L 9 KR 53/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 1816/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 53/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Zuständigkeit der Einzugsstelle für die Statusfeststellung, wenn die DRV Bund sich zuvor durch bestandskräftigen Bescheid für sachlich unzuständig erklärt hatte (Abgrenzung zum Urteil des Senats vom 10. Juli 2013, L 9 KR 302/11).
Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Dezember 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) im Zeitraum 1. September 2001 bis 31. Dezember 2005 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.

Der im Jahre 1972 geborene Beigeladene zu 1) erwarb im Oktober 2001 den akademischen Grad eines Betriebswirts. Seit dem 1. September 2001 ist er in leitender Funktion bei der Beigeladenen zu 2) tätig. Die Beigeladene zu 2) ist ein seit 1960 im Bereich der Zerspanungstechnik tätiges mittelständisches Familienunternehmen. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) basierte seit dem 1. September 2001 auf einem mündlich geschlossenen Arbeitsvertrag. Mit Eintritt des Beigeladenen zu 1) in den Familienbetrieb und bis zum 21. Dezember 2005 hielt seine Mutter, Frau G H, 100 Prozent der Geschäftsanteile; zugleich fungierte sie als alleinige Geschäftsführerin. Von September 2001 bis Dezember 2005 wurden für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) bei der Beigeladenen zu 2) Sozialversicherungsbeiträge abgeführt; sein Einkommen wurde als Betriebsausgabe verbucht; es wurde Lohnsteuer entrichtet.

Seit dem 22. Dezember 2005 ist der Beigeladene zu 1) mit 40 Prozent der Geschäftsanteile an der Beigeladenen zu 2) beteiligt; durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22. Dezember 2005 wurde er zum weiteren Geschäftsführer bestellt. Der bis dahin geltende mündlich geschlossene Arbeitsvertrag vom 1. September 2001 wurde im gegenseitigen Einvernehmen mit Wirkung vom 1. April 2006 in vollem Umfang aufgehoben und durch einen Geschäftsführervertrag vom 27. März 2006 ersetzt.

Am 27. Januar 2006 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit als Gesellschafter/Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2) für die Zeit ab dem 2. Januar 2006. In dem zu diesem Zwecke ausgefüllten Feststellungsbogen gab er u. a. an, in der Zeit vom 1. September 2001 bis zum 31. Dezember 2005 bei der Beigeladenen zu 2) im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit für allgemeine Verwaltung und Vertrieb zuständig gewesen zu sein.

Die Beklagte gab den Vorgang daraufhin zuständigkeitshalber an die Klägerin ab. Diese entschied mit Bescheid vom 10. Mai 2006, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit als Gesellschafter/Geschäftsführer seit dem 02.01.2006 selbständig ausübe. Eine abhängige Beschäftigung liege nicht vor.

Mit Schreiben an die Klägerin vom 20. Juli 2006 beantragte der Beigeladene zu 1) daraufhin auch festzustellen, dass er seine Tätigkeit in der Zeit vom 01. September 2001 bis zum 31. Dezember 2005 ebenfalls im Rahmen einer nicht sozialversicherungspflichtigen Selbständigkeit ausgeübt habe. Stets habe er zusammen mit seiner Mutter die Verantwortung für das Unternehmen getragen. Es handele sich um eine Familien-GmbH, in der die Interessen aller Familienmitglieder gleichgerichtet seien. Das Unternehmen sei gleichberechtigt von Mutter und Sohn geführt worden.

Mit Bescheid vom 4. September 2006 erklärte die Klägerin sich insoweit für unzuständig; für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses im abgelaufenen Zeitraum sei die Zuständigkeit der Beklagten gegeben. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 beantragte der Beigeladene zu 1) auf dieser Grundlage erneut und nunmehr bei der Beklagten festzustellen, dass er in der Zeit vom 1. September 2001 bis zum 31. Dezember 2005 nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe. Im diesbezüglich eingereichten Feststellungsbogen gab er u. a. an, ca. 50 Stunden wöchentlich bei einem festen Bruttoarbeitsentgelt von ca. 3.300,00 Euro tätig gewesen zu sein. Seine Tätigkeit habe Mitarbeit und Mitgestaltung bei allen operativen und strategischen betriebswirtschaftlichen Fragen umfasst, z. B. Kosten und Investitionsrechnungen, Marketing, Kundenbetreuung, Personal und Einkauf. Er sei wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert gewesen. Ohne seine Mitarbeit hätte eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen. Sein Urlaubsanspruch habe 30 Tage pro Jahr betragen. Bei Arbeitsunfähigkeit sei das Arbeitsentgelt für 6 Wochen fortgezahlt worden. Weihnachts- und Urlaubsgeld seien gezahlt worden, zudem verfüge er über einen Dienstfahrzeug.

In einem Schreiben vom 14. November 2006 teilte die Beklagte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg mit, dass sie beabsichtige, festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) im Zeitraum 1. September 2001 bis zum 31. Dezember 2005 nicht sozialversicherungspflichtig gewesen sei. Beigefügt waren entsprechende, auf den 15. November 2006 datierte, gleichlautende Bescheide an den Beigeladenen zu 1) und die Beigeladene zu 2). Sofern man bis zum 30. November 2006 keine Rückmeldung erhalte, gehe man davon aus, dass dieser Beurteilung zugestimmt werde. Sodann werde man den Beigeladenen die beigefügten Bescheide zukommen lassen.

Nachdem die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg hierauf nicht geantwortet hatte, übersandte die Beklagte den Beigeladenen die Bescheide vom 15. November 2006 am 11. Dezember 2006.

Hierauf beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Erstattung der im streitigen Zeitraum abgeführten Sozialversicherungsbeiträge. Die Beklagte nahm eine Erstattung sämtlicher seit dem 1. Januar 2002 gezahlter Sozialversicherungsbeiträge vor und leitete den Erstattungsantrag im Übrigen mit Schreiben vom 9. Januar 2007 an die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg weiter, damit diese über die bereits verjährte Erstattungsforderung (September bis Dezember 2001) entscheide. Mit Schreiben vom 20. Februar 2007 wandte diese sich an die Beklagte und gab ihrer Überzeugung Ausdruck, dass der Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum bis Ende 2005 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Erst danach hätten sich die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse mit der Übernahme eines Kapitalanteils von 40 Prozent entscheidend verändert. Die Beklagte werde daher aufgefordert, den Bescheid vom 11. Dezember 2006 wieder zurückzunehmen.

Die Beklagte äußerte sich hierzu nicht weiter. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg gab die Sache zuständigkeitshalber an die Klägerin ab, wo der Vorgang am 27. März 2007 einging.

Mit ihrer am 11. Juni 2007 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin die Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 15. November/11. Dezember 2006 sowie die Feststellung, dass der Beigeladene zu 1) während seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) vom 1. September 2001 bis zum 31. Dezember 2005 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, die überwiegenden Anhaltspunkte sprächen für eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) im streitigen Zeitraum. Vor Übernahme der Geschäftsanteile habe der Beigeladene zu 1) noch kein echtes Unternehmerrisiko getragen. Ein durch familiäre Bindungen modifiziertes Weisungsrecht des Betriebsinhabers – der Mutter des Beigeladenen zu 1) – habe bis Ende 2005 bestanden. So habe der Beigeladene zu 1) bis Dezember 2005 nicht einmal als Geschäftsführer der GmbH fungiert. Für das Vorliegen seiner abhängigen Beschäftigung spreche nicht zuletzt, dass Lohnsteuern entrichtet worden seien und man die Vergütung als Betriebsausgabe verbucht habe.

Mit Urteil vom 22. Dezember 2010 hat das Sozialgericht Berlin der Klage stattgegeben, die Bescheide der Beklagten an die Beigeladenen zu 1) und zu 2) vom Dezember 2006, datiert auf den 15. November 2006, hinsichtlich der gesetzlichen Rentenversicherung aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) während seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) vom 1. September 2001 bis zum 31. Dezember 2005 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen habe. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt: Trotz des Fehlens eines schriftlichen Dienst- oder Arbeitsvertrages für den maßgeblichen Zeitraum sei die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Arbeitnehmertätigkeit zu charakterisieren. Er sei hinsichtlich seines Aufgabengebietes in die arbeitsteilige Betriebsstruktur eingegliedert gewesen. Dies habe er im Fragebogen auch so angegeben. Ihm sei ein monatlich feststehendes Entgelt gewährt worden, das von seiner Höhe für seine Lebensführung wesentlich gewesen sei. Es sei unabhängig von der Ertragslage des Betriebes gezahlt und auch bei Krankheit für 6 Wochen weiter erbracht worden. Auch die übrigen Fürsorge- und Gratifikationsleistungen sprächen deutlich für eine Stellung des Beigeladenen zu 1) als Arbeitnehmer. Bestätigt werde dies in der buchhalterischen und steuerlichen Behandlung der Vergütung durch die Beigeladenen. Durchweg seien Sozialversicherungsbeiträge bis Dezember 2005 abgeführt worden. Lohnsteuer sei entrichtet, die Bezüge seien als Betriebsausgaben verbucht worden. Zu Beginn des Jahres 2006 (Feststellungsbogen vom 27. Januar 2006) habe der Beigeladene zu 1) selbst für die Zeit vor 2006 seine Tätigkeit als abhängige Beschäftigung bezeichnet. Schließlich sei der Beigeladene zu 1) weder Gesellschafter noch Geschäftsführer gewesen. Einzelanweisungen an sich hätte er nicht verhindern können. Ein Unternehmerrisiko habe er nicht getragen. Betriebsmittel habe er nicht in das Unternehmen eingebracht. Das Ausüben einer leitenden Tätigkeit stehe alldem nicht entgegen. Befugnisse des Beigeladenen zu 1) seien über die eines typischen leitenden Angestellten nicht hinausgegangen. Auch familiäre Einbindung und Rücksichtnahme ändere an dieser Bewertung nichts.

Gegen dieses ihnen am 4. Januar 2011 zugestellte Urteil haben die Beigeladenen am 3. Februar 2011 Berufung eingelegt. Die vom Sozialgericht vorgenommene Beurteilung sei fehlerhaft. Ganz entscheidend sei nämlich, dass die Mitarbeit des Beigeladenen zu 1) aufgrund familiärer Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt gewesen sei und der Beigeladene zu 1) bei der Führung des Betriebes mitgewirkt habe. Zu berücksichtigen seien die Grundsätze der Familiengesellschaft. In keiner Weise habe er einem Weisungsrecht unterlegen. Der Beigeladene zu 1) habe eigenverantwortlich Entscheidungen im Bereich Personalwesen und betrieblicher Investitionen getroffen. Außerdem habe er die EDV-Abteilung geleitet. Um die Hauptkunden habe er sich gekümmert. Er verfüge über herausragende Sachkunde und einschlägige Branchenkenntnis. Auch im Bereich des Rechnungswesens bzw. Controllings, der Ermittlung von Stundensätzen, der Kostenkontrolle, der Kosten- und Leistungsrechnung, ferner im Bereich des Liquiditätsmanagements habe er eine herausragende Rolle gespielt. Nachdem der Onkel des Beigeladenen zu 1), Herr R J unmittelbar vor der hier streitigen Zeit aus der damaligen Gesellschaft herausgegangen und mit erheblichen Beträgen abgefunden worden sei, habe die Mutter des Beigeladenen zu 1) 100 Prozent der Geschäftsanteile übernommen und als geschäftsführende Alleingesellschafterin fungiert. Bis 2010 habe auch noch der Vater des Beigeladenen zu 1), W H, als angestellter Betriebsleiter mitgearbeitet. Der Beigeladene zu 1) sei unmittelbar nach seinem Hochschulabschluss in die Firma eingestiegen. Er habe bereits seit seinem 15. Lebensjahr regelmäßig in Produktion und Verwaltung mitgearbeitet. Im Jahre 2001 habe es die familiäre Abmachung gegeben, dass man die Firma fortführen wolle und dies nur möglich sei, wenn der Sohn aufgrund seiner überragenden Kenntnisse im Betrieb verbleibe. Von Anfang an habe man geplant, den Beigeladenen zu 1) nach etwa fünf Jahren an den Geschäftsanteilen zu beteiligen, nämlich wenn die Anfangsschwierigkeiten nach dem Ausscheiden des Onkels überwunden seien. So hätte für den Beigeladenen zu 1) schon im Jahre 2001 die Erwartung bestanden, nach Ablauf von fünf Jahren Kapitalanteile zu erhalten. Schon in der Zeit davor habe er wie ein Unternehmer und Kapitaleigener mitgearbeitet. Er habe Investitionen veranlasst, Verträge ausgehandelt und Entscheidungen selbst getroffen, freilich nach Einbeziehung der Gesellschafterin, seiner Mutter.

Die Beigeladenen beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Dezember 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Maßgebend sei, dass der Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum keine Beteiligung am Unternehmen besessen habe und auch nicht als Geschäftsführer fungiert habe. Sein Tätigkeitsfeld habe sich auf kaufmännische Aufgaben beschränkt. Die hohe Spezialisierung des Beigeladenen zu 1) spreche nicht gegen eine abhängige Beschäftigung.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt. Sie bleibt bei ihrer Auffassung, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) im streitigen Zeitraum als selbständig anzusehen sei.

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt des Verwaltungsvorganges und der Gerichtsakte Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beigeladenen hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin der Klage stattgegeben und den streitigen Bescheid der Beklagten aufgehoben. Der Beigeladene zu 1) unterlag im streitigen Zeitraum September 2001 bis Dezember 2005 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe; sie sind überzeugend und würdigen die fallentscheidenden Aspekte vollständig. Zu ergänzen bleibt lediglich:

1. Zutreffend hat das Sozialgericht angenommen, die Klage sei fristwahrend, nämlich unter Beachtung der Jahresfrist aus § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG, erhoben. Das Sozialgericht bewegt sich insoweit im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Urteil vom 23. Januar 2013, L 9 KR 113/10, unveröffentlicht, sowie Urteil vom 15. Februar 2012, L 9 KR 332/09, zitiert nach juris, dort Rdnr. 22 – 27). Gleichzeitig war der Senat nicht gehalten, seine ständige Rechtsprechung neu zu überdenken bzw. den Rechtsstreit zu vertagen, weil der 12. Senat des Bundessozialgerichts offenbar am 3. Juli 2013 zur Sache B 12 KR 8/11 R ohne mündliche Verhandlung ein Urteil gefasst hat, das die Beurteilung der Fristproblematik in Fällen wie dem vorliegenden gegebenenfalls in anderes Licht taucht. Denn dieses Urteil ist bislang nicht abgefasst, damit weder den Beteiligten bekannt, noch gar veröffentlicht.

2. Die sachliche Zuständigkeit der Beklagten für die vom Beigeladenen zu 1) begehrte Entscheidung zum Bestehen bzw. Nichtbestehen von Rentenversicherungspflicht in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) war gegeben. Der Beigeladene zu 1) hatte nämlich mit seinem Schreiben vom 10. Oktober 2006 eine Entscheidung der Beklagten als Einzugsstelle gemäß § 28h Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) beantragt. Danach entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe u.a. in der Rentenversicherung. Die DRV Bund (die hiesige Klägerin) entscheidet dagegen nach § 7a Abs. 1 SGB IV in der seit dem 1. Oktober 2005 geltenden und damit anwendbaren Fassung (Art. 5 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung [RVOrgG] vom 9. Dezember 2004, BGBl. I 3242)abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV auf schriftlichen Antrag eines Beteiligten über die Versicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet (Satz 1 und Satz 3). § 7a SGB IV eröffnet damit ebenfalls den Weg zu einer umfassenden Prüfung des Vorliegens von Versicherungspflicht durch die DRV Bund, die gleichwertig neben der Prüfung durch die Einzugsstelle gemäß § 28h Abs. 2 SGB IV steht (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. nur Urteil vom 28. September 2011, B 12 KR 15/10 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 22). Somit steht den Beteiligten, d.h. Arbeit- bzw. Auftragnehmer einerseits und Arbeit- bzw. Auftraggeber andererseits, ein Wahlrecht zu, ob sie den versicherungsrechtlichen Status durch die für den Arbeit-/Auftragnehmer zuständige Einzugsstelle oder durch die DRV Bund klären lassen wollen. Macht ein Beteiligter von seinem Wahlrecht Gebrauch, ist der Sozialversicherungsträger, bei dem der erste Antrag eingeht, hieran gebunden. Nur in den in § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV geregelten Fälle, in denen die Einzugsstelle einen entsprechenden Antrag bei der DRV Bund zu stellen hat, besteht ein solches Wahlrecht nicht.

Vor diesem Hintergrund war es zwar unrichtig, dass die Klägerin, an die der Beigeladene zu 1) sich wegen der Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status mit Schreiben vom 20. Juli 2006 zuerst gewandt hatte, sich durch den bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 4. September 2006 für sachlich unzuständig erklärt hatte; allerdings lag sodann im Schreiben des Beigeladenen zu 1) an die Beklagte vom 10. Oktober 2006 ein Neuantrag, der nunmehr die Zuständigkeit der Beklagten begründete und über den sie sachlich entscheiden durfte und musste. Nicht zu vergleichen ist der vorliegende Fall insoweit mit der kürzlich vom Senat entschiedenen Konstellation, in der die erstangegangene DRV Bund den Antrag auf sozialversicherungsrechtliche Beurteilung an die Einzugsstelle weitergeleitet hatte, ohne durch bestandskräftigen Bescheid über die eigene (Un-)Zuständigkeit entschieden zu haben; in einer solchen Konstellation verbliebe es bei der sachlichen Zuständigkeit der erstangegangenen DRV Bund (Urteil des Senats vom 10. Juli 2013, L 9 KR 302/11, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen).

3. In der Sache spricht zur Überzeugung auch des Senats die Fülle der vom Sozialgericht angeführten Aspekte für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung im Zeitraum 1. September 2001 bis 31. Dezember 2005 und damit für die Rentenversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI). Der entscheidende Statuswandel trat erst zu Beginn des Jahres 2006 ein, als der Beigeladene zu 1) 40 Prozent der Geschäftsanteile von seiner Mutter und zudem die Rolle eines zweiten Geschäftsführers übernahm. In der hier zu beurteilenden vorangegangenen Zeit stand ihm die damit gewonnene Rechtsmacht gerade noch nicht zu, während seine Tätigkeit gleichzeitig von zahlreichen arbeitnehmertypischen Elementen, wie etwa der Anmeldung zur Sozialversicherung, der Abführung von Lohnsteuer und der Buchung der Bezüge als Betriebsausgaben, geprägt war. Insgesamt zeigt sich für den Senat hier das Bild eines Familienangehörigen, der als Berufsanfänger direkt nach Abschluss seines Studiums in dem Familienbetrieb zunächst für eine Übergangszeit abhängig beschäftigt war und nach einer Phase der Erprobung und Konsolidierung so weit in den Betrieb hineingewachsen war, dass seine Mutter ihn schließlich im Dezember 2005 zum Teilhaber der Firma machte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision, § 160 SGG, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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