L 27 R 318/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 17 R 4000/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 R 318/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Februar 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung einer Beitragszeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008.

Der 1944 geborene Kläger bezieht aufgrund bestandskräftiger Bescheide der Beklagten seit dem 1. Februar 2004 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236 a des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI).

Am 15. Februar 2010 beantragte der Kläger unter Beifügung von Lohnsteuerbescheinigungen aus den Jahren 2005 bis 2008 bzgl. eines erzielten Nebenverdienstes die Neufeststellung seiner Rente und verwies zugleich darauf, dass er seit dem 13. Januar 2009 Altersrentner sei. Mit Bescheid vom 22. Februar 2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Aufgrund der bindend gewordenen Bewilligung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen sei ein Wechsel in eine Regelaltersrente gemäß § 34 Abs. 4 SGB VI ausgeschlossen. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 22. März 2010, mit dem er unter Hinweis auf den erzielten Nebenverdienst im Zeitraum von 2005 bis 2008 die Neuberechnung seiner Rente erneut geltend machte, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 30. April 2010 und anschließendem Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2010 mit, dass eine Anerkennung des Zeitraumes vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008 als Beitragszeit und deren Berücksichtigung bei der Rentenberechnung ausscheide. Eine Beitragsentrichtung durch den Kläger sei für diesen Zeitraum weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Als Bezieher einer Vollrente wegen Alters sei der Kläger als Beschäftigter gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI versicherungsfrei. Gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI habe lediglich sein Arbeitgeber die Hälfte des Beitrages zu zahlen, der zu zahlen wäre, wenn der Beschäftigte versicherungspflichtig wäre. Dementsprechend würden die vorgelegten Lohnsteuerbescheinigungen auch lediglich den Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung ausweisen. Hieraus könne dem Kläger jedoch kein Vorteil erwachsen.

Seine hiergegen am 4. August 2010 erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 20. Februar 2012 abgewiesen. Das Schreiben der Beklagten vom 30. April 2010 sei als Bescheid zu werten, weil damit eine Entscheidung über das Begehren des Klägers auf Gewährung einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung des Zeitraumes vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008 als weitere Beitragszeit getroffen worden sei. Dieses Begehren habe die Beklagte zu Recht abgelehnt, weil insoweit weitere Beitragszeiten weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht seien. Die nach § 172 Abs. 1 SGB VI von seinem Arbeitgeber zu zahlenden Beiträge führten weder zu einer klägerischen Beitragszeit noch hätten sie sonstige Auswirkungen auf die Rentenanwartschaften des Klägers. Sie seien nicht Äquivalent der eigenen Leistung des Klägers. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift des § 172 Abs. 1 SGB VI bestünden nicht.

Gegen das ihm am 13. März 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. April 2012 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Er ist der Auffassung, dass die Vorschrift des § 172 Abs. 1 SGB VI verfassungswidrig sei. Das vom Sozialgericht in Bezug genommene Urteil des Landessozialgericht Sachsen-Anhalt vom 18. Juli 2007 – L 1 RA 248/03 – beleuchte allein die Verfassungsmäßigkeit aus Arbeitgebersicht. Insoweit sei dem Sozialgericht beizupflichten, dass aus arbeitsmarkpolitischen Gründen der Arbeitgeber, der von der Rentenversicherungspflicht befreite Personen beschäftige in gleicher Weise zu belasten sei, wie wenn er rentenversicherungspflichtige Personen beschäftige. Eine gegen den Gleichheitssatz verstoßende Schlechterstellung bestünde jedoch im Vergleich zur Gruppe der rentenversicherungspflichtig Beschäftigten, denen der Arbeitgeberanteil unmittelbar zu Gute komme.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 20. Februar 2012 und unter Abänderung der Bescheide vom 22. Februar 2010 und vom 30. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2010 zu verurteilen, dem Kläger unter Berücksichtigung von Beitragszeiten für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008 eine höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit Wirkung vom 1. Januar 2009 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutref-fend. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die nach § 172 Abs. 1 Satz 1 SGB VI vom Arbeitgeber im strittigen Zeitraum entrichteten Rentenversicherungsbei-träge als Beitragszeiten im Rahmen seiner Rentengewährung zu berücksichtigen sind. Indivi-dualansprüche werden durch die entsprechenden Leistungen des Arbeitsgebers nicht begrün-det (vgl. zur einhelligen Kommentarauffassung u. a. Finke in: Hauck/Haines, SGB VI, Loseblattkommentar, Stand: Oktober 2006, § 172 Rn. 5). Es handelt sich insoweit allein um eine "sozialpolitische" Abgabe, einen Beitrag in dem besonderen Sinne des Sozialversicherungsrechts, der der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs der Versicherungsträger dient. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen an der Erhebung dieser Abgabe nicht (vgl. zur annähernd identischen Vorschrift des bis zum 1. Juli 1965 geltenden § 113 des Angestelltenversicherungsgesetzes: BVerfGE 14, 312 ff.). Der Kläger kann sich insoweit auch nicht erfolgreich auf eine Ungleichbehandlung mit versicherten Beschäftigten berufen, denen der Arbeitgeberanteil an den Rentenversicherungsbeiträgen zugute kommt. Eine Vergleichbarkeit mit dieser Gruppe scheidet bereits deshalb aus, weil der Kläger als Rentenbezieher selbst von der Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI befreit ist und demzufolge seine Bezüge ohne Abzug eigener Versicherungsbeiträge bezieht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
Aus
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