L 16 R 1275/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 5 R 1049/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 1275/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. November 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM), hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei Berufsunfähigkeit (BU) für die Zeit ab 22. Juni 2007.

Die 1960 geborene Klägerin hatte in der früheren Deutschen Demokratischen Republik den Beruf des Facharbeiters für Textiltechnik erlernt. Sie war nach der Ausbildungszeit ab 1979 in verschiedenen Volkseigenen Betrieben der DDR-Textilwirtschaft als Weberin, Kettenandreherin und Näherin versicherungspflichtig bis zur Insolvenz 1991 beschäftigt. Zuletzt arbeitete die Klägerin vom 5. November 1991 bis zum Eintritt krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit am 12. November 2001 als Mitarbeiterin in der Textilendkontrolle bei der Y GmbH bzw der C -GmbH in Spremberg; das Arbeitsverhältnis endete zum 28. Februar 2003 durch Kündigung der Klägerin. Vom 1. März 2003 bis 4. April 2003 bezog die Klägerin Krankengeld, anschließend Arbeitslosengeld (Alg) bis 4. April 2004 und sodann Arbeitslosenhilfe bis 31. Dezember 2004. Seit 1. Januar 2005 steht sie im Bezug von Alg II.

Einen ersten EM-Rentenantrag vom Februar 2003 hatte die Beklagte mit Bescheid vom 12. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2004 abgelehnt. Eine hierauf angestrengte Klage nahm die Klägerin nach Einholung gerichtlicher Sachverständigengutachten auf neurologisch-psychiatrischem (Dr. C vom 22. Juli 2005) und – auf Antrag der Klägerin nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet (Dr. K vom 26. Oktober 2006) zurück (Sozialgericht – SG – Cottbus – S 14 RJ 149/04 -).

Die Klägerin beantragte am 22. Juni 2007 erneut die Gewährung von EM-Rente. Die Beklagte zog Berichte der behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. B vom 22. August 2007 und des Allgemeinmediziners F vom 20. Februar 2008 bei und ließ die Klägerin durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie H untersuchen und begutachten. Diese hielt die Klägerin für täglich sechs Stunden und mehr "ständig" einsetzbar, jedenfalls in leichten Tätigkeiten mit der Möglichkeit des Haltungswechsels (Verdacht auf emotional-instabile Persönlichkeitsstörung, Somatisierungsstörung, Verdacht auf multiplen Substanzmissbrauch bzw –abhängigkeit, Migräne, arterielle Hypertonie, Glaukom, Karpaltunnelsyndrom beidseits). Nach Vorlage an die Beratungsärztin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2008 den Rentenantrag ab. Volle bzw teilweise EM bzw teilweise EM bei BU würden nicht vorliegen.

Im Klageverfahren hat das SG Cottbus Befundberichte der behandelnden Ärzte erstatten lassen, und zwar von Dr. B vom 8. Oktober 2009, von dem Arzt F vom 12. Oktober 2009, von dem Hals-Nasen-Ohrenarzt S vom 3. November 2009, von dem Allgemeinmediziner R vom 21. März 2010 und von der Gynäkologin Dr. O vom 17. November 2011. Eine Arbeitgeberauskunft der C GmbH vom 10. Oktober 2009 ist zu den Gerichtsakten genommen worden.

Das SG hat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 6. September 2010 (Untersuchung am 27. August 2010) unter Auswertung einer zusätzlichen psychologischen Testuntersuchung (Dr. Wegener vom 27. August 2010) auf seinem Fachgebiet eine anhaltend somatoforme Schmerzstörung sowie Angst und Depression, gemischt, festgestellt. Die Klägerin könne aus psychiatrischer Sicht noch täglich regelmäßig sechs bis unter acht Stunden leichte bis mittelschwere "stressarme" Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten unter Beachtung der aufgezeigten weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen sowie einfache bis mittelschwere geistige Arbeiten ausführen. Der in der Folge auf Antrag der Klägerin nach § 109 Abs. 1 SGG mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragte Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M hat in seinem Gutachten vom 9. März 2011 folgende Gesundheitsstörungen mitgeteilt: Somatoforme Störung, Verdacht auf Abhängigkeitssyndrom bei verordneter Einnahme von Schmerzmitteln, Bluthochdruck. Die Klägerin könne täglich regelmäßig und vollschichtig körperlich mittelschwere und schwere Arbeiten in allen Haltungsarten und auch in deren Wechsel verrichten. Auszuschließen seien nur Tätigkeiten in Wechsel- und Nachtschicht. Hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten bestünden keine Einschränkungen. Auf die ergänzende Stellungnahme von Dr. M vom 12. September 2011 wird Bezug genommen.

Mit Urteil vom 21. November 2011 hat das SG die auf Gewährung von Versichertenrente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU für die Zeit ab 22. Juni 2007 gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM noch einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bzw. teilweiser EM bei BU gemäß den §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI). Die Klägerin könne täglich sechs Stunden und mehr Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausführen. Sie sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, bei dem sich das Gericht auf die eingeholten Gutachten und Befundberichte stütze, auch nicht berufsunfähig. In ihrer zuletzt innegehabten und als bisherigem Beruf maßgebenden Tätigkeit in der Textilwirtschaft könne die Klägerin unter Beachtung des insoweit zugrunde zu legenden Anforderungsprofils weiterhin vollschichtig tätig sein.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Das SG habe ihren Gesundheitszustand und die sich daraus ergebenden Einschränkungen nicht zutreffend beurteilt. Es seien nicht von allen behandelnden Ärztinnen bzw Ärzten Befundberichte eingeholt worden. Dr. O habe darauf verwiesen, dass sie – die Klägerin – nicht mehr leistungsfähig sei. Die bei ihr – der Klägerin – vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien nicht in vollem Umfang festgestellt worden. Im Zuge der Abwicklung des Haftpflichtschadens sei zudem von einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auszugehen. Es sei ein weiteres Gutachten einzuholen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. November 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit für die Zeit ab 22. Juni 2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen für zutreffend.

Das Gericht hat im Berufungsverfahren Befundberichte der behandelnden Ärzte erstatten lassen, und zwar von Dr. O vom 24. April 2012 nebst Stellungnahme vom 25. April 2012, von der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie P vom 14. Mai 2012, von dem Facharzt für Anästhesie Dr. W vom 23. Mai 2012, von dem Orthopäden Dr. G vom 16. Mai 2012 und von dem Arzt R vom 30. September 2012. Ferner sind ein im Rahmen eines Haftpflichtschadens (Hundebiss vom 27. Juli 2009) erstellter Bericht von Dr. W vom 20. Februar 2011, ein neurologisches Gutachten von Dr. M vom 15. März 2012, ein chirurgisches Gutachten vom 29. November 2011 (Z) und ein psychologisches Gutachten vom 25. Mai 2012 (Dipl.-Psych. S) beigezogen worden.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befundberichte und Gutachten sowie die Sachverständigengutachten von Dr. C und Dr. M Bezug genommen.

Die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände) und die Gerichtsakten (2 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin, mit der diese ihre erstinstanzlich erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU für die Zeit ab 22. Juni 2007 (Antragszeitpunkt) weiter verfolgt, ist nicht begründet.

Die Klägerin hat für die Zeit ab 22. Juni 2007 weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 43 Abs. 1 SGB VI oder auf Rente wegen teilweiser EM bei BU nach § 240 SGB VI.

Die Vorschriften des § 43 SGB VI und des § 240 SGB VI (vgl § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) setzen zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM bzw BU voraus (vgl § 43 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI, § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Darüber hinaus müssen volle oder teilweise EM bzw BU vorliegen (vgl § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI, § 240 Abs. 2 SGB VI).

Voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei bzw mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).

Die Klägerin war und ist in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 22. Juni 2007 (so der Antrag) bzw 1. Juni 2007 (Antragsmonat; vgl § 99 SGB VI) nicht voll bzw teilweise erwerbsgemindert iSv § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI und auch nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 Abs. 2 SGB VI. Denn sie verfügte und verfügt in dem maßgebenden Zeitraum noch über ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen jedenfalls für leichte bis mittelschwere körperliche und ihrem Ausbildungs- und Berufsniveau entsprechende geistige Arbeiten, mit dem sie regelmäßig einer vollschichtigen und damit auch mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann. Dass die Klägerin über ein derartiges Leistungsvermögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus den vorliegenden Gutachten der im Klageverfahren bestellten Gerichtssachverständigen Dr. C und Dr. M. Denn diese Sachverständigen haben – im Einklang mit der im Verwaltungsverfahren herangezogenen Gutachterin H und auch dem behandelnden Orthopäden Dr. G (vgl Befundbericht vom 16. Mai 2012) - der Klägerin übereinstimmend (Dr. M sogar für schwere körperliche Arbeiten) ein derartiges vollschichtiges bzw. mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit dem 1. bzw 22. Juni 2007.

Das vollschichtige bzw mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen der Klägerin war und ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde oder entgegen gestanden hätte (vgl § 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Klägerin kann nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden jedenfalls noch körperlich leichte bis mittelschwere (nach Auffassung von Dr. M auch schwere) Tätigkeiten in allen Haltungsarten (Dr. M) bzw im Wechsel der Haltungsarten (Dr. C) verrichten. Ausgeschlossen sind ständige Arbeiten in Zwangshaltungen (Dr. C), unter Zeitdruck und im Akkord (Dr. C), in Nacht- und Wechselschicht sowie Tätigkeiten mit Anforderungen an die grobe Kraft der Hände und Fingerfertigkeit (Dr. C). Bei Beachtung dieser letztlich nur geringfügigen qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5/4 RA 58/97 R - juris), die eine Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit zur Folge gehabt hätte. Dabei begründet lediglich die "Summierung" – notwendig also eine Mehrheit von wenigstens zwei ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen als tauglichen Summanden (vgl BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 18) – die Benennungspflicht, nicht aber bereits das Zusammentreffen einer – potenziell – ungewöhnlichen mit einer oder mehrerer "gewöhnlicher" Leistungseinschränkungen (vgl BSG aaO). Es lagen und liegen zwar bei der Klägerin Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinaus gehen, was inhaltlich vom Begriff der körperlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, deren Vorliegen bis auf den Ausschluss von Arbeiten in Wechsel- und Nachtschicht Dr. M sogar gänzlich verneint hat, sind aber nicht geeignet, sogar das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Sie sind daher von vornherein nicht ungewöhnlich. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen, im Wesentlichen der Ausschluss von Nacht- und Wechselschicht, von Arbeiten unter Zeitdruck und im Akkord, mit erhöhter grober Kraft und Fingerfertigkeit und von Arbeiten in ständigen Zwangshaltungen zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 - GS 2/95 = SozR - 3600 § 44 Nr. 8). Das Gleiche gilt hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten der Klägerin, die keine nennenswerten Schwierigkeiten zumindest hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen, dem Ausbildungs- und Intelligenzniveau der Klägerin entsprechenden Arbeitsplatz erkennen lassen; nur eine besondere Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, die vorliegend nicht erkennbar ist, könnte aber eine spezifische schwere Leistungsbehinderung darstellen (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 104, 117). Auch die Wegefähigkeit der Klägerin ist erhalten. Die Klägerin war und ist in der Lage, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in mindestens 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen (vgl zum Ganzen: BSG, Urteil vom 21. März 2006 - B 5 RJ 51/04 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 8 mwN).

Eine weitere Sachaufklärung war danach auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin in deren Schriftsätzen vom 15. November 2012, 4. Dezember 2012, 11. Februar 2013, 12. August 2013, 29. August 2013, 18. September 2013 und 1. Oktober 2013 und des Inhalts der im Berufungsverfahren ergänzend eingeholten ärztlichen Berichte und Gutachten nicht angezeigt. Aus diesen ergänzenden Unterlagen haben sich keine neuen Befunde oder wesentliche Verschlimmerungen bereits bekannter Gesundheitsstörungen der Klägerin ergeben, die in den bereits vorliegenden Sachverständigengutachten nicht berücksichtigt und somit eine ergänzende Sachaufklärung oder gar die Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens erforderlich (vgl § 103 SGG) gemacht hätten. Die behandelnden Ärzte haben gleichbleibende Befunde (Dr. W) bzw zuletzt sogar eine Besserung der Gesamtbeschwerdesymptomatik (R) mitgeteilt. Die – fachfremde und durch entsprechende - neue - objektive Befunde nicht nachvollziehbar begründete – Annahme der behandelnden Gynäkologin, die Klägerin sei aus psychischen Gründen "gar nicht mehr leistungsfähig" (vgl Befundbericht vom 17. November 2011) bzw in "ihrer Teilnahme am gesellschaftlich-öffentlichen Leben deutlich eingeschränkt" (vgl ergänzende Äußerung auf die gerichtliche Anfrage vom 25. April 2012), vermag die letztlich übereinstimmende und plausibel begründete – und damit überzeugende - fachliche Einschätzung von Dr. C und Dr. M, die die Klägerin beide nach dem Hundebiss vom 27. Juli 2009 untersucht und begutachtet haben, nicht zu entkräften. Die bereits dort erhobenen Gesundheitsstörungen hat auch die Psychologin S in ihrem Gutachten vom 25. Mai 2012 festgestellt, ohne dass sie eine wesentliche Befundverschlechterung oder eine abweichende Leistungsbeurteilung abgegeben hätte. Dass eine weitere psychotherapeutische und medikamentös unterstützte Behandlung der Klägerin angezeigt ist, steht außer Frage, führt aber nicht zur Annahme einer quantitativen Leistungsminderung in rentenberechtigendem Umfang. Dem ergänzend gestellten Antrag, nach § 109 Abs. 1 SGG ein (weiteres) Sachverständigengutachten einzuholen, war auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in den Schriftsätzen vom 12. August 2013, 29. August 2013, 18. September 2013 und 1. Oktober 2013 nicht zu entsprechen. Neue, bislang nicht berücksichtigte Gesundheitsstörungen der Klägerin bzw wesentliche Verschlimmerungen bekannter Leiden, die ohnehin Anlass zu weiteren Amtsermittlungen gegeben hätten, lassen sich daraus nicht ersehen. Die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen des unfallversicherungsrechtlichen Schadensausgleichs ist für die Feststellung voller oder teilweiser EM ohne Belang. Zudem ist die Klägerin nach Fertigung des Arztberichts von Dr. W von dem Sachverständigen Dr. M umfassend begutachtet worden. Dass die Klägerin mit dem Ergebnis der gerichtlichen Beweiserhebung nicht einverstanden ist, rechtfertigt keinen weiteren Aufklärungs- bzw Ermittlungsbedarf. Auch der bloße Zeitablauf seit der letzten gerichtlich veranlassten Begutachtung gibt allein keinen Anlass zu weiteren Sachermittlungen, wenn hierfür erforderliche tatsächliche Anhaltspunkte für eine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustandes der Klägerin nicht ersichtlich sind. Da bereits ein einschlägiges psychiatrisch- psychotherapeutisches Fachgutachten nach § 109 Abs. 1 SGG vorliegt und besondere Gründe, erneut ein entsprechendes Gutachten zu veranlassen, auch im Hinblick auf das ergänzende Vorbringen der Klägerin nicht ersichtlich sind, ist das Antragsrecht als verbraucht anzusehen (vgl die Nachweise aus der Rspr bei Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 109 Rn 11b).

Durchgreifende Einwendungen gegen die gerichtlichen Sachverständigengutachten von Dr. C und Dr. M hat die Klägerin nicht aufzuzeigen vermocht. Die Sachverständigen haben anhand der von ihnen erhobenen Befunde eine in jeder Hinsicht nachvollziehbare, dh schlüssig sich auf die einzelnen Funktionseinschränkungen beziehende Leistungsbeurteilung abgegeben, die die Grundlage der gerichtlichen Überzeugung und damit Feststellungen bilden. Insgesamt betreffen die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen lediglich einen kleinen Teilbereich des allgemeinen Arbeitsmarktes, lassen aber ein weites Feld von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt.

So konnte und kann die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Büro- oder Montier- und Sortiertätigkeiten verrichten (vgl BSG SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 25). Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung des gerichtlichen Sachverständigen für solche Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bezüglich der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bestanden und bestehen, konnte und kann die Klägerin auch noch derart einfache Arbeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.

Die Klägerin hat für die Zeit ab 1. bzw 22. Juni 2007 auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU. Denn sie war und ist in dem vorliegend maßgebenden Zeitraum seit 1. bzw 22. Juni 2007 nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI. Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) der "bisherige Beruf" der Versicherten. Das ist idR die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigung (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R - juris). Danach ist als bisheriger Beruf der Klägerin der Beruf der Mitarbeiterin in der textilen Konfektion bzw Endkontrolleurin in einem Textilbetrieb der rentenrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen, den sie seit 1991 durchgehend bis 12. November 2001 ausgeübt hatte. Die Klägerin konnte und kann diesem ihrem bisherigen Beruf regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich weiterhin nachgehen. Es handelt sich dabei nach der Auskunft der früheren Arbeitgeberin vom 10. Oktober 2009 um eine körperlich mittelschwere, in geschlossenen Räumen auszuübende Tätigkeit, der die Klägerin gesundheitlich gewachsen ist und war. BU liegt danach nicht vor. Im Übrigen ist die Klägerin, ohne dass eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen wäre, ohnehin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, da sie im Rahmen des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (vgl etwa Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R – juris) auch unter Berücksichtigung ihres Vorbringens, dass für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit entgegen der Auskunft der früheren Arbeitgeberin keine Anlernzeit von nur zwei Monaten, sondern von neun Monaten (vgl Einarbeitungsplan der Ygle GmbH vom 5. November 1991) erforderlich war, allenfalls dem unteren Anlernbereich zuzuordnen ist (vgl BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 21 S 72 f mwN). In Betracht kommende Arbeitsfelder des allgemeinen Arbeitsmarktes sind bezeichnet worden.

Darauf, ob die Klägerin einen ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz in ihrem bisherigen Beruf oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tatsächlich erhalten konnte oder erhält, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer - wie die Klägerin - kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellte bzw stellt, ist für die Feststellung von voller bzw. teilweiser EM oder BU - wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hat - unerheblich (vgl § 43 Abs. 3 Halbsatz 2, § 240 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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