Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 111 P 718/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 P 50/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 2. Mai 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) in Form eines Pflegegeldes der Pflegestufe I von der Beklagten.
Die 1949 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich pflegepflichtversichert und beantragte am 6. Oktober 2010 die Gewährung eines Pflegegeldes. Ihr sei ein Grad der Behinderung von 80 und das Merkzeichen G zuerkannt worden. Die Beklagte ließ den Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin daraufhin durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) begutachten. Die Pflegefachkraft J stellte in ihrem Gutachten vom 5. November 2010 nach einem Hausbesuch bei der Klägerin am 2. November 2010 wegen degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule einen Hilfebedarf in der Grundpflege von 5 Minuten am Tag (4 Minuten durchschnittlich pro Tag Baden mit Haarewaschen und Trocknen, 1 Minute für den Wannentransfer) fest sowie bei der hauswirtschaftlichen Versorgung für Einkaufen und Reinigen der Wohnung von 34 Minuten am Tag im Wochendurchschnitt. Unter Bezugnahme auf diese Feststellungen lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 11. November 2010 mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht, da bei ihr kein Grundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten täglich bestehe. Den dagegen am 25. November 2010 einlegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2011 zurück.
Die Klägerin hat am 3. Mai 2011 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie die Gewährung eines Pflegegeldes der Pflegestufe I geltend gemacht hat. Sie hat sich zur Begründung vor allem gegen das Gutachten gewendet. Die Sachverständige des MDK habe sich über einige Punkte geäußert, ohne die nötigen Kenntnisse zu haben. Es gebe beispielsweise keine Nachbarschaftshilfe. Ihre Rückenschmerzen seien oft so unerträglich, dass sie selbst Arzttermine absagen müsse. Ihr Zustand verschlechtere sich stetig. Sie könne ihren Alltag nicht allein bewältigen.
Das Sozialgericht hat zunächst einen Befundbericht bei der die Klägerin behandelnden Fachärztin für Innere Medizin D eingeholt.
Am 13. Februar 2012 hat die Klägerin erneut einen Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung bei der Beklagten gestellt. Die Beklagte hat ein weiteres Gutachten über den Umfang der Pflegebedürftigkeit durch den MDK eingeholt. Die Pflegefachkraft S hat nach einer Begutachtung am 14. März 2012 im Gutachten vom 19. März 2012 festgestellt, dass eine Pflegebedürftigkeit unterhalb der Pflegestufe I (Grundpflege 23 Minuten, Hauswirtschaft 51 Minuten) bestehe. Die Klägerin benötige Hilfe beim Waschen von Rücken, Unterschenkeln und Füßen, beim Kämmen der Haare am Hinterkopf, beim An- und Entkleiden und beim
Badewannentransfer. Mit Bescheid vom 22. März 2012 hat die Beklagte den Antrag vom 13. Februar 2012 abgelehnt. Mit weiterem Bescheid vom 22. März 2012 hat die Beklagte Leistungen wegen eingeschränkter Alltagskompetenz abgelehnt.
Das Sozialgericht hat die Klage vom 3. Mai 2011 mit Gerichtsbescheid vom 2. Mai 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Klägerin nach der durchgeführten medizinischen Sachaufklärung die Voraussetzungen für die Bewilligung eines
Pflegegeldes der Pflegestufe I nicht erfülle. Es folge den Gutachten des MDK, die durch den Befundbericht der Hausärztin bestätigt würden.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 11. Mai 2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 5. Juni 2012 Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt hat. Die Hausärztin habe ihr gegenüber zugegeben, dass der Bericht nicht voll-ständig gewesen sei. Es solle ein neuer Befund eingeholt werden.
Der Senat hat Beweis erhoben über den Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin durch Einholung eines Gutachtens der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. B Die Sachverständige beschreibt in ihrem Gutachten vom 9. November 2012, dass die Klägerin unter
Abnutzungserscheinungen des Skelettsystems, besonders der Schultern und der Wirbelsäule, unter einer Schwellung mit Funktionseinschränkung der linken Hand, unter Gefühlsstörungen der Füße bei Polyneuropathie, einem myeloproliferativem Syndrom (Blutleiden), Herzrhythmusstörungen, Wassereinlagerungen sowie Herz-, Lungen- und Leberbeschwerden leide. Die Klägerin benötige Unterstützung insbesondere beim Ein- und Ausstieg in die bzw. aus der Wanne, beim gründlichen Waschen von Rücken, Haaren und Füßen sowie beim Anziehen von Hosen und Socken und Schließen des BHs. Die Pflegebedürftigkeit sei für die Grundpflege auf 15 Minuten täglich (Waschen/Duschen/Baden 10 Minuten und An- und Auskleiden 5 Minuten) zu bemessen. Daneben bestehe eine Pflegebedürftigkeit bei den hauswirtschaftlichen Verrichtungen von 45 Minuten täglich. Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 2. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2011 und des Bescheides vom 22. März 2012 zu verurteilen, der Klägerin ab dem 1. Oktober 2010 Pflegegeld der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 2. Mai 2012 zurückzuweisen.
Sie hält die Feststellungen der Gutachter für überzeugend und meint, es liege kein Grundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten bei der Klägerin vor.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin im Termin verhandeln und entscheiden (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG-).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Absatz 1 SGG, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht mit dem angegriffenen Gerichtsbescheid die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung in Form eines Pflegegeldes der Pflegestufe I gegen die Beklagte. Der Bescheid der Beklagten vom 11. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2011 und des Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I ablehnenden Bescheides vom 22. März 2012, der nach § 96 SGG Gegenstand des hiesigen Verfahrens geworden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach § 37 SGB XI setzt der Anspruch auf Gewährung von Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfe nach der Pflegestufe I unter anderem voraus, dass der Anspruchssteller pflegebedürftig ist und der Pflegestufe I zugeordnet werden kann. Pflegebedürftigkeit liegt hierbei nach § 14 Absatz 1 SGB XI vor, wenn der Betroffene wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichen oder höheren Maße der Hilfe bedarf, die nach § 14 Absatz 3 SGB XI in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen besteht. Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im vorgenannten Sinne gelten nach § 14 Absatz 4 SGB XI im Bereich der Körperpflege, der neben den Bereichen der Ernährung und der Mobilität zur Grundpflege gehört, das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und das Zu-Bett-Gehen, das An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und
Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
Die Zuordnung zur Pflegestufe I setzt nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, hat hierbei wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten zu betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Grundpflegebedarf der Klägerin beträgt wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der streitgegenständlichen Zeit seit dem Oktober 2010 nicht mehr als 45 Minuten. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der Feststellungen der Sachverständigen J in ihrem Gutachten vom 5. November 2010, der Sachverständigen in ihrem Gutachten vom 19. März 2012 und der Sachverständigen Dr. B in ihrem Gutachten vom 9. November 2012.
Alle Sachverständige haben erhebliche Einschränkungen des Bewegungsapparates, insbesondere Wirbelsäulen-, Schulter- und Hüftleiden festgestellt.
Nach ihren ausführlichen und nachvollziehbaren Feststellungen besteht bei der Klägerin aus diesem Grund ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege und der Mobilität, der jedoch mit insgesamt höchstens 23 Minuten im Tagesdurchschnitt unter dem pflegestufenerheblichen Umfang bleibt.
Die Sachverständige J hatte nach einer umfassenden Untersuchung der Klägerin schlüssig lediglich einen Hilfebedarf für die Grundpflege für das Baden von 5 Minuten festgestellt. Der Umfang des Hilfebedarfs hat sich, wie sich aus den im Jahre 2012 erstellten Gutachten ergibt zwar, im Laufe des Verfahrens erhöht. Dies entspricht auch dem Vortrag der Klägerin, die eine Verschlimmerung ihrer gesundheitlichen Situation während des Verfahrens geltend gemacht hat. Nunmehr benötigt die Klägerin, wie die GutacherinnenS und Dr. B im Wesentlichen übereinstimmend und nachvollziehbar festgestellt haben, insbesondere auch Hilfe beim Waschen des Rückens und der Füße, beim Kämmen und beim An- und Ausziehen. Trotz dieses zusätzlichen Hilfebedarfs seien die Grenzen der Pflegebedürftigkeit im oben dargelegten Sinn nicht erreicht. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.
Während des gesamten Zeitraumes bleibt der Hilfebedarf mithin mit allenfalls insgesamt 23 Minuten im Tagesdurchschnitt unter dem pflegestufenerheblichen Umfang.
Die Einwendungen der Klägerin gegen das Gutachten der Sachverständigen Jkönnen nicht greifen. Unerheblich für den Umfang der Pflegebedürftigkeit ist, durch wen der derzeitige Hilfebedarf gewährleistet wird. Ganz davon abgesehen hatte die Klägerin selbst bei der
Antragstellung angegeben, dass sie nachbarschaftliche Pflege erhalte. Auch die Sachverständigen S und Dr. Bhaben in ihren Gutachten dargestellt, dass die Klägerin einen Nachbarn um Hilfe bitten kann und diesen namentlich benannt.
Die Einholung eines neuen Befundberichts von der behandelnden Hausärztin, wie von der Klägerin in der Berufungsschrift angeregt, war nicht erforderlich, da das Gericht ein neues Sachverständigengutachten eingeholt und die Sach- und Rechtslage umfassend geklärt hat. Ein
weiterer Befundbericht der behandelnden Ärztin kann keine weiteren Erkenntnisse bringen.
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Absatz 2 SGG nicht gegeben sind.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) in Form eines Pflegegeldes der Pflegestufe I von der Beklagten.
Die 1949 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich pflegepflichtversichert und beantragte am 6. Oktober 2010 die Gewährung eines Pflegegeldes. Ihr sei ein Grad der Behinderung von 80 und das Merkzeichen G zuerkannt worden. Die Beklagte ließ den Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin daraufhin durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) begutachten. Die Pflegefachkraft J stellte in ihrem Gutachten vom 5. November 2010 nach einem Hausbesuch bei der Klägerin am 2. November 2010 wegen degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule einen Hilfebedarf in der Grundpflege von 5 Minuten am Tag (4 Minuten durchschnittlich pro Tag Baden mit Haarewaschen und Trocknen, 1 Minute für den Wannentransfer) fest sowie bei der hauswirtschaftlichen Versorgung für Einkaufen und Reinigen der Wohnung von 34 Minuten am Tag im Wochendurchschnitt. Unter Bezugnahme auf diese Feststellungen lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 11. November 2010 mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht, da bei ihr kein Grundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten täglich bestehe. Den dagegen am 25. November 2010 einlegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2011 zurück.
Die Klägerin hat am 3. Mai 2011 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie die Gewährung eines Pflegegeldes der Pflegestufe I geltend gemacht hat. Sie hat sich zur Begründung vor allem gegen das Gutachten gewendet. Die Sachverständige des MDK habe sich über einige Punkte geäußert, ohne die nötigen Kenntnisse zu haben. Es gebe beispielsweise keine Nachbarschaftshilfe. Ihre Rückenschmerzen seien oft so unerträglich, dass sie selbst Arzttermine absagen müsse. Ihr Zustand verschlechtere sich stetig. Sie könne ihren Alltag nicht allein bewältigen.
Das Sozialgericht hat zunächst einen Befundbericht bei der die Klägerin behandelnden Fachärztin für Innere Medizin D eingeholt.
Am 13. Februar 2012 hat die Klägerin erneut einen Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung bei der Beklagten gestellt. Die Beklagte hat ein weiteres Gutachten über den Umfang der Pflegebedürftigkeit durch den MDK eingeholt. Die Pflegefachkraft S hat nach einer Begutachtung am 14. März 2012 im Gutachten vom 19. März 2012 festgestellt, dass eine Pflegebedürftigkeit unterhalb der Pflegestufe I (Grundpflege 23 Minuten, Hauswirtschaft 51 Minuten) bestehe. Die Klägerin benötige Hilfe beim Waschen von Rücken, Unterschenkeln und Füßen, beim Kämmen der Haare am Hinterkopf, beim An- und Entkleiden und beim
Badewannentransfer. Mit Bescheid vom 22. März 2012 hat die Beklagte den Antrag vom 13. Februar 2012 abgelehnt. Mit weiterem Bescheid vom 22. März 2012 hat die Beklagte Leistungen wegen eingeschränkter Alltagskompetenz abgelehnt.
Das Sozialgericht hat die Klage vom 3. Mai 2011 mit Gerichtsbescheid vom 2. Mai 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Klägerin nach der durchgeführten medizinischen Sachaufklärung die Voraussetzungen für die Bewilligung eines
Pflegegeldes der Pflegestufe I nicht erfülle. Es folge den Gutachten des MDK, die durch den Befundbericht der Hausärztin bestätigt würden.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 11. Mai 2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 5. Juni 2012 Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt hat. Die Hausärztin habe ihr gegenüber zugegeben, dass der Bericht nicht voll-ständig gewesen sei. Es solle ein neuer Befund eingeholt werden.
Der Senat hat Beweis erhoben über den Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin durch Einholung eines Gutachtens der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. B Die Sachverständige beschreibt in ihrem Gutachten vom 9. November 2012, dass die Klägerin unter
Abnutzungserscheinungen des Skelettsystems, besonders der Schultern und der Wirbelsäule, unter einer Schwellung mit Funktionseinschränkung der linken Hand, unter Gefühlsstörungen der Füße bei Polyneuropathie, einem myeloproliferativem Syndrom (Blutleiden), Herzrhythmusstörungen, Wassereinlagerungen sowie Herz-, Lungen- und Leberbeschwerden leide. Die Klägerin benötige Unterstützung insbesondere beim Ein- und Ausstieg in die bzw. aus der Wanne, beim gründlichen Waschen von Rücken, Haaren und Füßen sowie beim Anziehen von Hosen und Socken und Schließen des BHs. Die Pflegebedürftigkeit sei für die Grundpflege auf 15 Minuten täglich (Waschen/Duschen/Baden 10 Minuten und An- und Auskleiden 5 Minuten) zu bemessen. Daneben bestehe eine Pflegebedürftigkeit bei den hauswirtschaftlichen Verrichtungen von 45 Minuten täglich. Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 2. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2011 und des Bescheides vom 22. März 2012 zu verurteilen, der Klägerin ab dem 1. Oktober 2010 Pflegegeld der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 2. Mai 2012 zurückzuweisen.
Sie hält die Feststellungen der Gutachter für überzeugend und meint, es liege kein Grundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten bei der Klägerin vor.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin im Termin verhandeln und entscheiden (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG-).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Absatz 1 SGG, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht mit dem angegriffenen Gerichtsbescheid die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung in Form eines Pflegegeldes der Pflegestufe I gegen die Beklagte. Der Bescheid der Beklagten vom 11. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2011 und des Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I ablehnenden Bescheides vom 22. März 2012, der nach § 96 SGG Gegenstand des hiesigen Verfahrens geworden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach § 37 SGB XI setzt der Anspruch auf Gewährung von Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfe nach der Pflegestufe I unter anderem voraus, dass der Anspruchssteller pflegebedürftig ist und der Pflegestufe I zugeordnet werden kann. Pflegebedürftigkeit liegt hierbei nach § 14 Absatz 1 SGB XI vor, wenn der Betroffene wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichen oder höheren Maße der Hilfe bedarf, die nach § 14 Absatz 3 SGB XI in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen besteht. Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im vorgenannten Sinne gelten nach § 14 Absatz 4 SGB XI im Bereich der Körperpflege, der neben den Bereichen der Ernährung und der Mobilität zur Grundpflege gehört, das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und das Zu-Bett-Gehen, das An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und
Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
Die Zuordnung zur Pflegestufe I setzt nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, hat hierbei wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten zu betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Grundpflegebedarf der Klägerin beträgt wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der streitgegenständlichen Zeit seit dem Oktober 2010 nicht mehr als 45 Minuten. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der Feststellungen der Sachverständigen J in ihrem Gutachten vom 5. November 2010, der Sachverständigen in ihrem Gutachten vom 19. März 2012 und der Sachverständigen Dr. B in ihrem Gutachten vom 9. November 2012.
Alle Sachverständige haben erhebliche Einschränkungen des Bewegungsapparates, insbesondere Wirbelsäulen-, Schulter- und Hüftleiden festgestellt.
Nach ihren ausführlichen und nachvollziehbaren Feststellungen besteht bei der Klägerin aus diesem Grund ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege und der Mobilität, der jedoch mit insgesamt höchstens 23 Minuten im Tagesdurchschnitt unter dem pflegestufenerheblichen Umfang bleibt.
Die Sachverständige J hatte nach einer umfassenden Untersuchung der Klägerin schlüssig lediglich einen Hilfebedarf für die Grundpflege für das Baden von 5 Minuten festgestellt. Der Umfang des Hilfebedarfs hat sich, wie sich aus den im Jahre 2012 erstellten Gutachten ergibt zwar, im Laufe des Verfahrens erhöht. Dies entspricht auch dem Vortrag der Klägerin, die eine Verschlimmerung ihrer gesundheitlichen Situation während des Verfahrens geltend gemacht hat. Nunmehr benötigt die Klägerin, wie die GutacherinnenS und Dr. B im Wesentlichen übereinstimmend und nachvollziehbar festgestellt haben, insbesondere auch Hilfe beim Waschen des Rückens und der Füße, beim Kämmen und beim An- und Ausziehen. Trotz dieses zusätzlichen Hilfebedarfs seien die Grenzen der Pflegebedürftigkeit im oben dargelegten Sinn nicht erreicht. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.
Während des gesamten Zeitraumes bleibt der Hilfebedarf mithin mit allenfalls insgesamt 23 Minuten im Tagesdurchschnitt unter dem pflegestufenerheblichen Umfang.
Die Einwendungen der Klägerin gegen das Gutachten der Sachverständigen Jkönnen nicht greifen. Unerheblich für den Umfang der Pflegebedürftigkeit ist, durch wen der derzeitige Hilfebedarf gewährleistet wird. Ganz davon abgesehen hatte die Klägerin selbst bei der
Antragstellung angegeben, dass sie nachbarschaftliche Pflege erhalte. Auch die Sachverständigen S und Dr. Bhaben in ihren Gutachten dargestellt, dass die Klägerin einen Nachbarn um Hilfe bitten kann und diesen namentlich benannt.
Die Einholung eines neuen Befundberichts von der behandelnden Hausärztin, wie von der Klägerin in der Berufungsschrift angeregt, war nicht erforderlich, da das Gericht ein neues Sachverständigengutachten eingeholt und die Sach- und Rechtslage umfassend geklärt hat. Ein
weiterer Befundbericht der behandelnden Ärztin kann keine weiteren Erkenntnisse bringen.
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Absatz 2 SGG nicht gegeben sind.
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