzliche Vorenthaltung nicht unterstellt werden.

Das Sozialgericht Berlin hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Beklagte den Kläger vor Erlass des Bescheides 14. Mai 2007 nicht angehört habe und dass die Anhörung auch nicht wirksam nachgeholt worden sei. Der Kläger hat einen Verzicht auf die Anhörung abgelehnt.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2007 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 19. März 2010 hat das Sozialgericht Berlin den Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2007 aufgehoben. Der Bescheid sei formell rechtswidrig, da die Beklagte den Kläger vor Erlass des Bescheides nicht angehört habe. Die Anhörung sei nach § 24 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auch nicht entbehrlich gewesen und nicht nachgeholt worden. Für eine wirksame Nachholung des Anhörungsverfahrens sei es nicht ausreichend, dass der Kläger während des Klageverfahrens Gelegenheit gehabt habe, seine Einwände gegen den Bescheid vorzubringen. Zwar könne eine Heilung gemäß § 41 Abs. 2 SGB X auch noch bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz erfolgen. Eine solche Heilung sei jedoch durch die Beklagte nicht erfolgt, da diese dem Kläger im Klageverfahren keine Gelegenheit gegeben habe, sich zur Erhebung der Säumniszuschläge zu äußern.

Gegen das der Beklagten am 14. April 2010 zugestellte Urteil hat diese am 30. April 2010 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Mit Schreiben vom 20. Mai 2010 hat die Beklagte dem Kläger Gelegenheit gegeben, sich zu den für die Entscheidung über die Forderung von Säumniszuschlägen erheblichen Tatsachen zu äußern und Gründe mitzuteilen und Nachweise darüber vorzulegen, die der Forderung entgegenstehen könnten. Mit weiterem Schreiben vom 28. Juni 2010 hat die Beklagte den Kläger an die Erledigung des Schreibens vom 20. Mai 2010 erinnert.

Mit Bescheid vom 31. August 2010 hat die Beklagte den Bescheid vom 14. Mai 2007 bestätigt. Auf die Schreiben vom 20. Mai 2010 und 28. Juni 2010, mit denen dem Kläger Gelegenheit gegeben worden sei, sich zu äußern, habe dieser nicht reagiert.

Mit Schreiben vom 18. August 2010, eingegangen bei der Beklagten am 9. September 2010, hat der Kläger in Beantwortung der Schreiben vom 20. Mai 2010 und 28. Juni 2010 darauf hingewiesen, dass der Beigeladene über die beabsichtigte Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung hingewiesen und um Klärung etwaiger Aufschubgründe gebeten worden sei. Der Personalakte sei jedoch kein Rücklauf einer Erklärung zu entnehmen. Eine Nachversicherung sei daher nicht durchgeführt worden. Die Rechtmäßigkeit der Erhebung eines Säumniszuschlages werde angezweifelt, da Ansprüche auf Nachversicherungsbeiträge gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjährten, in denen sie fällig geworden seien.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Anspruch auf die Erhebung von Säumniszuschlägen weder verwirkt noch in ihrer Geltendmachung eine unzulässige Rechtsausübung zu sehen sei. Der Forderung stünde Treu und Glauben nicht entgegen. Die Nachversicherungsbeiträge seien innerhalb von drei Monaten nach Eintritt des Nachversicherungsfalles fällig geworden. Seit 1. Januar 1995 liege die Erhebung von Säumniszuschlägen auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge nicht mehr im Ermessen des Rentenversicherungsträgers. Auf Vertrauensschutz für die Zeit vor Veröffentlichung des Informationsblattes der Beklagten durch den BMI, womit die künftige Erhebung von Säumniszuschlägen angekündigt worden sei, könne sich der Kläger nicht berufen. Denn das Bundessozialgericht habe in seiner Entscheidung vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, festgestellt, dass die Beklagte jedenfalls im Verhältnis zu einem ebenfalls an die Gesetze gebundenen öffentlich-rechtlichen Träger eine als gesetzeswidrig erkannte Rechtsauffassung auch in Form der rückwirkenden Erhebung von Säumniszuschlägen ändern durfte. Sie sei daran durch ihr Schreiben vom 28. März 2003 nicht gehindert gewesen. Der Anspruch auf Erhebung der Säumniszuschläge sei auch nicht verjährt, weil vorliegend die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV anzuwenden sei. Die verlängerte Verjährungsfrist greife, weil der Tatbestand der unverschuldeten Unkenntnis über die Zahlungspflicht im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV vom Kläger nicht glaubhaft gemacht worden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. März 2010 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 14. Mai 2007 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die in der Berufungsinstanz angefallene Klage gegen den Bescheid vom 31. August 2010 abzuweisen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV gelte. Die Entlassung des Beigeladenen sei bis Ende Mai 1996 von der Sachbearbeiterin Frau D und der Hauptsachbearbeiterin Frau W bearbeitet worden. Den Entlassungsantrag vom 31. Mai 1996 habe ab Juni 1996 der Sachbearbeiter Herr P unter Aufsicht der Hauptsachbearbeiterin Frau W bearbeitet. Sowohl die Verfügung von Frau W vom 3. Juni 1996 als auch der "Entlassungsbescheid" vom 3. Juni 1996 habe den Hinweis zur "Nachversicherung" als Merkposten bzw. nähere Ausführungen zur Notwendigkeit der Nachversicherung enthalten. Einige Wochen später habe der zuständige Sachbearbeiter Herr P die Sache weiterbearbeitet. Hierbei sei es zu mehreren Schriftwechseln gekommen. In diesem Zeitraum sei die Nachversicherung schlicht in Vergessenheit geraten, weil die Rückforderung von Dienstbezügen zunächst als dringlicher erachtet worden sei. Es habe auch keinen Rücklauf einer Erklärung seitens des Beigeladenen gegeben, der den Sachbearbeiter auf die Nachversicherung hätte nochmals aufmerksam machen können. Alleine aus der fehlerhaft nicht weitergeführten Bearbeitung könne nicht auf ein vorsätzliches Unterlassen geschlossen werden. Der Vorsatz könne auch nicht vermutet werden. Vorliegend handele es sich um eine fahrlässige Falschbearbeitung durch den zuständigen Sachbearbeiter, weil dieser in seiner Bearbeitung offensichtlich nur die letzten Seiten in der Akte beachtet und deshalb den von ihm bereits angesprochenen Nachversicherungsvorgang nicht bemerkt habe. Im Übrigen werde weiterhin die formelle Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vom 14. Mai 2007 auch in der Fassung des Bescheides vom 31. August 2010 gerügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Personalakten (vier Bände) des Beigeladenen und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichern Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Ein Vorverfahren war nicht erforderlich, da das Land Berlin die Klage als Land im Sinne von § 78 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGG geführt hat. Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat der gemäß § 54 Abs. 1 SGG zulässigen Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 14. Mai 2007 zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2007 und der Bescheid des Beklagten vom 31. August 2011, der gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist und über den der Senat als erstinstanzliches Gericht zu entscheiden hatte, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Bescheid vom 14. Mai 2007 ist formell rechtmäßig, nachdem die Beklagte die nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung während des Berufungsverfahrens nachgeholt hat. Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Erhebung von Säumniszuschlägen gemäß § 24 SGB IV greift als öffentlich-rechtliche Nebenforderung einer Beitragspflicht in die Rechte des Klägers ein. Eine Anhörung war auch nicht nach § 24 Abs. 2 SGB X entbehrlich, da die dort aufgeführten Ausnahmen von der Anhörungspflicht nicht einschlägig sind. Der Verfahrensmangel der fehlenden Anhörung ist nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X durch Nachholung der Anhörung im Berufungsverfahren geheilt worden und damit unbeachtlich. Eine wirksam nachgeholte Anhörung setzt voraus, dass diese den Anforderungen an eine Anhörung nach § 24 Abs. 1 SGB X entspricht und insbesondere der Beteiligte über die entscheidungserheblichen Tatsachen in Kenntnis gesetzt wurde und Gelegenheit zur Äußerung hatte. Für eine Heilung im Gerichtsverfahren, die nach § 41 Abs. 2 SGB X bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz möglich ist, ist ein eigenständiges Verwaltungsverfahren notwendig (BSG, Urteil vom 7. Juli 2011, B 14 AS 144/10 R, zitiert nach juris). Die erforderliche Anhörung hat die Beklagte mit Schreiben vom 20. Mai 2010 sowie 28. Juni 2010, mit denen dem Kläger die Möglichkeit der Äußerung eingeräumt wurde, nachgeholt. Dass die Beklagte die verspätete Stellungnahme des Klägers vom 18. August 2010 wegen des verspäteten Eingangs bei der Beklagten am 9. September 2010 nicht mehr berücksichtigen konnte, steht der Heilung der Anhörung nicht entgegen, da die Äußerungsfrist angemessen war. Die Angemessenheit der Äußerungsfrist richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Dem Beteiligten muss genügend Zeit bleiben, sich mit der Sache vertraut zu machen und vorbereitende Überlegungen anzustellen. Eine Anhörungsfrist muss so bemessen sein, dass dem Betroffenen ausreichend Zeit zur Einholung rechtlichen Rates sowie zur Abfassung seiner Äußerung bleibt. Danach sollten Äußerungsfristen zwei Wochen ohne die Anrechnung von Postlaufzeiten grundsätzlich nicht unterschreiten (von Wulffen, in derselbe SGB X Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 24 Rn. 10). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war die dem Kläger insgesamt eingeräumte rund zweimonatige Äußerungsfrist angemessen, um entsprechend zu reagieren. Gründe, die den Kläger an einer rechtzeitigen Stellungnahme gehindert hätten, hat dieser nicht mitgeteilt. Im Übrigen hat die Beklagte sich mit dem vom Kläger erhobenen Einwand, wonach der Anspruch auf Erhebung der Säumniszuschläge gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV verjährt sei, in ihrem Schriftsatz vom 12. Januar 2011 auseinandergesetzt. Auch der Bescheid vom 31. August 2010 ist formell rechtmäßig, da der Kläger im Vorfeld seines Erlasses aufgrund der Anhörungsschreiben vom 20. Mai 2010 und 28. Juni 2010 Gelegenheit zur Äußerung hatte.

Die Bescheide vom 14. Mai 2007 und 31. August 2010 sind auch materiell rechtmäßig. Denn die Beklagte hat einen Anspruch auf Erhebung der Säumniszuschläge. Die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch folgen aus der Ermächtigungsgrundlage des § 24 Abs. 1 S. 1 SGB IV. Nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat ein Säumniszuschlag von ein Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Nachversicherungsschuldner und damit zahlungspflichtig ist das klagende Land Berlin als ehemaliger Dienstherr des Beigeladenen. Die Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge richtet sich gemäß § 23 Abs. 4 SGB IV nach § 184 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1791), gültig bis 31. Dezember 2007. Nachversicherungsbeiträge sind gemäß § 184 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI zu zahlen und damit fällig, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten, insbesondere Gründe für den Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben sind. Dies ist regelmäßig mit dem unversorgten Ausscheiden des Nachzuversichernden aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, hier dem Beamtenverhältnis, der Fall (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004, B 13 RJ 28/03 R, zitiert nach juris). Die Nachversicherungsschuld entsteht grundsätzlich am Folgetag des unversorgten Ausscheidens des Nachzuversichernden (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, Rn. 20, zitiert nach juris). Da der Beigeladene bis zum 6. Juni 1996 in einem Beamtenverhältnis zum Kläger stand und mit Ablauf des 6. Juni 1996 unversorgt aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden ist, war er gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI nachzuversichern. Der Nachversicherungsfall ist am 7. Juni 1996 eingetreten und die Nachversicherungsschuld damit fällig geworden. Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung gemäß § 184 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz SGB VI in Verbindung mit § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI sind weder von dem Kläger noch von dem Beigeladenen vorgetragen worden und für den Senat nicht ersichtlich gewesen. Soweit die Beklagte die Säumnis in Anlehnung an das Rundschreiben des BMI vom 27. April 1999 erst drei Monate nach Fälligkeit, nämlich am 7. September 1996, hat beginnen lassen (vgl. nunmehr § 184 Abs. 1 S. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007 - BGBl. I S. 3024 -, wonach § 24 SGB IV mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass die Säumnis drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit beginnt), ist der Kläger hierdurch nicht beschwert. Die Nachversicherungsbeiträge sind erst am 16. Juni 2006 und damit verspätet bei der Beklagten eingegangen.

Der Erhebung der Säumniszuschläge steht keine unverschuldete Unkenntnis des Klägers von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge entgegen. Seit der mit Wirkung vom 1. Januar 1995 eingefügten Neufassung von § 24 Abs. 1 SGB IV durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs vom 13. Juni 1994 (2. SGBÄndG, BGBl. I S. 1229) sind Säumniszuschläge bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend zu zahlen und ist ihre Erhebung nicht mehr wie noch nach der Vorläufervorschrift in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, Rn. 22).

Nach § 24 Abs. 2 SGB IV ist bei einer durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellten Beitragsforderung ein Säumniszuschlag nur dann nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Diese Vorschrift ist auf Nachversicherungsbeiträge entsprechend anzuwenden. Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten im Sinne des § 276 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entgegen. Da eine Körperschaft des öffentlichen Rechts keine Kenntnis von bestimmten Umständen haben kann, ist grundsätzlich auf die Kenntnis des zuständigen Amtswalters abzustellen (BSG, Urteil vom 17. April 2008, B 13 R 123/07 R, Rn. 21 ff.). Hat der zuständige Amtswalter nachweislich keine Kenntnis vom Nachversicherungsfall kann ein Verschulden bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder sonstigen juristischen Person des öffentlichen Rechts gleichwohl vorliegen, wenn sie es außer Acht gelassen hat, sicherzustellen, dass die zuständigen Amtswalter die rechtserheblichen Informationen, die sie ihrer Entscheidung zugrunde zu legen haben, zur Kenntnis nehmen können. In diesen Fällen schließt das Außerachtlassen bzw. Unterlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen (sog. Organisationsverschulden) eine unverschuldete Unkenntnis im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB IV aus. Das Fehlen notwendiger organisatorischer Maßnahmen zum erforderlichen Informationsaustausch bedingt, dass sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter zurechnen lassen muss (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, Rn. 23, m.w.N., Urteil vom 17. April 2008, B 13 R 123/07 R, Rn. 18f.). Im Falle einer vorzunehmenden Nachversicherung trifft den Nachversicherungsschuldner die Pflicht, die gesetzlichen Voraussetzungen der Nachversicherung aufzuklären (§ 184 Abs. 1 S. 1 SGB VI), über Aufschubtatbestände zu entscheiden (§ 184 Abs. 2 und 3 SGB VI) und die Beiträge zur Nachversicherung zu zahlen (§ 185 SGB VI). Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Beitragsschuld und deren Fälligkeit selbst zu ermitteln und bei Fälligkeit umgehend zu zahlen hat, um Defizite im Haushalt des Rentenversicherungsträgers zu vermeiden (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, Rn. 26).

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Vielmehr muss sich der Kläger die Kenntnis seines Amtswalters von der Beitragsschuld zurechnen lassen. Aufgrund des Schreibens des zuständigen Sachbearbeiters vom 3. Juni 1996, in dem dieser den Beigeladenen auf die erforderliche Entscheidung zur Nachversicherung hingewiesen hat, ist die entsprechende Kenntnis des Sachbearbeiters über die Notwendigkeit der Nachversicherung nicht zweifelhaft. Ausweislich der vorliegenden Personalakte wurde zur Überwachung des Rücklaufs der Erklärung des Beigeladenen keine Wiedervorlagefrist notiert, sondern der Vorgang zu den Akten geschrieben. Dem weiteren Verwaltungsvorgang zur Fertigung einer entsprechenden Entlassungsurkunde sowie zur Rückforderung der Dienstbezüge lassen sich keine weiteren Vermerke bzw. Verfügungen betreffend die noch nicht durchgeführte Nachversicherung entnehmen. Danach ist die Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge, bestätigt durch den Vortrag des Klägers, offenbar schlicht in Vergessenheit geraten. Die anfängliche positive Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters muss sich der Kläger zurechnen lassen. Der Kläger hat offenbar keine organisatorischen Vorkehrungen getroffen, die fristgerechte Beitragsentrichtung sicherzustellen. Er hat auf die Schaffung von Kontrollmechanismen, die eine fristgerechte Abführung der Nachversicherungsbeiträge sichergestellt hätte, vielmehr gänzlich verzichtet. Dadurch ist die versehentliche Nichtabführung von Nachversicherungsbeiträgen auch auf ein zumindest fahrlässiges Organisationsverschulden des Klägers zurückzuführen. Das Vorbringen des Klägers, wonach jedem Sachbearbeiter aufgrund von mündlichen Dienstanweisungen bekannt gewesen sei, dass die Nachversicherung in einem Fall wie dem vorliegenden zu prüfen und durchzuführen sei, steht der Zurechnung nicht entgegen. Denn gerade der vorliegende Fall zeigt, dass die anfängliche Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters über die Pflicht zur Nachversicherung alleine nicht genügte, um die fristgerechte bzw. zeitnahe Nachversicherung zu gewährleisten.

Auch das Informationsschreiben der Beklagten vom 28. März 2003, dessen wörtlicher Inhalt in der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, wiedergegeben wird, steht deren Anspruch auf Erhebung von Säumniszuschlägen nicht entgegen. Das Schreiben der Beklagten enthält weder eine Zusicherung, von einer Festsetzung von Säumniszuschlägen im vorliegenden Fall abzusehen, noch einen Verzicht auf Säumniszuschläge (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, Rn. 27; Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. Oktober 2011, L 22 R 388/10, Urteil vom 26. Mai 2011, L 31 R 386/10, zitiert nach juris, Urteil vom 18. August 2011, L 33 R 430/10, Urteil vom 30. Januar 2012, L 6 R 559/10 WA). Aus dem Wortlaut des Schreibens folgt insbesondere nicht, dass die Beklagte Säumniszuschläge nicht für zum Zeitpunkt des Schreibens abgeschlossene Nachversicherungsfälle geltend machen werde. Eine derartige Einschränkung kann dem Text gerade deshalb nicht entnommen werden, weil die Beklagte dort mitteilt, dass sie seit 1. Januar 1995 gesetzlich verpflichtet sei, Säumniszuschläge auch bei Nachversicherungsfällen zu erheben und die Nachversicherungsschuldner verpflichtet seien, diese auch ohne Aufforderung des Rentenversicherungsträgers zu zahlen. Hätte die Beklagte damit gleichzeitig auf einen Teil der Säumniszuschläge verzichten wollen, hätte dies in dem Text etwa durch Angabe eines Stichtags deutlich zum Ausdruck kommen müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, Rn. 28). Das Schreiben der Beklagten vom 28. März 2003 hätte der Kläger damit zum Anlass nehmen müssen, für eine unverzügliche Durchführung der noch nicht abgeschlossenen Nachversicherungsverfahren zu sorgen.

Schließlich hat die Beklagte den Anspruch auf Geltendmachung der Säumniszuschläge auch nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB auch im Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende Zeiten anerkannt (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R). Die Verwirkung setzt als Fall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Besondere Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde und damit für den Verpflichteten eine Vertrauensgrundlage geschaffen hat. Das Bundessozialgericht hat die Frage, ob das Rechtsinstitut der Verwirkung auch auf Säumniszuschläge Anwendung findet, offen gelassen. Zwar spreche für die Anwendbarkeit, dass die Hauptforderung der durch Verwaltungsakt festgesetzten Nachversicherungsbeiträge grundsätzlich der Verwirkung unterliegen könne, so dass dies erst recht für den Säumniszuschlag als Nebenforderung gelten könnte. Letztendlich könne diese Frage jedoch unentschieden bleiben, weil die aufgezeigten Voraussetzungen der Verwirkung in einem vergleichbaren Fall der Geltendmachung von Säumniszuschlägen gegenüber einem Land als öffentlich-rechtlichem Dienstherrn nicht vorlägen. Grundsätzlich seien an das Verwirkungsverhalten strenge Anforderungen zu stellen, bei dem dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung durch Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die kurze vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV hinreichend Rechnung getragen werde, die auch auf Säumniszuschläge bei nicht vorsätzlichem Handeln Anwendung finde. Demnach sei ein bloßes Nichtstun als Verwirkungsverhalten regelmäßig nicht ausreichend. Ein Verwirkungsverhalten des Rentenversicherungsträgers, das bei dem Nachversicherungsschuldner das berechtigte Vertrauen begründet haben dürfte, dieser werde fortan keine Säumniszuschläge erheben, liege nicht vor. Der Rentenversicherungsträger habe es zwar entgegen der Gesetzesbindung aus Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) unterlassen, die seit 1995 bestehende zwingende Gesetzespflicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen flächendeckend in die Praxis umzusetzen. Dieses rechtswidrige Unterlassen erfülle aber nach den aufgezeigten Maßstäben weder die Anforderungen eines vertrauensbegründenden Verwirkungsverhaltens noch habe der öffentlich-rechtliche Dienstherr das bloße Nichtstun des Rentenversicherungsträgers als bewusst und planmäßig erachten und deshalb darauf vertrauen dürfen, nicht zu Säumniszuschlägen herangezogen zu werden (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, Rn. 29ff.).

Auch das Schreiben der Beklagten vom 28. März 2003 hat für den Kläger keine Vertrauensgrundlage im Sinne einer Verwirkung geschaffen. Denn für die verzögerte Bearbeitung von Nachversicherungsvorgängen in der Zeit vor dem 28. März 2003 kann das Schreiben vom 28. März 2003 nicht kausal geworden sein. Es ist auch nicht ersichtlich, welches schutzwürdige Vertrauensverhalten auf der erstmals in dem Schreiben vom 28. März 2003 enthaltenen Aussage, die Beklagte habe bisher eine gegenteilige Rechtsauffassung vertreten, hätte aufbauen können. Denn in den Schreiben wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der früheste Zeitpunkt der Säumnis bereits der 1. Januar 1995 sein könne, weil seit diesem Zeitpunkt die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht mehr im Ermessen der beitragentgegennehmenden Stelle gelegen habe, sondern von Gesetzes wegen hätte erfolgen müssen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, Rn. 29ff.).

Schließlich liegt auch kein Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor. Auch insofern schließt sich der Senat nach eigener Überzeugungsbildung den Ausführungen des Bundessozialgerichts an, wonach ein treuwidriges Verhalten im Sinne eines "venire contra factum proprium" nur dann vorliegt, wenn durch das Verhalten, das zu einem späteren Verhalten in Widerspruch steht, ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde, aufgrund dessen der Beitragsschuldner berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass Säumniszuschläge für verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge auch nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erhoben werden (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, Rn. 41). Über das bloße Unterlassen der Beklagten hinaus fehlt es an der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes.

Der Anspruch der Beklagten auf den geltend gemachten Säumniszuschlag ist auch nicht verjährt. Die entsprechende Einrede hat der Kläger mit seiner Klage erhoben. Gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Dies gilt auch für die auf die Nachversicherungsbeiträge entfallenden Nebenforderungen wie die Säumniszuschläge. Hingegen verjähren nach § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV Beiträge in 30 Jahren, wenn die Beiträge vorsätzlich vorenthalten worden sind. Zur Beurteilung der Frage, wann ein vorsätzliches Vorenthalten vorliegt, schließt sich der Senat der überzeugenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sowie der ständigen Rechtsprechung des hiesigen Landessozialgerichts an, die entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ein vorsätzliches Vorenthalten bereits dann annimmt, wenn sog. bedingter Vorsatz vorliegt (BSG, Urteil vom 17. April 2008, B 13 R 123/07 R, LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Mai 2011, L 31 R 386/10, Urteil vom 13. Oktober 2010, L 22 R 388/10, Urteil vom 15. Dezember 2011, L 22 R 1235/10 WA, jeweils zitiert nach juris, Urteil vom 10. Mai 2010, L 3 R 387/10, zitiert nach www.sozialgerichtsbarkeit.de, Urteil vom 30. Januar 2012, L 6 R 559/10 WA, Urteil vom 18. August 2011, L 33 R 430/11, jeweils nicht veröffentlicht). Ob der Kläger die Nachversicherungsbeiträge in diesem Sinne vorsätzlich vorenthalten hat, ist im Ergebnis nicht anders zu beurteilen als die Frage, ob er im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV von der Nachversicherungspflicht Kenntnis hatte. Der Begriff "vorsätzlich" schließt den bedingten Vorsatz ein. Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge dabei billigend in Kauf genommen hat. Der subjektive Tatbestand ist bezogen auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und den betreffenden Beitragsschuldner individuell zu ermitteln (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, Urteil vom 17. April 2008, B 13 R 123/07 R).

Jedenfalls dann, wenn feststeht, dass der Schuldner zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der kurzen Verjährungsfrist Kenntnis von der Beitragspflicht hatte und die Zahlung nicht sichergestellt hat, obwohl er hierzu in der Lage war, indiziert dies den im Sinne des § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV erforderlichen Vorsatz. In diesem Fall hat der Schuldner besondere, im Einzelnen zu prüfende Umstände vorzutragen, die diesen Vorwurf entkräften. Andernfalls liefe die Verlängerung der Verjährung in § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV auch bei bedingtem Vorsatz weitgehend ins Leere. Denn dann könnte sich ein Schuldner nach Ablauf von vier Jahren seiner Zahlungspflicht stets mit der Behauptung entziehen, er habe zwar zunächst von seiner Zahlungspflicht gewusst, die geplante Zahlung sei jedoch unterblieben, weil er die Unterlagen verlegt und dann den Vorgang vergessen habe (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Mai 2011, L 31 R 386/10). Der Vortrag, dass ein Vorgang schlicht in Vergessenheit geraten sei, wäre kaum zu widerlegen, wobei die Darlegungs- und Beweislast bei demjenigen liegt, der sich auf die Verlängerung der Verjährungsfrist beruft. Auf dieser Grundlage muss es für die Annahme eines vorsätzlichen Vorenthaltens im Sinne des § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts genügen, dass dieser die Kenntnis von der Beitragspflicht zugerechnet werden kann (BSG, Urteil vom 17. April 2008, B 13 R 123/07 R). Dem früheren Dienstherrn des nachzuversichernden Beamten obliegt gegenüber diesem eine nachwirkende Fürsorgepflicht, die Nachversicherung nicht nur überhaupt, sondern auch unverzüglich durchzuführen (BSG, Urteil vom 17. April 2008, B 13 R 123/07 R, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 67/09 R). Dabei ist auch im Rahmen des § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV grundsätzlich auf die Kenntnis des zuständigen Amtswalters abzustellen. Der Kläger selbst hat eingeräumt, dass die Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters über die Nachversicherungspflicht nicht in Zweifel zu ziehen sei. Da auch die Aktenlage die anfängliche Kenntnis des Sachbearbeiters bestätigt, ist vorliegend der idealtypische Fall gegeben, wonach ein Nachversicherungsvorgang bei anfänglicher Kenntnis des Amtswalters schlicht in Vergessenheit geraten ist. Die anfängliche Kenntnis des Sachbearbeiters muss sich der Kläger zurechnen lassen. Damit lag bedingter Vorsatz vor, der die Anwendung der vierjährigen Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV ausschließt.

Die Höhe der Säumniszuschläge ist von der Beklagten ausgehend von der fiktiven Nachversicherungsschuld am Fälligkeitstermin des 7. September 1996 in Höhe von 66.231,88 Euro und unter Zugrundelegung der entsprechenden Dynamisierungsfaktoren und des geltenden Beitragssatzes, was unter den Beteiligten auch nicht umstritten war, korrekt berechnet worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechung. Gehören in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Die §§ 154 bis 162 VwGO sind entsprechend anzuwenden. Gemäß § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens in allen Instanzen.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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