Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 7 KR 222/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 295/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. März 2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist der Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale.
Die Klägerin ist Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses. Dort wurde vom 01. bis zum 14. August 2007 die bei der Beklagten Versicherte K. stationär behandelt. Die Behandlung hatte der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. T S am 09. Juli 2007 verordnet. Als Diagnose hatte er einen "Bandscheibenprolaps links (M51.2+LG)" angegeben. Die Behandlungskosten stellte die Klägerin der Beklagten mit Abrechnung vom 20. August 2007 in Rechnung. Die Beklagte veranlasste eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Auf die Prüfanzeige des MDK vom 30. August 2007 übersandte die Klägerin mit Schreiben vom 05. Oktober 2007 den Krankenhausentlassungsbericht, den Operationsbericht und die Epikrise.
In seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 07. November 2007 teilte der MDK der Beklagten mit, dass der Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) "korrekt kodiert" worden sei. Als Hauptdiagnose "sollte" hingegen M43.16 (Spondylolisthesis: Lumbalbereich) statt M42.17 (Osteochondrose der Wirbelsäule beim Erwachsenen: Zervikalbereich) kodiert werden. Auf der Stellungnahme finden sich die weiteren Hinweise "DRG bleibt". Dies sei das "Ergebnis der Sozialmedizinischen Stellungnahme in Rücksprache mit (dem) Neurochirurgen".
Mit Schreiben vom 14. November 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Behandlungsfall "medizinische Besonderheiten" aufweise. Deshalb sei eine Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) durch den MDK veranlasst worden. Die gutachterliche Stellungnahme habe ergeben, dass nach den vorliegenden Unterlagen als Hauptdiagnose M43.16 kodiert werden sollte. Auf die DRG habe diese Änderung keinen Einfluss. Auf dieses Schreiben reagierte die Klägerin nicht. Die Rechnung wurde bezahlt.
Dem Verlangen der Klägerin nach Zahlung einer Aufwandspauschale in Höhe von 100 EUR trat die Beklagte entgegen. Sie teilte der Klägerin mit, dass die Regelung des § 275 Abs. 1c SGB V nicht auf die Leistungsfälle Anwendung fände, in denen infolge "einer schuldhaften Pflichtverletzung des Krankenhauses" die Abrechnung hätte überprüft werden müssen". Diese Ansicht decke sich mit der Position der Spitzenverbände der Krankenkassen.
Die Klägerin hat am 17. Juni 2008 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, dass sie einen Anspruch auf Entrichtung der Aufwandspauschale in Höhe von 100 EUR habe. Die Prüfung der Abrechnung habe nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt. Der Anspruch scheitere nicht an einer "etwaigen falschen Kodierung". Denn § 275 Abs. 1c SGB V setze kein Verschulden voraus. Die Norm sanktioniere allein und ausschließlich nur den Fall, dass eine Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt habe.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass sie den MDK habe einschalten müssen, weil die bis zur Schlussrechnung übermittelten Daten eine Unplausibilität mit den in der Schlussrechnung übermittelten Daten aufgewiesen habe. Im Rahmen der fachmedizinischen Fallberatung habe diese Unplausibilität nicht aufgeklärt werden können, so dass eine Einzelfallprüfung erforderlich geworden sei.
Mit Urteil vom 29. März 2012 hat das Sozialgericht Potsdam die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 100 EUR nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17. Juni 2008 zu zahlen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V erfüllt seien. Soweit das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 22. Juni 2010 (B 1 KR 1/10 R) die Regelung des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V einschränkend ausgelegt habe, stehe diese Rechtsprechung dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Hiernach könne ein Krankenhaus von einer Krankenkasse die Aufwandspauschale für die Überprüfung einer Abrechnung durch den MDK verlangen, sofern die Prüfung zur Minderung des Rechnungsbetrages geführt habe und ihm, wie im vorliegenden Fall, ein Aufwand infolge einer erneuten Befassung mit dem Behandlungs- und Abrechnungsfall entstanden sei. Ein Krankenhaus könne die Aufwandspauschale aber nicht beanspruchen, wenn die Krankenkasse durch eine fehlerhafte Abrechnung zur Einleitung des Prüfverfahrens veranlasst worden sei. Anders als in dem vom BSG zu entscheidenden Fall sei im vorliegenden Fall eine fehlerhafte Kodierung aber nicht unstreitig und die Falschkodierung für das Gericht ohne weitere Ermittlungen nicht offensichtlich. Einen Rechtsstreit, in dem um die korrekte Kodierung gestritten werde, habe der Gesetzgeber aber ausdrücklich nicht gewollt.
Gegen das ihr am 2. Juli 2012 zugestellte Urteil richtet sich die vom Sozialgericht zugelassene Berufung der Beklagten vom 9. Juli 2012. Sie trägt vor, dass das Sozialgericht nicht berücksichtigt habe, dass die Klägerin im vorliegenden Fall in "extremer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben" verstoßen habe. Bis zur zitierten Entscheidung des BSG habe die Klägerin den Eindruck erweckt, dass eine fehlerhafte Kodierung unstreitig sei. Die Klägerin habe im Gegenteil noch in der Klagebegründung betont, dass die Zahlungsverpflichtung der Beklagten nicht an der falschen Kodierung scheitern würde. Nachdem die Klägerin erkannt habe, dass das BSG ihrer bisherigen Klagebegründung nicht folge, sei im Nachhinein ein streitiger Sachverhalt konstruiert worden, um behaupten zu können, dass der vorliegende Sachverhalt nicht mit dem Sachverhalt zu vergleichen sei, über den das BSG entschieden habe. Folge man der Auffassung der Klägerin, würde dies bedeuten, dass die Krankenhäuser, sofern der MDK eine Falschkodierung feststelle, lediglich dieses Ergebnis "pauschal und substanzlos" bestreiten bräuchten, um einen Anspruch auf die Aufwandspauschale geltend machen zu können. Im Übrigen werde bestritten, dass der Klägerin ein anspruchsbegründender Aufwand entstanden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. März 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, dass der Vorwurf eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nicht haltbar sei. Sie habe zu keinem Zeitpunkt eingeräumt, dass die Hauptdiagnose falsch kodiert worden sei. Vielmehr hätten im fraglichen Zeitraum nahezu alle gerichtlichen Entscheidungen ausschließlich darauf abgestellt, ob es nach der Prüfung des Behandlungsfalles zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages gekommen sei. Insofern habe für sie keine Notwendigkeit bestanden, sich zu der bestrittenen Kodierung – Bürokratie verursachend – zu äußern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. März 2012 ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von 100 EUR nebst Zinsen verurteilt.
Rechtsgrundlage des Anspruchs der Klägerin auf Zahlung der Aufwandspauschale in Höhe von 100 EUR ist § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26. März 2007 (BGBl. 1 2007 S. 287ff.). Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzung, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Im Bezug auf die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ist diese Prüfung nach § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V zeitnah durchzuführen. Nach Satz 2 dieser Regelung ist die Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, bestimmt § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V dass die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 EUR (ab dem 25. März 2009: 300 EUR) zu entrichten hat. Im vorliegenden Fall hat die Krankenhausbehandlung der Versicherten der Beklagten am 01. August 2007 und damit nach dem 31. März 2007 begonnen. Die vorgenannte Anspruchsgrundlage kommt daher grundsätzlich zur Anwendung.
Deren Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat der Beklagten die Kosten der Behandlung der Versicherten der Beklagten in Rechnung gestellt. Die Beklagte hat dem MDK den Auftrag aufteilt, die kodierte Hauptdiagnose und die kodierte DRG Prozedur mit dem Ziel einer möglichen Herabsetzung der geltend gemachten Krankenhausvergütung zu überprüfen. Diese Überprüfung hat aber zu keiner Minderung des Abrechnungsbetrages geführt.
Soweit das BSG in seinem Urteil vom 22. Juni 2010 – B 1 KR 1/10 R - § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V einschränkend ausgelegt hat, steht dies dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen.
Hiernach erfordert die gesetzliche Ausgestaltung der Zahlungspflicht der Krankenkassen nach 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V als "Aufwandspauschale", also als pauschaler Ausgleich eines Aufwandes des Krankenhauses für dessen Überprüfungsaktivitäten im Organisationsbereich, dass dem Krankenhaus auf den Prüfantrag hin ein tatsächlicher Aufwand entstanden ist. Soweit die Beklagte dies bestreitet, folgt der Senat dem nicht. Der MDK hat auf den Prüfauftrag hin von der Klägerin mit Prüfanzeige vom 30. August 2007 verschiedene Unterlagen angefordert. Diese hat die Klägerin dem MDK mit Schreiben vom 05. Oktober 2007 zur Verfügung gestellt.
Ein Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale scheidet nach der Rechtsprechung des BSG weiterhin aus, wenn das Prüfverfahren nach § 275 SGB V "jedenfalls durch eine nachweislich fehlerhafte Abrechnung des Krankenhauses veranlasst" worden ist.
An einem derartigen Nachweis fehlt es im vorliegenden Fall. Hier ist, anders als in dem vom BSG entschiedenen Fall, in dem positiv feststand ("nicht streitig"), dass das Krankenhaus eine von ihr zu verantwortende Falschkodierung vorgenommen hatte, zwischen den Beteiligten streitig, ob die Klägerin die Hauptdiagnose fehlerhaft kodiert hat. Es ist auch nicht offensichtlich, welche Diagnose im Falle der Versicherten der Beklagten zu kodieren war. Ihr behandelnder Orthopäde hat in der Verordnung von Krankenhausbehandlung noch als Diagnose den ICD Code M51.2 angegeben. Die Klägerin hat M42.17 kodiert. Die Beklagte vertritt in Übereinstimmung mit dem MDK die Auffassung, dass als Hauptdiagnose M43.16 "kodiert werden sollte". Bereits der Begriff "sollte" statt "muss" zeigt, dass insoweit keine abschließende Überzeugung besteht. Auch ausweislich der sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK vom 07. November 2007 wurde der ICD Code erst aufgrund einer Rücksprache der Gutachterin, einer Fachärztin für Chirurgie, mit einem Neurochirurgen, festgelegt. Um welchen Neurochirurgen es sich gehandelt hat und aufgrund welcher Feststellungen die Gutachterin und der Neurochirurg zu ihrem Ergebnis gekommen sind, ist der sozialmedizinischen Stellungnahme allerdings nicht zu entnehmen.
Der Senat hat insoweit keine weiteren Ermittlungen zu führen. Wie das BSG unter Zitierung der entsprechenden Gesetzesbegründung ausgeführt hat, sind im Rahmen des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V keine Streitigkeiten gewollt, in denen die Beteiligten – bürokratieverursachend – nun mittelbare Auseinandersetzungen über die Richtigkeit oder Fehlerhaftigkeit einer Kodierung des Krankenhauses führen, indem möglicherweise Rechtsschutz zu der Frage in Anspruch genommen wird, ob das Krankenhaus nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles von den Krankenkassen die ihm entstandenen Kosten in Form der Aufwandspauschale beanspruchen kann.
Soweit in konkretisierender Fortführung der Rechtsprechung des BSG vertreten wird, das ein Krankenhaus nur in solchen Fällen die wesentlichen Gründe für die Einschaltung des MDK gesetzt habe, in denen die der Krankenkasse zum Zeitpunkt der Beauftragung des MDK vorliegenden Unterlagen (§ 301 SGB V) einen nachvollziehbaren Anlass zur Einleitung einer MDK-Einzelfallprüfung geben konnten und hiervon ausgegangen werden könne, wenn die übermittelten Diagnosedaten nicht zueinander passen oder die Daten in sonstiger Weise auf Inkohärenzen hindeuteten, beispielsweise wenn die als durchgeführt mitgeteilten Prozeduren nicht mit den durch Haupt- und Nebendiagnosen ausgewiesenen Krankheitsbildern harmonieren, und bei objektiver exante Betrachtung Gesichtspunkte vorlägen, welche eine stationäre Aufnahme überhaupt oder deren Dauer als nicht angemessen erscheinen ließen (Urteil des Hessischen Landessozialgericht vom 29. November 2012 – L 8 KR 118/10 -,zitiert nach juris, Revision anhängig: B 3 KR 4/13 R), folgt der Senat dieser Rechtsprechung nicht. Denn die Gerichte verfügen in der Regel nicht über eine ausreichende Sachkunde entsprechende Fragen zu beantworten. Letztlich müssten durch ein Sachverständigengutachten die entsprechenden medizinischen Fragen beantworten werden. Ein Rechtsstreit wäre regelmäßig auch in den Fällen nicht zu vermeiden, in denen das Prüfverfahren nicht zu einer Minderung des Rechnungsbetrages geführt hat.
Soweit die Beklagte vorträgt, dass die Klägerin in "extremer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen" habe, weil sie bis zur Entscheidung des BSG den Eindruck erweckt habe, dass es zwischen den Parteien unstreitig sei, das sie eine Falschkodierung vorgenommen habe, folgt dem der Senat nicht.
Nach Auffassung des Senats kommt insoweit allenfalls eine Verwirkung des Rechts, sich auf die Richtigkeit der Kodierung zu berufen, im Einzelfall in Betracht. Dem Schutz des Vertrauens der Beklagten wird insoweit durch die Voraussetzungen der Verwirkung (Zeit- und Umstandsmoment) Rechnung getragen. Im vorliegenden Fall kann sich die Beklagte aber nicht auf ein positives Handeln der Klägerin berufen, auf dass sich ein schutzwürdiges Vertrauen begründen könnte. Die Klägerin hat lediglich auf das Schreiben vom 14. November 2007 nicht reagiert, mit dem die Beklagte auf die ihrer Auffassung nach mögliche Falschkodierung hingewiesen hat. Es bestand aber auch kein Anlass auf dieses Schreiben zu ragieren. Denn bis zur vorgenannten Entscheidung des BSG war nicht entscheidend, ob das Krankenhaus, unabhängig von einer Minderung des Rechnungsbetrages, Anspruch auf die Aufwandspauschale in Höhe von 100,00 EUR hat, wenn es Anlass zur Überprüfung seiner Rechnung gegeben hat. Zudem hatte die Beklagte mitgeteilt, dass die ihrer Auffassung nach vorliegende Falschkodierung keinen Einfluss auf die DRG habe. Die Rechnung der Klägerin wurde auch vollständig ausgeglichen.
Soweit die Beklagte vorträgt, dass die Klägerin "noch in der Klagebegründung betont" habe, dass eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten nicht an der falschen Kodierung scheitern würde, trifft dies nicht zu. Die Beklagte hat die Frage einer falschen Kodierung offen gelassen. In dem Klageschriftsatz vom 17. Juni 2008 hat sie ausdrücklich ausgeführt, dass eine Zahlungsverpflichtung eben nicht an einer "etwaigen falschen Kodierung" scheitere.
Sofern die Beklagte hiergegen geltend macht, dass die Krankenhäuser das Ergebnis der Prüfung des MDK lediglich "pauschal und substanzlos" bestreiten bräuchten, um einen Anspruch auf die Aufwandspauschale geltend machen zu können, vermag auch dieser Einwand der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Umgekehrt bräuchten die Krankenkassen lediglich pauschal einen Kodierungsfehler geltend zu machen, um den Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale auszuschließen. Zunächst ist aber davon auszugehen, dass alle Beteiligten eines Abrechnungsstreites sich rechtstreu verhalten. Gegenteiliges ist jedenfalls im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Wegen des geltend gemachten Zinsanspruchs verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Begründung des angefochtenen Urteils.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist der Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale.
Die Klägerin ist Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses. Dort wurde vom 01. bis zum 14. August 2007 die bei der Beklagten Versicherte K. stationär behandelt. Die Behandlung hatte der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. T S am 09. Juli 2007 verordnet. Als Diagnose hatte er einen "Bandscheibenprolaps links (M51.2+LG)" angegeben. Die Behandlungskosten stellte die Klägerin der Beklagten mit Abrechnung vom 20. August 2007 in Rechnung. Die Beklagte veranlasste eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Auf die Prüfanzeige des MDK vom 30. August 2007 übersandte die Klägerin mit Schreiben vom 05. Oktober 2007 den Krankenhausentlassungsbericht, den Operationsbericht und die Epikrise.
In seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 07. November 2007 teilte der MDK der Beklagten mit, dass der Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) "korrekt kodiert" worden sei. Als Hauptdiagnose "sollte" hingegen M43.16 (Spondylolisthesis: Lumbalbereich) statt M42.17 (Osteochondrose der Wirbelsäule beim Erwachsenen: Zervikalbereich) kodiert werden. Auf der Stellungnahme finden sich die weiteren Hinweise "DRG bleibt". Dies sei das "Ergebnis der Sozialmedizinischen Stellungnahme in Rücksprache mit (dem) Neurochirurgen".
Mit Schreiben vom 14. November 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Behandlungsfall "medizinische Besonderheiten" aufweise. Deshalb sei eine Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) durch den MDK veranlasst worden. Die gutachterliche Stellungnahme habe ergeben, dass nach den vorliegenden Unterlagen als Hauptdiagnose M43.16 kodiert werden sollte. Auf die DRG habe diese Änderung keinen Einfluss. Auf dieses Schreiben reagierte die Klägerin nicht. Die Rechnung wurde bezahlt.
Dem Verlangen der Klägerin nach Zahlung einer Aufwandspauschale in Höhe von 100 EUR trat die Beklagte entgegen. Sie teilte der Klägerin mit, dass die Regelung des § 275 Abs. 1c SGB V nicht auf die Leistungsfälle Anwendung fände, in denen infolge "einer schuldhaften Pflichtverletzung des Krankenhauses" die Abrechnung hätte überprüft werden müssen". Diese Ansicht decke sich mit der Position der Spitzenverbände der Krankenkassen.
Die Klägerin hat am 17. Juni 2008 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, dass sie einen Anspruch auf Entrichtung der Aufwandspauschale in Höhe von 100 EUR habe. Die Prüfung der Abrechnung habe nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt. Der Anspruch scheitere nicht an einer "etwaigen falschen Kodierung". Denn § 275 Abs. 1c SGB V setze kein Verschulden voraus. Die Norm sanktioniere allein und ausschließlich nur den Fall, dass eine Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt habe.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass sie den MDK habe einschalten müssen, weil die bis zur Schlussrechnung übermittelten Daten eine Unplausibilität mit den in der Schlussrechnung übermittelten Daten aufgewiesen habe. Im Rahmen der fachmedizinischen Fallberatung habe diese Unplausibilität nicht aufgeklärt werden können, so dass eine Einzelfallprüfung erforderlich geworden sei.
Mit Urteil vom 29. März 2012 hat das Sozialgericht Potsdam die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 100 EUR nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17. Juni 2008 zu zahlen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V erfüllt seien. Soweit das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 22. Juni 2010 (B 1 KR 1/10 R) die Regelung des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V einschränkend ausgelegt habe, stehe diese Rechtsprechung dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Hiernach könne ein Krankenhaus von einer Krankenkasse die Aufwandspauschale für die Überprüfung einer Abrechnung durch den MDK verlangen, sofern die Prüfung zur Minderung des Rechnungsbetrages geführt habe und ihm, wie im vorliegenden Fall, ein Aufwand infolge einer erneuten Befassung mit dem Behandlungs- und Abrechnungsfall entstanden sei. Ein Krankenhaus könne die Aufwandspauschale aber nicht beanspruchen, wenn die Krankenkasse durch eine fehlerhafte Abrechnung zur Einleitung des Prüfverfahrens veranlasst worden sei. Anders als in dem vom BSG zu entscheidenden Fall sei im vorliegenden Fall eine fehlerhafte Kodierung aber nicht unstreitig und die Falschkodierung für das Gericht ohne weitere Ermittlungen nicht offensichtlich. Einen Rechtsstreit, in dem um die korrekte Kodierung gestritten werde, habe der Gesetzgeber aber ausdrücklich nicht gewollt.
Gegen das ihr am 2. Juli 2012 zugestellte Urteil richtet sich die vom Sozialgericht zugelassene Berufung der Beklagten vom 9. Juli 2012. Sie trägt vor, dass das Sozialgericht nicht berücksichtigt habe, dass die Klägerin im vorliegenden Fall in "extremer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben" verstoßen habe. Bis zur zitierten Entscheidung des BSG habe die Klägerin den Eindruck erweckt, dass eine fehlerhafte Kodierung unstreitig sei. Die Klägerin habe im Gegenteil noch in der Klagebegründung betont, dass die Zahlungsverpflichtung der Beklagten nicht an der falschen Kodierung scheitern würde. Nachdem die Klägerin erkannt habe, dass das BSG ihrer bisherigen Klagebegründung nicht folge, sei im Nachhinein ein streitiger Sachverhalt konstruiert worden, um behaupten zu können, dass der vorliegende Sachverhalt nicht mit dem Sachverhalt zu vergleichen sei, über den das BSG entschieden habe. Folge man der Auffassung der Klägerin, würde dies bedeuten, dass die Krankenhäuser, sofern der MDK eine Falschkodierung feststelle, lediglich dieses Ergebnis "pauschal und substanzlos" bestreiten bräuchten, um einen Anspruch auf die Aufwandspauschale geltend machen zu können. Im Übrigen werde bestritten, dass der Klägerin ein anspruchsbegründender Aufwand entstanden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. März 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, dass der Vorwurf eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nicht haltbar sei. Sie habe zu keinem Zeitpunkt eingeräumt, dass die Hauptdiagnose falsch kodiert worden sei. Vielmehr hätten im fraglichen Zeitraum nahezu alle gerichtlichen Entscheidungen ausschließlich darauf abgestellt, ob es nach der Prüfung des Behandlungsfalles zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages gekommen sei. Insofern habe für sie keine Notwendigkeit bestanden, sich zu der bestrittenen Kodierung – Bürokratie verursachend – zu äußern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. März 2012 ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von 100 EUR nebst Zinsen verurteilt.
Rechtsgrundlage des Anspruchs der Klägerin auf Zahlung der Aufwandspauschale in Höhe von 100 EUR ist § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26. März 2007 (BGBl. 1 2007 S. 287ff.). Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzung, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Im Bezug auf die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ist diese Prüfung nach § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V zeitnah durchzuführen. Nach Satz 2 dieser Regelung ist die Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, bestimmt § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V dass die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 EUR (ab dem 25. März 2009: 300 EUR) zu entrichten hat. Im vorliegenden Fall hat die Krankenhausbehandlung der Versicherten der Beklagten am 01. August 2007 und damit nach dem 31. März 2007 begonnen. Die vorgenannte Anspruchsgrundlage kommt daher grundsätzlich zur Anwendung.
Deren Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat der Beklagten die Kosten der Behandlung der Versicherten der Beklagten in Rechnung gestellt. Die Beklagte hat dem MDK den Auftrag aufteilt, die kodierte Hauptdiagnose und die kodierte DRG Prozedur mit dem Ziel einer möglichen Herabsetzung der geltend gemachten Krankenhausvergütung zu überprüfen. Diese Überprüfung hat aber zu keiner Minderung des Abrechnungsbetrages geführt.
Soweit das BSG in seinem Urteil vom 22. Juni 2010 – B 1 KR 1/10 R - § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V einschränkend ausgelegt hat, steht dies dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen.
Hiernach erfordert die gesetzliche Ausgestaltung der Zahlungspflicht der Krankenkassen nach 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V als "Aufwandspauschale", also als pauschaler Ausgleich eines Aufwandes des Krankenhauses für dessen Überprüfungsaktivitäten im Organisationsbereich, dass dem Krankenhaus auf den Prüfantrag hin ein tatsächlicher Aufwand entstanden ist. Soweit die Beklagte dies bestreitet, folgt der Senat dem nicht. Der MDK hat auf den Prüfauftrag hin von der Klägerin mit Prüfanzeige vom 30. August 2007 verschiedene Unterlagen angefordert. Diese hat die Klägerin dem MDK mit Schreiben vom 05. Oktober 2007 zur Verfügung gestellt.
Ein Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale scheidet nach der Rechtsprechung des BSG weiterhin aus, wenn das Prüfverfahren nach § 275 SGB V "jedenfalls durch eine nachweislich fehlerhafte Abrechnung des Krankenhauses veranlasst" worden ist.
An einem derartigen Nachweis fehlt es im vorliegenden Fall. Hier ist, anders als in dem vom BSG entschiedenen Fall, in dem positiv feststand ("nicht streitig"), dass das Krankenhaus eine von ihr zu verantwortende Falschkodierung vorgenommen hatte, zwischen den Beteiligten streitig, ob die Klägerin die Hauptdiagnose fehlerhaft kodiert hat. Es ist auch nicht offensichtlich, welche Diagnose im Falle der Versicherten der Beklagten zu kodieren war. Ihr behandelnder Orthopäde hat in der Verordnung von Krankenhausbehandlung noch als Diagnose den ICD Code M51.2 angegeben. Die Klägerin hat M42.17 kodiert. Die Beklagte vertritt in Übereinstimmung mit dem MDK die Auffassung, dass als Hauptdiagnose M43.16 "kodiert werden sollte". Bereits der Begriff "sollte" statt "muss" zeigt, dass insoweit keine abschließende Überzeugung besteht. Auch ausweislich der sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK vom 07. November 2007 wurde der ICD Code erst aufgrund einer Rücksprache der Gutachterin, einer Fachärztin für Chirurgie, mit einem Neurochirurgen, festgelegt. Um welchen Neurochirurgen es sich gehandelt hat und aufgrund welcher Feststellungen die Gutachterin und der Neurochirurg zu ihrem Ergebnis gekommen sind, ist der sozialmedizinischen Stellungnahme allerdings nicht zu entnehmen.
Der Senat hat insoweit keine weiteren Ermittlungen zu führen. Wie das BSG unter Zitierung der entsprechenden Gesetzesbegründung ausgeführt hat, sind im Rahmen des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V keine Streitigkeiten gewollt, in denen die Beteiligten – bürokratieverursachend – nun mittelbare Auseinandersetzungen über die Richtigkeit oder Fehlerhaftigkeit einer Kodierung des Krankenhauses führen, indem möglicherweise Rechtsschutz zu der Frage in Anspruch genommen wird, ob das Krankenhaus nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles von den Krankenkassen die ihm entstandenen Kosten in Form der Aufwandspauschale beanspruchen kann.
Soweit in konkretisierender Fortführung der Rechtsprechung des BSG vertreten wird, das ein Krankenhaus nur in solchen Fällen die wesentlichen Gründe für die Einschaltung des MDK gesetzt habe, in denen die der Krankenkasse zum Zeitpunkt der Beauftragung des MDK vorliegenden Unterlagen (§ 301 SGB V) einen nachvollziehbaren Anlass zur Einleitung einer MDK-Einzelfallprüfung geben konnten und hiervon ausgegangen werden könne, wenn die übermittelten Diagnosedaten nicht zueinander passen oder die Daten in sonstiger Weise auf Inkohärenzen hindeuteten, beispielsweise wenn die als durchgeführt mitgeteilten Prozeduren nicht mit den durch Haupt- und Nebendiagnosen ausgewiesenen Krankheitsbildern harmonieren, und bei objektiver exante Betrachtung Gesichtspunkte vorlägen, welche eine stationäre Aufnahme überhaupt oder deren Dauer als nicht angemessen erscheinen ließen (Urteil des Hessischen Landessozialgericht vom 29. November 2012 – L 8 KR 118/10 -,zitiert nach juris, Revision anhängig: B 3 KR 4/13 R), folgt der Senat dieser Rechtsprechung nicht. Denn die Gerichte verfügen in der Regel nicht über eine ausreichende Sachkunde entsprechende Fragen zu beantworten. Letztlich müssten durch ein Sachverständigengutachten die entsprechenden medizinischen Fragen beantworten werden. Ein Rechtsstreit wäre regelmäßig auch in den Fällen nicht zu vermeiden, in denen das Prüfverfahren nicht zu einer Minderung des Rechnungsbetrages geführt hat.
Soweit die Beklagte vorträgt, dass die Klägerin in "extremer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen" habe, weil sie bis zur Entscheidung des BSG den Eindruck erweckt habe, dass es zwischen den Parteien unstreitig sei, das sie eine Falschkodierung vorgenommen habe, folgt dem der Senat nicht.
Nach Auffassung des Senats kommt insoweit allenfalls eine Verwirkung des Rechts, sich auf die Richtigkeit der Kodierung zu berufen, im Einzelfall in Betracht. Dem Schutz des Vertrauens der Beklagten wird insoweit durch die Voraussetzungen der Verwirkung (Zeit- und Umstandsmoment) Rechnung getragen. Im vorliegenden Fall kann sich die Beklagte aber nicht auf ein positives Handeln der Klägerin berufen, auf dass sich ein schutzwürdiges Vertrauen begründen könnte. Die Klägerin hat lediglich auf das Schreiben vom 14. November 2007 nicht reagiert, mit dem die Beklagte auf die ihrer Auffassung nach mögliche Falschkodierung hingewiesen hat. Es bestand aber auch kein Anlass auf dieses Schreiben zu ragieren. Denn bis zur vorgenannten Entscheidung des BSG war nicht entscheidend, ob das Krankenhaus, unabhängig von einer Minderung des Rechnungsbetrages, Anspruch auf die Aufwandspauschale in Höhe von 100,00 EUR hat, wenn es Anlass zur Überprüfung seiner Rechnung gegeben hat. Zudem hatte die Beklagte mitgeteilt, dass die ihrer Auffassung nach vorliegende Falschkodierung keinen Einfluss auf die DRG habe. Die Rechnung der Klägerin wurde auch vollständig ausgeglichen.
Soweit die Beklagte vorträgt, dass die Klägerin "noch in der Klagebegründung betont" habe, dass eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten nicht an der falschen Kodierung scheitern würde, trifft dies nicht zu. Die Beklagte hat die Frage einer falschen Kodierung offen gelassen. In dem Klageschriftsatz vom 17. Juni 2008 hat sie ausdrücklich ausgeführt, dass eine Zahlungsverpflichtung eben nicht an einer "etwaigen falschen Kodierung" scheitere.
Sofern die Beklagte hiergegen geltend macht, dass die Krankenhäuser das Ergebnis der Prüfung des MDK lediglich "pauschal und substanzlos" bestreiten bräuchten, um einen Anspruch auf die Aufwandspauschale geltend machen zu können, vermag auch dieser Einwand der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Umgekehrt bräuchten die Krankenkassen lediglich pauschal einen Kodierungsfehler geltend zu machen, um den Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale auszuschließen. Zunächst ist aber davon auszugehen, dass alle Beteiligten eines Abrechnungsstreites sich rechtstreu verhalten. Gegenteiliges ist jedenfalls im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Wegen des geltend gemachten Zinsanspruchs verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Begründung des angefochtenen Urteils.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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