Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 13 R 3820/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 739/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. März 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM) für die Zeit ab 1. Dezember 2005.
Die 1967 geborene Klägerin absolvierte von 1984 bis 1987 eine Ausbildung zur Facharbeiterin für Nachrichtentechnik und arbeitete bis 1989 in diesem Beruf. Sie war von 1990 bis 1993 als Dispatcher tätig. Von 1993 bis 1995 hatte sie Erziehungsurlaub. Ab 1995 war sie als Zählermonteurin bei der BEWAG tätig. 1998 stürzte sie bei Glatteis und fiel auf die rechte Schulter. Dieser Arbeitsunfall wurde folgenlos ausbehandelt. Im Juli 2001 stürzte die Klägerin von der Rutsche in einem Freizeitbad. Sie zog sich ein Hämatom am Kopf sowie eine schmerzhafte Einschränkung der Kopfbeweglichkeit zu. Nach einer u.a. im Anlegen einer Halskrawatte, der Gabe von Tabletten sowie einer psychiatrischen Behandlung bestehenden ärztlichen Versorgung konnte die Klägerin wieder arbeiten (Eingliederung nach Hamburger Modell im August 2002 bzw. Arbeitsaufnahme ab Februar 2003). Seit einem Auffahrautounfall am 20. August 2004, bei dem ein Fahrzeug von hinten auf den Firmenwagen der Klägerin geschoben wurde, ist die Klägerin arbeitsunfähig krank. Seit 22. Mai 2006 bezieht sie Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Anlässlich ihrer durch den Unfall vom 20. August 2004 bedingten stationären Aufnahme im Unfallkrankenhaus B wurde eine Halswirbelsäulendistorsion I. Grades nach Erdmann sowie eine Otolithenfunktionsstörung beidseits diagnostiziert. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) der Halswirbelsäule (HWS) am 24. August 2004 zeigte eine Chondrosis intervertebralis bei HWK 3/4 initialen Grades mit kleinstem medianen Bandscheibenvorfall, eine Spondylosis deformans geringen Grades bei HWK5/6 mit subligamentärem, dezent nach kaudal umgeschlagenem dorsalen Bandscheibenvorfall und eine Spondylosis deformans geringen Grades bei HWK 6/7 (vgl. Zwischenbericht Dr. L vom 31. August 2004). Nach dem neurologischen Befundbericht des Nervenarztes Dr. D vom 21. Oktober 2004 wurde die Klägerin am 20. Oktober 2004 in der BG-Ambulanz des Unfallkrankenhauses B neurologisch untersucht. Dabei klagte die Klägerin über einen Scheitelkopfschmerz und über häufig auftretenden ziehenden Kopfschmerz in der Hinterkopf-Nackenregion, in der Regel assoziiert mit einem rechtsseitigen Schulterblattschmerz, sowie über Schwindelerscheinungen. Sie gab ferner an, aufgrund zweier Vorunfälle habe sie nervliche Probleme bekommen und sei deshalb seit Jahren wegen einer Angststörung in nervenärztlicher Behandlung. Unter dem 1. November 2004 erstattete die Leitende Oberärztin des V Klinikums H - Funktionsbereich Psychotherapie - Dr. F der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE) aufgrund einer Untersuchung vom selben Tag folgenden Befundbericht: Die Klägerin leide unter stressabhängigen Kopfschmerzen, Ohrgeräuschen und Schwindelattacken sowie unter einer depressiven Verstimmung. Es sei eine ausgeprägte Schmerzfixierung mit Vermeidungsverhalten mit negativer Erwartungshaltung und hypochondrischer Selbstbeobachtung zu beobachten. Für die klassische Symptomtrias einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) finde sich keinerlei Anhalt. Das Unfallereignis sei auch nicht geeignet gewesen, eine PTBS hervorzurufen. Nach eigenen Angaben sei die Klägerin in nervenärztlicher ambulanter Behandlung, nachdem 1994 im Zusammenhang mit der Geburt ihrer Tochter erstmals eine depressive Erkrankung aufgetreten sei. Im Jahr 2000 habe u.a. eine stationäre Psychotherapie im Krankenhaus H bei depressiver und Somatisierungserkrankung stattgefunden. Das erneute Unfallereignis könne eine Gelegenheitsursache im Sinne einer Versuchungssituation für unbewusste Versorgungs- und Zuwendungswünsche darstellen, die die Klägerin nur über körperliche Beschwerden agieren könne. Das zu diagnostizierende chronifizierte Schmerzsyndrom im Rahmen depressiver Erkrankung bei prädisponierter Persönlichkeitsstruktur sei dringend durch Fortsetzung der Psychotherapie zu behandeln. In einem Zwischenbericht der Assistenzärztin am Unfallkrankenhaus B Dr. N vom 8. November 2004 wurde die Klägerin für arbeitsfähig ab dem 20. November 2004 gehalten. Aus unfallchirurgischer Sicht seien keinerlei Unfallfolgen mehr festzustellen. Es handele sich vielmehr um eine unspezifische chronische Beschwerdesymptomatik, die auf die im MRT festgestellten degenerativen Veränderungen der HWS zurückzuführen seien. Nachdem die BGFE es mit Schreiben vom 21. November 2004 und 9. März 2005 abgelehnt hatte, der Klägerin über den 20. November 2004 hinaus Verletztengeld zu zahlen, erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch. Der Orthopäde Dr. von F bescheinigte unter dem 18. Februar 2005 der Klägerin, seit 20. November 2004 im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen vom 20. August 2004 arbeitsunfähig zu sein. Auf Veranlassung der BGFE erstattete der Facharzt für HNO-Heilkunde, Allergologie/Umweltmedizin Dr. M-K aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 2. Mai 2005 ein HNO-fachärztliches, neurootologisches Gutachten vom 4. Mai 2005 (ergänzt am 4. Dezember 2005), in dem er folgende Diagnosen stellte: Zustand nach HWS-Weichteiltrauma mit posttraumatischer cervico-enzephaler Symptomatik, Störungen der zentralen Gleichgewichtsverarbeitung (hirnstammnah), des propriozeptiven Systems, beidseitige vestibulo-cochleäre Schädigung (beidseitige Otolithenfunktionsstörung), Störungen des optokinetischen Systems, zentrale Gleichgewichtsstörung, Tinnitus arium beidseits, Störungen der Optokinetik, Störungen des visuellen Systems, Cervico-Cephalgien, Hyperakusis, sensoneuroale Hörstörung beidseits. Bei der Klägerin liege nicht nur eine schwere otogene Gleichgewichtsfunktionsstörung vor, sondern es seien auch zentrale Strukturen der Gleichgewichtsverarbeitung geschädigt, hier besonders der Stammhirnbereich. Die Otolithenfunktionsstörung sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 20. August 2004 zurückzuführen. Der Radiologe Dr. F berichtete mit Schreiben vom 22. Juni 2005 über eine radiologische Untersuchung der Klägerin. Danach ergab sich bei der MRT-Untersuchung der Ligamenta alaria (Flügelbänder) kein eindeutiger Nachweis einer Verletzung. Dagegen sei bei der Funktions-CT eindeutig eine Funktionsstörung (dieser Bänder) festzustellen. Derartige funktionelle Kopfgelenksstörungen gingen in aller Regel mit einer komplexen Beschwerdesymptomatik (zervikoencephales Syndrom) einher. Der Nervenarzt Dr. B diagnostizierte in seinem Gutachten für die BGFE vom 23. März 2006: Hemiparese rechts, schwere Hirnleistungsminderung in der Psychometrie, Abfall von Vitalität und Belastbarkeit, leichte Polyneuropathie (unfallunabhängig), schwere Störungen der Glukose-Aufnahme der Hirnzellen im PET (Positronen-Emissions-Tomo-graphie, vgl. BB des Radiologen Dr. H vom 21. November 2005), Hörminderung, nach 2 Traumen des cranio-cervikalen Übergangs. Ferner stellte dieser Gutachter eine "chemische Belastung" der Klägerin "wahrscheinlich im Beruf und in der Freizeit (Chlorschwimmbad)" fest. Es bestehe kein vernünftiger Zweifel daran, dass "so schwere Unfälle" mit Verletzung des Schädel-HWS-Übergangs zu bleibenden Hirnschäden führten. Das angebliche Verschwinden der Unfallfolgen nach Erdmann oder die Erklärung der Unfallfolgen mit der so genannten Psychosomatik seien schon lange nicht mehr als medizinische Erkenntnisse aufrechtzuerhalten. Die Augenärztin Dr. Sch kam in ihrem Bericht vom 29. September 2006 an die BGFE zu dem Ergebnis, aus ophthalmologischer Sicht sei momentan ein Arbeitseinsatz der Klägerin von maximal 4 Stunden erlaubt. In ihrem Schreiben vom 8. November 2006 gab sie folgende Unfallfolgen an: Sehminderung bei Schwindel/erhöhte Blendempfindlichkeit und Bewegungsschmerz sowie langsamen Folgebewegungen/Gesichtsfeld mit genereller Absenkung der Empfindlichkeit/Asthenopie - Verschwommensehen verbunden mit Kopfschmerzen/Epiphora und Lichtscheu. Nach Brillenabgabe könnte eine schrittweise Wiedereingliederung entsprechend dem Hamburger Modell beginnend mit 3 - 4 Stunden veranlasst werden. Der HNO-Arzt Dr. K diagnostizierte in seinem Gutachten vom 8. November 2006 für die BGFE u.a. eine beidseitige überwiegend periphere Hemmung der kalorischen vestibulookulären Nystagmuserregbarkeit, eine cochleobasale Schallempfindungsschwerhörigkeit im Hochtonbereich beidseits, gestörte Amplitudenverhältnisse und Graphoelemente der akustisch evozierten Hirnstammpotentiale und Hirnrindenpotentiale in bestimmten Bereichen. In einem ebenfalls auf Veranlassung der BGFE erstellten Gutachten vom 24. Januar 2007 (Untersuchungstag: 22. Februar 2005) kommt der Facharzt für Neurochirurgie Dr. M zu dem Ergebnis, als Unfallfolgen lägen bei der Klägerin zu permanenten cervicoencephalen Symptomen führende instabile obere Halswirbel mit krankhaften Bewegungsabläufen zwischen C0/C1/C2 mit negativer Auswirkung auf den Hirnstamm vor. Der für die BGFE abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage des Dr. D (ärztlicher Direktor der Augenklinik B M) vom 30. März 2007 lässt sich entnehmen, dass sich die von der Klägerin angegebenen ophthal-mologischen Beschwerden nicht belegen ließen. Der Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde des Unfallkrankenhauses B Prof. Dr. E erstattete am 31. März 2007 für die BGFE ein HNO-fachärztliches Gutachten nach Aktenlage. Danach sei ein Zusammenhang der Schwindelbeschwerden der Klägerin mit dem Unfallereignis sicher gegeben. Angesichts fehlender aktueller Befunde der Otolithenfunktionsprüfungen, sei nicht festzulegen, ob und zu welchem Grad zum jetzigen Zeitpunkt eine Kompensation oder Chronifizierung eingetreten sei. Nach der ebenfalls nach Aktenlage erstellten gutachterlichen Stellungnahme des Direktors der Klinik für Neurologie des Unfallkrankenhauses B Dr. H vom 27. September 2007 sei die Qualität des Gutachtens von Dr. B problematisch. Objektive Befunde zur diagnostizierten Hemiparese lägen nicht vor. Bei dem fachneurochirurgischen Gutachten von Dr. M handele es sich (lediglich) um eine Beschwerdenaufzählung. Der in den Unterlagen enthaltene PET-Befund sei unspezifisch und könne nicht mit hinreichender Sicherheit auf eine unfallbedingte Schädigung des Gehirns bezogen werden. Hinsichtlich der psychischen Symptomatik sollte den Ausführungen von Dr. F gefolgt werden. Zusammenfassend sei einzuschätzen, dass sich bei der Klägerin keinerlei Hinweis auf eine durch den Unfall bedingte Schädigung des Nervensystems ergebe. Die BG Elektro Textil Feinmechanik (als Nachfolgerin der BGFE) wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2008 zurück und führte aus: Die Klägerin habe sich bei dem Auffahrunfall lediglich eine Distorsion der HWS leichten Grades (Typ Erdmann 1) zugezogen. Eine substantielle Hirnschädigung sei nicht eingetreten.
Die Klägerin war bereits mit Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales - Versorgungsamt - (LAGeSo) vom 18. Juni 2002 als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 20 auf Grund folgender Leiden anerkannt worden: Seelisches Leiden, Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei Fehlstellung und Verschleiß, Magenleiden, Darmverwachsungsbeschwerden. Mit Bescheid des LAGeSo vom 3. März 2006 wurde ihr unter Aufnahme der weiteren Funktionsbeeinträchtigung "Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen, Gleichgewichtsstörungen" ein GdB von 40 zuerkannt. Mit Abhilfebescheid des LAGeSo vom 5. Oktober 2006 wurde der GdB auf 50 erhöht und als zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung "muskuläre Verspannungen - Muskelreizerscheinungen der Wirbelsäule; außergewöhnliche Schmerzreaktion" aufgeführt. Schließlich wurde der Klägerin mit Bescheid des LAGeSo vom 18. Februar 2008 ein GdB von 70 festgestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, es lägen folgende Funktionsbeeinträchtiungen vor: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule; degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Muskelreizerscheinungen der Wirbelsäule, außergewöhnliche Schmerzreaktion; Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen, Gleichgewichtsstörungen, Beeinträchtigung der Gehirnfunktion, Seelisches Leiden; Magenleiden, Darmverwachsungsstörungen. Die Merkzeichen B, G und RF wurden nicht zuerkannt.
Unter dem 14. November 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (EM). Die Beklagte beauftragte den Orthopäden Dr. S mit der Erstellung eines orthopädischen und die Nervenärztin Dr. S mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Dr. S diagnostizierte in seinem Gutachten vom 18. Januar 2006 (Untersuchungstag: 13. Januar 2006) einen Zustand nach Distorsion der HWS, ein chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung rechts sowie ein chronisch rezidvierendes BWS-Syndrom und stellte fest, die Klägerin sei als Zählermonteurin aus orthopädischer Sicht voll leistungsfähig. Nach dem Gutachten von Dr. S vom 23. März 2006 (Untersuchungstag: 21.März 2006) litt die Klägerin unter einer anhaltend somatoformen Schmerzstörung, einem Zustand nach Distorsion der HWS mit Chronifizierung, Tinnitus sowie einem HWS-Syndrom mit rezidivierenden Cervicobrachialgien bei Fehlstellung und Fehlhaltung. Die geklagten Beschwerden seien vor dem Hintergrund der Persönlichkeitsstruktur und des Traumas von 2004 als somatoforme Schmerzstörung einzuordnen. Die Klägerin sei als Zählermonteurin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Meidung von Nachtschicht und Zeitdruck einsetzbar.
Mit Bescheid vom 29. März 2006 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin unter Hinweis auf die ärztlichen Untersuchungsergebnisse mit der Begründung ab, es liege weder eine teilweise noch eine volle EM vor. Den Widerspruch der Klägerin, den die Klägerin u.a. unter Hinweis auf ein Attest der Ärztin C-H und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H vom 23. März 2006 sowie einen Befundbericht des Allgemeinmediziners Dr. B begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2006 als unbegründet zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG B) Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Klägerin erstatten lassen, und zwar von dem HNO-Facharzt Dr. K vom 9. November 2006, Dr. H vom 22. November 2006, Dr. von F vom 16. November 2006, der Orthopädin Dr. L vom 30. November 2006, dem Internisten Dr. K und der Allgemeinmedizinerin Dipl.-Med. K vom 12. März 2007. Dem SG hat ferner ein Bericht des Bundeswehrkrankenhauses B (Dr. H) vom 15. März 2006 über eine stationäre Behandlung der Klägerin vom 27. Februar 2006 bis 6. März 2006, ein Bericht der Klinik für manuelle Medizin der Sana Kliniken S vom 2. März 2007 über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 18. September 2006 bis zum 30. September 2006, ein Bericht des Dr. M vom 23. Februar 2005, ein Untersuchungsbericht des Orthopäden F vom 8. November 2005, ein Bericht des Dr. H vom 21. November 2005, ein Untersuchungsbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L vom 5. Dezember 2005, ein psychodiagnostischer Befund der Dipl.-Psych. B vom 29. Dezember 2005, ein Bericht der Oberärztin S (Sana Kliniken S) vom 30. September 2006 und ein Schreiben eines Hörgeräteakustikers vom 1. Juli 2007 vorgelegen. Das SG hat den Arzt für Innere Medizin - Psychotherapie - Dr. T als Sachverständigen zwecks Erstellung eines Gutachtens auf allgemeinmedizinischem Gebiet eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem internistisch-orthopädischen Gutachten vom 17. November 2007 (Untersuchungstag: 5. Juli 2007) folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin mitgeteilt: Cervikalsyndrom nach stattgehabtem Schleudertrauma 2004 und Bandscheibenvorfall C5/C6 sowie mäßige degenerative Veränderungen, Spannungskopfschmerz; chronisches Schmerzsyndrom im Rahmen depressiver Erkrankung mit Somatisierungsstörung, Tinnitus aurium, Otolithenfunktionsstörung beidseits mit Schwindelsymptomatik, Sehminderung (visus 0,6 beidseits). Gegenüber den Vorbefunden sei nunmehr eine komplette Hemihypästhesie rechts sowie eine geringe Minderung der groben Kraft der rechten Extremitäten beobachtet bzw. angegeben worden. Die Klägerin könne täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Freien und/oder auch in geschlossenen Räumen unter Einfluss von Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, Staub und Zugluft, im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, teilweise am Computer und in festgelegtem Arbeitsrhythmus verrichten. Das Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg sei zumutbar. Arbeiten mit einseitiger körperlicher Belastung, mit besonderer Belastbarkeit der Beine, Tätigkeiten überwiegend am Computer, Zwangshaltungen, Nachtschichten und Wechsel von Früh- und Spätschicht seien ebenso zu vermeiden wie Arbeiten unter Zeitdruck, auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten, die eine besondere Belastbarkeit der Hals- und Brustwirbelsäule voraussetzten. Angesichts der bestehenden psychischen Störung sei die Klägerin in der Ausübung schwieriger geistiger Arbeiten eingeschränkt. Die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit insbesondere auch auf neue berufliche Aufgabenfelder sei derzeit noch als beeinträchtigt anzusehen. Tätigkeiten mit Publikumsverkehr größeren Ausmaßes seien als nicht zumutbar anzusehen. Dies spiele jedoch keine Rolle für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit der Zählermontiererin. Die Klägerin könne viermal täglich einen Fußweg von mehr als 500 m in jeweils 20 Minuten zurücklegen sowie zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Sie benötige keine Begleitperson. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden täglich. Es bestehe die Aussicht, dass die bestehende Leistungsminderung durch eine ein- bis zweijährige ambulante Psychotherapie mit begleitender Physiotherapie gebessert werden könne. Ein Widerspruch zum Gutachten von Dr. M-K bestehe nicht, denn die Folgen der Otolithenfunktionsstörung seien im Rahmen der Präzisierung des Leistungsvermögens mitberücksichtigt worden. Die Ausführungen des Dr. K sollten mit großen Zweifeln gesehen werden. Es bestehe der Eindruck, dass in dessen Praxis Menschen mit hohem Leidensdruck bei bestehenden psychischen Störungen und Somatisierungsstörungen die Diagnose Mitochondriopathie angeboten werde, was zunächst entlastend wirke, weil keine Psychogenese gesehen werden müsse. Bei der Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin durch die Ärzte Dr. H und Dr. L seien arbeitsmedizinische Aspekte nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Auffassung, eine vorübergehende Berentung würde Wege für eine bessere Behandlungsmöglichkeit öffnen, sei so nicht nachzuvollziehen. Eine Berentung würde die Klägerin eher in ihrer Sicht ihres Krankheitsbildes und des verminderten Leistungsvermögens bestärken. Die psychische Störung der Klägerin äußere sich in der eher depressiven Verstimmung und Verschiebung der inneren Konfliktspannung auf die Körpersymptomatik und -wahrnehmung mit entsprechenden Beschwerden wie Kopfschmerzen, überdeutlich gespürten und aggravierten Schmerzen sowie Gleichgewichtsstörungen. Vor dem Hintergrund der psychischen Störung gelinge es der Klägerin nicht, sich ausreichend von der Schmerzsymptomatik zu distanzieren, und ihr innerer Konflikt werde quasi auf die Körperebene geschoben.
Die Klägerin hat vorgetragen, es sei ihr objektiv aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich, ihre bisherige Tätigkeit oder auch andere Tätigkeiten auszuführen. Dr. T sei ihr gegenüber voreingenommen. Viele seiner Feststellungen unterstellten, dass sie sich ihre Krankheit und die daraus resultierenden Beeinträchtigungen lediglich einbilde. Ferner würden einerseits Befunde von Fachärzten herabgewürdigt oder gar nicht berücksichtigt und andererseits fehlerhafte Befundberichte trotz ihrer offensichtlichen Mängel mehrfach zitiert.
Mit Urteil vom 20. März 2008 hat das SG die zuletzt nur noch auf Gewährung von Rente wegen voller EM gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller EM. Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen könne sie mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen körperlich leichte Arbeiten mit bestimmten qualitativen Einschränkungen, die einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht entgegen stünden, noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Dies ergebe sich insbesondere aus dem ausführlichen, schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. T. Die Begründung der Abweichung von den Leistungseinschätzungen der behandelnden Ärzte sei nachvollziehbar, denn den behandelnden Ärzten müssten die rentenrechtlich relevanten Tatbestände bei der Ausübung ihrer Heilbehandlung nicht geläufig sein. Die Verwendung des Gutachtens von Dr. F sei ebenfalls nicht zu beanstanden, denn dieses einen hier nicht relevanten Fragenkomplex behandelnde Gutachten sei lediglich zur Darstellung der Krankengeschichte der Klägerin verwendet worden. Die Einschätzung des aktuellen rentenrechtlich relevanten Leistungsvermögens der Klägerin sei hingegen ersichtlich auf der Grundlage der Untersuchung von Dr. T erfolgt, der sein Gutachten ungeachtet der von ihm gewählten Bezeichnung im Stile eines allgemeinmedizinischen, sämtliche Gesundheitseinschränkungen der Klägerin berücksichtigenden Gutachtens gehalten habe. Im Ergebnis liege bei der Klägerin keine volle EM iSv § 43 Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) vor.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt vor: Aus den Feststellungen des Versorgungsamts, wonach sie mit einem Grad von 70 schwerbehindert sei, ergebe sich, dass außer Stande sei, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Das Gutachten von Dr. T sei fehlerhaft.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. März 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 29. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2006 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2005 zu gewähren.
Die Klägerin stellt weiterhin hilfsweise unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 18. November 2013 die Beweisanträge auf Vernehmung des Sachverständigen Dr. T sowie auf Einholung eines weiteren psychiatrischen Gutachtens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Beweisanträge wird auf den Schriftsatz vom 18. November 2013 verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG im Ergebnis für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 19. März 2009 den Leitenden Oberarzt der HNO-Klinik der Charité Campus Mitte Dr. H als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem HNO-ärztlichen Gutachten vom 23. Februar 2010 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin vom 12. Januar 2010 folgende Diagnosen mitgeteilt: Verdeutlichungstendenz/Aufmerksamkeitsdefizit in der Reintonaudiometrie (widerlegt in der Schwellen-BERA); regelrechtes peripher vestibuläres Bogengangsystem, regelrechte Utrikulusfunktion (Sakkulusfunktion nicht beurteilbar), pathologische zentralvestibuläre Testung, funktionelles Defizit der Freiheitsgrade in den Kopfgelenken (Rotation nach rechts), uneinheitliches Bild in den vestibulo-spinalen Reaktionen (nahezu regulärer Unterberg’scher Tretversuch bei pathologischen Schwankungsparametern auf der Luzerner Messplatte) sowie rezidivierende Schwindelattacken bei Zervico-Enzephalsyndrom. Unter Gewichtung des Zerviko-Enzephalsyndroms mit eingeschränktem Freiheitsgrad der Kopfgelenke, der nur auf Angaben der Klägerin gestützten Drehschwindelattacken von ca. 6 bis 24 Stunden (einmal pro Monat) sowie der Hinweise auf ein Aufmerksamkeits-Konzentrationsdefizit erscheine eine tägliche Arbeitszeit von 4 Stunden zumutbar. Denkbare Aufgaben könnten im Charakter eines Außendienstes ohne Montagearbeiten sein, im Innendienst wären Archivarbeiten zu erwägen. Der Sachverständige hat hinsichtlich der Notwendigkeit einer weiteren Begutachtung der Klägerin darauf hingewiesen, dass systematische Untersuchungsbefunde kaum greifbar seien. Zwar sei ein funktionelles Defizit der Kopfgelenke hinreichend belegt. Ungeklärt blieben jedoch die pathologischen zentral vestibulären Testungen, die mit keiner der durchgeführten bildmorphologischen Untersuchungsgänge erklärt werden könnten. Als Erklärung könne das nervenärztliche und testpsychologische Zusatzgutachten unter der Leitung von Dr. B herangezogen werden, mit dem eine stark eingeschränkte kognitiv mentale Leistungsfähigkeit und Leistungsdauer bescheinigt werde. Deshalb werde "zum jetzigen Zeitpunkt" kein neuro-psychiatrisches Zusatzgutachten empfohlen. Insgesamt sei von einer HWS-Distorsion mit chronifiziertem Schmerzsyndrom auszugehen, bei dem die peripher vestibuläre Funktion nicht im Hauptsächlichen eingeschränkt sei. Die Frage nach der quantitativen Leistungseinschränkung könne nur im Rahmen eines psychologischen Gutachtens beantwortet werden. Die Beklagte hat sich durch ihren sozialmedizinischen Dienst dahingehend geäußert, dass die durch Dr. H fachfremd festgestellte Störung von kognitiven Einbußen so nicht nachvollziehbar sei (Facharzt für Psychiatrie G vom 7. April 2010) bzw. aus den rein HNO-ärztlichen Befunden sich definitiv keine Leistungseinschränkung ableiten lasse. (Internistin Dr. H vom 21. April 2010). Der Senat hat ferner ein im Rechtsstreit S 25 U 306/08 (SG B) erstattetes Sachverständigengutachten des HNO-Facharztes Dr. M vom 20. März 2010 (Untersuchungstag: 18. März 2010) beigezogen, mit dem dieser Arzt einen Schwindel unklarer Genese, einen Zustand nach HWS-Distorsion, eine Deviation des Septum nasi/Hyperlasie der unteren Nasenmuschel beidseits sowie einen Verdacht auf psychosomatische Fehlentwicklung festgestellt und eine Erkrankung des Gleichgewichtsorgans und eine Hörstörung ausgeschlossen hat. Die Seitneigung des Kopfes sei gering eingeschränkt. Die (passive) Prüfung der Freiheitsgrade des Kopfgelenks sei bei schmerzbedingtem Widerstand nicht hinreichend möglich. Es bestehe ein nicht objektivierbarer, chronisch komplexer Tinnitus aurium beidseits. Die vestibulospinalen Reflexe der Klägerin hat Dr. M als normal bewertet (Romberg: sicher, unauffällig; Unterberger: sicher, keine Fallneigung keine Seitabweichung; verschärfter Romberg: sicher, nur geringe Unsicherheit, keine Fallneigung; Finger-Nase-Versuch, Diadochokinese: unauffällig, sicher). Mit den Bewertungen werde insbesondere abgewichen von den HNO-ärztlichen Gutachten vom 4. Mai 2005 und vom 4. Dezember 2005 (Dr. M-K), dessen Testergebnisse vom Gutachter in kaum nachvollziehbarer Weise interpretiert würden. Mit den Befunden und Beurteilungen des HNO-Gutachtens vom 12. Januar 2010 (Dr. H) bestehe weitgehende Übereinstimmung. Im Unterschied zu diesem Gutachten ergebe sich jedoch keine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin, denn die angegebenen Drehschwindelanfälle bedingten lediglich eine qualitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Aus HNO-ärztlicher Sicht sei eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Fehlen von objektivierbaren, nachvollziehbaren pathologischen Untersuchungsergebnissen und den seit Jahren bestehenden deutlichen Beschwerden nicht zu erklären. Es bestehe deshalb der dringende Verdacht auf eine psychosomatische Erkrankung bei vorbestehender depressiver Erkrankung im Sinne einer versorgungsneurotischen Fehlentwicklung. Mit Schreiben vom 1. Juni 2010, auf das Bezug genommen wird, hat die Klägerin u.a. gegen das Gutachten des Dr. M vorgebracht, dass dieser Gutachter nach eigenem Vorbringen nicht über die Voraussetzungen für eine umfangreiche HNO-ärztliche Untersuchung verfüge. Der Senat hat weiterhin ein im Verfahren S 25 U 306/08 vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie - Dr. A am 25. Mai 2011 nach Aktenlage erstattetes psychiatrisches Gutachten beigezogen. Dr. A ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin offensichtlich an einer - bereits in den 1990er Jahren durch Krankschreibungen manifest gewordenen - somatoformen Störung mit Somatisierungs- und Schmerzsymptomatik leide. Die "Gutachten" des Nervenarztes Dr. B und des ihm assoziierten Dipl.-Psych. K seien aufgrund gravierender Mängel - es würden lediglich Diagnosen postuliert, jedoch nicht objektiviert, stattdessen ungeeignete paraklinische Befunde zu scheinbaren Validierung herangezogen - unbrauchbar.
Der Senat hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2011 einen Befundbericht der Ärztin für Neurologie D-D vom 21. Mai 2012 nebst Ergänzung vom 12. Juni 2012 beigezogen und die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L (jetzt: S) zur Sachverständigen eingesetzt. Diese Ärztin hat in ihrem psychiatrischen Gutachten vom 27. Juli 2013 (Untersuchungstage: 17. und 23. April 2013) eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Eine rezidivierende depressive Störung sei gegenwärtig remittiert. Darüberhinaus bestehe ein Zustand nach HWS-Distorsion und ein Tinnitus. Aufgrund der geringen Mitarbeitsbereitschaft der Klägerin, die sich in einer Verschlossenheit über den gesamten Untersuchungszeitraum erstreckt habe und aufgrund des Misstrauens der Klägerin hätten die auslösendes Situation (für die Schmerzstörung), psychosoziale Belastungen und emotionale Konflikte nicht festgestellt werden können. Auffallend sei die hartnäckige Weigerung der Klägerin gewesen, zu akzeptieren, dass keine ausreichende körperliche Ursache für die Symptome vorläge. Das Denken der Klägerin sei auf die körperlichen Beschwerden eingeengt. Bei der Klägerin könne weder eine Somatisierungsstörung noch eine Neurasthenie, Konversionsstörung, motochondriale Encephalo-Myopathie oder eine PTBS festgestellt werden. Die Klägerin leide auch nicht unter einem posttraumatischen cervico-encephalen Syndrom. Dieses Syndrom umfasse Kopfschmerzen, Schwindelanfälle, Sehstörungen, Ohrenbrummen, Hörstörungen und auch Drop attacks (abruptes Stürzen). Diese - auch von der Klägerin geklagten - chronischen Beschwerden würden - nach einer entsprechenden wissenschaftlichen Diskussion - inzwischen nicht auf organische Ursachen zurückgeführt, sondern als somatoforme Störungen klassifiziert. Es gebe keine unfallbedingten kognitiven Leistungsstörungen im Spätstadium nach einer HWS-Distorsion. Generell seien psychologische Testuntersuchungen, wie z.B die PET, nicht geeignet, eine organische Hirnschädigung nachzuweisen. Hinschlich des geklagten Schwindels sei auf das Gutachten von Dr. M vom 20. März 2010 zu verweisen, der keine zentrale vestibuläre Störung habe feststellen können. Die Haltung der Klägerin im Begutachtungsprozess spreche für das Vorliegen einer paranoiden Persönlichkeitsstörung. Eine derartige Persönlichkeitsstörung könne jedoch mangels Angaben der Klägerin zu ihrer bisherigen Beziehungsgestaltung nicht diagnostiziert werden. Für die Prognose der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin lägen fast ausschließlich negative Faktoren vor (Krankheitsverlauf, Krankheitsverarbeitung, geringe Veränderungsmotivation, geringe Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe die Ergebnisse bisheriger ärztlicher Behandlungen, lange AU-Zeiten, Zeitpunkt der Rentenantragstellung, die geringe Verfügbarkeit von Ressourcen, fehlende soziale Unterstützung). Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit müsse ohne körperliche und neurologische Untersuchung sowie mit Fehlen von weiten Teilen der Anamnese erfolgen, da die Klägerin, bei der eindeutige Hinweise für eine Aggravation vorlägen, an der Befunderhebung nicht mitgewirkt bzw. diese bewusst verweigert habe. Die Klägerin sei nicht in der Lage, ihre Fehlhaltung aus eigener Kraft zu überwinden. Bei zumutbarer Willensanstrengung könne sie jedoch psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen und so die bei ihr vorliegende Störung überwinden. Die Klägerin könne im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen täglich acht Stunden körperlich bzw. geistig leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten. Sie könne ferner Wegstrecken von mehr als 500 m zurücklegen und dabei 500 m in höchstens 20 Minuten bewältigen. Unter dem 1. Oktober 2013 hat die für die Beklagte tätige Fachärztin für Nervenheilkunde Ch mitgeteilt, dem formal korrekten, vollständigen und sehr ausführlichen Gutachten von Dr. S sei zu folgen. Mit Schreiben vom 18. November 2013 hat die Klägerin vortragen lassen: Die Annahme des erstinstanzlichen Gutachters Dr. T, die Klägerin könne ihre Leistungsminderung mittels einer Psychotherapie binnen 1 - 2 Jahren überwinden, habe sich nicht bewahrheitet Ihr Zustand habe sich auch nach mehr als fünf Jahren nach Erstellung dieses Gutachtens nicht verbessert. Auf der Grundlage der von Dr. T festgestellten qualitativen Leistungsminderungen liege zudem ein atypischer Fall der Summierung vor. Das Gutachten von Dr. S könne nur "begrenzt" herangezogen werden, denn es beruhe in erster Linie auf der Beobachtung während des Begutachtungszeitraums. Es sei ein weiteres psychiatrisches Gutachten einzuholen. Die Gutachterin Dr. S verkenne, dass ihr fehlendes Mitwirken Teil der Erkrankung sei. Entgegen den Feststellungen von Dr. T komme Dr. S zu dem Ergebnis, dass bei ihr (der Klägerin) keinerlei Einschränkungen bei der Ausübung der Tätigkeiten vorhanden seien. Dr. S berücksichtige ferner nicht, dass Dr. M und Dr. M-K Gleichgewichtsstörungen festgestellt hätten.
Die die Klägerin betreffenden Akten der Beklagten, der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik (2 Bände), des LAGeSo - Versorgungsamt -, die Leistungsakten des Jobcenters B-M-H (4 Bände) sowie die Gerichtsakten (3 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, mit der diese mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ihr erstinstanzliches Begehren auf Gewährung von Rente wegen voller EM ab 1. Dezember 2005 weiter verfolgt, ist nicht begründet.
Die Klägerin hat für die Zeit ab 1. Dezember 2005 keinen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI).
Die Vorschrift des § 43 SGB VI setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM voraus (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss volle EM vorliegen (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens vermochte der Senat mit der für einen Vollbeweis erforderlichen Gewissheit keine Tatsachen festzustellen, aus denen sich in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 1. Dezember 2005 die Annahme voller EM der Klägerin iSv § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI herleiten ließe. Vielmehr verfügte und verfügt die Klägerin noch über ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen jedenfalls für leichte körperliche und ihrem Ausbildungs- und Berufsniveau entsprechende leichte bis mittelschwere geistige Arbeiten, mit dem sie im angegebenen Zeitraum regelmäßig einer vollschichtigen und damit auch mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann.
Dass die Klägerin über ein mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus den Gutachten der im vorliegenden Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen Dr. T und Dr. S sowie dem im Verfahren S 25 U 306/08 (SG B) erstatteten Gutachten von Dr. M. Dr. T und Dr. S haben - im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren herangezogenen Gutachtern Dr. S und Dr. S - der Klägerin übereinstimmend ein derartiges mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen bescheinigt.
Das vollschichtige bzw. mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen der Klägerin für körperlich leichte Tätigkeiten war nach den qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde oder entgegen gestanden hätte (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin kann insoweit nach den von dem Sachverständigen Dr. T getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden jedenfalls noch körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten, in festgelegtem Arbeitsrhythmus und teilweise am Computer, verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten in Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten unter Zeitdruck sowie in Nachtschicht und mit Wechsel von Früh- und Spätschicht. Arbeiten, die eine besondere Belastung der Hals- und Brustwirbelsäule voraussetzen bzw. das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg sind nicht zumutbar. Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen besteht aber - entgegen der Auffassung der Klägerin - weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5/4 RA 58/97 R - juris), die eine Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit zur Folge hätte. Dabei begründet lediglich die "Summierung" - notwendig also eine Mehrheit von wenigstens zwei ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen als tauglichen Summanden (vgl BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R = SozR 4-2600 § 43 Nr. 18) - die Benennungspflicht, nicht aber bereits das Zusammentreffen einer - potenziell - ungewöhnlichen mit einer oder mehrerer "gewöhnlicher" Leistungseinschränkungen (vgl. BSG aaO). Es liegen zwar bei der Klägerin Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinaus gingen, was inhaltlich vom Begriff der körperlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen waren aber nicht geeignet, sogar das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Sie sind daher von vornherein nicht ungewöhnlich. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen, im Wesentlichen der Ausschluss von Nachtschicht, von Arbeiten unter Zeitdruck, in Zwangshaltungen, auf Leitern und Gerüsten sowie die Beschränkung auf Lastgewichte bis zu 10 kg zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 - GS 2/95 = SozR - 3600 § 44 Nr. 8). Das Gleiche gilt hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten der Klägerin, die ihr nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. T und Dr. S jedenfalls leichte bis mittelschwere geistige Tätigkeiten erlauben und die keine nennenswerten Schwierigkeiten zumindest hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen, dem Ausbildungs- und Intelligenzniveau der Klägerin entsprechenden Arbeitsplatz mit derartigen Arbeiten erkennen lassen; nur eine besondere Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, die hier nach den Feststellungen der Sachverständigen Dr. S nicht feststellbar ist, hätte aber eine spezifische schwere Leistungsbehinderung darstellen können (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 104, 117). Soweit Dr. T in seinem Gutachten vom 17. November 2007 davon ausgeht, dass im Rahmen der (damals) bestehenden depressiven Erkrankung und Somatisierungsstörung die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit der Klägerin noch beeinträchtigt sei, liegt auch hierin keine besondere Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Im Übrigen ist die depressive Erkrankung der Klägerin nach den Feststellungen von Dr. S unterdessen remittiert.
Soweit die Klägerin mit ihrem Beweisantrag die Vernehmung des Sachverständigen Dr. T zwecks Feststellung des Vorliegens einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen begehrt hat, kam eine weitere Beweiserhebung nicht in Betracht, da es sich insoweit nicht um eine Tatsachenfrage, sondern eine ausschließlich vom Gericht zu beurteilende Rechtsfrage handelt. Sofern die Klägerin mit diesem Beweisantrag zugleich eine ergänzende Erläuterung des Gutachtens von Dr. T bezweckt, ist dem Antrag nicht zu folgen, weil Dr. T die Beweisfragen zu den qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit der Klägerin in sich widerspruchsfrei und vollständig beantwortet hat. Die von Dr. T als solche getroffenen medizinischen Feststellungen zieht die Klägerin auch gar nicht in Zweifel, zieht jedoch aus diesen Feststellungen andere rechtliche Folgerungen als das Gericht. Weshalb es hätte sachdienlich sein sollen, Dr. T nochmals zu den von ihm festgestellten qualitativen Leistungsminderungen zu hören bzw. zu befragen, ist dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen. Ungereimtheiten bzw. Unklarheiten weist das Gutachten nicht auf. Weiterer Aufklärungs- und Ermittlungsbedarf bestand auch nach Würdigung des Vorbringens der Klägerin nicht. Soweit die Klägerin aber beabsichtigen wollte, mit einer ergänzenden Befragung auf die gerichtliche Überzeugungsbildung im Hinblick auf die - freie (vgl. § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) - Würdigung des Gutachtens von Dr. T einzuwirken, besteht kein Befragungsrecht nach den §§ 116 Satz 2 SGG, § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs. 4 Zivilprozessordnung (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Januar 2006 - B 1 KR 52/05 B - juris mwN).
Auch die Wegefähigkeit der Klägerin ist erhalten. Die Klägerin ist nach den schlüssigen Feststellungen insbesondere von Dr. T und Dr. S in der Lage, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in mindestens 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 21. März 2006 - B 5 RJ 51/04 R = SozR 4-2600 § 43 Nr. 8 mwN).
Durchgreifende Einwendungen gegen die gerichtlichen Sachverständigengutachten von Dr. T und von Dr. S hat die Klägerin nicht aufzuzeigen vermocht. Diese Sachverständigen haben anhand der von ihnen erhobenen Befunde eine in jeder Hinsicht nachvollziehbare, dh schlüssig sich auf die einzelnen Funktionseinschränkungen beziehende Leistungsbeurteilung abgegeben, die die Grundlage der gerichtlichen Überzeugung und damit Feststellungen bildet. Sie haben sich insbesondere ausführlich und nachvollziehbar mit den Vorbefunden auseinandergesetzt und, soweit sie von Feststellungen anderer Ärzte abgewichen sind, ihre Auffassungen detailliert und überzeugend begründet. Dr. S hat weiterhin zutreffend darauf hingewiesen, dass die abweichende Beurteilung der quantitativen Leistungsfähigkeit der Klägerin durch den Sachverständigen Dr. H im Sinne einer Einschränkung auf vier Stunden täglich auf der Grundlage der von ihm erhobenen Befunde nicht hinreichend begründet ist. Denn dessen Beurteilung im Gutachten vom 23. Oktober 2009 beruht nur zum Teil auf den HNO-ärztlichen Erkenntnissen betreffend den von der Klägerin geschilderten Drehschwindel. Insoweit konnte Dr. H zwar im Rahmen einer den Hirnstamm betreffenden Testung (zentral vestibuläre Testung) eine pa-thologische Optokinetik feststellen. Ferner ergaben sich bei dem der Unterscheidung zwischen Störungen des Gleichgewichtssinnes auf zerebraler, spinaler oder vestibulärer Ebene dienenden Romberg-Test pathologische Reaktionen. Bestimmte Funktionsprüfungen des Gleichgewichtsorgans (Sakkulus, Otholithen) konnten letztlich nicht durchgeführt werden, weil die Klägerin die hierfür erforderlichen Untersuchungsbedingungen nicht einhalten konnte oder wollte. Dr. H hat sich angesichts dieser jedenfalls hinsichtlich der Ursachen nicht eindeutigen neurootologischen Erkenntnisse veranlasst gesehen, ergänzend auf anderweitige (fachfremde) Untersuchungsergebnisse von Dr. B zurückzugreifen und schließlich in seinem Gutachten (S. 13) selbst eingeräumt, dass der Schwerpunkt der Untersuchungsergebnisse und der anamnestischen Angaben der Klägerin auf Störungen außerhalb seines Untersuchungsgebietes hinweise und aus (seiner) HNO-ärztlichen Sicht die ihm gestellten Beweisfragen nur "in eingeschränktem Maße" und insbesondere die Frage nach zeitlichen Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit der Klägerin "konkret" nur im Rahmen eines psychologischen Gutachtens beantwortet werden könnten. Die von Dr. H ungeachtet dieser von ihm selbst erkannten "Dürftigkeit" der vorliegenden Untersuchungsbefunde konstatierte Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit der Klägerin vermag weiterhin auch deshalb nicht zu überzeugen, weil sie sich wesentlich auf - nicht weiter hinterfragte - anamnestische Angaben der Klägerin zu ihrem Drehschwindel sowie die von ihm - fachfremd - diagnostizierte Einschränkung der Freiheitsgrade der Kopfgelenke stützt. Eine derartige Einschränkung der Freiheitsgerade der Kopfgelenke konnte der Sachverständige Dr. M in seinem Gutachten vom 20. März 2010 überdies nicht feststellen. Zutreffend weist Dr. M ferner darauf hin, dass die - bei Dr. H mit einer Frequenz von einmal pro Monat angegebenen - Drehschwindelanfälle der Klägerin lediglich eine qualitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin bedingen könnten.
Schließlich war auch der Antrag der Klägerin auf Einholung eines weiteren psychiatrischen Sachverständigengutachtens abzulehnen. Zu einer Einholung eines weiteren Gutachtens auf diesem Gebiet - ebenso wie auf anderen Fachgebieten - sah sich der Senat nicht gedrängt. Soweit die Klägerin gegen das aktuelle Gutachten von Dr. S Einwendungen erhoben hat, sind diese nicht geeignet, die Überzeugungskraft dieses Gutachtens in Frage zu stellen. So trifft es schlechthin nicht zu, dass sich Dr. S den Umstand, dass die Klägerin sich seit etwa einer Dekade nicht mehr im Arbeitsprozess befindet und nach ihrem Unfall "unzählige" Gutachten erstattet worden sind, nicht berücksichtigt hat. Die Gutachterin hat sich mit dem Auffahrunfall und dessen (behaupteten) Folgen sowie der anschließenden "Gutachtenodyssee" insbesondere in ihrer umfassenden und lückenlosen Wiedergabe der Aktenlage und in der Differentialdiagnose (vor allem bei der Diskussion eines posttraumatischen cervico-encephalen Syndroms) ausführlich und nachvollziehbar auseinandergesetzt. Gerade in Anbetracht der plastischen und überaus detaillierten Schilderung des schwierigen Begutachtungsgangs hält der Senat die Ausführungen von Dr. S in jeder Hinsicht für überzeugend. Dr. S hat auch sorgfältig die Einschätzungen der tätig gewordenen Gutachter sowie der behandelnden Ärzte bei ihrer eigenen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung berücksichtigt. Der Umstand, dass Dr. S in ihrem ausführlich begründeten Gutachten insoweit teilweise zu einem anderen Ergebnis gekommen ist als bestimmte behandelnde Ärzte oder Gutachter, ist ebenfalls kein Grund für eine erneute Begutachtung. Soweit Dr. S auf S. 43 des Gutachtens das Vorliegen einer zentralen vestibulären Störung verneint, befindet sie sich entgegen der Auffassung der Klägerin in Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr. M vom 20. März 2003, der in schlüssiger Auseinandersetzung mit dem Gutachter Dr. M-K ausdrücklich festgestellt hatte, dass sämtliche neurootologischen Untersuchungen keinen krankhaften Organbefund gezeigt hätten (vgl. Seite 14, 18, 20f des Gutachtens von Dr. M). Die Ausführungen der Gutachterin Dr. S beziehen sich dementsprechend auf die (auch von ihr verneinte) organische Genese der Schwindelsymptomatik der Klägerin und bewerten diese Symptomatik als lediglich psychogen verursacht. Schließlich ist es unerheblich, ob die Gutachterin Dr. Sverkennt, dass der Klägerin eine weitergehende Mitwirkung im Verfahren möglicherweise krankheitsbedingt nicht möglich war. Die Klägerin übersieht insoweit, dass eine möglicherweise krankheitsbedingte Einschränkung bei der Feststellung einer solchen Erkrankung - hier kam nach Einschätzung von Dr. S eine paranoide Persönlichkeitsstörung in Betracht - nicht dazu führen kann, dass ohne Weiteres zu Gunsten des jeweiligen Rentenantragstellers vom Vorliegen einer solchen Störung auszugehen wäre. Insoweit bleibt es dabei, dass die rentenbegehrende Klägerin die Feststellungslast für das Vorliegen von leistungslimitierenden Gesundheitsstörungen trägt. Soweit die Klägerin nunmehr meint, sie könne sich einer anderen Gutachterin eher "öffnen" und es seien deshalb bei einer weiteren psychiatrischen Begutachtung rentenrechtlich zu ihren Gunsten zu wertende Feststellungen zu ihrem Leistungsvermögen zu erwarten, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn es fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es der Klägerin aus in der Person der Gutachterin Dr. S liegenden Gründen oder aus einem von dem von der Gutachterin gewählten, im Übrigen überaus sensiblen und einfühlsamen Verfahrensgang herrührenden Misstrauen nicht möglich war, sich einer umfassenden psychiatrischen Untersuchung zu stellen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich Dr. S geweigert hatte, der Klägerin zu gestatten, eine Person ihres Vertrauens beizuziehen. Spätestens nachdem der Senat mit Schreiben vom 13. September 2013 unter Vorlage einer Kopie der Eheurkunde der Gutachterin vom 23. Juni 2012 auf deren Namensänderung hingewiesen hatte, konnte auch aus dem Umstand, dass die seit 23. Juni 2012 verheiratete Dr. S mit der Beweisanordnung vom 21. September 2012 noch unter ihrem früheren Namen zur Gutachterin bestellt wurde, kein Zweifel mehr an der Identität der vom Gericht bestellten Sachverständigen bestehen und gab es mithin keinen Anlass mehr für die Klägerin, der Gutachterin bei den Untersuchungen im April 2013 mit einem objektiv nicht begründbaren "Misstrauen" entgegen zu treten.
Darauf, ob die Klägerin einen ihrem verbliebenen täglichen Leistungsvermögen von mindestens sechs entsprechenden Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - in Betracht kommt z.B. eine Tätigkeit als Bürokraft oder als Pförtner - tatsächlich erhalten konnte und kann, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer - wie die Klägerin - kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellte und stellt, ist für die Feststellung von voller EM - wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hat - unerheblich (vgl § 43 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM) für die Zeit ab 1. Dezember 2005.
Die 1967 geborene Klägerin absolvierte von 1984 bis 1987 eine Ausbildung zur Facharbeiterin für Nachrichtentechnik und arbeitete bis 1989 in diesem Beruf. Sie war von 1990 bis 1993 als Dispatcher tätig. Von 1993 bis 1995 hatte sie Erziehungsurlaub. Ab 1995 war sie als Zählermonteurin bei der BEWAG tätig. 1998 stürzte sie bei Glatteis und fiel auf die rechte Schulter. Dieser Arbeitsunfall wurde folgenlos ausbehandelt. Im Juli 2001 stürzte die Klägerin von der Rutsche in einem Freizeitbad. Sie zog sich ein Hämatom am Kopf sowie eine schmerzhafte Einschränkung der Kopfbeweglichkeit zu. Nach einer u.a. im Anlegen einer Halskrawatte, der Gabe von Tabletten sowie einer psychiatrischen Behandlung bestehenden ärztlichen Versorgung konnte die Klägerin wieder arbeiten (Eingliederung nach Hamburger Modell im August 2002 bzw. Arbeitsaufnahme ab Februar 2003). Seit einem Auffahrautounfall am 20. August 2004, bei dem ein Fahrzeug von hinten auf den Firmenwagen der Klägerin geschoben wurde, ist die Klägerin arbeitsunfähig krank. Seit 22. Mai 2006 bezieht sie Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Anlässlich ihrer durch den Unfall vom 20. August 2004 bedingten stationären Aufnahme im Unfallkrankenhaus B wurde eine Halswirbelsäulendistorsion I. Grades nach Erdmann sowie eine Otolithenfunktionsstörung beidseits diagnostiziert. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) der Halswirbelsäule (HWS) am 24. August 2004 zeigte eine Chondrosis intervertebralis bei HWK 3/4 initialen Grades mit kleinstem medianen Bandscheibenvorfall, eine Spondylosis deformans geringen Grades bei HWK5/6 mit subligamentärem, dezent nach kaudal umgeschlagenem dorsalen Bandscheibenvorfall und eine Spondylosis deformans geringen Grades bei HWK 6/7 (vgl. Zwischenbericht Dr. L vom 31. August 2004). Nach dem neurologischen Befundbericht des Nervenarztes Dr. D vom 21. Oktober 2004 wurde die Klägerin am 20. Oktober 2004 in der BG-Ambulanz des Unfallkrankenhauses B neurologisch untersucht. Dabei klagte die Klägerin über einen Scheitelkopfschmerz und über häufig auftretenden ziehenden Kopfschmerz in der Hinterkopf-Nackenregion, in der Regel assoziiert mit einem rechtsseitigen Schulterblattschmerz, sowie über Schwindelerscheinungen. Sie gab ferner an, aufgrund zweier Vorunfälle habe sie nervliche Probleme bekommen und sei deshalb seit Jahren wegen einer Angststörung in nervenärztlicher Behandlung. Unter dem 1. November 2004 erstattete die Leitende Oberärztin des V Klinikums H - Funktionsbereich Psychotherapie - Dr. F der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE) aufgrund einer Untersuchung vom selben Tag folgenden Befundbericht: Die Klägerin leide unter stressabhängigen Kopfschmerzen, Ohrgeräuschen und Schwindelattacken sowie unter einer depressiven Verstimmung. Es sei eine ausgeprägte Schmerzfixierung mit Vermeidungsverhalten mit negativer Erwartungshaltung und hypochondrischer Selbstbeobachtung zu beobachten. Für die klassische Symptomtrias einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) finde sich keinerlei Anhalt. Das Unfallereignis sei auch nicht geeignet gewesen, eine PTBS hervorzurufen. Nach eigenen Angaben sei die Klägerin in nervenärztlicher ambulanter Behandlung, nachdem 1994 im Zusammenhang mit der Geburt ihrer Tochter erstmals eine depressive Erkrankung aufgetreten sei. Im Jahr 2000 habe u.a. eine stationäre Psychotherapie im Krankenhaus H bei depressiver und Somatisierungserkrankung stattgefunden. Das erneute Unfallereignis könne eine Gelegenheitsursache im Sinne einer Versuchungssituation für unbewusste Versorgungs- und Zuwendungswünsche darstellen, die die Klägerin nur über körperliche Beschwerden agieren könne. Das zu diagnostizierende chronifizierte Schmerzsyndrom im Rahmen depressiver Erkrankung bei prädisponierter Persönlichkeitsstruktur sei dringend durch Fortsetzung der Psychotherapie zu behandeln. In einem Zwischenbericht der Assistenzärztin am Unfallkrankenhaus B Dr. N vom 8. November 2004 wurde die Klägerin für arbeitsfähig ab dem 20. November 2004 gehalten. Aus unfallchirurgischer Sicht seien keinerlei Unfallfolgen mehr festzustellen. Es handele sich vielmehr um eine unspezifische chronische Beschwerdesymptomatik, die auf die im MRT festgestellten degenerativen Veränderungen der HWS zurückzuführen seien. Nachdem die BGFE es mit Schreiben vom 21. November 2004 und 9. März 2005 abgelehnt hatte, der Klägerin über den 20. November 2004 hinaus Verletztengeld zu zahlen, erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch. Der Orthopäde Dr. von F bescheinigte unter dem 18. Februar 2005 der Klägerin, seit 20. November 2004 im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen vom 20. August 2004 arbeitsunfähig zu sein. Auf Veranlassung der BGFE erstattete der Facharzt für HNO-Heilkunde, Allergologie/Umweltmedizin Dr. M-K aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 2. Mai 2005 ein HNO-fachärztliches, neurootologisches Gutachten vom 4. Mai 2005 (ergänzt am 4. Dezember 2005), in dem er folgende Diagnosen stellte: Zustand nach HWS-Weichteiltrauma mit posttraumatischer cervico-enzephaler Symptomatik, Störungen der zentralen Gleichgewichtsverarbeitung (hirnstammnah), des propriozeptiven Systems, beidseitige vestibulo-cochleäre Schädigung (beidseitige Otolithenfunktionsstörung), Störungen des optokinetischen Systems, zentrale Gleichgewichtsstörung, Tinnitus arium beidseits, Störungen der Optokinetik, Störungen des visuellen Systems, Cervico-Cephalgien, Hyperakusis, sensoneuroale Hörstörung beidseits. Bei der Klägerin liege nicht nur eine schwere otogene Gleichgewichtsfunktionsstörung vor, sondern es seien auch zentrale Strukturen der Gleichgewichtsverarbeitung geschädigt, hier besonders der Stammhirnbereich. Die Otolithenfunktionsstörung sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 20. August 2004 zurückzuführen. Der Radiologe Dr. F berichtete mit Schreiben vom 22. Juni 2005 über eine radiologische Untersuchung der Klägerin. Danach ergab sich bei der MRT-Untersuchung der Ligamenta alaria (Flügelbänder) kein eindeutiger Nachweis einer Verletzung. Dagegen sei bei der Funktions-CT eindeutig eine Funktionsstörung (dieser Bänder) festzustellen. Derartige funktionelle Kopfgelenksstörungen gingen in aller Regel mit einer komplexen Beschwerdesymptomatik (zervikoencephales Syndrom) einher. Der Nervenarzt Dr. B diagnostizierte in seinem Gutachten für die BGFE vom 23. März 2006: Hemiparese rechts, schwere Hirnleistungsminderung in der Psychometrie, Abfall von Vitalität und Belastbarkeit, leichte Polyneuropathie (unfallunabhängig), schwere Störungen der Glukose-Aufnahme der Hirnzellen im PET (Positronen-Emissions-Tomo-graphie, vgl. BB des Radiologen Dr. H vom 21. November 2005), Hörminderung, nach 2 Traumen des cranio-cervikalen Übergangs. Ferner stellte dieser Gutachter eine "chemische Belastung" der Klägerin "wahrscheinlich im Beruf und in der Freizeit (Chlorschwimmbad)" fest. Es bestehe kein vernünftiger Zweifel daran, dass "so schwere Unfälle" mit Verletzung des Schädel-HWS-Übergangs zu bleibenden Hirnschäden führten. Das angebliche Verschwinden der Unfallfolgen nach Erdmann oder die Erklärung der Unfallfolgen mit der so genannten Psychosomatik seien schon lange nicht mehr als medizinische Erkenntnisse aufrechtzuerhalten. Die Augenärztin Dr. Sch kam in ihrem Bericht vom 29. September 2006 an die BGFE zu dem Ergebnis, aus ophthalmologischer Sicht sei momentan ein Arbeitseinsatz der Klägerin von maximal 4 Stunden erlaubt. In ihrem Schreiben vom 8. November 2006 gab sie folgende Unfallfolgen an: Sehminderung bei Schwindel/erhöhte Blendempfindlichkeit und Bewegungsschmerz sowie langsamen Folgebewegungen/Gesichtsfeld mit genereller Absenkung der Empfindlichkeit/Asthenopie - Verschwommensehen verbunden mit Kopfschmerzen/Epiphora und Lichtscheu. Nach Brillenabgabe könnte eine schrittweise Wiedereingliederung entsprechend dem Hamburger Modell beginnend mit 3 - 4 Stunden veranlasst werden. Der HNO-Arzt Dr. K diagnostizierte in seinem Gutachten vom 8. November 2006 für die BGFE u.a. eine beidseitige überwiegend periphere Hemmung der kalorischen vestibulookulären Nystagmuserregbarkeit, eine cochleobasale Schallempfindungsschwerhörigkeit im Hochtonbereich beidseits, gestörte Amplitudenverhältnisse und Graphoelemente der akustisch evozierten Hirnstammpotentiale und Hirnrindenpotentiale in bestimmten Bereichen. In einem ebenfalls auf Veranlassung der BGFE erstellten Gutachten vom 24. Januar 2007 (Untersuchungstag: 22. Februar 2005) kommt der Facharzt für Neurochirurgie Dr. M zu dem Ergebnis, als Unfallfolgen lägen bei der Klägerin zu permanenten cervicoencephalen Symptomen führende instabile obere Halswirbel mit krankhaften Bewegungsabläufen zwischen C0/C1/C2 mit negativer Auswirkung auf den Hirnstamm vor. Der für die BGFE abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage des Dr. D (ärztlicher Direktor der Augenklinik B M) vom 30. März 2007 lässt sich entnehmen, dass sich die von der Klägerin angegebenen ophthal-mologischen Beschwerden nicht belegen ließen. Der Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde des Unfallkrankenhauses B Prof. Dr. E erstattete am 31. März 2007 für die BGFE ein HNO-fachärztliches Gutachten nach Aktenlage. Danach sei ein Zusammenhang der Schwindelbeschwerden der Klägerin mit dem Unfallereignis sicher gegeben. Angesichts fehlender aktueller Befunde der Otolithenfunktionsprüfungen, sei nicht festzulegen, ob und zu welchem Grad zum jetzigen Zeitpunkt eine Kompensation oder Chronifizierung eingetreten sei. Nach der ebenfalls nach Aktenlage erstellten gutachterlichen Stellungnahme des Direktors der Klinik für Neurologie des Unfallkrankenhauses B Dr. H vom 27. September 2007 sei die Qualität des Gutachtens von Dr. B problematisch. Objektive Befunde zur diagnostizierten Hemiparese lägen nicht vor. Bei dem fachneurochirurgischen Gutachten von Dr. M handele es sich (lediglich) um eine Beschwerdenaufzählung. Der in den Unterlagen enthaltene PET-Befund sei unspezifisch und könne nicht mit hinreichender Sicherheit auf eine unfallbedingte Schädigung des Gehirns bezogen werden. Hinsichtlich der psychischen Symptomatik sollte den Ausführungen von Dr. F gefolgt werden. Zusammenfassend sei einzuschätzen, dass sich bei der Klägerin keinerlei Hinweis auf eine durch den Unfall bedingte Schädigung des Nervensystems ergebe. Die BG Elektro Textil Feinmechanik (als Nachfolgerin der BGFE) wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2008 zurück und führte aus: Die Klägerin habe sich bei dem Auffahrunfall lediglich eine Distorsion der HWS leichten Grades (Typ Erdmann 1) zugezogen. Eine substantielle Hirnschädigung sei nicht eingetreten.
Die Klägerin war bereits mit Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales - Versorgungsamt - (LAGeSo) vom 18. Juni 2002 als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 20 auf Grund folgender Leiden anerkannt worden: Seelisches Leiden, Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei Fehlstellung und Verschleiß, Magenleiden, Darmverwachsungsbeschwerden. Mit Bescheid des LAGeSo vom 3. März 2006 wurde ihr unter Aufnahme der weiteren Funktionsbeeinträchtigung "Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen, Gleichgewichtsstörungen" ein GdB von 40 zuerkannt. Mit Abhilfebescheid des LAGeSo vom 5. Oktober 2006 wurde der GdB auf 50 erhöht und als zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung "muskuläre Verspannungen - Muskelreizerscheinungen der Wirbelsäule; außergewöhnliche Schmerzreaktion" aufgeführt. Schließlich wurde der Klägerin mit Bescheid des LAGeSo vom 18. Februar 2008 ein GdB von 70 festgestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, es lägen folgende Funktionsbeeinträchtiungen vor: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule; degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Muskelreizerscheinungen der Wirbelsäule, außergewöhnliche Schmerzreaktion; Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen, Gleichgewichtsstörungen, Beeinträchtigung der Gehirnfunktion, Seelisches Leiden; Magenleiden, Darmverwachsungsstörungen. Die Merkzeichen B, G und RF wurden nicht zuerkannt.
Unter dem 14. November 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (EM). Die Beklagte beauftragte den Orthopäden Dr. S mit der Erstellung eines orthopädischen und die Nervenärztin Dr. S mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Dr. S diagnostizierte in seinem Gutachten vom 18. Januar 2006 (Untersuchungstag: 13. Januar 2006) einen Zustand nach Distorsion der HWS, ein chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung rechts sowie ein chronisch rezidvierendes BWS-Syndrom und stellte fest, die Klägerin sei als Zählermonteurin aus orthopädischer Sicht voll leistungsfähig. Nach dem Gutachten von Dr. S vom 23. März 2006 (Untersuchungstag: 21.März 2006) litt die Klägerin unter einer anhaltend somatoformen Schmerzstörung, einem Zustand nach Distorsion der HWS mit Chronifizierung, Tinnitus sowie einem HWS-Syndrom mit rezidivierenden Cervicobrachialgien bei Fehlstellung und Fehlhaltung. Die geklagten Beschwerden seien vor dem Hintergrund der Persönlichkeitsstruktur und des Traumas von 2004 als somatoforme Schmerzstörung einzuordnen. Die Klägerin sei als Zählermonteurin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Meidung von Nachtschicht und Zeitdruck einsetzbar.
Mit Bescheid vom 29. März 2006 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin unter Hinweis auf die ärztlichen Untersuchungsergebnisse mit der Begründung ab, es liege weder eine teilweise noch eine volle EM vor. Den Widerspruch der Klägerin, den die Klägerin u.a. unter Hinweis auf ein Attest der Ärztin C-H und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H vom 23. März 2006 sowie einen Befundbericht des Allgemeinmediziners Dr. B begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2006 als unbegründet zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG B) Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Klägerin erstatten lassen, und zwar von dem HNO-Facharzt Dr. K vom 9. November 2006, Dr. H vom 22. November 2006, Dr. von F vom 16. November 2006, der Orthopädin Dr. L vom 30. November 2006, dem Internisten Dr. K und der Allgemeinmedizinerin Dipl.-Med. K vom 12. März 2007. Dem SG hat ferner ein Bericht des Bundeswehrkrankenhauses B (Dr. H) vom 15. März 2006 über eine stationäre Behandlung der Klägerin vom 27. Februar 2006 bis 6. März 2006, ein Bericht der Klinik für manuelle Medizin der Sana Kliniken S vom 2. März 2007 über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 18. September 2006 bis zum 30. September 2006, ein Bericht des Dr. M vom 23. Februar 2005, ein Untersuchungsbericht des Orthopäden F vom 8. November 2005, ein Bericht des Dr. H vom 21. November 2005, ein Untersuchungsbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L vom 5. Dezember 2005, ein psychodiagnostischer Befund der Dipl.-Psych. B vom 29. Dezember 2005, ein Bericht der Oberärztin S (Sana Kliniken S) vom 30. September 2006 und ein Schreiben eines Hörgeräteakustikers vom 1. Juli 2007 vorgelegen. Das SG hat den Arzt für Innere Medizin - Psychotherapie - Dr. T als Sachverständigen zwecks Erstellung eines Gutachtens auf allgemeinmedizinischem Gebiet eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem internistisch-orthopädischen Gutachten vom 17. November 2007 (Untersuchungstag: 5. Juli 2007) folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin mitgeteilt: Cervikalsyndrom nach stattgehabtem Schleudertrauma 2004 und Bandscheibenvorfall C5/C6 sowie mäßige degenerative Veränderungen, Spannungskopfschmerz; chronisches Schmerzsyndrom im Rahmen depressiver Erkrankung mit Somatisierungsstörung, Tinnitus aurium, Otolithenfunktionsstörung beidseits mit Schwindelsymptomatik, Sehminderung (visus 0,6 beidseits). Gegenüber den Vorbefunden sei nunmehr eine komplette Hemihypästhesie rechts sowie eine geringe Minderung der groben Kraft der rechten Extremitäten beobachtet bzw. angegeben worden. Die Klägerin könne täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Freien und/oder auch in geschlossenen Räumen unter Einfluss von Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, Staub und Zugluft, im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, teilweise am Computer und in festgelegtem Arbeitsrhythmus verrichten. Das Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg sei zumutbar. Arbeiten mit einseitiger körperlicher Belastung, mit besonderer Belastbarkeit der Beine, Tätigkeiten überwiegend am Computer, Zwangshaltungen, Nachtschichten und Wechsel von Früh- und Spätschicht seien ebenso zu vermeiden wie Arbeiten unter Zeitdruck, auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten, die eine besondere Belastbarkeit der Hals- und Brustwirbelsäule voraussetzten. Angesichts der bestehenden psychischen Störung sei die Klägerin in der Ausübung schwieriger geistiger Arbeiten eingeschränkt. Die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit insbesondere auch auf neue berufliche Aufgabenfelder sei derzeit noch als beeinträchtigt anzusehen. Tätigkeiten mit Publikumsverkehr größeren Ausmaßes seien als nicht zumutbar anzusehen. Dies spiele jedoch keine Rolle für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit der Zählermontiererin. Die Klägerin könne viermal täglich einen Fußweg von mehr als 500 m in jeweils 20 Minuten zurücklegen sowie zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Sie benötige keine Begleitperson. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden täglich. Es bestehe die Aussicht, dass die bestehende Leistungsminderung durch eine ein- bis zweijährige ambulante Psychotherapie mit begleitender Physiotherapie gebessert werden könne. Ein Widerspruch zum Gutachten von Dr. M-K bestehe nicht, denn die Folgen der Otolithenfunktionsstörung seien im Rahmen der Präzisierung des Leistungsvermögens mitberücksichtigt worden. Die Ausführungen des Dr. K sollten mit großen Zweifeln gesehen werden. Es bestehe der Eindruck, dass in dessen Praxis Menschen mit hohem Leidensdruck bei bestehenden psychischen Störungen und Somatisierungsstörungen die Diagnose Mitochondriopathie angeboten werde, was zunächst entlastend wirke, weil keine Psychogenese gesehen werden müsse. Bei der Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin durch die Ärzte Dr. H und Dr. L seien arbeitsmedizinische Aspekte nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Auffassung, eine vorübergehende Berentung würde Wege für eine bessere Behandlungsmöglichkeit öffnen, sei so nicht nachzuvollziehen. Eine Berentung würde die Klägerin eher in ihrer Sicht ihres Krankheitsbildes und des verminderten Leistungsvermögens bestärken. Die psychische Störung der Klägerin äußere sich in der eher depressiven Verstimmung und Verschiebung der inneren Konfliktspannung auf die Körpersymptomatik und -wahrnehmung mit entsprechenden Beschwerden wie Kopfschmerzen, überdeutlich gespürten und aggravierten Schmerzen sowie Gleichgewichtsstörungen. Vor dem Hintergrund der psychischen Störung gelinge es der Klägerin nicht, sich ausreichend von der Schmerzsymptomatik zu distanzieren, und ihr innerer Konflikt werde quasi auf die Körperebene geschoben.
Die Klägerin hat vorgetragen, es sei ihr objektiv aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich, ihre bisherige Tätigkeit oder auch andere Tätigkeiten auszuführen. Dr. T sei ihr gegenüber voreingenommen. Viele seiner Feststellungen unterstellten, dass sie sich ihre Krankheit und die daraus resultierenden Beeinträchtigungen lediglich einbilde. Ferner würden einerseits Befunde von Fachärzten herabgewürdigt oder gar nicht berücksichtigt und andererseits fehlerhafte Befundberichte trotz ihrer offensichtlichen Mängel mehrfach zitiert.
Mit Urteil vom 20. März 2008 hat das SG die zuletzt nur noch auf Gewährung von Rente wegen voller EM gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller EM. Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen könne sie mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen körperlich leichte Arbeiten mit bestimmten qualitativen Einschränkungen, die einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht entgegen stünden, noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Dies ergebe sich insbesondere aus dem ausführlichen, schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. T. Die Begründung der Abweichung von den Leistungseinschätzungen der behandelnden Ärzte sei nachvollziehbar, denn den behandelnden Ärzten müssten die rentenrechtlich relevanten Tatbestände bei der Ausübung ihrer Heilbehandlung nicht geläufig sein. Die Verwendung des Gutachtens von Dr. F sei ebenfalls nicht zu beanstanden, denn dieses einen hier nicht relevanten Fragenkomplex behandelnde Gutachten sei lediglich zur Darstellung der Krankengeschichte der Klägerin verwendet worden. Die Einschätzung des aktuellen rentenrechtlich relevanten Leistungsvermögens der Klägerin sei hingegen ersichtlich auf der Grundlage der Untersuchung von Dr. T erfolgt, der sein Gutachten ungeachtet der von ihm gewählten Bezeichnung im Stile eines allgemeinmedizinischen, sämtliche Gesundheitseinschränkungen der Klägerin berücksichtigenden Gutachtens gehalten habe. Im Ergebnis liege bei der Klägerin keine volle EM iSv § 43 Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) vor.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt vor: Aus den Feststellungen des Versorgungsamts, wonach sie mit einem Grad von 70 schwerbehindert sei, ergebe sich, dass außer Stande sei, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Das Gutachten von Dr. T sei fehlerhaft.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. März 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 29. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2006 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2005 zu gewähren.
Die Klägerin stellt weiterhin hilfsweise unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 18. November 2013 die Beweisanträge auf Vernehmung des Sachverständigen Dr. T sowie auf Einholung eines weiteren psychiatrischen Gutachtens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Beweisanträge wird auf den Schriftsatz vom 18. November 2013 verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG im Ergebnis für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 19. März 2009 den Leitenden Oberarzt der HNO-Klinik der Charité Campus Mitte Dr. H als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem HNO-ärztlichen Gutachten vom 23. Februar 2010 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin vom 12. Januar 2010 folgende Diagnosen mitgeteilt: Verdeutlichungstendenz/Aufmerksamkeitsdefizit in der Reintonaudiometrie (widerlegt in der Schwellen-BERA); regelrechtes peripher vestibuläres Bogengangsystem, regelrechte Utrikulusfunktion (Sakkulusfunktion nicht beurteilbar), pathologische zentralvestibuläre Testung, funktionelles Defizit der Freiheitsgrade in den Kopfgelenken (Rotation nach rechts), uneinheitliches Bild in den vestibulo-spinalen Reaktionen (nahezu regulärer Unterberg’scher Tretversuch bei pathologischen Schwankungsparametern auf der Luzerner Messplatte) sowie rezidivierende Schwindelattacken bei Zervico-Enzephalsyndrom. Unter Gewichtung des Zerviko-Enzephalsyndroms mit eingeschränktem Freiheitsgrad der Kopfgelenke, der nur auf Angaben der Klägerin gestützten Drehschwindelattacken von ca. 6 bis 24 Stunden (einmal pro Monat) sowie der Hinweise auf ein Aufmerksamkeits-Konzentrationsdefizit erscheine eine tägliche Arbeitszeit von 4 Stunden zumutbar. Denkbare Aufgaben könnten im Charakter eines Außendienstes ohne Montagearbeiten sein, im Innendienst wären Archivarbeiten zu erwägen. Der Sachverständige hat hinsichtlich der Notwendigkeit einer weiteren Begutachtung der Klägerin darauf hingewiesen, dass systematische Untersuchungsbefunde kaum greifbar seien. Zwar sei ein funktionelles Defizit der Kopfgelenke hinreichend belegt. Ungeklärt blieben jedoch die pathologischen zentral vestibulären Testungen, die mit keiner der durchgeführten bildmorphologischen Untersuchungsgänge erklärt werden könnten. Als Erklärung könne das nervenärztliche und testpsychologische Zusatzgutachten unter der Leitung von Dr. B herangezogen werden, mit dem eine stark eingeschränkte kognitiv mentale Leistungsfähigkeit und Leistungsdauer bescheinigt werde. Deshalb werde "zum jetzigen Zeitpunkt" kein neuro-psychiatrisches Zusatzgutachten empfohlen. Insgesamt sei von einer HWS-Distorsion mit chronifiziertem Schmerzsyndrom auszugehen, bei dem die peripher vestibuläre Funktion nicht im Hauptsächlichen eingeschränkt sei. Die Frage nach der quantitativen Leistungseinschränkung könne nur im Rahmen eines psychologischen Gutachtens beantwortet werden. Die Beklagte hat sich durch ihren sozialmedizinischen Dienst dahingehend geäußert, dass die durch Dr. H fachfremd festgestellte Störung von kognitiven Einbußen so nicht nachvollziehbar sei (Facharzt für Psychiatrie G vom 7. April 2010) bzw. aus den rein HNO-ärztlichen Befunden sich definitiv keine Leistungseinschränkung ableiten lasse. (Internistin Dr. H vom 21. April 2010). Der Senat hat ferner ein im Rechtsstreit S 25 U 306/08 (SG B) erstattetes Sachverständigengutachten des HNO-Facharztes Dr. M vom 20. März 2010 (Untersuchungstag: 18. März 2010) beigezogen, mit dem dieser Arzt einen Schwindel unklarer Genese, einen Zustand nach HWS-Distorsion, eine Deviation des Septum nasi/Hyperlasie der unteren Nasenmuschel beidseits sowie einen Verdacht auf psychosomatische Fehlentwicklung festgestellt und eine Erkrankung des Gleichgewichtsorgans und eine Hörstörung ausgeschlossen hat. Die Seitneigung des Kopfes sei gering eingeschränkt. Die (passive) Prüfung der Freiheitsgrade des Kopfgelenks sei bei schmerzbedingtem Widerstand nicht hinreichend möglich. Es bestehe ein nicht objektivierbarer, chronisch komplexer Tinnitus aurium beidseits. Die vestibulospinalen Reflexe der Klägerin hat Dr. M als normal bewertet (Romberg: sicher, unauffällig; Unterberger: sicher, keine Fallneigung keine Seitabweichung; verschärfter Romberg: sicher, nur geringe Unsicherheit, keine Fallneigung; Finger-Nase-Versuch, Diadochokinese: unauffällig, sicher). Mit den Bewertungen werde insbesondere abgewichen von den HNO-ärztlichen Gutachten vom 4. Mai 2005 und vom 4. Dezember 2005 (Dr. M-K), dessen Testergebnisse vom Gutachter in kaum nachvollziehbarer Weise interpretiert würden. Mit den Befunden und Beurteilungen des HNO-Gutachtens vom 12. Januar 2010 (Dr. H) bestehe weitgehende Übereinstimmung. Im Unterschied zu diesem Gutachten ergebe sich jedoch keine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin, denn die angegebenen Drehschwindelanfälle bedingten lediglich eine qualitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Aus HNO-ärztlicher Sicht sei eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Fehlen von objektivierbaren, nachvollziehbaren pathologischen Untersuchungsergebnissen und den seit Jahren bestehenden deutlichen Beschwerden nicht zu erklären. Es bestehe deshalb der dringende Verdacht auf eine psychosomatische Erkrankung bei vorbestehender depressiver Erkrankung im Sinne einer versorgungsneurotischen Fehlentwicklung. Mit Schreiben vom 1. Juni 2010, auf das Bezug genommen wird, hat die Klägerin u.a. gegen das Gutachten des Dr. M vorgebracht, dass dieser Gutachter nach eigenem Vorbringen nicht über die Voraussetzungen für eine umfangreiche HNO-ärztliche Untersuchung verfüge. Der Senat hat weiterhin ein im Verfahren S 25 U 306/08 vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie - Dr. A am 25. Mai 2011 nach Aktenlage erstattetes psychiatrisches Gutachten beigezogen. Dr. A ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin offensichtlich an einer - bereits in den 1990er Jahren durch Krankschreibungen manifest gewordenen - somatoformen Störung mit Somatisierungs- und Schmerzsymptomatik leide. Die "Gutachten" des Nervenarztes Dr. B und des ihm assoziierten Dipl.-Psych. K seien aufgrund gravierender Mängel - es würden lediglich Diagnosen postuliert, jedoch nicht objektiviert, stattdessen ungeeignete paraklinische Befunde zu scheinbaren Validierung herangezogen - unbrauchbar.
Der Senat hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2011 einen Befundbericht der Ärztin für Neurologie D-D vom 21. Mai 2012 nebst Ergänzung vom 12. Juni 2012 beigezogen und die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L (jetzt: S) zur Sachverständigen eingesetzt. Diese Ärztin hat in ihrem psychiatrischen Gutachten vom 27. Juli 2013 (Untersuchungstage: 17. und 23. April 2013) eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Eine rezidivierende depressive Störung sei gegenwärtig remittiert. Darüberhinaus bestehe ein Zustand nach HWS-Distorsion und ein Tinnitus. Aufgrund der geringen Mitarbeitsbereitschaft der Klägerin, die sich in einer Verschlossenheit über den gesamten Untersuchungszeitraum erstreckt habe und aufgrund des Misstrauens der Klägerin hätten die auslösendes Situation (für die Schmerzstörung), psychosoziale Belastungen und emotionale Konflikte nicht festgestellt werden können. Auffallend sei die hartnäckige Weigerung der Klägerin gewesen, zu akzeptieren, dass keine ausreichende körperliche Ursache für die Symptome vorläge. Das Denken der Klägerin sei auf die körperlichen Beschwerden eingeengt. Bei der Klägerin könne weder eine Somatisierungsstörung noch eine Neurasthenie, Konversionsstörung, motochondriale Encephalo-Myopathie oder eine PTBS festgestellt werden. Die Klägerin leide auch nicht unter einem posttraumatischen cervico-encephalen Syndrom. Dieses Syndrom umfasse Kopfschmerzen, Schwindelanfälle, Sehstörungen, Ohrenbrummen, Hörstörungen und auch Drop attacks (abruptes Stürzen). Diese - auch von der Klägerin geklagten - chronischen Beschwerden würden - nach einer entsprechenden wissenschaftlichen Diskussion - inzwischen nicht auf organische Ursachen zurückgeführt, sondern als somatoforme Störungen klassifiziert. Es gebe keine unfallbedingten kognitiven Leistungsstörungen im Spätstadium nach einer HWS-Distorsion. Generell seien psychologische Testuntersuchungen, wie z.B die PET, nicht geeignet, eine organische Hirnschädigung nachzuweisen. Hinschlich des geklagten Schwindels sei auf das Gutachten von Dr. M vom 20. März 2010 zu verweisen, der keine zentrale vestibuläre Störung habe feststellen können. Die Haltung der Klägerin im Begutachtungsprozess spreche für das Vorliegen einer paranoiden Persönlichkeitsstörung. Eine derartige Persönlichkeitsstörung könne jedoch mangels Angaben der Klägerin zu ihrer bisherigen Beziehungsgestaltung nicht diagnostiziert werden. Für die Prognose der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin lägen fast ausschließlich negative Faktoren vor (Krankheitsverlauf, Krankheitsverarbeitung, geringe Veränderungsmotivation, geringe Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe die Ergebnisse bisheriger ärztlicher Behandlungen, lange AU-Zeiten, Zeitpunkt der Rentenantragstellung, die geringe Verfügbarkeit von Ressourcen, fehlende soziale Unterstützung). Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit müsse ohne körperliche und neurologische Untersuchung sowie mit Fehlen von weiten Teilen der Anamnese erfolgen, da die Klägerin, bei der eindeutige Hinweise für eine Aggravation vorlägen, an der Befunderhebung nicht mitgewirkt bzw. diese bewusst verweigert habe. Die Klägerin sei nicht in der Lage, ihre Fehlhaltung aus eigener Kraft zu überwinden. Bei zumutbarer Willensanstrengung könne sie jedoch psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen und so die bei ihr vorliegende Störung überwinden. Die Klägerin könne im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen täglich acht Stunden körperlich bzw. geistig leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten. Sie könne ferner Wegstrecken von mehr als 500 m zurücklegen und dabei 500 m in höchstens 20 Minuten bewältigen. Unter dem 1. Oktober 2013 hat die für die Beklagte tätige Fachärztin für Nervenheilkunde Ch mitgeteilt, dem formal korrekten, vollständigen und sehr ausführlichen Gutachten von Dr. S sei zu folgen. Mit Schreiben vom 18. November 2013 hat die Klägerin vortragen lassen: Die Annahme des erstinstanzlichen Gutachters Dr. T, die Klägerin könne ihre Leistungsminderung mittels einer Psychotherapie binnen 1 - 2 Jahren überwinden, habe sich nicht bewahrheitet Ihr Zustand habe sich auch nach mehr als fünf Jahren nach Erstellung dieses Gutachtens nicht verbessert. Auf der Grundlage der von Dr. T festgestellten qualitativen Leistungsminderungen liege zudem ein atypischer Fall der Summierung vor. Das Gutachten von Dr. S könne nur "begrenzt" herangezogen werden, denn es beruhe in erster Linie auf der Beobachtung während des Begutachtungszeitraums. Es sei ein weiteres psychiatrisches Gutachten einzuholen. Die Gutachterin Dr. S verkenne, dass ihr fehlendes Mitwirken Teil der Erkrankung sei. Entgegen den Feststellungen von Dr. T komme Dr. S zu dem Ergebnis, dass bei ihr (der Klägerin) keinerlei Einschränkungen bei der Ausübung der Tätigkeiten vorhanden seien. Dr. S berücksichtige ferner nicht, dass Dr. M und Dr. M-K Gleichgewichtsstörungen festgestellt hätten.
Die die Klägerin betreffenden Akten der Beklagten, der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik (2 Bände), des LAGeSo - Versorgungsamt -, die Leistungsakten des Jobcenters B-M-H (4 Bände) sowie die Gerichtsakten (3 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, mit der diese mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ihr erstinstanzliches Begehren auf Gewährung von Rente wegen voller EM ab 1. Dezember 2005 weiter verfolgt, ist nicht begründet.
Die Klägerin hat für die Zeit ab 1. Dezember 2005 keinen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI).
Die Vorschrift des § 43 SGB VI setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM voraus (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss volle EM vorliegen (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens vermochte der Senat mit der für einen Vollbeweis erforderlichen Gewissheit keine Tatsachen festzustellen, aus denen sich in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 1. Dezember 2005 die Annahme voller EM der Klägerin iSv § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI herleiten ließe. Vielmehr verfügte und verfügt die Klägerin noch über ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen jedenfalls für leichte körperliche und ihrem Ausbildungs- und Berufsniveau entsprechende leichte bis mittelschwere geistige Arbeiten, mit dem sie im angegebenen Zeitraum regelmäßig einer vollschichtigen und damit auch mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann.
Dass die Klägerin über ein mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus den Gutachten der im vorliegenden Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen Dr. T und Dr. S sowie dem im Verfahren S 25 U 306/08 (SG B) erstatteten Gutachten von Dr. M. Dr. T und Dr. S haben - im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren herangezogenen Gutachtern Dr. S und Dr. S - der Klägerin übereinstimmend ein derartiges mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen bescheinigt.
Das vollschichtige bzw. mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen der Klägerin für körperlich leichte Tätigkeiten war nach den qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde oder entgegen gestanden hätte (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin kann insoweit nach den von dem Sachverständigen Dr. T getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden jedenfalls noch körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten, in festgelegtem Arbeitsrhythmus und teilweise am Computer, verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten in Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten unter Zeitdruck sowie in Nachtschicht und mit Wechsel von Früh- und Spätschicht. Arbeiten, die eine besondere Belastung der Hals- und Brustwirbelsäule voraussetzen bzw. das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg sind nicht zumutbar. Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen besteht aber - entgegen der Auffassung der Klägerin - weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5/4 RA 58/97 R - juris), die eine Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit zur Folge hätte. Dabei begründet lediglich die "Summierung" - notwendig also eine Mehrheit von wenigstens zwei ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen als tauglichen Summanden (vgl BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R = SozR 4-2600 § 43 Nr. 18) - die Benennungspflicht, nicht aber bereits das Zusammentreffen einer - potenziell - ungewöhnlichen mit einer oder mehrerer "gewöhnlicher" Leistungseinschränkungen (vgl. BSG aaO). Es liegen zwar bei der Klägerin Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinaus gingen, was inhaltlich vom Begriff der körperlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen waren aber nicht geeignet, sogar das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Sie sind daher von vornherein nicht ungewöhnlich. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen, im Wesentlichen der Ausschluss von Nachtschicht, von Arbeiten unter Zeitdruck, in Zwangshaltungen, auf Leitern und Gerüsten sowie die Beschränkung auf Lastgewichte bis zu 10 kg zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 - GS 2/95 = SozR - 3600 § 44 Nr. 8). Das Gleiche gilt hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten der Klägerin, die ihr nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. T und Dr. S jedenfalls leichte bis mittelschwere geistige Tätigkeiten erlauben und die keine nennenswerten Schwierigkeiten zumindest hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen, dem Ausbildungs- und Intelligenzniveau der Klägerin entsprechenden Arbeitsplatz mit derartigen Arbeiten erkennen lassen; nur eine besondere Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, die hier nach den Feststellungen der Sachverständigen Dr. S nicht feststellbar ist, hätte aber eine spezifische schwere Leistungsbehinderung darstellen können (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 104, 117). Soweit Dr. T in seinem Gutachten vom 17. November 2007 davon ausgeht, dass im Rahmen der (damals) bestehenden depressiven Erkrankung und Somatisierungsstörung die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit der Klägerin noch beeinträchtigt sei, liegt auch hierin keine besondere Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Im Übrigen ist die depressive Erkrankung der Klägerin nach den Feststellungen von Dr. S unterdessen remittiert.
Soweit die Klägerin mit ihrem Beweisantrag die Vernehmung des Sachverständigen Dr. T zwecks Feststellung des Vorliegens einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen begehrt hat, kam eine weitere Beweiserhebung nicht in Betracht, da es sich insoweit nicht um eine Tatsachenfrage, sondern eine ausschließlich vom Gericht zu beurteilende Rechtsfrage handelt. Sofern die Klägerin mit diesem Beweisantrag zugleich eine ergänzende Erläuterung des Gutachtens von Dr. T bezweckt, ist dem Antrag nicht zu folgen, weil Dr. T die Beweisfragen zu den qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit der Klägerin in sich widerspruchsfrei und vollständig beantwortet hat. Die von Dr. T als solche getroffenen medizinischen Feststellungen zieht die Klägerin auch gar nicht in Zweifel, zieht jedoch aus diesen Feststellungen andere rechtliche Folgerungen als das Gericht. Weshalb es hätte sachdienlich sein sollen, Dr. T nochmals zu den von ihm festgestellten qualitativen Leistungsminderungen zu hören bzw. zu befragen, ist dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen. Ungereimtheiten bzw. Unklarheiten weist das Gutachten nicht auf. Weiterer Aufklärungs- und Ermittlungsbedarf bestand auch nach Würdigung des Vorbringens der Klägerin nicht. Soweit die Klägerin aber beabsichtigen wollte, mit einer ergänzenden Befragung auf die gerichtliche Überzeugungsbildung im Hinblick auf die - freie (vgl. § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) - Würdigung des Gutachtens von Dr. T einzuwirken, besteht kein Befragungsrecht nach den §§ 116 Satz 2 SGG, § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs. 4 Zivilprozessordnung (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Januar 2006 - B 1 KR 52/05 B - juris mwN).
Auch die Wegefähigkeit der Klägerin ist erhalten. Die Klägerin ist nach den schlüssigen Feststellungen insbesondere von Dr. T und Dr. S in der Lage, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in mindestens 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen (vgl. zum Ganzen: BSG, Urteil vom 21. März 2006 - B 5 RJ 51/04 R = SozR 4-2600 § 43 Nr. 8 mwN).
Durchgreifende Einwendungen gegen die gerichtlichen Sachverständigengutachten von Dr. T und von Dr. S hat die Klägerin nicht aufzuzeigen vermocht. Diese Sachverständigen haben anhand der von ihnen erhobenen Befunde eine in jeder Hinsicht nachvollziehbare, dh schlüssig sich auf die einzelnen Funktionseinschränkungen beziehende Leistungsbeurteilung abgegeben, die die Grundlage der gerichtlichen Überzeugung und damit Feststellungen bildet. Sie haben sich insbesondere ausführlich und nachvollziehbar mit den Vorbefunden auseinandergesetzt und, soweit sie von Feststellungen anderer Ärzte abgewichen sind, ihre Auffassungen detailliert und überzeugend begründet. Dr. S hat weiterhin zutreffend darauf hingewiesen, dass die abweichende Beurteilung der quantitativen Leistungsfähigkeit der Klägerin durch den Sachverständigen Dr. H im Sinne einer Einschränkung auf vier Stunden täglich auf der Grundlage der von ihm erhobenen Befunde nicht hinreichend begründet ist. Denn dessen Beurteilung im Gutachten vom 23. Oktober 2009 beruht nur zum Teil auf den HNO-ärztlichen Erkenntnissen betreffend den von der Klägerin geschilderten Drehschwindel. Insoweit konnte Dr. H zwar im Rahmen einer den Hirnstamm betreffenden Testung (zentral vestibuläre Testung) eine pa-thologische Optokinetik feststellen. Ferner ergaben sich bei dem der Unterscheidung zwischen Störungen des Gleichgewichtssinnes auf zerebraler, spinaler oder vestibulärer Ebene dienenden Romberg-Test pathologische Reaktionen. Bestimmte Funktionsprüfungen des Gleichgewichtsorgans (Sakkulus, Otholithen) konnten letztlich nicht durchgeführt werden, weil die Klägerin die hierfür erforderlichen Untersuchungsbedingungen nicht einhalten konnte oder wollte. Dr. H hat sich angesichts dieser jedenfalls hinsichtlich der Ursachen nicht eindeutigen neurootologischen Erkenntnisse veranlasst gesehen, ergänzend auf anderweitige (fachfremde) Untersuchungsergebnisse von Dr. B zurückzugreifen und schließlich in seinem Gutachten (S. 13) selbst eingeräumt, dass der Schwerpunkt der Untersuchungsergebnisse und der anamnestischen Angaben der Klägerin auf Störungen außerhalb seines Untersuchungsgebietes hinweise und aus (seiner) HNO-ärztlichen Sicht die ihm gestellten Beweisfragen nur "in eingeschränktem Maße" und insbesondere die Frage nach zeitlichen Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit der Klägerin "konkret" nur im Rahmen eines psychologischen Gutachtens beantwortet werden könnten. Die von Dr. H ungeachtet dieser von ihm selbst erkannten "Dürftigkeit" der vorliegenden Untersuchungsbefunde konstatierte Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit der Klägerin vermag weiterhin auch deshalb nicht zu überzeugen, weil sie sich wesentlich auf - nicht weiter hinterfragte - anamnestische Angaben der Klägerin zu ihrem Drehschwindel sowie die von ihm - fachfremd - diagnostizierte Einschränkung der Freiheitsgrade der Kopfgelenke stützt. Eine derartige Einschränkung der Freiheitsgerade der Kopfgelenke konnte der Sachverständige Dr. M in seinem Gutachten vom 20. März 2010 überdies nicht feststellen. Zutreffend weist Dr. M ferner darauf hin, dass die - bei Dr. H mit einer Frequenz von einmal pro Monat angegebenen - Drehschwindelanfälle der Klägerin lediglich eine qualitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin bedingen könnten.
Schließlich war auch der Antrag der Klägerin auf Einholung eines weiteren psychiatrischen Sachverständigengutachtens abzulehnen. Zu einer Einholung eines weiteren Gutachtens auf diesem Gebiet - ebenso wie auf anderen Fachgebieten - sah sich der Senat nicht gedrängt. Soweit die Klägerin gegen das aktuelle Gutachten von Dr. S Einwendungen erhoben hat, sind diese nicht geeignet, die Überzeugungskraft dieses Gutachtens in Frage zu stellen. So trifft es schlechthin nicht zu, dass sich Dr. S den Umstand, dass die Klägerin sich seit etwa einer Dekade nicht mehr im Arbeitsprozess befindet und nach ihrem Unfall "unzählige" Gutachten erstattet worden sind, nicht berücksichtigt hat. Die Gutachterin hat sich mit dem Auffahrunfall und dessen (behaupteten) Folgen sowie der anschließenden "Gutachtenodyssee" insbesondere in ihrer umfassenden und lückenlosen Wiedergabe der Aktenlage und in der Differentialdiagnose (vor allem bei der Diskussion eines posttraumatischen cervico-encephalen Syndroms) ausführlich und nachvollziehbar auseinandergesetzt. Gerade in Anbetracht der plastischen und überaus detaillierten Schilderung des schwierigen Begutachtungsgangs hält der Senat die Ausführungen von Dr. S in jeder Hinsicht für überzeugend. Dr. S hat auch sorgfältig die Einschätzungen der tätig gewordenen Gutachter sowie der behandelnden Ärzte bei ihrer eigenen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung berücksichtigt. Der Umstand, dass Dr. S in ihrem ausführlich begründeten Gutachten insoweit teilweise zu einem anderen Ergebnis gekommen ist als bestimmte behandelnde Ärzte oder Gutachter, ist ebenfalls kein Grund für eine erneute Begutachtung. Soweit Dr. S auf S. 43 des Gutachtens das Vorliegen einer zentralen vestibulären Störung verneint, befindet sie sich entgegen der Auffassung der Klägerin in Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr. M vom 20. März 2003, der in schlüssiger Auseinandersetzung mit dem Gutachter Dr. M-K ausdrücklich festgestellt hatte, dass sämtliche neurootologischen Untersuchungen keinen krankhaften Organbefund gezeigt hätten (vgl. Seite 14, 18, 20f des Gutachtens von Dr. M). Die Ausführungen der Gutachterin Dr. S beziehen sich dementsprechend auf die (auch von ihr verneinte) organische Genese der Schwindelsymptomatik der Klägerin und bewerten diese Symptomatik als lediglich psychogen verursacht. Schließlich ist es unerheblich, ob die Gutachterin Dr. Sverkennt, dass der Klägerin eine weitergehende Mitwirkung im Verfahren möglicherweise krankheitsbedingt nicht möglich war. Die Klägerin übersieht insoweit, dass eine möglicherweise krankheitsbedingte Einschränkung bei der Feststellung einer solchen Erkrankung - hier kam nach Einschätzung von Dr. S eine paranoide Persönlichkeitsstörung in Betracht - nicht dazu führen kann, dass ohne Weiteres zu Gunsten des jeweiligen Rentenantragstellers vom Vorliegen einer solchen Störung auszugehen wäre. Insoweit bleibt es dabei, dass die rentenbegehrende Klägerin die Feststellungslast für das Vorliegen von leistungslimitierenden Gesundheitsstörungen trägt. Soweit die Klägerin nunmehr meint, sie könne sich einer anderen Gutachterin eher "öffnen" und es seien deshalb bei einer weiteren psychiatrischen Begutachtung rentenrechtlich zu ihren Gunsten zu wertende Feststellungen zu ihrem Leistungsvermögen zu erwarten, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn es fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es der Klägerin aus in der Person der Gutachterin Dr. S liegenden Gründen oder aus einem von dem von der Gutachterin gewählten, im Übrigen überaus sensiblen und einfühlsamen Verfahrensgang herrührenden Misstrauen nicht möglich war, sich einer umfassenden psychiatrischen Untersuchung zu stellen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich Dr. S geweigert hatte, der Klägerin zu gestatten, eine Person ihres Vertrauens beizuziehen. Spätestens nachdem der Senat mit Schreiben vom 13. September 2013 unter Vorlage einer Kopie der Eheurkunde der Gutachterin vom 23. Juni 2012 auf deren Namensänderung hingewiesen hatte, konnte auch aus dem Umstand, dass die seit 23. Juni 2012 verheiratete Dr. S mit der Beweisanordnung vom 21. September 2012 noch unter ihrem früheren Namen zur Gutachterin bestellt wurde, kein Zweifel mehr an der Identität der vom Gericht bestellten Sachverständigen bestehen und gab es mithin keinen Anlass mehr für die Klägerin, der Gutachterin bei den Untersuchungen im April 2013 mit einem objektiv nicht begründbaren "Misstrauen" entgegen zu treten.
Darauf, ob die Klägerin einen ihrem verbliebenen täglichen Leistungsvermögen von mindestens sechs entsprechenden Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - in Betracht kommt z.B. eine Tätigkeit als Bürokraft oder als Pförtner - tatsächlich erhalten konnte und kann, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer - wie die Klägerin - kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellte und stellt, ist für die Feststellung von voller EM - wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hat - unerheblich (vgl § 43 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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