L 4 R 46/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 RA 128/98 - W 99 - W 06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 R 46/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2010 (1 BvL 9/06, 2/08) und der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 16. Oktober 2012 (Individualbeschwerden Nrn. 49646/10 und 3365/11) ergibt sich, dass alle Tatbestände des § 6 Abs. 2 AAÜG (insbesondere § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG) mit dem Grundgesetz und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Einklang stehen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2010 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Witwe des 1931 geborenen und 2010 verstorbenen Dr. R M (im Folgenden: Versicherter), mit dem sie bis zu dessen Tod in einem Haushalt lebte. Zwischen ihr und dem beklagten Rentenversicherungsträger (ehemals: Bundesversicherungsanstalt für An-gestellte ‹BfA›; jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund ‹DRV Bund›) steht in Streit, ob die Arbeitsentgelte, die der Versicherte in der Zeit vom 1. Januar 1978 bis zum 17. März 1990 erzielt hat, bei der Berechnung der Altersrente des Versicherten in Höhe der Werte der Anlage 5 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) oder in Höhe der Werte der Anlage 3 des AAÜG zu berücksichtigen sind.

Der Versicherte trat 1951 der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) bei und be-suchte 1965/66 den "Einjahreslehrgang" der Parteihochschule "Karl Marx" beim Zentralkomitee der SED. Vom 1954 bis zum 1957 war er Staatsanwalt des Bezirks K und vom 1957 bis zum 1990 Staatsanwalt (zuletzt Leiter der Abteilung "" des "", Straftaten gegen das Leben und die Gesundheit ‹Mord, Totschlag, Körperverletzung›, Sittlichkeitsdelikte sowie Straftaten gegen das Eigentum) beim Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Sein Monatsbruttoverdienst belief sich zuletzt auf Deutsche Mark (DM). Mit Wirkung vom 9. Februar 1971 wurde er in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparats (Ziffer 19 der Anlage 1 des AAÜG) aufgenommen. Vom 4. Oktober 1990 bis zum 12. November 1994 bezog er Altersübergangsgeld.

Mit Überführungsbescheid vom 11. Mai 1995 gab der gemäß § 8 Abs. 4 Nr. 1 AAÜG für das Zusatzversorgungssystem Ziffer 19 der Anlage 1 des AAÜG zuständige Versorgungsträger (ehemals: BfA; jetzt: DRV Bund; im Folgenden: Versorgungsträger) dem Versicherten die der Beklagten mitgeteilten Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates sowie die erzielten und die berücksichtigten (vom 16. August 1954 bis zum 17. März 1990 auf die Werte der Anlage 5 des AAÜG begrenzten) Ar-beitsentgelte bekannt (wegen der Einzelheiten des Bescheids wird auf Bl. 52 – 56 der Akte des Versorgungsträgers Bezug genommen). Am 19. Juni 1995 erhob der Versicherte gegen diesen Bescheid Widerspruch.

Mit Rentenbescheid vom 4. August 1995 bewilligte die Beklagte dem Versicherten mit Wir-kung ab dem 1. Dezember 1994 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, die sie anhand der ihr vom Versorgungsträger mitgeteilten Daten berechnet hatte (als persönliche Entgeltpunkte ‹Ost› hatte sie anhand dieser Daten einen Wert von 46,9526 ermittelt). Am 9. September 1995 erhob der Versicherte gegen diesen Bescheid Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 1995 wies der Versorgungsträger den Widerspruch des Versicherten gegen den Überführungsbescheid vom 11. Mai 1995 als unbegründet zurück. Am 6. November 1995 erhob der Kläger gegen diesen Bescheid Klage. Diese wurde vom Sozialgericht Berlin zunächst unter dem Aktenzeichen S 11 An 7640/95, später unter dem Aktenzeichen S 10 RA 7640/05 W 06 registriert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 1996 wies die Beklagte den Widerspruch des Versicherten gegen den Rentenbescheid vom 4. August 1995 als unbegründet zurück. Am 21. Februar 1996 erhob der Versicherte gegen diesen Bescheid Klage. Diese wurde vom Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 39 An 981/96 registriert.

Mit Bescheid vom 24. Januar 1997 gab der Versorgungsträger dem Versicherten die nach Maßgabe des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AAÜG vom 11. November 1996 (BGBl. Teil I 1996 S. 1674) geänderten und der Beklagten mitgeteilten Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates sowie die erzielten und die berücksichtigten (nunmehr nur noch vom 1. Januar 1978 bis zum 17. März 1990 auf die Wert der Anlage 5 des AAÜG begrenzten) Arbeitsentgelte bekannt (wegen der Einzelheiten des Bescheids wird auf Bl. 81 – 85 der Akte des Versorgungsträgers Bezug genommen).

Mit Urteil vom 7. Mai 1997 wies das Sozialgericht Berlin die unter dem Aktenzeichen S 39 An 981/96 registrierte Klage (mit der der Versicherte die Beklagte "unter Änderung des Rentenbescheids vom 4. August 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 1996" verurteilt wissen wollte, "die von ihm erzielten Entgelte in der Zeit vom 1. Januar 1971 bis 30. Juni 1990 ohne Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 3 AAÜG der Rentenberechnung zugrunde zu legen") ab. In den Entscheidungsgründen des Urteils heißt es: Der Antrag des Versicherten sei dahin auszulegen gewesen, dass sich die Klage gegen die Berücksichtigung jeglicher Entgeltbegrenzung nach dem AAÜG bei der Ren-teberechnung richte. Soweit sich der Versicherte dagegen wende, dass seine nach Anlage 5 des AAÜG begrenzten Bruttoarbeitsentgelte der Rentenberechnung zugrunde gelegt würden, sei die Klage unzulässig. Die Feststellung von Entgeltbegrenzungen nach Anlage 4, 5 oder 8 zum AAÜG liege in der alleinigen Entscheidungskompetenz des Versorgungsträgers. Im Übrigen sei die Klage zulässig, jedoch nicht begründet.

Mit Bescheid vom 29. Mai 1997 stellte die Beklagte die dem Versicherten mit Bescheid vom 4. August 1995 bewilligte "Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit" mit Wirkung ab dem 1. Januar 1997 "unter Berücksichtigung des geänderten Bescheides über die nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz berücksichtigungsfähigen Entgelte" neu fest. Die Rente, so die Beklagte, sei (nunmehr) unter Berücksichtigung von 63,2127 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) ermittelt worden.

Am 3. Juli 1997 erhob der Versicherte gegen den Rentenbescheid der Beklagten vom 29. Mai 1997 Widerspruch und "bemängelte", dass "die mit dem neuen Rentenbescheid vorgenommenen Korrekturen erst ab 01.01.1997" erfolgt seien "und keine Nachzahlung für den vorausge-gangen, allseits als ungesetzlich bewerteten weiteren Zeitraum erfolgt" sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 1997 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die Gründe des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 1996, die Gründe des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 7. Mai 1997 (S 39 An 981/96) und die Tatsache, dass die Neuregelung des AAÜG-Änderungsgesetzes sich nur für die Zeit ab dem 1. Januar 1997 auswirke und das Bun-desverfassungsgericht (BVerfG) in den unter den Aktenzeichen 1 BvL 34/95 und 1 BvL 35/95 registrierten Verfahren noch zu entscheiden habe, ob die bis zum 31. Dezember 1996 geltende Regelung des § 6 Abs. 2 AAÜG verfassungsgemäß sei, zurück.

Am 10. Januar 1998 hat der Versicherte gegen den Bescheid der Beklagten vom 29. Mai 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 1997 Klage erhoben. Diese ist vom Sozialgericht Berlin zunächst unter dem Aktenzeichen S 20 RA 128/98, später unter dem Aktenzeichen S 11 RA 128/98 – W 99 – W 06 registriert worden.

Auf einen Hinweis des Sozialgerichts, dass das Widerspruchsschreiben des Versicherten vom 2. Juli 1997 auch als "Überprüfungsantrag zu den die Rentenbezugszeiten bis 12/96 betreffenden Rentenbescheiden auszulegen" sei, hat die Beklagte mit Bescheid vom 25. Oktober 2000 eine "Neufeststellung" der "Rente" (mithin eine Änderung des Rentenbescheids vom 4. August 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 1997 und des Rentenbescheids vom 29. Mai 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 1997 gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch ‹SGB X›) für die Zeit vom 1. Juli 1993 bis zum 31. Dezember 1996 abgelehnt. Mit Bescheid vom 25. Februar 2002 hat der Versorgungsträger dem Versicherten mitgeteilt, dass die Feststellungen im Bescheid vom 24. Januar 1997 auf Leistungszeiträume ab dem 1. Juli 1993 erweitert würden.

Mit Rentenbescheid vom 22. Mai 2002 hat die Beklagte die dem Versicherten mit Rentenbe-scheiden vom 4. August 1995 und 29. Mai 1997 bewilligte "Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit" mit Wirkung ab dem 1. Dezember 1994 "aufgrund der gesetzlichen Neuregelung des 2. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes" neu festgestellt. Die Rente, so die Beklagte, sei neu festzustellen gewesen, da "ein Versorgungsträger für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem System der Anlage 1 Nr. 1 – 27/der Anlage 2 Nr. 1 – 3 zum AAÜG mitgeteilt" habe, "dass die nach dem (1.) AAÜG-ÄndG festgestellten Entgelte bereits für Rentenbezugszeiten vor dem 01.01.1997 zu berücksichtigen" seien. Die Rente sei (nunmehr) unter Berücksichtigung von 63,2127 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) ermittelt worden.

Eine vom Versicherten mit Schriftsatz vom 20. Juni 2006 erhobene Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 25. Juli 2006, 1 BvR 1560/06; wegen der Einzelheiten des Beschlusses wird auf Bl. 142 – 144 R der Akte des Ver-sorgungsträgers Bezug genommen).

Mit Urteil vom 17. Juli 2007 hat das Sozialgericht Berlin die gegen den Versorgungsträger gerichtete, unter dem Aktenzeichen S 10 RA 7640/05 W 06 registrierte Klage des Versicherten (mit der sich dieser zuletzt gegen die Feststellung, dass die "tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 AAÜG während der Pflichtbeitragszeiten vom 1. Januar 1978 bis 17. März 1990" vorlägen, gewandt hatte) abgewiesen. Die Klage, so das Sozialgericht, sei zulässig, jedoch nicht begründet. Der Versorgungsträger habe zu Recht "die Zugehörigkeit" des Versicherten "zum Zusatzversorgungssystem Nummer 19 der Anlage 1 zum AAÜG während seiner gesamten Zeit der Beschäftigung bei der Generalstaatsanwaltschaft der DDR bis zum 30. Juni 1990, die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte und das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der besonderen Beitragsbemessungsgrenze nach § 6 Abs. 2 Nr. 7 in Verbindung mit Anlage 5 zum AAÜG im streitgegenständlichen Zeitraum festgestellt".

Gegen dieses Urteil hat der Versicherte Berufung eingelegt. Diese wurde vom Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg zunächst unter dem Aktenzeichen L 3 R 1287/07, später unter dem Aktenzeichen L 17 R 1287/07 registriert. Der Versicherte hat die von ihm erhobene, unter dem unter dem Aktenzeichen S 11 RA 128/98 – W 99 – W 06 registrierte Klage wie folgt begründet: Die Beklagte habe die ihm bewilligte Rente fehlerhaft, nämlich unter Berücksichtigung zu weniger Entgeltpunkte (Ost), berechnet. Die von der Beklagten herangezogene Regelung des § 6 Abs. 2 AAÜG in der Fassung des Ers-ten Gesetzes zur Änderung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes vom 21. Juni 2005 (im Folgenden: § 6 Abs. 2 AAÜG n. F.) verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG. Die Regelung ignoriere die Vorgaben des Urteils des BVerfG vom 28. April 1999 (1 BvL 22, 34/95) und die Vorgaben des Beschlusses des BVerfG vom 23. Juni 2004 (1 BvL 3/98, 9/02, 2/03). Der Beschluss des BVerfG vom 6. Juli 2010 (1 BvL 9/06, 2/08) betreffe ausschließlich die Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 4 AAÜG n. F. Die Regelung des § 6 Abs. 2 AAÜG n. F. sei unscharf und lasse sich verfassungsrechtlich nicht mit der Begründung rechtfertigen, dass die von ihr erfassten Personen der Partei und dem System der DDR besonders nahegestanden hätten und/oder dem Ministerium für Staatssicher-heit (MfS) Befehle oder Weisungen hätten erteilen können. Er selbst habe im Übrigen der Partei und dem System der DDR nicht besonders nahegestanden. Er sei nicht durch das Politbüro berufen worden. Vielmehr habe er – wie jeder andere Staatsanwalt der DDR auch – seine Stellung in erster Linie aufgrund fachlicher Qualifikation und nicht aufgrund politisch-ideologischer Kriterien erlangt. Er habe auch nicht "an einem System vielfältiger Vergünstigungen" teilgehabt. Das Arbeitsentgelt, das er bezogen habe, sei nicht überhöht, sondern seiner Leistung angemessenen gewesen. Die von § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG erfasste Personengruppe sei nicht befugt gewesen, dem MfS Weisungen zu erteilen. Und selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, sei es unzulässig, allein aus einer Weisungsbefugnis gegenüber dem MfS den Schluss zu ziehen, dass diese Personengruppe ein überhöhtes Arbeitsentgelt bezogen habe. Hinzu komme, dass der in der Anlage 5 des AAÜG festgesetzte Grenzwert nicht auf Erkenntnissen beruhe. Zu beanstanden sei überdies, dass ihm (dem Versicherten) keine Möglichkeit offenstehe, zu beweisen, dass das von ihm erzielte Arbeitsentgelt nicht überhöht gewesen sei.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2010 den Antrag gestellt, den Rentenbescheid der Beklagten vom 22. Mai 2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Altersrente des Versicherten ab Rentenbeginn bis zum 31. Januar 2010 neu zu berech-nen unter Zugrundelegung der im Zeitraum vom 1. Januar 1978 bis 17. März 1990 tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste bis zu den Werten der Anlage 3 zum AAÜG, ohne Begrenzung auf die Werte der Anlage 5. Mit Urteil vom selben Tag hat das Sozialgericht die Klage abgewie-sen. Diese, so das Sozialgericht, sei zulässig, jedoch nicht begründet. Der Rentenbescheid der Beklagten vom 22. Mai 2002, der allein noch Gegenstand des Verfahrens sei, sei rechtmäßig. Die Beklagte habe die Rente des Versicherten in Einklang mit den §§ 64 Abs. 1, 66 Abs. 1, 259b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) berechnet. Zu Recht habe sie für die Zeit vom 1. Januar 1978 bis zum 17. März 1990 Entgeltpunkte anhand der Verdienste nach dem AAÜG, nämlich anhand der Werte der Anlage 5 des AAÜG, ermittelt. Der Versicherte habe in dieser Zeit eine "Beschäftigung oder Tätigkeit als Staatsanwalt der Generalstaatsan-waltschaft der DDR" (§ 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG) ausgeübt. § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG verstoße weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG, noch gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Dies ergebe sich aus den Gründen des Beschlusses des BVerfG vom 6. Juli 2010 (1 BvL 9/06, 2/08).

Gegen das ihr am 31. Dezember 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. Januar 2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung hat sie den Sach- und Rechtsvortrag, mit dem der Versicherte die von ihm erhobene Klage begründet hat, wiederholt.

Am 25. Februar 2011 hat die Klägerin mit dem Versorgungsträger in dem unter dem Aktenzeichen L 17 R 1287/07 registrierten Berufungsverfahren folgenden Vergleich geschlossen:

1. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die hier streitige Frage, ob bei der Berechnung der Rente des Versicherten nach dem SGB VI eine niedrigere als die regelmäßige Beitragsbemessungsgrenze zur Anwendung kommt, mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung [ ] ausschließlich im anhängigen Berufungsverfahren L 4 R 46/11 LSG Berlin-Brandenburg zu klären ist. Dies betrifft ausdrücklich auch die Frage, ob der am 28. Januar 2010 verstorbene Versicherte als Staatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft der ehemaligen DDR im Zeitraum vom 01. Januar 1978 bis zum 17. März 1990 den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG in der Fassung des Art 1 Nr 1 Buchstabe a nach Maßgabe des Art 2 und 3 des Ersten Änderungsgesetzes des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes [ ] unterfiel. 2. Die Beklagte erklärt, dass dieser Vergleich ausdrücklich auch im Namen der Be-klagten als zuständiger Rentenversicherungsträger geschlossen wird. 3. Die Beteiligten erklären das Berufungsverfahren L 17 R 1287/07 für erledigt. 4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Gericht vorbehalten.

Mit Beschluss vom 30. November 2011 hat der Berichterstatter des unter dem Aktenzeichen L 17 R 1287/07 registrierten Verfahrens entschieden, dass die Beteiligten dieses Verfahren ein-ander keine Kosten zu erstatten hätten. Die Klage, so der Berichterstatter, habe keine Aussicht auf Erfolg geboten. Denn der Versorgungsträger habe "bislang noch gar keine Entscheidung zu der hier allein noch streitigen Anwendung des § 6 Abs 2 Nr 7 AAÜG in der maßgabenden Fas-sung des Art 1 Nr 1 Buchstabe a nach Maßgabe des Art 2 und 3 des Ersten Gesetzes zur Ände-rung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes vom 21. Juni 2005 [ ] getrof-fen". Die angefochtenen Bescheide hätten "ersichtlich nur die Rechtslage bis zum 30. Juni 2004" betroffen.

Mit Bescheid vom 12. März 2012 hat der Versorgungsträger festgestellt, dass der Versicherte "im Zeitraum vom 01.01.1978 bis 17.03.1990 zum Personenkreis des § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG-ÄndG in der Fassung 2005" gehört habe, "weil er während der Zeit Staatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft der ehemaligen DDR" gewesen sei. Widerspruch gegen diesen Bescheid hat die Klägerin nicht erhoben.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2010 aufzuheben und die Be-klagte unter Änderung des Bescheides vom 22. Mai 2002 zu verurteilen, die Altersrente des Versicherten für die Zeit vom 1. Dezember 1994 bis 31. Januar 2010 unter Zugrundelegung der im Zeitraum vom 1. Januar 1978 bis 17. März 1990 tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste bis zu den Werten der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenzen neu zu berechnen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird Be-zug genommen auf die Gerichtsakte, die Akte der Beklagten und die Akte des Versorgungsträgers, die vorgelegen haben und Grundlage der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Beteiligte des Verfahrens (§ 69 Sozialgerichtsgesetz ‹SGG›) sind die Klägerin und die Beklagte. Die Klägerin ist kraft Gesetzes (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch ‹SGB I›) anstelle des Versicherten Beteiligte des Verfahrens geworden.

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.

Die Klage ist zulässig, obgleich das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 7. Mai 1997 (S 39 An 981/96) die gegen den Rentenbescheid der Beklagten vom 4. August 1995 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 1996) gerichtete Klage des Versicherten rechtskräftig abgewiesen hat (§ 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Denn insoweit der Versicherte mit dieser Klage gerügt hat, "dass seine nach Anlage 5 des AAÜG begrenzten Bruttoarbeitsentgelte der Rentenbe-rechnung zugrunde gelegt werden", hat das Sozialgericht nur ein Prozessurteil gefällt (vgl. dazu, dass aufgrund eines Prozessurteils nur feststeht, dass die Prozessvoraussetzungen nicht vorliegen: Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 141 Rn. 9). Hinzu kommt, dass der Gegenstand des unter dem Aktenzeichen S 39 An 981/96 registrierten Verfah-rens mit dem Gegenstand des unter dem Aktenzeichen S 11 RA 128/98 – W 99 – W 06 regist-rierten Verfahrens nicht identisch ist. Denn Gegenstand des zuletzt genannten Verfahrens (und des Berufungsverfahrens) ist nur der Rentenbescheid der Beklagten vom 22. Mai 2002. Dieser hat die Rentenbescheide vom 4. August 1995 und 29. Mai 1997 ersetzt (§ 96 Abs. 1 SGG – mit der Folge, dass Gegenstand des unter dem Aktenzeichen S 11 RA 128/98 – W 99 – W 06 registrierten Verfahrens ‹und des Berufungsverfahrens› auch nicht der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2000 ist, mit dem diese eine "Neufeststellung" der Rente des Versicherten für die Zeit vom 1. Juli 1993 bis zum 31. Dezember 1996 abgelehnt hat). Zu berücksichtigen ist überdies, dass sich die rechtlichen Verhältnisse seit dem 7. Mai 1997 geändert haben (§ 6 Abs. 2 AAÜG wurde durch Art. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Anspruchs- und Anwart-schaftsüberführungsgesetzes vom 21. Juni 2005 ‹BGBl. Teil I 2005 S. 1672› geändert).

Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin ist nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), da der Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2002 rechtmäßig ist. Die Beklagte hat die Höhe der Altersrente (§§ 33 Abs. 2 Nr. 5, 237 SGB VI), die der Versicherte in der Zeit vom 1. Dezember 1994 bis zum 31. Januar 2010 bezogen hat, zutreffend anhand der ihr vom Versorgungsträger mitgeteilten Daten (die zwischen den Beteiligten nicht in Streit stehen) und anhand der §§ 63 - 77, 121 – 124 SGB VI in Verbindung mit § 259b Abs. 1 Satz 1 SGB VI berechnet. Zu Recht hat sie gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG n. F. bei der Ermittlung der Entgeltpunkte als "Verdienst nach dem AAÜG" (§ 259b Abs. 1 Satz 1 SGB VI) den "jeweiligen Betrag der Anlage 5" des AAÜG zugrunde ge¬legt.

Der Tatbestand des § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG n. F. ist erfüllt. Dies ergibt sich aus dem Bescheid des Versorgungsträgers vom 12. März 2012, der sowohl die Klägerin (vgl. § 77 SGG) als auch die Beklagte (vgl. § 8 Abs. 5 Satz 2 AAÜG) und das Gericht bindet (vgl. dazu, dass es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ‹BSG› "ausschließlich dem jeweils zuständigen Ver-sorgungsträger vorbehalten ist, über das Vorliegen der nach den §§ 1, 5 bis 8 AAÜG für die SGB VI-Rente möglicherweise erheblichen Tatsachen zu entscheiden" und dass hierzu "auch die Entscheidung darüber, ob der Betroffene die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs 2, 3 und 5 oder des § 7 AAÜG erfüllt", zählt: BSG, Urteil vom 18. Juli 1996, 4 RA 7/95; BSG, Beschluss vom 9. Oktober 2006, B 4 RA 263/05 B).

§ 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG n. F. ist auch anzuwenden (vgl. dazu, dass der jeweils zuständige Renteversicherungsträger zu entscheiden hat, ob § 6 Abs. 2 AAÜG anzuwenden ist: BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001, B 4 RA 6/01 R).

Die Regelung verstößt weder gegen Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dies hat das Sozialgericht zutreffend aus dem Beschluss des BVerfG vom 6. Juli 2010 (1 BvL 9/06, 2/ 08) hergeleitet (vgl. auch: Sozialgericht Berlin, Urteil vom 16. August 2011, S 14 RA 2111/02 W 05). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe des Urteils des Sozialgerichts vom 15. Dezember 2010 Bezug.

Der Einwand der Klägerin, der Beschluss des BVerfG vom 6. Juli 2010 (1 BvL 9/06, 2/08) gebe keine Antwort auf die Frage, ob § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG mit dem GG in Einklang stehe, verfängt nicht. Denn obgleich es in diesem Beschluss heißt (vgl. BVerfGE 126, S. 255 Zeile 18 bis 30), dass die Vorlagebeschlüsse des Sozialgerichts Berlin und des Thüringer Landessozialgerichts der einschränkenden Auslegung bedürften, da entscheidungserheblich in beiden Verfahren nur § 6 Abs. 2 Nr. 4 AAÜG sei, lassen die Gründe, derentwegen das BVerfG zu dem Ergebnis gelangt ist, dass § 6 Abs. 2 Nr. 4 AAÜG mit dem GG in Einklang steht, keinen Zweifel, dass (auch) nach Auffassung des BVerfG alle Tatbestände des § 6 Abs. 2 AAÜG mit dem GG in Einklang stehen. In diesen Gründen nämlich zitiert das BVerfG sowohl § 6 Abs. 2 AAÜG als auch § 6 Abs. 2 Nr. 4 AAÜG. Schon hieraus wird deutlich, welche Aussagen sich auf alle Tatbestände des § 6 Abs. 2 AAÜG und welche sich nur auf § 6 Abs. 2 Nr. 4 AAÜG beziehen. Die allermeisten Aussagen des BVerfG beziehen sich auf § 6 Abs. 2 AAÜG, also alle Tatbestände des § 6 Abs. 2 AAÜG (vgl. BVerfGE 126, S. 258 Zeile 7, 12; S. 259 Zeile 6, 23; S. 260 Zeile 4, 7, 27; S. 261 Zeile 14, 22; S. 263 Zeile 4; S. 264 Zeile 4, 20, 24, 29; S. 265 Zeile 12, 28; S. 266 Zeile 9, 10, 14, 19, 26; S. 267 Zeile 19). Nur einige wenige Aussagen be-ziehen sich allein auf § 6 Abs. 2 Nr. 4 AAÜG (vgl. BVerfGE 126 S. 258 Zeile 34; S. 259 Zeile 10, 26; S. 260 Zeile 9; S. 261 Zeile 22; S. 262 Zeile 8; S. 265 Zeile 16). Auch aus den Formu-lierungen, die das BVerfG verwendet, wird deutlich, welche Aussagen sich auf alle Tatbestände des § 6 Abs. 2 AAÜG und welche sich nur auf § 6 Abs. 2 Nr. 4 AAÜG beziehen (vgl. BVerfGE 126 S. 259 Zeile 9: "Insbesondere ist die durch § 6 Abs. 2 Nr. 4 AAÜG vorgenom-mene Anknüpfung [ ]."; BVerfGE 126, S. 259 Zeile 25: "Bei dem von § 6 Abs. 2 Nr. 4 AAÜG erfassten Personenkreis im Besonderen [ ].").

Der Einwand der Klägerin, der Versicherte habe keine überhöhten Entgelte bezogen, da er dem System und der Partei der DDR nicht besonders nahegestanden habe, da er nicht durch das Politbüro berufen worden sei und da er seine Stellung in erster Linie aufgrund seiner fachlichen Qualifikation erlangt habe, verfängt ebenfalls nicht. Denn "die durch die Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Mitarbeiter des Staatsapparates nachgewiesene Systemnähe und darüber hinaus noch die im Staatsapparat erreichte Höhe im System sind zusammengenommen hinreichende Anknüpfungspunkte für die typisierende Rentenbegrenzung des Gesetzgebers we¬gen überhöhter Honorierung" (BVerfGE 126, S. 263 Zeile 4 bis 8). Die von § 6 Abs. 2 AAÜG erfassten "Personengruppen", dh alle dort genannten Gruppen, waren "zweifelsfrei als beson-dere Nutznießer" des politischen Systems der DDR "zu identifizieren" und haben "unzweifel-haft von ungerechtfertigten Vorteilen profitiert" (vgl. BVerfGE 126 S. 266 Zeile 26 – 34). Hinzu kommt: Der Versicherte war ab 1951 Mitglied der SED und ab dem 1. Juli 1957 nicht ledig-lich einem der Bezirks- oder Kreisstaatsanwälte der DDR, sondern dem Generalstaatsanwalt der DDR beigeordnet, und zwar zuletzt als Leiter der Abteilung "". Nach § 13 Abs. 1 des Ge-setzes über die Staatsanwaltschaft der DDR vom 17. April 1963 (Gesetzblatt der DDR Teil I 1963 S. 57) und § 35 Abs. 1 des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der DDR vom 7. April 1977 (Gesetzblatt der DDR Teil I 1977 S. 93) konnte selbst "einfacher" Staatsanwalt nur sein, "wer nach seiner Persönlichkeit und Tätigkeit die Gewähr dafür" bot, dass er "sich vorbehaltlos für den Sozialismus einsetzt und der Arbeiter-und-Bauern-Macht" respektive "der Arbeiter-klasse und dem sozialistischen Staat treu ergeben" war. Nach Art. 97 Satz 1 der Verfassung der DDR vom 6. April 1968 (Gesetzblatt der DDR Teil I 1968 S. 199) und § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der DDR vom 7. April 1977 (Gesetzblatt der DDR Teil I 1977 S. 93) war die Staatsanwaltschaft der DDR "ein zentrales Organ der einheitlichen sozialistischen Staatsmacht", die "zur Sicherung der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung" über "die strikte Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit" zu wachen hatte. Gemäß § 4 Abs. 3 des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der DDR vom 7. April 1977 (Gesetzblatt der DDR Teil I 1977 S. 93) hatte sie die Aufgabe, "durch ihre Aufsichtstätigkeit und Rechtspropaganda, ins¬be¬sondere durch Erläuterung des politischen Inhalts des Rechts und die Vermittlung von Rechtskenntnissen rechtserzieherisch zu wirken und damit zur Entwicklung und Festigung des sozialistischen Rechtsbewusstseins beizutragen".

Ob der Einwand der Klägerin, dass die von § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG erfasste Personengruppe ge¬genüber dem MfS nicht weisungsbefugt ge¬wesen sei, verfängt, kann dahinstehen. Denn selbst wenn dies der Fall war, verletzt § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG nicht (siehe oben). Erlaubt sei jedoch der Hinweis, dass (zumindest) der Generalstaatsanwalt der DDR, dem der Versicherte beigeordnet war, befugt war, dem MfS Weisungen zu erteilen (vgl. die "Dienstanweisung Nr. 1/52 zum Befehl Nr. 74/52 vom 15.5.1952: Verrechtlichung der strafrechtlichen Untersuchungstätigkeit"; vgl. auch §§ 16 Abs. 1 und 2, 19 Abs. 1 a› des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der DDR vom 17. April 1963 ‹Gesetzblatt der DDR Teil I 1963 S. 57›).

§ 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG verstößt auch nicht gegen die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (zuletzt geändert durch Protokoll Nr. 14 vom 13. Mai 2004, BGBl. Teil II 2010 S. 1198) in Verbindung mit dem Zusatzprotokoll zu dieser Konvention (BGBl. Teil II 2010 S. 1218). Dies ergibt sich aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 16. Oktober 2012 (Individualbe-schwerde Nrn. 49646/10 und 3365/11). Denn da der EGMR in dieser Entscheidung die vom BVerfG im Beschluss vom 6. Juli 2010 (1 BvL 9/06, 2/08) zu § 6 Abs. 2 AAÜG geäußerte Auffassung ausdrücklich bestätigt, lassen sich die Gründe dieser Entscheidung auf alle Tatbe-stände des § 6 Abs. 2 AAÜG übertragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Der Senat weicht mit seinem Urteil von keiner Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG ab (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Denn grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die beantwortet werden kann, noch nicht beantwortet wurde, im konkreten Einzelfall zu beantworten ist, und deren Beantwortung zur Erhaltung der Rechtseinheit oder zur Weiterentwick-lung des Rechts im allgemeinen Interesse liegt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 160 Rn. 6 – 9h). Dies ist hier nicht der Fall. Die Fra¬ge, ob § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG mit dem Grundgesetz und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 in Verbindung mit dem Zusatzprotokoll zu dieser Konvention in Einklang steht, haben das BVerfG und der EGMR beantwortet (siehe oben). Und selbst wenn dies nicht der Fall wäre, geben der Beschluss des BVerfG vom 6. Juli 2010 (1 BvL 9/06, 2/08) und die Entscheidung des EGMR vom 16. Oktober 2012 (Individual-beschwerde Nrn. 49646/10 und 3365/11) ausreichende Anhaltspunkte, wie die Frage zu beantworten ist.
Rechtskraft
Aus
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