Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 27 KR 141/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 312/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Juni 2012 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig aber unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihr eine Mutter-Kind-Kur zu gewähren, rechtsfehlerfrei abgelehnt. Denn die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch auf diese Leistung mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft machen können (§ 86b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m. § 920 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Der Senat vermochte nicht festzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Mutter-Kind-Kur nach den maßgeblichen Angaben in der vertragsärztlichen Verordnung gegeben sind. Gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) kommt die Gewährung einer Mutter-Kind-Maßnahme in Betracht, wenn bei der Versicherten die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 SGB V vorliegen, diese Vorsorgegründe durch die besonderen Belastungen der Mutterschaft verursacht und die Maßnahme erforderlich ist, um die entsprechenden Gesundheitsgefahren zu beseitigen. Nach § 41 SGB V besteht ein Anspruch auf Rehabilitationsleistungen in einer Einrichtung des Müttergenesungswerks oder einer gleichartigen Einrichtung, wenn die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 SGB V vorliegen und die Maßnahme medizinisch erforderlich ist. Weder der Tatbestand des § 24 Abs. 1 SGB V noch des § 41 SGB V sind vorliegend erfüllt. Beide setzen nämlich zunächst voraus, dass die Gesundheitsrisiken oder Krankheiten auch auf der besonderen Belastung der Antragstellerin als Mutter beruhen. Die Vorsorgemaßnahmen gemäß § 24 SGB V und die Rehabilitationsmaßnahmen nach § 41 SGB V verfolgen insofern einen spezifischen Zweck. Sie dienen der Minderung solcher Belastungen, die in wesentlicher Hinsicht aus der Stellung der Versicherten als Mutter eines oder mehrerer Kinder verursacht wurden oder aufrechterhalten werden (SG Dortmund, Urteil vom 25. Januar 2013 – S 40 KR 776/11 –; SG Karlsruhe, Urteil vom 28. Oktober 2010 - S 3 KR 2544/09 -, beide zitiert nach juris; Schütze, in: jurisPK – SGB V, 2. Aufl., § 24 Rn. 20; Schäfer, in: Jurion-OK, SGB V, Stand: 15.03.2011, § 24 Rn. 2; Waßer, in: jurisPK – SGB V, 2. Aufl., § 41 Rn. 10). Daran fehlt es hier. Nach der vertragsärztlichen Verordnung ihrer behandelnden Ärzte vom 11. Januar 2012 sollen die Vorsorgeziele der Behandlung der Antragstellerin in dem Erlernen von Konfliktbewältigungsstrategien und in einer Gewichtsreduktion liegen. Die von der Antragstellerin zu bewältigenden Konflikte bestehen jedoch nicht zwischen ihr und ihrer Tochter, sondern im Verhältnis zu den Eltern der Antragstellerin, wie ebenso aus der Verordnung hervorgeht. Die begehrte Vorsorgemaßnahme soll deshalb Belastungen mindern, die sich aus dem Übergewicht der Antragstellerin und den Problemen aus ihrer Stellung als Tochter ergeben, und weist damit keinen Zusammenhang zu den besonderen Belastungen aus ihrer Mutterschaft auf.
Außerdem lässt sich nicht feststellen, dass die begehrte Vorsorgemaßnahme aus medizinischen Gründen erforderlich ist, um die bei der Antragstellerin festgestellte schizoaffektive Störung (leicht schizodepressiv) und die Adipositas sinnvoll zu behandeln. Aus der Gesetzesbegründung zur Einfügung des § 24 Abs. 1 S. 4 in das SGB V lässt sich entnehmen, dass für die Gewährung einer medizinischen Vorsorgemaßnahme für Mütter und Väter nach dem Willen des Gesetzgebers nicht erforderlich sein soll, dass die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft wurden. Vielmehr habe die Krankenkasse die beantragte Leistung zu erbringen, wenn sie medizinisch notwendig ist und für das angestrebte Vorsorgeziel keine anderen, ggf. wirtschaftlicheren und zweckmäßigeren Maßnahmen im Sinne von § 12 SGB V existieren (vgl. dazu SG Dortmund a.a.O. unter Hinweis auf BT-Drucks. 16/3100, S. 101). Für die Bearbeitung der Konflikte mit ihren Eltern zur Heilung oder Linderung der psychischen Störungen der Antragstellerin und eine erforderliche dauerhafte Gewichtsreduktion erscheint die begehrte Vorsorgemaßnahme jedoch auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen Feststellungen nicht als zweckmäßige Maßnahme. Eine erfolgversprechende Behandlung beider Leiden erfordert nämlich regelmäßig eine dauerhafte multimodale Behandlung im gewöhnlichen sozialen Umfeld ggf. unter Einbeziehung betroffener Familienmitglieder, damit sie langfristig wirken kann. Eine im Einzelfall sinnvolle initiale Behandlungen unter stationären Bedingungen macht eine medizinische Behandlung durch auf die Behandlung der bei der Antragstellerin festgestellten Leiden besonders spezialisierte Leistungserbringer erforderlich (vgl. zum Vorstehenden etwa "Evidenzbasierte Leitlinie Prävention und Therapie der Adipositas - Version 2007 - Herausgeber: Deutsche Adipositas-Gesellschaft, Deutsche Diabetes-Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin; Autoren: H. Hauner [federführend], G. Buchholz, A. Hamann, B. Husemann, B. Koletzko, H. Liebermeister, M. Wabitsch, J. Westenhöfer, A. Wirth, G. Wolfram" und "S3-Leitlinie/Nationale Versorgungs-Leitlinie Unipolare Depression, Langfassung, Version 1.3, Januar 2012, basierend auf der Fassung von November 2009, AWMF-Register-Nr.: nvl-005"). Eine solche spezialisierte Behandlung steht vorliegend aber nicht im Streit, sondern eine Vorsorgemaßnahme zur Minderung der Belastungen, die sich aus der Elternsituation der Antragstellerin ergeben. Diese ist deshalb hier weder zweckmäßig noch wirtschaftlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe kam nach § 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung im Hinblick auf die offensichtlich fehlenden Erfolgsaussichten nicht in Betracht.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig aber unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihr eine Mutter-Kind-Kur zu gewähren, rechtsfehlerfrei abgelehnt. Denn die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch auf diese Leistung mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft machen können (§ 86b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m. § 920 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Der Senat vermochte nicht festzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Mutter-Kind-Kur nach den maßgeblichen Angaben in der vertragsärztlichen Verordnung gegeben sind. Gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) kommt die Gewährung einer Mutter-Kind-Maßnahme in Betracht, wenn bei der Versicherten die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 SGB V vorliegen, diese Vorsorgegründe durch die besonderen Belastungen der Mutterschaft verursacht und die Maßnahme erforderlich ist, um die entsprechenden Gesundheitsgefahren zu beseitigen. Nach § 41 SGB V besteht ein Anspruch auf Rehabilitationsleistungen in einer Einrichtung des Müttergenesungswerks oder einer gleichartigen Einrichtung, wenn die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 SGB V vorliegen und die Maßnahme medizinisch erforderlich ist. Weder der Tatbestand des § 24 Abs. 1 SGB V noch des § 41 SGB V sind vorliegend erfüllt. Beide setzen nämlich zunächst voraus, dass die Gesundheitsrisiken oder Krankheiten auch auf der besonderen Belastung der Antragstellerin als Mutter beruhen. Die Vorsorgemaßnahmen gemäß § 24 SGB V und die Rehabilitationsmaßnahmen nach § 41 SGB V verfolgen insofern einen spezifischen Zweck. Sie dienen der Minderung solcher Belastungen, die in wesentlicher Hinsicht aus der Stellung der Versicherten als Mutter eines oder mehrerer Kinder verursacht wurden oder aufrechterhalten werden (SG Dortmund, Urteil vom 25. Januar 2013 – S 40 KR 776/11 –; SG Karlsruhe, Urteil vom 28. Oktober 2010 - S 3 KR 2544/09 -, beide zitiert nach juris; Schütze, in: jurisPK – SGB V, 2. Aufl., § 24 Rn. 20; Schäfer, in: Jurion-OK, SGB V, Stand: 15.03.2011, § 24 Rn. 2; Waßer, in: jurisPK – SGB V, 2. Aufl., § 41 Rn. 10). Daran fehlt es hier. Nach der vertragsärztlichen Verordnung ihrer behandelnden Ärzte vom 11. Januar 2012 sollen die Vorsorgeziele der Behandlung der Antragstellerin in dem Erlernen von Konfliktbewältigungsstrategien und in einer Gewichtsreduktion liegen. Die von der Antragstellerin zu bewältigenden Konflikte bestehen jedoch nicht zwischen ihr und ihrer Tochter, sondern im Verhältnis zu den Eltern der Antragstellerin, wie ebenso aus der Verordnung hervorgeht. Die begehrte Vorsorgemaßnahme soll deshalb Belastungen mindern, die sich aus dem Übergewicht der Antragstellerin und den Problemen aus ihrer Stellung als Tochter ergeben, und weist damit keinen Zusammenhang zu den besonderen Belastungen aus ihrer Mutterschaft auf.
Außerdem lässt sich nicht feststellen, dass die begehrte Vorsorgemaßnahme aus medizinischen Gründen erforderlich ist, um die bei der Antragstellerin festgestellte schizoaffektive Störung (leicht schizodepressiv) und die Adipositas sinnvoll zu behandeln. Aus der Gesetzesbegründung zur Einfügung des § 24 Abs. 1 S. 4 in das SGB V lässt sich entnehmen, dass für die Gewährung einer medizinischen Vorsorgemaßnahme für Mütter und Väter nach dem Willen des Gesetzgebers nicht erforderlich sein soll, dass die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft wurden. Vielmehr habe die Krankenkasse die beantragte Leistung zu erbringen, wenn sie medizinisch notwendig ist und für das angestrebte Vorsorgeziel keine anderen, ggf. wirtschaftlicheren und zweckmäßigeren Maßnahmen im Sinne von § 12 SGB V existieren (vgl. dazu SG Dortmund a.a.O. unter Hinweis auf BT-Drucks. 16/3100, S. 101). Für die Bearbeitung der Konflikte mit ihren Eltern zur Heilung oder Linderung der psychischen Störungen der Antragstellerin und eine erforderliche dauerhafte Gewichtsreduktion erscheint die begehrte Vorsorgemaßnahme jedoch auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen Feststellungen nicht als zweckmäßige Maßnahme. Eine erfolgversprechende Behandlung beider Leiden erfordert nämlich regelmäßig eine dauerhafte multimodale Behandlung im gewöhnlichen sozialen Umfeld ggf. unter Einbeziehung betroffener Familienmitglieder, damit sie langfristig wirken kann. Eine im Einzelfall sinnvolle initiale Behandlungen unter stationären Bedingungen macht eine medizinische Behandlung durch auf die Behandlung der bei der Antragstellerin festgestellten Leiden besonders spezialisierte Leistungserbringer erforderlich (vgl. zum Vorstehenden etwa "Evidenzbasierte Leitlinie Prävention und Therapie der Adipositas - Version 2007 - Herausgeber: Deutsche Adipositas-Gesellschaft, Deutsche Diabetes-Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin; Autoren: H. Hauner [federführend], G. Buchholz, A. Hamann, B. Husemann, B. Koletzko, H. Liebermeister, M. Wabitsch, J. Westenhöfer, A. Wirth, G. Wolfram" und "S3-Leitlinie/Nationale Versorgungs-Leitlinie Unipolare Depression, Langfassung, Version 1.3, Januar 2012, basierend auf der Fassung von November 2009, AWMF-Register-Nr.: nvl-005"). Eine solche spezialisierte Behandlung steht vorliegend aber nicht im Streit, sondern eine Vorsorgemaßnahme zur Minderung der Belastungen, die sich aus der Elternsituation der Antragstellerin ergeben. Diese ist deshalb hier weder zweckmäßig noch wirtschaftlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe kam nach § 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung im Hinblick auf die offensichtlich fehlenden Erfolgsaussichten nicht in Betracht.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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