Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 1015/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 405/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Prozessgegenstand ist ein Prüfbescheid der Beklagten. Der Sache nach streiten die Beteiligten um den rechtlichen Status der als ärztliche Honorarkräfte im Nachtdienst für die Klägerin tätig gewesenen Beigeladenen zu 21) bis 55).
Die Klägerin betreibt eine Belegklinik für Orthopädie und plastische Chirurgie. Belegärzte führen dort ambulante oder stationäre Operationen durch. Zur Verfügung stehen ca. acht Betten, von denen regelmäßig die Hälfte belegt ist. Die ärztliche Versorgung obliegt den Belegärzten. Die Beklagte selbst beschäftigt (nach ihrer Ansicht) grundsätzlich keine Ärzte (Vortrag in der mündlichen Verhandlung laut Tatbestand des SG Urteils). Für die Betreuung der Patienten während stationärer Aufenthalte über Nacht setzte sie bei Bedarf in der Zeit zwischen 22 Uhr und 7 Uhr Ärzte bzw. Arztvertreter ein. Bei diesen handelte es sich im Zeitraum zwischen 2003 und 2006 überwiegend um selbstständige niedergelassene Mediziner oder anderweitig angestellte Ärzte, im Ausnahmefall auch um Studenten. Grundlage deren Tätigkeit war jeweils ein "Vertrag über ärztliche Bereitschaftsdienste auf Honorarbasis". Danach übernahm die Honorarkraft "gemäß Vereinbarung" die ärztlichen Bereitschaftsdienste auf der Bettenstation (§ 1, Tätigkeit). Der ärztliche Bereitschaftsdienst richtete sich nach den betrieblichen Belangen (§ 2, Arbeitszeit). Nach § 3 sollte die Vertragsdauer unbestimmt sein, wobei die ersten sechs Monate als Probezeit anzusehen waren. Innerhalb der Probezeit konnte der Vertrag von beiden Seiten innerhalb von zwei Wochen gekündigt werden, ansonsten nach § 6 mit einer Frist von sechs Wochen. § 4 des Vertrages lautet wie folgt:
§ 4 Vergütung Der ärztliche Bereitschaftsdienst wird mit 13 Euro/Stunde vergütet. Eventuell anfallende Sozialversicherungskosten, bzw. Lohn- und Kirchensteuer sind von der Honorarkraft selbst zu tragen. Das Gehalt wird jeweils zum 1. des Folgemonats fällig. Die Honorarkraft legt dazu eine Aufstellung der geleisteten Arbeitsstunden vor.
Urlaubsansprüche sollten nach § 7 ausgeschlossen sein.
Die Beklagte führte bei der Klägerin in der Zeit vom 31. Januar 2007 bis 25. Mai 2007 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) für den Prüfzeitraum 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006 durch.
Im Verwaltungsverfahren gab die Beigeladene 32) B an, dass ihre Arbeit als Aushilfe (Nebenjob Studium) in der Hilfe beim Zubereiten und Austeilen der Patientenmahlzeiten bestanden habe. Die zuständige Schwester habe die Arbeit zugeteilt und sie kontrolliert. Die Beigeladene zu 51) H beschrieb die Tätigkeit im ärztlichen Bereitschaftsdienst mit "Übergabe von/an Pflegepersonal; Weisungen von Pflegepersonal bzw. Empfang ärztlicher Stationsleitung, Weisungen von Belegärzten, Klinikleitung, Patientenvisite ggf. Medikamentengabe; nächtliche Überwachung und pflegerische Tätigkeit wie z. B. zur Toilette begleiten, Wasser reichen usw.". Die Kurvenführung mit Zeitdokumentation sei durch die Stationsleitung/stellvertretende Stationsleitung überwacht worden. Die Beigeladene zu 24) L gab an, dass die Bereitschaftsdienste aus ärztlicher und pflegerischer Tätigkeit bestanden hätten, da nachts keine Krankenschwester anwesend und sie alleine für die Versorgung von bis zu 15 Patienten verantwortlich gewesen sei. Die Beigeladene zu 33) M führte aus, als Krankenschwester, OP-Schwester, Arzthelferin und Sterilisationsfachkraft tätig gewesen zu sein. Sie sei nur bei operativen Assistenzen in den Arbeitsablauf der Klägerin eingegliedert gewesen. Auch die Beigeladene zu 36) S gab an, ärztliche und pflegerische Tätigkeiten ausgeübt zu haben (T.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2007 setzte die Beklagte einen Nachforderungsbetrag in Höhe von 67.985,62 Euro fest. Zur Begründung führte sie u.a. aus, die bei der Klägerin beschäftigten Honorarkräfte bzw. freie Mitarbeiter, die überwiegend als Ärzte im Nachtdienst eingeteilt gewesen seien, unterlägen in allen Zweigen der Sozialversicherung der Versicherungspflicht, weil sie in den Betriebsablauf eingegliedert gewesen und weisungsgebunden gearbeitet hätten. Für die Mitarbeiter H (Beigeladene zu 51), K (Beigeladene zu 42), L (Beigeladene zu 24), R (Beigeladene zu 45), S (Beigeladene zu 36), T (Beigeladener zu 49) und W (Beigeladener zu 31) bestehe eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht. Rentenversicherungsbeiträge seien deshalb nicht nachberechnet worden. Für Frau K und Frau W seien auch keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nachberechnet, weil diese hauptberuflich selbstständig erwerbstätig seien im Sinne des § 5 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Für Herrn S (den Beigeladenen zu 53) seien lediglich pauschale Sozialversicherungsbeiträge an die DRV Knappschaft-Bahn-See (Minijobzentrale) abzuführen. Der Bescheid enthielt in einer Anlage eine genaue Berechnung der Beiträge, systematisch geordnet nach den Mitarbeitern sowie eine Aufsummierung geordnet nach den einzelnen Einzugsstellen.
Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch (am 27. Juli 2007).
Die Beigeladene zu 51) führte gegen die Klägerin einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht (Arbeitsgericht Berlin 38 Ca 2958/07), welches am 13. September 2007 mit einem Vergleich endete, in dem Einigkeit darüber erzielt wurde, dass die Beigeladene bei der (hiesigen) Klägerin als arbeitnehmerähnliche Personen beschäftigt gewesen war.
Die Beklagte änderte den Bescheid durch die Bescheide vom 22. November 2007, 28. Januar 2008 sowie vom 29. Juli 2010 ab. Der Nachforderungsbetrag wurde auf 61.998,61 Euro reduziert.
Zur Begründung ihres Widerspruches führte die Klägerin aus, die Ärzte des nächtlichen Bereitschaftsdienstes hätten weder Weisungen der Belegärzte noch der Stationsleitung oder der Klägerin selbst unterlegen. Die Belegärzte seien nicht anwesend gewesen. Außerdem seien Ärzte grundsätzlich in ihrer Entscheidung über die vorzunehmenden Behandlungen frei. Soweit diese Patientendokumentationen erbracht hätten, entspreche dies dem allgemein Üblichen eines frei praktizierten approbierten Arztes (Bezugnahme auf Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 5. November 1999 – 20 FA 108/98). Sie hat sich außerdem auf das Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 27. Mai 1959 (3 RK 18/55 – BSGE 10, 41) zum Vertreter eines niedergelassenen Arztes berufen. Sie habe nicht die Möglichkeit, die Honorarkräfte zur Teilnahme am Nachtdienst zu zwingen. Der Dienstplan werde nicht durch sie durch einseitige Weisung bestimmt, sondern von den Ärzten in einer Art kollektiven Prozess unter sich ausgehandelt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2011 (abgesandt laut Abschlussverfügung am 1. April 2011) im Übrigen zurück. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass ihre Recherchen bei vergleichbaren Einrichtungen (Krankenhäuser, Rehabilitationskliniken) ergeben habe, dass die Ärzte dort auch im Bereitschaftsdienst oder in Vertretungsfällen abhängig beschäftigt würden.
Hiergegen hat die Klägerin am 4. Mai 2011 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Sie hat vorgebracht, die ärztlichen Nachtwachen hätten angesichts der geringen Zahl von Patienten und der relativ einfachen operativen Eingriffe praktisch kaum etwas zu tun gehabt und die meiste Zeit geschlafen. Dies rechtfertige das vereinbarte Stundenhonorar. Die Notwendigkeit zum Einsatz der Mitarbeiter sei den Vorgaben des Landesamtes für Gesundheit und Soziales geschuldet gewesen. Inzwischen seien bei der Klägerin nachts nur noch Krankenschwestern tätig. Es bestehe kein soziales Schutzbedürfnis für eine Einbeziehung der hier streitgegenständlichen ärztlichen Nachtwachen, zumal diese im ärztlichen Versorgungswerk abgesichert würden. Im Übrigen hat sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29. August 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Tätigkeit der beigeladenen Mitarbeiter sei aufgrund ihres Arbeitsfeldes mit der Notwendigkeit von Freiräumen und Flexibilität bei der Aufgabenerfüllung geprägt gewesen. Allerdings sei diese Flexibilität durch die Vorgaben der Belegärzte und durch das von diesen verfolgte Behandlungskonzept eingeschränkt gewesen. Die Vorgaben hätten im Rahmen der Dienstübergabe und Diensteinweisung auch an die Beigeladenen übermittelt werden können. Auch sei deren Stellung bei der Versorgung der Patienten zu berücksichtigen. Die Klägerin habe den Belegärzten Räume, Technik und Personal im Rahmen ihres Betriebskonzepts zur Verfügung gestellt. Zu dem zur Verfügung gestellten Personal hätten auch die Ärzte des Nachtdienstes gehört. Diese seien durch die Behandlungsabläufe aufgrund der Vorgaben der Belegärzte und die betrieblichen Belange eingegliedert gewesen. § 2 der Honorarverträge zur Beachtlichkeit der betrieblichen Belange komme daher eine erhebliche Bedeutung zu. Zudem sei höchstpersönliche Leistungserbringung und die Beachtung fachlich grundlegender Vorgaben der Belegärzte vereinbart worden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Zu deren Begründung hat sie (erneut) auf Rechtsprechung der Zivilgerichte zu arbeitnehmerähnlichen Personen hingewiesen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22. Juni 1998 – 19 W 55/98 sowie OLG München, Beschluss vom 29. März 2007 – 21 W 1179/07). Sie hat sich erneut auf das Urteil des BSG vom 27. Mai 1959 zum Arztvertreter berufen. Die Beigeladenen seien hier als Vertreter der Belegärzte tätig gewesen. Behandlung und Überwachung der Patienten hätten nämlich während des Aufenthaltes in der Klinik der Klägerin ausschließlich den Belegärzten oblegen. Die Beigeladenen zu 21), 22), 28), 31), 36), 40) und 42) seien auch von der Rentenversicherungspflicht befreit gewesen seien. Auch die übrigen beigeladenen Ärzte seien in der streitgegenständlichen Zeit befreit gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. August 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2007 in Form der Bescheide vom 22. November 2007, 28. Januar 2008, 29. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Von weiteren Befreiungen nach § 6 Abs. 5 SGB VI einzelner Beigeladener könne mangels vorgelegter Befreiungsbescheide nicht ausgegangen werden. Nach der Rechtsprechung des BSG wirke eine solche Befreiung nur für die jeweilige Beschäftigung, die dem Befreiungsbescheid zu Grunde liege. Die Darlegungslast liege beim Arbeitgeber. Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze im Verwaltungs- wie im Gerichtsverfahren wird ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die Klage ist zwar rechtzeitig erhoben. Nach § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch gilt ein Bescheid als am 3. Tag nach Aufgabe zur Post als zugegangen. Aufgabe zur Post ist hier frühestens am 1. April 2011 erfolgt. Unter diesem Datum ist die Abschlussverfügung der Beklagten ergangen. Die Klage vom 4. Mai 2011 ist damit innerhalb eines Monats nach Zugang am 4. April 2011 bei Gericht eingegangen.
Die Klage ist aber unbegründet. Das SG hat sie zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen wird.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist nur noch zu ergänzen:
Soweit sich die Klägerin auf ein Urteil des OLG Karlsruhe bezieht, lag dem eine gänzlich andere Fallkonstellation zu Grunde. Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass derjenige, der im Rahmen nebenberuflicher Tätigkeit selbstständig einen Kiosk betreibe und dort aufgrund eines Postagenturvertrages auf eigene Rechnung und im eigenen Namen Produkte des Agenturpartners vertreibe, keine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)sei. Auch die angeführte Entscheidung des OLG München ist nicht einschlägig. Sie betrifft einen Belegarzt, der ebenfalls nicht arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 ArbGG sei, wenn er als nichtangestellter Arzt berechtigt sei, die Belegpatienten im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vorstationär oder teilstationär behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten. Die Honorarkräfte im ärztlichen Nachbereitschaftsdienst haben gerade eine Vergütung von der Klägerin (und nicht etwa vom Belegarzt) erhalten.
Auch die angeführte Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm ist nicht mit der hiesigen Konstellation deckungsgleich. Zu entscheiden hatte dieses Gericht über den Einsatz der im Luftrettungsdienst tätigen Rettungsärzte. Es hat lediglich ausgeführt, dass dort zumindest ein Dauerarbeitsverhältnis nicht begründet worden sei.
Ferner ist auch die Entscheidung des BAG (B. v. 5.März 1991 1 ABR 39/90) nicht einschlägig, in der lediglich zur "Eingliederung in den Betrieb" im Sinne des § 99 Betriebsverfassungsgesetz Stellung genommen wird, soweit ein Subunternehmen auf dem Werksgelände des Auftraggebers tätig wird.
Dem Urteil des BSG vom 27. Mai 1959 (3 RK 18/55) lag zuletzt die Bestellung eines ärztlichen Vertreters durch einen praktizierenden Facharzt zu Grunde. Der Arztvertreter sei – so das BSG (vgl. BSGE 10, 41, 44) bei seiner Ausübung als Arztvertreter nicht den Weisungen des Praxisinhabers unterworfen. Dieser sei insbesondere nicht berechtigt, in die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit seines Vertreters einzugreifen. Der Vertreter trage im Gegensatz zum angestellten Assistenzarzt alleine die Verantwortung für die Behandlung der Patienten und sei nicht in der Lage, Verantwortungen für sein ärztliches Handeln auf den Praxisinhaber abzuwälzen. Der Arztvertreter sei auch nicht in den Praxisbetrieb eingegliedert, weil es an einem Unterordnungsverhältnis fehle.
Die Beigeladenen hier sind im Gegensatz hierzu nicht als Arztvertreter der Belegärzte aufgetreten. Sie sind vielmehr von der Klinik beauftragt worden. Die Klägerin erfüllte damit Verpflichtungen den Belegärzten gegenüber.
Die nachgeforderte Beitragssumme war wieder weiter zu vermindern. Zu den Mitarbeitern gehörte ausweislich der ausgewerteten Buchungsunterlagen der Klägerin auch eine Dr. P. Dass es sich dabei nach Auffassung der Beigeladenen zu 41) nicht um diese handelt, lässt den Bescheid unberührt und kann die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzen. Die Nachforderungssumme ist auch nicht aufgrund weiterer Befreiungen nach § 6 Abs. 5 SGB V zu reduzieren. Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist auf die ihrer Erteilung zugrundeliegende jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt (BSG, Urt. v. 31. Oktober 2012 -B 12 R 3/11 R- Rdnr. 16ff). Ermittlungen von Amtswegen ins Blaue hinein, ob auch die übrigen Beigeladenen hätten Befreiungen nach § 6 SGB VI beantragt haben, brauchten hier nicht vorgenommen zu werden: Die Darlegungslast liegt beim Arbeitgeber. Befreiungsbescheide gehören nämlich zu den Entgeltunterlagen, die von den Beschäftigten gefordert und zu den Akten genommen werden müssen, § 8 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 Nr. 9 Beitragsverfahrensordnung. Es konnte (auch) insoweit entschieden werden, ohne der Klägerin eine Erklärungsfrist auf den Schriftsatz der Beklagten vom 1. April 2014 einzuräumen. Dieser Schriftsatz enthielt nämlich keinen neuen Sachvortrag. Es wurden vielmehr ausschließlich rechtliche Argumente vorgebracht. Auch werden keine neuen rechtliche Gesichtspunkte angesprochen, die für die Klägerin überraschend sein konnten. Bereits im Ausgangsbescheid hatte die Beklagte die Reduzierung der nachzufordernden Rentenversicherungsbeiträge aufgrund vorgelegter Befreiungsbescheide erörtert. Entsprechendes gilt für den Ausschluss von Kranken- und Pflegeversicherungspflicht bei hauptberuflich selbständiger Tätigkeit. Der Schriftsatz der Beklagten stellt sich zudem nur als Replik auf das Vorbringen der Klägerin vom 8. November 2013 dar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Prozessgegenstand ist ein Prüfbescheid der Beklagten. Der Sache nach streiten die Beteiligten um den rechtlichen Status der als ärztliche Honorarkräfte im Nachtdienst für die Klägerin tätig gewesenen Beigeladenen zu 21) bis 55).
Die Klägerin betreibt eine Belegklinik für Orthopädie und plastische Chirurgie. Belegärzte führen dort ambulante oder stationäre Operationen durch. Zur Verfügung stehen ca. acht Betten, von denen regelmäßig die Hälfte belegt ist. Die ärztliche Versorgung obliegt den Belegärzten. Die Beklagte selbst beschäftigt (nach ihrer Ansicht) grundsätzlich keine Ärzte (Vortrag in der mündlichen Verhandlung laut Tatbestand des SG Urteils). Für die Betreuung der Patienten während stationärer Aufenthalte über Nacht setzte sie bei Bedarf in der Zeit zwischen 22 Uhr und 7 Uhr Ärzte bzw. Arztvertreter ein. Bei diesen handelte es sich im Zeitraum zwischen 2003 und 2006 überwiegend um selbstständige niedergelassene Mediziner oder anderweitig angestellte Ärzte, im Ausnahmefall auch um Studenten. Grundlage deren Tätigkeit war jeweils ein "Vertrag über ärztliche Bereitschaftsdienste auf Honorarbasis". Danach übernahm die Honorarkraft "gemäß Vereinbarung" die ärztlichen Bereitschaftsdienste auf der Bettenstation (§ 1, Tätigkeit). Der ärztliche Bereitschaftsdienst richtete sich nach den betrieblichen Belangen (§ 2, Arbeitszeit). Nach § 3 sollte die Vertragsdauer unbestimmt sein, wobei die ersten sechs Monate als Probezeit anzusehen waren. Innerhalb der Probezeit konnte der Vertrag von beiden Seiten innerhalb von zwei Wochen gekündigt werden, ansonsten nach § 6 mit einer Frist von sechs Wochen. § 4 des Vertrages lautet wie folgt:
§ 4 Vergütung Der ärztliche Bereitschaftsdienst wird mit 13 Euro/Stunde vergütet. Eventuell anfallende Sozialversicherungskosten, bzw. Lohn- und Kirchensteuer sind von der Honorarkraft selbst zu tragen. Das Gehalt wird jeweils zum 1. des Folgemonats fällig. Die Honorarkraft legt dazu eine Aufstellung der geleisteten Arbeitsstunden vor.
Urlaubsansprüche sollten nach § 7 ausgeschlossen sein.
Die Beklagte führte bei der Klägerin in der Zeit vom 31. Januar 2007 bis 25. Mai 2007 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) für den Prüfzeitraum 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006 durch.
Im Verwaltungsverfahren gab die Beigeladene 32) B an, dass ihre Arbeit als Aushilfe (Nebenjob Studium) in der Hilfe beim Zubereiten und Austeilen der Patientenmahlzeiten bestanden habe. Die zuständige Schwester habe die Arbeit zugeteilt und sie kontrolliert. Die Beigeladene zu 51) H beschrieb die Tätigkeit im ärztlichen Bereitschaftsdienst mit "Übergabe von/an Pflegepersonal; Weisungen von Pflegepersonal bzw. Empfang ärztlicher Stationsleitung, Weisungen von Belegärzten, Klinikleitung, Patientenvisite ggf. Medikamentengabe; nächtliche Überwachung und pflegerische Tätigkeit wie z. B. zur Toilette begleiten, Wasser reichen usw.". Die Kurvenführung mit Zeitdokumentation sei durch die Stationsleitung/stellvertretende Stationsleitung überwacht worden. Die Beigeladene zu 24) L gab an, dass die Bereitschaftsdienste aus ärztlicher und pflegerischer Tätigkeit bestanden hätten, da nachts keine Krankenschwester anwesend und sie alleine für die Versorgung von bis zu 15 Patienten verantwortlich gewesen sei. Die Beigeladene zu 33) M führte aus, als Krankenschwester, OP-Schwester, Arzthelferin und Sterilisationsfachkraft tätig gewesen zu sein. Sie sei nur bei operativen Assistenzen in den Arbeitsablauf der Klägerin eingegliedert gewesen. Auch die Beigeladene zu 36) S gab an, ärztliche und pflegerische Tätigkeiten ausgeübt zu haben (T.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2007 setzte die Beklagte einen Nachforderungsbetrag in Höhe von 67.985,62 Euro fest. Zur Begründung führte sie u.a. aus, die bei der Klägerin beschäftigten Honorarkräfte bzw. freie Mitarbeiter, die überwiegend als Ärzte im Nachtdienst eingeteilt gewesen seien, unterlägen in allen Zweigen der Sozialversicherung der Versicherungspflicht, weil sie in den Betriebsablauf eingegliedert gewesen und weisungsgebunden gearbeitet hätten. Für die Mitarbeiter H (Beigeladene zu 51), K (Beigeladene zu 42), L (Beigeladene zu 24), R (Beigeladene zu 45), S (Beigeladene zu 36), T (Beigeladener zu 49) und W (Beigeladener zu 31) bestehe eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht. Rentenversicherungsbeiträge seien deshalb nicht nachberechnet worden. Für Frau K und Frau W seien auch keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nachberechnet, weil diese hauptberuflich selbstständig erwerbstätig seien im Sinne des § 5 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Für Herrn S (den Beigeladenen zu 53) seien lediglich pauschale Sozialversicherungsbeiträge an die DRV Knappschaft-Bahn-See (Minijobzentrale) abzuführen. Der Bescheid enthielt in einer Anlage eine genaue Berechnung der Beiträge, systematisch geordnet nach den Mitarbeitern sowie eine Aufsummierung geordnet nach den einzelnen Einzugsstellen.
Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch (am 27. Juli 2007).
Die Beigeladene zu 51) führte gegen die Klägerin einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht (Arbeitsgericht Berlin 38 Ca 2958/07), welches am 13. September 2007 mit einem Vergleich endete, in dem Einigkeit darüber erzielt wurde, dass die Beigeladene bei der (hiesigen) Klägerin als arbeitnehmerähnliche Personen beschäftigt gewesen war.
Die Beklagte änderte den Bescheid durch die Bescheide vom 22. November 2007, 28. Januar 2008 sowie vom 29. Juli 2010 ab. Der Nachforderungsbetrag wurde auf 61.998,61 Euro reduziert.
Zur Begründung ihres Widerspruches führte die Klägerin aus, die Ärzte des nächtlichen Bereitschaftsdienstes hätten weder Weisungen der Belegärzte noch der Stationsleitung oder der Klägerin selbst unterlegen. Die Belegärzte seien nicht anwesend gewesen. Außerdem seien Ärzte grundsätzlich in ihrer Entscheidung über die vorzunehmenden Behandlungen frei. Soweit diese Patientendokumentationen erbracht hätten, entspreche dies dem allgemein Üblichen eines frei praktizierten approbierten Arztes (Bezugnahme auf Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 5. November 1999 – 20 FA 108/98). Sie hat sich außerdem auf das Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 27. Mai 1959 (3 RK 18/55 – BSGE 10, 41) zum Vertreter eines niedergelassenen Arztes berufen. Sie habe nicht die Möglichkeit, die Honorarkräfte zur Teilnahme am Nachtdienst zu zwingen. Der Dienstplan werde nicht durch sie durch einseitige Weisung bestimmt, sondern von den Ärzten in einer Art kollektiven Prozess unter sich ausgehandelt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2011 (abgesandt laut Abschlussverfügung am 1. April 2011) im Übrigen zurück. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass ihre Recherchen bei vergleichbaren Einrichtungen (Krankenhäuser, Rehabilitationskliniken) ergeben habe, dass die Ärzte dort auch im Bereitschaftsdienst oder in Vertretungsfällen abhängig beschäftigt würden.
Hiergegen hat die Klägerin am 4. Mai 2011 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Sie hat vorgebracht, die ärztlichen Nachtwachen hätten angesichts der geringen Zahl von Patienten und der relativ einfachen operativen Eingriffe praktisch kaum etwas zu tun gehabt und die meiste Zeit geschlafen. Dies rechtfertige das vereinbarte Stundenhonorar. Die Notwendigkeit zum Einsatz der Mitarbeiter sei den Vorgaben des Landesamtes für Gesundheit und Soziales geschuldet gewesen. Inzwischen seien bei der Klägerin nachts nur noch Krankenschwestern tätig. Es bestehe kein soziales Schutzbedürfnis für eine Einbeziehung der hier streitgegenständlichen ärztlichen Nachtwachen, zumal diese im ärztlichen Versorgungswerk abgesichert würden. Im Übrigen hat sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29. August 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Tätigkeit der beigeladenen Mitarbeiter sei aufgrund ihres Arbeitsfeldes mit der Notwendigkeit von Freiräumen und Flexibilität bei der Aufgabenerfüllung geprägt gewesen. Allerdings sei diese Flexibilität durch die Vorgaben der Belegärzte und durch das von diesen verfolgte Behandlungskonzept eingeschränkt gewesen. Die Vorgaben hätten im Rahmen der Dienstübergabe und Diensteinweisung auch an die Beigeladenen übermittelt werden können. Auch sei deren Stellung bei der Versorgung der Patienten zu berücksichtigen. Die Klägerin habe den Belegärzten Räume, Technik und Personal im Rahmen ihres Betriebskonzepts zur Verfügung gestellt. Zu dem zur Verfügung gestellten Personal hätten auch die Ärzte des Nachtdienstes gehört. Diese seien durch die Behandlungsabläufe aufgrund der Vorgaben der Belegärzte und die betrieblichen Belange eingegliedert gewesen. § 2 der Honorarverträge zur Beachtlichkeit der betrieblichen Belange komme daher eine erhebliche Bedeutung zu. Zudem sei höchstpersönliche Leistungserbringung und die Beachtung fachlich grundlegender Vorgaben der Belegärzte vereinbart worden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Zu deren Begründung hat sie (erneut) auf Rechtsprechung der Zivilgerichte zu arbeitnehmerähnlichen Personen hingewiesen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22. Juni 1998 – 19 W 55/98 sowie OLG München, Beschluss vom 29. März 2007 – 21 W 1179/07). Sie hat sich erneut auf das Urteil des BSG vom 27. Mai 1959 zum Arztvertreter berufen. Die Beigeladenen seien hier als Vertreter der Belegärzte tätig gewesen. Behandlung und Überwachung der Patienten hätten nämlich während des Aufenthaltes in der Klinik der Klägerin ausschließlich den Belegärzten oblegen. Die Beigeladenen zu 21), 22), 28), 31), 36), 40) und 42) seien auch von der Rentenversicherungspflicht befreit gewesen seien. Auch die übrigen beigeladenen Ärzte seien in der streitgegenständlichen Zeit befreit gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. August 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2007 in Form der Bescheide vom 22. November 2007, 28. Januar 2008, 29. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Von weiteren Befreiungen nach § 6 Abs. 5 SGB VI einzelner Beigeladener könne mangels vorgelegter Befreiungsbescheide nicht ausgegangen werden. Nach der Rechtsprechung des BSG wirke eine solche Befreiung nur für die jeweilige Beschäftigung, die dem Befreiungsbescheid zu Grunde liege. Die Darlegungslast liege beim Arbeitgeber. Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze im Verwaltungs- wie im Gerichtsverfahren wird ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die Klage ist zwar rechtzeitig erhoben. Nach § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch gilt ein Bescheid als am 3. Tag nach Aufgabe zur Post als zugegangen. Aufgabe zur Post ist hier frühestens am 1. April 2011 erfolgt. Unter diesem Datum ist die Abschlussverfügung der Beklagten ergangen. Die Klage vom 4. Mai 2011 ist damit innerhalb eines Monats nach Zugang am 4. April 2011 bei Gericht eingegangen.
Die Klage ist aber unbegründet. Das SG hat sie zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen wird.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist nur noch zu ergänzen:
Soweit sich die Klägerin auf ein Urteil des OLG Karlsruhe bezieht, lag dem eine gänzlich andere Fallkonstellation zu Grunde. Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass derjenige, der im Rahmen nebenberuflicher Tätigkeit selbstständig einen Kiosk betreibe und dort aufgrund eines Postagenturvertrages auf eigene Rechnung und im eigenen Namen Produkte des Agenturpartners vertreibe, keine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)sei. Auch die angeführte Entscheidung des OLG München ist nicht einschlägig. Sie betrifft einen Belegarzt, der ebenfalls nicht arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 ArbGG sei, wenn er als nichtangestellter Arzt berechtigt sei, die Belegpatienten im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vorstationär oder teilstationär behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten. Die Honorarkräfte im ärztlichen Nachbereitschaftsdienst haben gerade eine Vergütung von der Klägerin (und nicht etwa vom Belegarzt) erhalten.
Auch die angeführte Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm ist nicht mit der hiesigen Konstellation deckungsgleich. Zu entscheiden hatte dieses Gericht über den Einsatz der im Luftrettungsdienst tätigen Rettungsärzte. Es hat lediglich ausgeführt, dass dort zumindest ein Dauerarbeitsverhältnis nicht begründet worden sei.
Ferner ist auch die Entscheidung des BAG (B. v. 5.März 1991 1 ABR 39/90) nicht einschlägig, in der lediglich zur "Eingliederung in den Betrieb" im Sinne des § 99 Betriebsverfassungsgesetz Stellung genommen wird, soweit ein Subunternehmen auf dem Werksgelände des Auftraggebers tätig wird.
Dem Urteil des BSG vom 27. Mai 1959 (3 RK 18/55) lag zuletzt die Bestellung eines ärztlichen Vertreters durch einen praktizierenden Facharzt zu Grunde. Der Arztvertreter sei – so das BSG (vgl. BSGE 10, 41, 44) bei seiner Ausübung als Arztvertreter nicht den Weisungen des Praxisinhabers unterworfen. Dieser sei insbesondere nicht berechtigt, in die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit seines Vertreters einzugreifen. Der Vertreter trage im Gegensatz zum angestellten Assistenzarzt alleine die Verantwortung für die Behandlung der Patienten und sei nicht in der Lage, Verantwortungen für sein ärztliches Handeln auf den Praxisinhaber abzuwälzen. Der Arztvertreter sei auch nicht in den Praxisbetrieb eingegliedert, weil es an einem Unterordnungsverhältnis fehle.
Die Beigeladenen hier sind im Gegensatz hierzu nicht als Arztvertreter der Belegärzte aufgetreten. Sie sind vielmehr von der Klinik beauftragt worden. Die Klägerin erfüllte damit Verpflichtungen den Belegärzten gegenüber.
Die nachgeforderte Beitragssumme war wieder weiter zu vermindern. Zu den Mitarbeitern gehörte ausweislich der ausgewerteten Buchungsunterlagen der Klägerin auch eine Dr. P. Dass es sich dabei nach Auffassung der Beigeladenen zu 41) nicht um diese handelt, lässt den Bescheid unberührt und kann die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzen. Die Nachforderungssumme ist auch nicht aufgrund weiterer Befreiungen nach § 6 Abs. 5 SGB V zu reduzieren. Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist auf die ihrer Erteilung zugrundeliegende jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt (BSG, Urt. v. 31. Oktober 2012 -B 12 R 3/11 R- Rdnr. 16ff). Ermittlungen von Amtswegen ins Blaue hinein, ob auch die übrigen Beigeladenen hätten Befreiungen nach § 6 SGB VI beantragt haben, brauchten hier nicht vorgenommen zu werden: Die Darlegungslast liegt beim Arbeitgeber. Befreiungsbescheide gehören nämlich zu den Entgeltunterlagen, die von den Beschäftigten gefordert und zu den Akten genommen werden müssen, § 8 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 Nr. 9 Beitragsverfahrensordnung. Es konnte (auch) insoweit entschieden werden, ohne der Klägerin eine Erklärungsfrist auf den Schriftsatz der Beklagten vom 1. April 2014 einzuräumen. Dieser Schriftsatz enthielt nämlich keinen neuen Sachvortrag. Es wurden vielmehr ausschließlich rechtliche Argumente vorgebracht. Auch werden keine neuen rechtliche Gesichtspunkte angesprochen, die für die Klägerin überraschend sein konnten. Bereits im Ausgangsbescheid hatte die Beklagte die Reduzierung der nachzufordernden Rentenversicherungsbeiträge aufgrund vorgelegter Befreiungsbescheide erörtert. Entsprechendes gilt für den Ausschluss von Kranken- und Pflegeversicherungspflicht bei hauptberuflich selbständiger Tätigkeit. Der Schriftsatz der Beklagten stellt sich zudem nur als Replik auf das Vorbringen der Klägerin vom 8. November 2013 dar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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