L 22 R 84/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 31 R 2126/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 84/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 18. Dezember 2012 wird zurück gewiesen. 2. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Anspruch der Klägerin auf Aufhebung eines Bescheides der Beklagten, durch den die Bewilligung stationärer Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zurückgenommen wurde.

Die im Mai 1941 geborene Klägerin besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und ist im April 2006 aus der Bundesrepublik in die T Republik nach P umgesiedelt. Sie war bis 11. April 2006 in der bundesdeutschen gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Ihr wurde auf ihren Antrag vom 3. April 2006 mit Rentenbescheid vom 28. Juli 2006 durch die Beklagte Regelaltersrente ab 1. Juni 2006 bewilligt. Sie bezieht zudem eine große Witwenrente aufgrund der Versicherung ihres im Oktober 2004 verstorbenen Ehemanns von der Beklagten und vom tschechischen Rententräger eine Hinterbliebenenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann. Mit Bescheid vom 22. September 2006 teilte die AOK B der Klägerin mit, dass nach deren Umzug nach P am 11. April 2006 der tschechische Krankenversicherungs-träger für die Durchführung der gesetzlichen Krankenversicherung zuständig sei. Die Rechtsbehelfe der Klägerin blieben erfolglos (Urteil des Bayer. LSG vom 30.07.2009, L 4 KR 87/08).

Nach einer durch die Klägerin selbstfinanzierten Operation eines (rez.) Mammakarzinoms am 8. Juli 2011 in N beantragte die Klägerin bei der Beklagten am 28. Juli 2011 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als onkologische Nachbehandlung. Mit einem "Bescheid im Eilverfahren" vom 5. August 2011 gewährte ihr die Beklagte eine dreiwöchige stationäre Leistung zur onkologischen Rehabilitation als Anschlussgesundheitsmaßnahme in der B-Klinik in C (im Folgenden: Bewilligungsbescheid). Die dortige Aufnahme der Klägerin war für den 25. August 2011 vorgesehen. Mit Schreiben vom 16. August 2011, eingegangen bei der Beklagten am 22. August 2011, bat die Klägerin um Gewährung der Rehabilitationsmaßnahme in einer Klinik in G, weil sie im Jahr 1991 mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann einen Aufenthalt in der B-Klinik absolviert hatte und sich nach dem Tod ihres Mannes dort allein nicht mehr erholen könne.

Mit Anhörungsschreiben vom 31. August 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie beabsichtige, den Bewilligungsbescheid nach § 45 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) zurückzunehmen. Umstände, die ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in den Bestand des Verwaltungsakts begründen könnten, seien nach Aktenlage nicht gegeben. Mit Bescheid vom 26. Oktober 2011 nahm die Beklagte den Bescheid vom 5. August 2011 über die Bewilligung der Leistung zur medizinischen Rehabilitation gemäß § 45 Abs 1 und 2 SGB X zurück. Da die Klägerin ihren Wohnsitz im Ausland habe und im Monat der Antragstellung für die Rehabilitationsleistung auf Grund des Rentenbezuges keinen Pflichtbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet habe, seien die Voraussetzungen für eine Leistungsbewilligung gemäß § 111 Abs 1 SGB VI nicht erfüllt gewesen und der Bewilligungsbescheid insoweit rechtswidrig ergangen. Von der Möglichkeit der Äußerung zu den für die Entscheidung rechtserheblichen Tatsachen habe die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Unter Würdigung aller Gesamtumstände sei der Bewilligungsbescheid aufzuheben gewesen.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass sie die Rehabilitationsmaßnahme benötige, um die Folgeschäden der Erkrankung und Therapie zu bessern. Sie habe Vorbereitungen für den Klinikaufenthalt unter den veränderten Bedingungen treffen müssen. Dazu kämen die Änderungen durch die veränderten Körpermaße. Sie habe alle Kosten ihrer Behandlung und Betreuung bisher selbst getragen, ohne dass sie von der Beklagten einen Beitragszuschuss erhalten habe. Ihr sei es lediglich um eine Änderung des Ortes der Rehabilitationsmaßnahme gegangen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Ihrem Begehren auf Aufhebung des Bescheides vom 26. Oktober 2011 könne nicht entsprochen werden. Die Rücknahme des Bewilligungsbescheides entspreche auch pflichtgemäßem Ermessen. Sie stelle für die Klägerin insbesondere keine unzumutbare Härte dar, die das schwerwiegende öffentliche Interesse der Versichertengemeinschaft an der Rücknahme und der Herstellung des objektiv rechtmäßigen Zustandes zurücktreten lasse.

Mit ihrer hiergegen am 8. Mai 2012 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Nachsorge nach einer derart schweren medizinischen Behandlung sei medizinisch notwendig. Die Verweigerung der ihr zunächst gewährten Rehabilitationsmaßnahme als medizinisch unterstützende Behandlung ihrer Erkrankung stelle für sie deshalb sehr wohl eine unzumutbare Härte dar und sei weit entfernt von der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens. Ihr Antrag auf eine Reha-Kur nach dem schweren Eingriff und der Belastung durch einen stark wachsenden Tumor, die Operation und die Nachbehandlung mit ihren Nebenwirkungen hätten schon im Vorhinein Vertrauen in den Bewilligungsbescheid begründet. Sie sei gezwungen worden, nach Prag zu ziehen. Das Sozialgericht Berlin hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 18. Dezember 2012 abgewiesen. Das Klagebegehren sei dahingehend auszulegen, dass die Klägerin mit ihrer Klage die Aufhebung des Rücknahmebescheides vom 26. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2012 begehre. Der Bescheid vom 5. August 2011 sei rechtswidrig im Sinne des § 45 Abs 1 SGB X bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses gewesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Leistung zur onkologischen Rehabilitation. Die Klägerin beziehe seit dem 1. Juni 2006 eine Regelaltersrente als Vollrente. Von daher komme bei ihr die Gewährung einer stationären Leistung zur onkologischen Rehabilitation lediglich als sonstige Leistung zur Teilhabe gemäß § 31 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI in Betracht. Ein solcher Anspruch sei jedoch für die in Prag, also im Ausland lebende Klägerin gemäß § 111 Abs 1 SGB VI von Gesetzes wegen ausgeschlossen. Denn sie habe im Juli 2011, dem Monat der Antragstellung auf die Leistung der medizinischen Rehabilitation, als Altersrentnerin keine Pflichtbeiträge mehr in die gesetzliche Rentenversicherung geleistet. Die Erbringung von Rehabilitationsleistungen für Versicherte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland unter einschränkenden Voraussetzungen verstoße auch nicht gegen das Recht der Europäischen Union, soweit sich der gewöhnliche Aufenthalt des Versicherten – wie hier der Klägerin – in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befinde. Die in Art 7 VO (EG) Nr 883/2004 geregelte Exportverpflichtung für Leistungen in andere Mitgliedstaaten gelte jedoch ausdrücklich nur für Geldleistungen der sozialen Sicherheit, nicht jedoch für Sachleistungen wie Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in den Bestand des Verwaltungsakts nach § 45 Abs 2 S 2 SGB X liege nicht vor. Das öffentliche Interesse an der Rücknahme des Bescheides vom 5. August 2011 überwiege das Vertrauen der Klägerin in den Bestand dieses Verwaltungsakts. Die Ermessensentscheidung der Beklagten, den Bescheid vom 5. August 2011 zurückzunehmen, sei nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden. Ermessensfehler seien nicht erkennbar.

Die Klägerin verfolgt ihr Begehren mir ihrer Berufung vom 10. Februar 2013 weiter. Sie habe auf den Bewilligungsbescheid vertraut. Sieben Wochen habe sie mit gepackten Sachen auf den Beginn der Kur in G gewartet. Sie stellt die Frage, was es für Kräfte seien, die einer Krebspatientin, die nicht wisse, wie lange sie noch zu leben habe, nach deren "Ermessen" die Möglichkeit einer Kur nehmen dürften. Die Reha-Leistung werde als Sachleistung bezeichnet, aber mit Geld bezahlt. Dieses Geld werde aber Monat für Monat in ihrem Fall eingespart, weil kein Krankenkassenbeitrag gezahlt werde.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 18. Dezember 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2012 aufzuheben.

Die Beklagte hält ihren Bescheid und die Entscheidung des SG für zutreffend und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zur Entscheidung durch Urteil ohne mündlichen Verhandlung erklärt. Dem Senat haben außer den Prozessakten die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze und den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann gemäß §§ 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 26. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2012. Dieser Bescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt keine Rechte der Klägerin, insbesondere nicht den Anspruch der Klägerin auf pflichtgemäße Ermessensausübung nach § 39 Abs 1 Satz 2 SGB I. Die Beklagte hat mit diesem Bescheid den Bescheid über die Gewährung der stationären Leistung zur onkologischen Rehabilitation vom 5. August 2011 zu Recht gemäß § 45 SGB X zurückgenommen.

Gemäß § 45 Abs 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gemäß § 45 Abs 2 S 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 45 Abs 2 S 2 SGB X ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf die besonderen Vertrauensausschlusstatbestände nach § 45 Abs 2 S 3 SGB X kommt es im Falle der Klägerin nicht an, sie wurden durch die Klägerin nicht verwirklicht. Im Übrigen sind die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheides vom 5. August 2011 erfüllt, denn der Bewilligungsbescheid war rechtswidrig begünstigend; schutzwürdiges Vertrauen bestand bei der Klägerin nicht und die Ermessensausübung durch die Beklagte ist nicht zu beanstanden.

Der Bewilligungsbescheid gewährte der Klägerin mit einer stationären Leistung zur onkologischen Rehabilitation ein Recht und war somit ein begünstigender Verwaltungsakt im Sinne des § 45 Abs 1 SGB X. Denn "Recht" in diesem Sinne ist jede individuelle Rechtsposition, die nach § 2 SGB I in den Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs einbezogen ist und den Rechtskreis des Berechtigten erweitert(Schütze in: von Wulffen, SGB X, Kommentar, 8. Aufl. 2014, § 45 RdNr 22). Inwieweit der Bescheid unanfechtbar geworden war, weil die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 16. August 2011 allein eine Änderung des Ortes der Rehabilitationsmaßnahme begehrt hatte und ihr Schreiben insoweit allenfalls einen Teilwiderspruch gegen den Bescheid dargestellt haben dürfte, kann hier dahinstehen. Denn gemäß § 45 SGB X dürfen sowohl noch anfechtbare als auch unanfechtbare Verwaltungsakte zurückgenommen werden.

Der Bewilligungsbescheid vom 5. August 2011 war auch rechtswidrig im Sinne des § 45 Abs 1 SGB X. Die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nach § 45 SGB X setzt voraus, dass die Rechtswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses bestanden hat (Schützeebd RdNr 31 mwN). Dies war hier der Fall. Denn die Gewährung einer stationären onkologischen Rehabilitationsmaßnahme für die Klägerin war bereits bei Erlass des Bescheides rechtswidrig, weil sie diese Leistung nicht verlangen konnte, auch nicht im Rahmen einer Ermessensentscheidung.

Der Klägerin durfte eine Leistung zur onkologischen Rehabilitation als sonstige Leistung zur Teilhabe nach § 31 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VI nicht gewährt werden. Nach dieser Vorschrift können durch den Träger der Rentenversicherung als sonstige Leistungen zur Teilhabe Nach- und Festigungskuren wegen Geschwulst-erkrankungen unter anderem auch für Versicherte und Bezieher einer Rente erbracht werden. Anderweitige Leistungen zur Teilhabe sind gemäß § 12 Abs 1 Nr 2 SGB VI für Versicherte, die eine Rente wegen Alters von wenigstens zwei Dritteln der Vollrente beziehen oder beantragt haben, hingegen von vornherein ausgeschlossen. Die Klägerin bezieht seit dem 1. Juni 2006 eine Regelaltersrente als Vollrente. Von daher kam bei ihr die Gewährung einer stationären Leistung zur onkologischen Rehabilitation lediglich als sonstige Leistung zur Teilhabe gemäß § 31 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VI in Betracht.

Der Anspruch auf Leistungen zur onkologischen Rehabilitation ist jedoch für die Klägerin gemäß §§ 30 Abs 1 SGB I, 111 Abs 1 SGB VI ausgeschlossen. Denn für Versicherte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben – wie die Klägerin, ist der Anwendungsbereich des Sozialgesetzbuches grundsätzlich nicht eröffnet. Nach § 30 Abs 1 SGB I gilt, dass die Vorschriften des Sozialgesetzbuches für alle Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. Wegen Abs 2 bleiben Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts unberührt. Diese allgemeine Vorschrift wird im Falle der Klägerin und für den insofern allein in Frage kommenden Anspruch nach § 31 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VI weder durch eine speziellere Regelung des Leistungsrechts des SGB VI noch durch das europäische Recht verdrängt.

§ 31 SGB VI sieht keine Regelung für Personen außerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgesetzbuchs vor. Diese Funktion übernimmt § 111 Abs 1 SGB VI, der im Zweiten Kapitel, Fünfter Abschnitt "Leistungen an Berechtigte im Ausland" eingeordnet ist. Nach § 110 SGB VI gilt, dass Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, die Leistungen wie Berechtigte mit inländischem gewöhnlichem Aufenthalt erhalten, soweit nicht die folgenden Vorschriften über Leistungen an Berechtigte im Ausland etwas anderes bestimmen (Abs 2). Die Vorschriften dieses Abschnitts sind nach Absatz 3 der Regelung nur anzuwenden, soweit nicht nach über- oder zwischenstaatlichem Recht etwas anderes bestimmt ist.

§ 111 Abs 1 SGB VI nimmt eine von § 110 Abs 2 SGB VI abweichende Bestimmung vor. Danach gilt, dass Berechtigte die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nur erhalten, wenn für sie für den Kalendermonat, in dem der Antrag gestellt ist, Pflichtbeiträge gezahlt oder nur deshalb nicht gezahlt worden sind, weil sie im Anschluss an eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit arbeitsunfähig waren. Diese Voraussetzung ist bei der Klägerin nicht erfüllt. Da sie bereits seit Juni 2006 eine Altersrente bezieht, hatte sie im Juli 2011 – dem Monat der Antragstellung auf die Leistung der medizinischen Rehabilitation – als Altersrentnerin keine Pflichtbeiträge mehr in die gesetzliche Rentenversicherung geleistet. In diesem Fall ist ein Anspruch auf solche Leistungen für Versicherte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland von Gesetzes wegen ausgeschlossen. Seit April 2006 lebt die Klägerin in Prag und hat somit seither ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland. Ausweislich des als Anlage 2 zum Rentenbescheid vom 28. Juli 2006 beigefügten Versicherungsverlaufs sind für sie die letzten Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung im Juli 2005 geleistet worden.

Ein Anspruch der Klägerin auf die Reha-Leistungen folgt auch nicht aus europarechtlichen Vorgaben – als nach § 110 Abs 3 SGB VI und der europarecht-lichen Normhierarchie vorrangiges Recht – und die Erbringung von Rehabilitations-leistungen für Versicherte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland unter einschränkenden Voraussetzungen verstößt nicht gegen das Recht der Europäischen Union, soweit sich der gewöhnliche Aufenthalt des Versicherten – wie hier der Klägerin – in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befindet. Zwar regelt Art 7 der seit dem 1. Mai 2010 geltenden Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. EU 2004 L 200/1 – im Folgenden VO (EG) 883/2004) die Aufhebung sogenannter Wohnortklauseln. Hiernach dürfen, sofern in der Verordnung nichts anderes bestimmt ist, Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat. Diese in Art 7 VO (EG) 883/2004 geregelte Exportverpflichtung für Leistungen in andere Mitgliedstaaten gilt jedoch ausdrücklich nur für Geldleistungen der sozialen Sicherheit, nicht jedoch für Sachleistungen wie Leistungen der medizinischen Rehabilitation.

Vielmehr knüpfen die Vorschriften des europäischen Koordinationsrechts für Sozialversicherungsleistungen, die Rentner betreffen, ebenfalls weitestgehend an deren Wohnsitz an. So ist es jedenfalls für die hier streitige Sachleistung zur medizinischen Rehabilitation. Die Klägerin und die von ihr geforderte Leistung unterfallen dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 nach deren Art 2 und 3. Nach Art 11 VO (EG) 883/2004 unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Weil die Klägerin als Rentnerin nicht unter die Bestimmungen von Art 11 Abs 3 lit a) bis d) VO (EG) 883/2004 fällt, gilt für sie nach Buchstabe e): jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a bis d fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats. Wohnmitgliedsstaat ist im Falle der Klägerin die Tschechische Republik, wegen des Wohnsitzes der Klägerin in der Hauptstadt Tschechiens. Nach dieser allgemeinen Bestimmung der VO (EG) 883/2004 gilt daher für die Sozialversicherungsleistungen, welche die Klägerin beansprucht grundsätzlich das Recht der Tschechischen Republik mit den dort bestehenden Ansprüchen und nicht das Recht bundesdeutscher Ansprüche. Einen Antrag auf Freistellung von der Geltung des Rechts des Wohnsitzstaates nach Art 16 VO (EG) 883/2004 hat die Klägerin nicht gestellt.

Die Sonderregelungen für die einzelnen Leistungen begründen keine Ausnahme von dem in Art 11 Abs 3 lit e) normierten Rechtsanwendungsbefehl. Das Kapitel über Rentenleistungen der VO (EG) 883/2004 beschäftigt sich nicht mit Sachleistungen zur medizinischen Rehabilitation. Diese werden ausschließlich im Titel III, Abschnitt 2 der VO (EG) 883/2004 geregelt. Nach Art 23 VO (EG) 883/2004 gilt: "Eine Person, die eine Rente oder Renten nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten erhält, wovon einer der Wohnmitgliedstaat ist, und die Anspruch auf Sachleistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats hat, erhält wie auch ihre Familienangehörigen diese Sachleistungen vom Träger des Wohnorts für dessen Rechnung, als ob sie allein nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats Anspruch auf Rente hätte." Danach sind die Sachleistungen bei Krankheit auch im Falle der Klägerin, die Renten nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik erhält, durch den Wohnsitzstaat zu erbringen. Nach Art 27 Abs 3 VO (EG) 883/2004 gilt Artikel 20 entsprechend für einen Rentner und/oder seine Familienangehörigen, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Wohnmitgliedstaat aufhalten, um dort die ihrem Zustand angemessene Behandlung zu erhalten. Nach Art 20 Abs 1 VO (EG) 883/2004 muss ein Versicherter, der sich zur Inanspruchnahme von Sachleistungen in einen anderen Mitgliedstaat begibt, die Genehmigung des zuständigen Trägers (also des Wohnmitgliedsstaates) einholen. Eine solche Genehmigung fehlt der Klägerin. Damit besteht auch kein Anspruch auf Inanspruchnahme von Leistungen der Beklagten über Art 20 Abs 2 Satz 1 VO (EG) 883/2004. Die Regelungen des Art 28 VO (EG) 883/2004 gelten für die Klägerin nicht, weil sie keine Grenzgängerin im Sinne dieser Vorschrift ist. Sie war die letzten Jahre vor ihrer Ausreise Sozialhilfeempfängerin.

Aus all dem folgt, dass die Klägerin nach den vorrangigen europarechtlichen Regelungen wegen der von ihr begehrten Leistungen den tschechischen Leistungsträger in Anspruch nehmen muss, was nach Genehmigung auch in Deutschland erfolgen kann. Ein bundesdeutscher Anspruch steht ihr weder europarechtlich noch nach den Spezialregelungen des SGB VI zu.

Daraus ergibt sich zur Überzeugung des Senats keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Klägerin. Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht verletzt. Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr, BVerfG, Beschluss vom 06.07.2010, 1 BvL 9/06 u.a., RdNr 80 mwN). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich dabei unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Allerdings setzt eine zulässige Typisierung voraus, dass diese Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (BVerfG ebd mwN).

Die hier vorliegenden Regelungen der §§ 30 SGB I, 111 SGB VI, Art 23, 27 VO (EG) 883/2004 schließen zwar im Ausland lebende Rentner von der Inanspruchnahme von Nachsorge- und Festigungsleistungen bei Geschwulsterkrankungen aus. Insofern werden diese Personen gegenüber Rentnern mit gewöhnlichem Aufenthalt/Wohnsitz im bundesdeutschen Inland, die unabhängig von ihrem Krankenversicherungsschutz von ihrem Rentenversicherungsträger derartige Leistungen der medizinischen Nachsorge erhalten können, benachteiligt. Dies erscheint insofern durchaus problematisch, als mit der Regelung des § 31 Abs 1 Nr 3 SGB VI an sich für die gesetzliche Rentenversicherung fremde Leistungen angeboten werden, die mit dem versicherten Risiko nichts zu tun haben. Es werden unabhängig vom Krankenversicherungsschutz der inländischen Rentner medizinische Leistungen gewährt, die in keinem Zusammenhang mit dem Risiko stehen, für seinen Unterhalt nicht mehr durch Erwerbstätigkeit sorgen zu können, weil Erwerbsminderung oder Altersgebrechlichkeit dies verhindern. Denn das versicherte Risiko hat sich bereits verwirklicht und es ist nicht Aufgabe der hier begehrten Leistungen, den bereits eingetretenen Versicherungsfall wieder aufzuheben. Für die von der Regelung begünstigten Rentner wird daher eine Privilegierung gegenüber anderen vom Risiko der Geschwulsterkrankungen mit der Notwendigkeit von Nachsorgebehandlungen betroffenen Personen begründet. Zugleich erfolgt eine Verlagerung der Aufgabe für derartige Leistungen bei Rentnern von der gesetzlichen Krankenversicherung in die Aufgabensphäre der gesetzlichen Rentenversicherung mit den damit verbundenen Konsequenzen der Entlastung der Krankenkassen von den damit verbundenen Kosten.

Der Ausschluss von Rentnern mit gewöhnlichem Aufenthalt oder Wohnsitz im Ausland vom Rentnerprivileg bei Teilhabemaßnahmen zur Geschwulstnachsorge erscheint in Anwendung der Vorgaben des BVerfG zulässig. Es liegt eine Typisierung des Gesetzgebers vor, die zu keinen nur unter Schwierigkeiten zu vermeidenden Härten führt. Der Gesetzgeber durfte beim Ausschluss von im Ausland lebenden Versicherten und Rentnern davon ausgehen, dass deren medizinische Risiken entsprechend abgesichert sind. Ob dies im Ausland ebenfalls über die Rententräger oder auch die Leistungsträger für das Risiko Krankheit erfolgt, ist dabei unerheblich. Zudem hat sich die bundesdeutsche Ausschlussregelung nach § 30 Abs 1 SGB I, 111 SGB VI als für die hier vorliegende Problematik vollständig europarechtskonform erwiesen. Der Gesetzgeber darf jedenfalls für Fälle des Aufenthalts von Rentnern im EU-Ausland angesichts des geltenden europäischen Sozialkoordinierungsrechts ohne Weiteres davon ausgehen, dass im Falle der Notwendigkeit von Nachsorge-maßnahmen bei Geschwulsterkrankungen diese auch für Bezieher deutscher Renten durch die europäischen Partnerstaaten erbracht werden. Neben den Ansprüchen im EU-Ausland musste der bundesdeutsche Gesetzgeber keine Doppelleistung vorsehen. Jedenfalls bei gewöhnlichem Aufenthalt oder Wohnsitz im EU-Ausland lässt sich ein relevanter Gleichheitsverstoß nicht konstatieren. Dass der Gesetzgeber die gesetzlich rentenversicherten Personen im Inland privilegiert und zugleich eine entsprechende Kostenentlastung der gesetzlichen Krankenversicherung vorgegeben hat, überschreitet nicht seinen Spielraum bei der Gestaltung des bundesdeutschen Sozialrechtssystems. Eine Härte, die unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten relevant werden könnte, kann die Klägerin angesichts ihres Behandlungsanspruchs in Tschechien daraus nicht ableiten.

Sofern die Klägerin beanstandet, dass sie auch keine Zuschüsse zur Krankenversicherung im Ausland erhält und deshalb zumindest die medizinischen Nachsorgeleistungen erbracht werden sollten, besteht dieser Zustand bereits seit 1982 (Art 2 § 40b Abs 3 Satz 4 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz), so dass die Klägerin mit ihren Beiträgen keine entsprechende Eigentumsposition erworben hat, weil mit Aufhebung des entsprechenden Leistungsversprechens und den angemessenen Übergangsregelungen des Art 2 § 40b Abs 3 Satz 4 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (BVerfG, Beschluss vom 06.11.1985, 1 BvR 734/85) eine entsprechende Inhaltsbestimmung des durch Beiträge begründeten Eigentums nicht mehr vorgenommen wurde. Dieser Umstand kann daher für die hier zu entscheidende Frage des Umfangs der medizinischen Leistungen der bundesdeutschen Rentenversicherung keine Bedeutung spielen.

Die Rücknahme des Bescheides vom 5. August 2011 ist auch nicht etwa deshalb gemäß § 45 Abs 2 S 1 SGB X ausgeschlossen, weil die Klägerin auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und ihr Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig wäre. Zwar liegen die einen Vertrauensschutz ausschließenden Umstände des § 45 Abs 2 S 3 SGB X bei der Klägerin nicht vor. Denn insoweit hatte sie bei Antragstellung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht. Die Tatsache ihres Wohnorts in der Tschechischen Republik hatte sie seinerzeit angegeben, auch war dieser der Beklagten ausweislich des Rentenbescheides vom 28. Juli 2006, der an die Prager Adresse der Klägerin adressiert war, bereits bekannt. Auch für den Vorwurf der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin von der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 5. August 2011 liegen keine Anhaltspunkte vor. Ein in der Regel schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in den Bestand des Verwaltungsakts nach § 45 Abs 2 S 2 SGB X liegt jedoch auch nicht vor. Denn insoweit hat sie weder bereits erbrachte Leistungen verbraucht noch ersichtlich eine Vermögensdisposition getroffen, die sie nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Dass sie nach ihrem Vortrag "auf gepackten Koffern gesessen habe" begründet kein Vertrauen in die Aufrechterhaltung der Leistungsgewährung, zumal ihr mit dem Schreiben vom 31. August 2011 bekannt war, dass sie nach den gesetzlichen Vorschriften die gewünschte Rehabilitationsleistung nicht verlangen kann.

Weitere Gründe, ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin anzunehmen, sind nicht ersichtlich. Allein die bloße Erwartung einer begünstigenden Leistung, auch wenn sie bereits durch Bescheid zugesprochen wurde, genügt dafür nicht. Schließlich überwiegt im Rahmen der allgemeinen Interessenabwägung des § 45 Abs 2 S 1 SGB X das öffentliche Interesse an der Rücknahme des Bewilligungsbescheides das Vertrauen der Klägerin in den Bestand dieses Verwaltungsakts. Denn insoweit besteht ein erhebliches öffentliches Interesse der Versichertengemeinschaft an der Rücknahme der Zusage einer Leistung, deren Erbringung im Falle der Klägerin von vornherein von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist. Demgegenüber hat das Interesse der Klägerin an einer rechtswidrigen Erbringung dieser Leistung – soweit wie hier keine besonderen Umstände eines auf das Vertrauen in den Bestand gründenden Verhaltens hinzukommen – zurückzutreten, zumal die Klägerin die gewünschte Leistung über den tschechischen Leistungsträger ebenfalls erlangen kann/konnte, bei dessen Genehmigung und auf dessen Kosten (ggf mit der Begrenzung auf den Leistungsumfang bei Erbringung in Tschechien) sogar am von der Klägerin gewünschten Ort innerhalb der EU. Das Vorliegen einer schweren Geschwulsterkrankung begründet kein Vertrauen in rechtswidrige Zusagen.

Liegen die Rücknahmevoraussetzungen nach Maßgabe des § 45 Abs 1 bis 4 SGB X vor, "darf" der rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakt gemäß § 45 Abs. 1 SGB X ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Dadurch ist der Behörde in Bezug auf die Entscheidung über die Rücknahme Ermessen eingeräumt (Steinwedel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 79. El 2013, § 45 SGB X, RdNr 50 mwN). Gemäß § 39 Abs 1 S 1 SGB I gilt, soweit Leistungsträger bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln ermächtigt sind, dass sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten haben. Gemäß § 39 Abs 1 S 2 SGB I besteht ein Anspruch auf die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens.

Dieser Anspruch der Klägerin wurde von der Beklagten nicht verletzt. Insoweit besteht nur das subjektive Recht des Leistungsberechtigten auf rechtsfehlerfreie Ermessensbetätigung, das heißt auf fehlerfreie und pflichtgemäße Konkretisierung des dem Leistungsträger eingeräumten Entscheidungsspielraums. In diesem (eingeschränkten) Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung der richterlichen Kontrolle, insbesondere auf Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung oder Ermessensfehl-gebrauch (vgl § 54 Abs 2 S 2 SGG - BSG, Urteil vom 07.02.2012, B 13 R 85/09 R, RdNr 66). Das Gericht darf bei der Ermessensüberprüfung nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Verwaltungsermessens setzen. Bei der Überprüfung der eigentlichen Ermessensentscheidung findet nur eine Rechtskontrolle, keine Zweckmäßigkeitsüberprüfung statt. Das Gericht überprüft lediglich, ob einer der genannten Ermessensfehler vorliegt und ob der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist. (, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: Sozialgerichtsgesetz, 10. Aufl. 2012, § 54 Rdnr. 28).

Gemessen an diesem Maßstab ist die Ermessensentscheidung der Beklagten, den Bewilligungsbescheid zurückzunehmen, nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden. Maßgeblich für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung der Behörde sind die von ihr gegebenen Ermessensgründe, wie sie in der Begründung zu dem Verwaltungsakt angegeben sind (Schütze aaO RdNr 92). Gemäß § 35 Abs 1 S 3 SGB X muss die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften ist nach § 41 Abs 1 SGB X u.a. unbeachtlich wenn – Nummer 2 – die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird. Dies kann nach Absatz 2 der Vorschrift bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden, also jedenfalls noch durch den Widerspruchsbescheid.

Während der angefochtene Bescheid vom 26. Oktober 2011 keinen Hinweis auf eine Ermessensbetätigung enthält, wird im Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2012 durch die Beklagte darauf abgestellt, dass die Rücknahme des Bewilligungsbescheides durch den Bescheid vom 26. Oktober 2011 pflichtgemäßem Ermessen entspreche, weil sie keine unzumutbare Härte für die Klägerin darstelle, die das schwerwiegende öffentliche Interesse der Versichertengemeinschaft an der Rücknahme des Bescheides und an der Herstellung des objektiv rechtmäßigen Zustandes zurücktreten lasse. Diese Begründung ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte bewegt sich damit im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessenspielraums, innerhalb dessen sie den Maßstab einer unzumutbaren Härte für die Klägerin anwendet, den sie dem Interesse an einem rechtmäßigen Gesetzesvollzug bei der Abwägung gegenüberstellt. Die Beklagte war insbesondere nicht gehalten, die bestehende medizinische Indikation für die bewilligte Rehabilitationsmaßnahme und die Schwere der Erkrankung in ihre Abwägung einfließen zu lassen. Dass die Nachsorgeleistungen gerade für Geschwulsterkrankungen an Versicherte und Rentner gerade wegen der Schwere dieser Erkrankungen erbracht werden, wird an der besonderen Stellung dieser Regelung im Gesetz als an sich versicherungsfremde Leistung deutlich. Dennoch ist die Erbringung dieser Leistungen für Rentner mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland von Gesetzes wegen § 111 Abs. 1 SGB VI nicht möglich. Für betroffene Rentner im EU-Ausland vermeidet das EU-Recht das Entstehen von Versorgungslücken, so dass es nicht als ermessensfehlerhaft erscheint, wenn die Beklagte eine vom rechtmäßigen Gesetzesvollzug abweichende Ermessensausübung nur im Falle einer nicht mehr zumutbaren Härte vornehmen wollte. Für diesen Maßstab gab der Fall der Klägerin keine tatsächliche Grundlage, so dass der Senat die Ermessensbetätigung der Beklagten zu respektieren hat.

Zu der von der Beklagten beabsichtigten Rücknahme des Bewilligungsbescheides war die Klägerin zuvor mit Schreiben der Beklagten vom 31. August 2011 gemäß § 24 Abs 1 SGB X angehört worden, so dass ein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides auch nicht nach § 42 Satz 2 SGB X besteht. Auch im Übrigen lassen sich Verfahrens- und Formfehler nicht feststellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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