Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 195 AS 23638/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 1213/13 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 9. April 2013 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren bei dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten bewilligt.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist begründet.
Die im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) auf Verpflichtung des Beklagten zur Aufhebung des Bescheides vom 16. November 2007 gerichtete Klage hat bei der im PKH-Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – iVm § 114 Zivilprozessordnung – ZPO).
Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 16. November 2007, mit dem der Beklagte für den Zeitraum vom 1. November 2005 bis 31. Dezember 2006 die Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) iH eines Gesamtbetrages für Leistungen der Unterkunft und Heizung von 275,44 EUR aufgehoben hat, ist rechtswidrig. Es mangelt bereits an der Bestimmtheit des Bescheides iSv § 33 Abs. 1 SGB X.
Das Bestimmtheitserfordernis verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten (vgl BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 20/09 R = BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2; Urteil vom 15. Dezember 2010 - B 14 AS 92/09 R - juris). Maßstab für die Bestimmtheitsprüfung ist also der Empfängerhorizont, für die Beteiligten muss sich aus dem Verfügungssatz vollständig, klar und unzweideutig ergeben, was die Behörde will. Unschädlich ist es dabei, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (vgl auch BSG, Urteil vom 29. Dezember 2012 - B 14 AS 6/12 R - juris). Diese Auslegungsmöglichkeiten finden allerdings ihre Grenze dort, wo es dem Adressaten überlassen bleibt, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen, weil der in begünstigende Rechtspositionen eingreifende Leistungsträger verpflichtet ist, diese Entscheidung selbst zu treffen und dem Adressaten bekannt zu geben (so BSG vom 30. März 2004 - B 4 RA 36/02 R = SozR 4-2600 § 149 Nr 1 Rn14 unter Hinweis auf BSG SozR 3-2600 § 149 Nr 6 S 14 sowie BSG, Urteil vom 29. April 1997 - 4 RA 25/96 - und vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 56/96 - juris).
Der Bescheid des Beklagten vom 16. November 2007 genügt, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, den dargelegten Anforderungen an das Bestimmtheitserfordernis nicht. Es geht aus dem Bescheid zwar klar und unzweideutig hervor, dass der Beklagte als handelnde Behörde bestimmte, näher bezeichnete Leistungsbescheide, die allein den Kläger betreffen, für einen Gesamtzeitraum teilweise aufhebt. Der Beklagte hat aber nicht konkret verlautbart, in welcher Höhe die monatlichen Leistungen innerhalb des Gesamtzeitraums von der Aufhebung betroffen sind. Für den Leistungsberechtigten muss jedenfalls erkennbar sein, ob und in welchem Umfang ihm monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts verbleiben, um sein Verhalten daran ausrichten zu können. Es muss daher klargestellt sein, welche Bezugsmonate in welchem Umfang von der Aufhebung betroffen sind, ohne dass monatsweise eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Leistungsarten erforderlich wäre (vgl BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 196/11 R – juris).
Dem Aufhebungsanspruch des Klägers auf der Grundlage von § 44 SGB X iVm § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II steht auch nicht die Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegen. Darin ist lediglich geregelt, dass abweichend von Satz 1 § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X mit der Maßgabe gilt, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein Zeitraum von einem Jahr tritt. Ein Aufhebungsanspruch besteht jedoch ungeachtet dieser Frist, die nur die nachträgliche Erbringung von (zu Unrecht vorenthaltenen) Sozialleistungen betrifft. Ob der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung der bereits beglichenen Erstattungsforderung hat, kann dahinstehen, zumal der Kläger mit seiner Klage einen solchen Rückzahlungsanspruch nicht geltend macht.
Ein Rechtschutzbedürfnis für eine isolierte Aufhebung des hier in Rede stehenden Bescheides dürfte indes schon deshalb nicht zu verneinen sein, weil bei einer Aufhebung des Beschlusses feststünde, dass die Zahlung der Erstattungsforderung rechtsgrundlos erfolgt ist.
Kosten sind im PKH-Beschwerdeverfahren kraft Gesetzes nicht zu erstatten (vgl § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist begründet.
Die im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) auf Verpflichtung des Beklagten zur Aufhebung des Bescheides vom 16. November 2007 gerichtete Klage hat bei der im PKH-Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – iVm § 114 Zivilprozessordnung – ZPO).
Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 16. November 2007, mit dem der Beklagte für den Zeitraum vom 1. November 2005 bis 31. Dezember 2006 die Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) iH eines Gesamtbetrages für Leistungen der Unterkunft und Heizung von 275,44 EUR aufgehoben hat, ist rechtswidrig. Es mangelt bereits an der Bestimmtheit des Bescheides iSv § 33 Abs. 1 SGB X.
Das Bestimmtheitserfordernis verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten (vgl BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 20/09 R = BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2; Urteil vom 15. Dezember 2010 - B 14 AS 92/09 R - juris). Maßstab für die Bestimmtheitsprüfung ist also der Empfängerhorizont, für die Beteiligten muss sich aus dem Verfügungssatz vollständig, klar und unzweideutig ergeben, was die Behörde will. Unschädlich ist es dabei, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (vgl auch BSG, Urteil vom 29. Dezember 2012 - B 14 AS 6/12 R - juris). Diese Auslegungsmöglichkeiten finden allerdings ihre Grenze dort, wo es dem Adressaten überlassen bleibt, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen, weil der in begünstigende Rechtspositionen eingreifende Leistungsträger verpflichtet ist, diese Entscheidung selbst zu treffen und dem Adressaten bekannt zu geben (so BSG vom 30. März 2004 - B 4 RA 36/02 R = SozR 4-2600 § 149 Nr 1 Rn14 unter Hinweis auf BSG SozR 3-2600 § 149 Nr 6 S 14 sowie BSG, Urteil vom 29. April 1997 - 4 RA 25/96 - und vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 56/96 - juris).
Der Bescheid des Beklagten vom 16. November 2007 genügt, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, den dargelegten Anforderungen an das Bestimmtheitserfordernis nicht. Es geht aus dem Bescheid zwar klar und unzweideutig hervor, dass der Beklagte als handelnde Behörde bestimmte, näher bezeichnete Leistungsbescheide, die allein den Kläger betreffen, für einen Gesamtzeitraum teilweise aufhebt. Der Beklagte hat aber nicht konkret verlautbart, in welcher Höhe die monatlichen Leistungen innerhalb des Gesamtzeitraums von der Aufhebung betroffen sind. Für den Leistungsberechtigten muss jedenfalls erkennbar sein, ob und in welchem Umfang ihm monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts verbleiben, um sein Verhalten daran ausrichten zu können. Es muss daher klargestellt sein, welche Bezugsmonate in welchem Umfang von der Aufhebung betroffen sind, ohne dass monatsweise eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Leistungsarten erforderlich wäre (vgl BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 196/11 R – juris).
Dem Aufhebungsanspruch des Klägers auf der Grundlage von § 44 SGB X iVm § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II steht auch nicht die Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegen. Darin ist lediglich geregelt, dass abweichend von Satz 1 § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X mit der Maßgabe gilt, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein Zeitraum von einem Jahr tritt. Ein Aufhebungsanspruch besteht jedoch ungeachtet dieser Frist, die nur die nachträgliche Erbringung von (zu Unrecht vorenthaltenen) Sozialleistungen betrifft. Ob der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung der bereits beglichenen Erstattungsforderung hat, kann dahinstehen, zumal der Kläger mit seiner Klage einen solchen Rückzahlungsanspruch nicht geltend macht.
Ein Rechtschutzbedürfnis für eine isolierte Aufhebung des hier in Rede stehenden Bescheides dürfte indes schon deshalb nicht zu verneinen sein, weil bei einer Aufhebung des Beschlusses feststünde, dass die Zahlung der Erstattungsforderung rechtsgrundlos erfolgt ist.
Kosten sind im PKH-Beschwerdeverfahren kraft Gesetzes nicht zu erstatten (vgl § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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