Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 14 AS 1395/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1516/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 13. März 2013 wird als unzulässig verworfen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten höheres Arbeitslosengeld II von ca. 50 Euro monatlich für die Zeit vom 01. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012.
Der im August 1950 geborenen Klägerin und ihrem im März 1950 geborenen Ehemann G R, die als Bedarfsgemeinschaft in der Estraße in L wohnhaft sind, gewährte der Beklagte auf deren Antrag auf Weiterbewilligung mit Bescheid vom 10. November 2011 vorläufige Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 01. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012 in Höhe von 1.120,26 Euro monatlich (jeweils 328 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und jeweils 232,13 Euro für Unterkunft und Heizung).
Auf die dagegen jeweils am 14. November 2011 eingelegten Widersprüche der Klägerin und ihres Ehemannes, mit denen geltend gemacht wurde, die zum 01. Januar 2011 geänderten Regelbedarfe seien nicht berücksichtigt worden, erteilte der Beklagte den Änderungsbescheid vom 26. November 2011, mit dem Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01. Januar 2012 bis 31. Mai 2012 in Höhe von 1.138,26 Euro monatlich (jeweils 337 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und jeweils 232,13 Euro für Unterkunft und Heizung) festgesetzt wurden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2012 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin und ihres Ehemannes zurück: Der angefochtene Bescheid sei bezüglich des Zeitraumes vom 01. Dezember bis 31. Dezember 2011 nicht beanstandet worden. Aber auch für den Zeitraum vom 01. Januar bis 31. Mai 2012 sei dieser Bescheid nicht zu beanstanden. Ein rechtlich verbindlicher Anspruch auf den höheren Regelbedarf bestehe erst ab 01. Januar 2012. Mit dem Änderungsbescheid vom 26. November 2011 sei diese Anpassung vorgenommen worden.
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2012 verwarf der Beklagte den Widerspruch der Klägerin und der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft als unzulässig: Es fehle am Rechtsschutzbedürfnis, da bereits zuvor gegen den Bescheid vom 10. November 2011 Widerspruch eingelegt worden sei.
Dagegen hat die Klägerin am 28. Februar 2012 beim Sozialgericht Cottbus Klage erhoben.
Mit Änderungsbescheid vom 20. April 2012 verfügte der Beklagte, dass Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01. bis 31. Januar 2012 in Höhe von 1065,92 Euro (jeweils 300,83 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und jeweils 232,13 Euro für Unterkunft und Heizung) festgesetzt werden.
Mit Bescheiden vom 30. April 2012 forderte der Beklagte von der Klägerin und ihrem Ehemann jeweils Erstattung von 36,17 Euro für einen Erstattungszeitraum vom 01. bis 31. Januar 2012 und rechnete zugleich in monatlichen Raten in Höhe von jeweils 33,70 Euro gegen die zustehenden laufenden Leistungen ab Juni 2012 auf.
Die gegen die Bescheide vom 30. April 2012 eingelegten Widersprüche der Klägerin und ihres Ehemannes wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. August 2012 zurück.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Art und Weise der Ermittlung der Höhe der Regelbedarfe sei mit dem Grundgesetz (GG) nicht zu vereinbaren, so dass auch die Regelbedarfe für den Zeitraum vom 01. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 fehlerhaft seien. Der Beklagte habe außerdem die zum 01. Januar 2012 erfolgte Regelbedarfsänderung nicht berücksichtigt gehabt. Auf die Frage, ob der angegriffene Bescheid auch aus anderen Gründen rechtswidrig sei, komme es derzeit nicht an.
Nachdem das Sozialgericht die Klägerin unter Fristsetzung erfolglos aufgefordert hatte, die Höhe der geforderten Leistungen zu bezeichnen, hat es nach entsprechender Anhörung mit Gerichtsbescheid vom 13. März 2013 die Klage abgewiesen: Die Klage sei unzulässig. Sie sei zwar auf die Gewährung höherer Leistungen gerichtet. Das bloße Begehren höherer Leistungen sei jedoch noch nicht ausreichend, um den Gegenstand des Klagebegehrens hinreichend zu bezeichnen. Es sei wenigstens die ungefähre Höhe des verlangten Betrages anzugeben. Daran fehle es. Das Sozialgericht hat zudem ausgeführt, die Berufung sei zulässig, denn der Wert des Klagebegehrens sei nicht ermittelbar, so dass die Grundregel des § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) greife, und hat dementsprechend die Rechtsmittelbelehrung erteilt.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 03. Mai 2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 06. Mai 2013 eingelegte Berufung der Klägerin, neben der zugleich Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt worden ist.
Sie meint, die Berufung sei nicht statthaft, weil eine Beschwer von mehr als 750 Euro nicht erreicht werde. Irgendeiner Bezifferung des Antrages habe es nicht bedurft. Sinnvoller Weise könne die Klägerin monatliche Mehrleistungen in Höhe von ca. 50 Euro geltend machen, wozu die Kostenerstattung im Vorverfahren in Höhe von 57,12 Euro käme.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 13. März 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 10. November 2011 in der Fassung des Bescheides vom 26. November 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14. Februar 2012 und in der Fassung des Bescheides vom 20. April 2012 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 01. November 2011 bis 31. Mai 2012 ein um ca. 50 Euro monatlich höheres Arbeitslosengeld II zu bewilligen sowie 57,12 Euro Kosten des Vorverfahrens zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er meint, es sei bereits fraglich, ob die Berufung zulässig sei. Ungeachtet dessen sei jedenfalls die Klage unzulässig. Im Übrigen werde auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12. Juli 2012 (B 14 AS 153/11 R und B 14 AS 189/11 R) hingewiesen. Die dagegen eingelegten Verfassungsbeschwerden seien vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht zur Entscheidung angenommen worden.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten Band IV und V des Beklagten ( ), die Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung ist, da sie nicht statthaft ist, nach § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt, es sei denn, die Berufung betrifft wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr.
Diese Voraussetzungen haben bei Erlass des Gerichtsbescheides allerdings vorgelegen, so dass die Berufung an sich statthaft wäre.
Bei einem unbezifferten Antrag muss das Gericht grundsätzlich den Wert ermitteln. Es kann dabei auf übereinstimmende Angaben der Beteiligten zurückgreifen, wenn diese vertretbar sind und Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit oder für einen Widerspruch zu eindeutigen gesetzlichen Regelungen nicht vorliegen, wobei überschlägige Berechnungen ausreichen können. Bei divergierenden Angaben kann auf die Angaben des Klägers zurückgegriffen werden, denn dieser könnte ohnehin durch die Bezifferung seines Antrages den Wert, insbesondere bei einer Geldleistung, festlegen. Lässt sich trotz aller Bemühungen des Gerichts ein Wert nicht bestimmen, muss im Ergebnis die Grundregel des § 143 SGG, wonach gegen die Urteile der Sozialgerichte und gegen deren Gerichtsbescheide, denn nach § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG gelten die Vorschriften über Urteile entsprechend, die Berufung stattfindet, greifen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Auflage, § 144 Rdnr. 15 b).
Davon ausgehend ist bei Erlass des Gerichtsbescheides völlig offen gewesen, ob eine Beschränkung der Berufung gegeben ist, so dass die vom Sozialgericht erteilte Rechtsmittelbelehrung, wonach die Berufung zulässig ist, sich als zutreffend erweist.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage neben der Erstattung der Kosten des Vorverfahrens höhere Grundsicherungsleistungen begehrt. Sie ist dabei davon ausgegangen, dass die Art und Weise der Ermittlung der Höhe der Regelbedarfe nicht mit dem GG zu vereinbaren ist. Ausdrücklich offengelassen hat sie die Frage, ob der angegriffene Bescheid noch aus anderen Gründen rechtswidrig sein könnte. Bei dieser Sachlage steht der Wert des Klagebegehrens, unabhängig davon, ob dies bereits mangels hinreichender Bestimmtheit des Streitgegenstandes die Unzulässigkeit der Klage zur Folge hätte, nicht fest. Die Klägerin hat auch in keiner Weise deutlich gemacht, weswegen die Regelbedarfe verfassungswidrig seien und ab welcher Höhe ein verfassungsgemäßer Zustand erreicht sei. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts einem Kläger darzulegen, ob und in welchem Umfang ein Gesetz verfassungswidrig sein könnte, und ihm vorzugeben, was dieser daher zu beanspruchen hätte. Vielmehr entscheidet das Gericht nach § 123 SGG über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. § 123 SGG ist Ausdruck der Dispositionsmaxime. Das Gericht gewährt Rechtsschutz nicht von Amts wegen, sondern nur und insoweit es der Kläger beantragt. Das Gericht darf somit nicht mehr zusprechen und nichts anderes zusprechen als vom Kläger gewollt (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 123 Rdnrn. 1 und 4). Ist jedoch der Kläger derjenige, der den Streitgegenstand durch Bezeichnung des erhobenen Anspruches festlegt, ist es insbesondere bei Geldleistungsansprüchen allein der Kläger, der den Wert des Klagebegehrens bestimmt (und bestimmen darf). Genügt er dieser Obliegenheit nicht, ergibt sich daraus Folgendes: Zum einen könnte seine Klage mangels hinreichender Bestimmtheit bereits unzulässig sein; bei gleichwohl zulässiger Klage ginge er zumindest das Risiko ein, dass seinem Begehren nach einer höheren Leistung bereits durch Zuerkennung eines Betrages von 0,01 Euro entsprochen wäre, ohne dass er insoweit weiter beschwert wäre. Zum anderen ist die Berufung zulässig, denn die Beschränkung der Berufung ist gesetzestechnisch als Ausnahmetatbestand formuliert, so dass die Voraussetzungen für eine Beschränkung der Berufung (positiv) festgestellt sein müssen. Der Wert des Klagebegehrens der Klägerin ist bei Erlass des Gerichtsbescheides jedoch nicht feststellbar gewesen, denn die Klägerin hat auch nach Aufforderung des Sozialgerichts die begehrte Höhe der Geldleistung nicht angegeben.
Jedoch kommt es für die Frage, ob die Berufung ohne Zulassung statthaft ist oder nicht, auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an, der danach zu bestimmen ist, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiterverfolgt wird. Maßgebender Zeitpunkt ist dabei grundsätzlich der Zeitpunkt der Einlegung der Berufung. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist somit niedriger als die Beschwer, wenn der Berufungskläger sein Begehren im Berufungsverfahren nicht in vollem Umfang weiterverfolgt (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 144 Rdnrn. 14 und 19).
Der danach maßgebende Wert des Beschwerdegegenstandes erreicht 750 Euro nicht, so dass die Berufung nicht statthaft ist.
Um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr geht es vorliegend nicht, denn mit den angefochtenen Bescheiden wurden Leistungen nach dem SGB II lediglich für den Zeitraum vom 01. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012 bewilligt.
Auch wenn alle im Berufungsverfahren geltend gemachten und nach dem vorliegenden Sachverhalt in Betracht kommenden Geldleistungen nach § 202 SGG i. V. m. § 5 erster Halbsatz Zivilprozessordnung (ZPO), wonach mehrere in einer Klage geltend gemachten Ansprüche zusammengerechnet werden, sofern die Ansprüche nicht wirtschaftlich identisch sind (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 144 Rdnrn. 16 und 18), zusammengerechnet werden, wird mit monatlichen Mehrleistungen in Höhe von ca. 50 Euro für sechs Monate zuzüglich einer Kostenerstattung im Vorverfahren in Höhe von 57,12 Euro und eines weiteren Betrages für Januar 2012 von 36,17 Euro, also mit insgesamt ca. 393,29 Euro der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro nicht erreicht.
Die danach nicht statthafte Berufung ist daher als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten höheres Arbeitslosengeld II von ca. 50 Euro monatlich für die Zeit vom 01. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012.
Der im August 1950 geborenen Klägerin und ihrem im März 1950 geborenen Ehemann G R, die als Bedarfsgemeinschaft in der Estraße in L wohnhaft sind, gewährte der Beklagte auf deren Antrag auf Weiterbewilligung mit Bescheid vom 10. November 2011 vorläufige Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 01. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012 in Höhe von 1.120,26 Euro monatlich (jeweils 328 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und jeweils 232,13 Euro für Unterkunft und Heizung).
Auf die dagegen jeweils am 14. November 2011 eingelegten Widersprüche der Klägerin und ihres Ehemannes, mit denen geltend gemacht wurde, die zum 01. Januar 2011 geänderten Regelbedarfe seien nicht berücksichtigt worden, erteilte der Beklagte den Änderungsbescheid vom 26. November 2011, mit dem Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01. Januar 2012 bis 31. Mai 2012 in Höhe von 1.138,26 Euro monatlich (jeweils 337 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und jeweils 232,13 Euro für Unterkunft und Heizung) festgesetzt wurden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2012 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin und ihres Ehemannes zurück: Der angefochtene Bescheid sei bezüglich des Zeitraumes vom 01. Dezember bis 31. Dezember 2011 nicht beanstandet worden. Aber auch für den Zeitraum vom 01. Januar bis 31. Mai 2012 sei dieser Bescheid nicht zu beanstanden. Ein rechtlich verbindlicher Anspruch auf den höheren Regelbedarf bestehe erst ab 01. Januar 2012. Mit dem Änderungsbescheid vom 26. November 2011 sei diese Anpassung vorgenommen worden.
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2012 verwarf der Beklagte den Widerspruch der Klägerin und der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft als unzulässig: Es fehle am Rechtsschutzbedürfnis, da bereits zuvor gegen den Bescheid vom 10. November 2011 Widerspruch eingelegt worden sei.
Dagegen hat die Klägerin am 28. Februar 2012 beim Sozialgericht Cottbus Klage erhoben.
Mit Änderungsbescheid vom 20. April 2012 verfügte der Beklagte, dass Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01. bis 31. Januar 2012 in Höhe von 1065,92 Euro (jeweils 300,83 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und jeweils 232,13 Euro für Unterkunft und Heizung) festgesetzt werden.
Mit Bescheiden vom 30. April 2012 forderte der Beklagte von der Klägerin und ihrem Ehemann jeweils Erstattung von 36,17 Euro für einen Erstattungszeitraum vom 01. bis 31. Januar 2012 und rechnete zugleich in monatlichen Raten in Höhe von jeweils 33,70 Euro gegen die zustehenden laufenden Leistungen ab Juni 2012 auf.
Die gegen die Bescheide vom 30. April 2012 eingelegten Widersprüche der Klägerin und ihres Ehemannes wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. August 2012 zurück.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Art und Weise der Ermittlung der Höhe der Regelbedarfe sei mit dem Grundgesetz (GG) nicht zu vereinbaren, so dass auch die Regelbedarfe für den Zeitraum vom 01. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 fehlerhaft seien. Der Beklagte habe außerdem die zum 01. Januar 2012 erfolgte Regelbedarfsänderung nicht berücksichtigt gehabt. Auf die Frage, ob der angegriffene Bescheid auch aus anderen Gründen rechtswidrig sei, komme es derzeit nicht an.
Nachdem das Sozialgericht die Klägerin unter Fristsetzung erfolglos aufgefordert hatte, die Höhe der geforderten Leistungen zu bezeichnen, hat es nach entsprechender Anhörung mit Gerichtsbescheid vom 13. März 2013 die Klage abgewiesen: Die Klage sei unzulässig. Sie sei zwar auf die Gewährung höherer Leistungen gerichtet. Das bloße Begehren höherer Leistungen sei jedoch noch nicht ausreichend, um den Gegenstand des Klagebegehrens hinreichend zu bezeichnen. Es sei wenigstens die ungefähre Höhe des verlangten Betrages anzugeben. Daran fehle es. Das Sozialgericht hat zudem ausgeführt, die Berufung sei zulässig, denn der Wert des Klagebegehrens sei nicht ermittelbar, so dass die Grundregel des § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) greife, und hat dementsprechend die Rechtsmittelbelehrung erteilt.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 03. Mai 2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 06. Mai 2013 eingelegte Berufung der Klägerin, neben der zugleich Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt worden ist.
Sie meint, die Berufung sei nicht statthaft, weil eine Beschwer von mehr als 750 Euro nicht erreicht werde. Irgendeiner Bezifferung des Antrages habe es nicht bedurft. Sinnvoller Weise könne die Klägerin monatliche Mehrleistungen in Höhe von ca. 50 Euro geltend machen, wozu die Kostenerstattung im Vorverfahren in Höhe von 57,12 Euro käme.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 13. März 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 10. November 2011 in der Fassung des Bescheides vom 26. November 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14. Februar 2012 und in der Fassung des Bescheides vom 20. April 2012 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 01. November 2011 bis 31. Mai 2012 ein um ca. 50 Euro monatlich höheres Arbeitslosengeld II zu bewilligen sowie 57,12 Euro Kosten des Vorverfahrens zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er meint, es sei bereits fraglich, ob die Berufung zulässig sei. Ungeachtet dessen sei jedenfalls die Klage unzulässig. Im Übrigen werde auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12. Juli 2012 (B 14 AS 153/11 R und B 14 AS 189/11 R) hingewiesen. Die dagegen eingelegten Verfassungsbeschwerden seien vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht zur Entscheidung angenommen worden.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten Band IV und V des Beklagten ( ), die Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung ist, da sie nicht statthaft ist, nach § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt, es sei denn, die Berufung betrifft wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr.
Diese Voraussetzungen haben bei Erlass des Gerichtsbescheides allerdings vorgelegen, so dass die Berufung an sich statthaft wäre.
Bei einem unbezifferten Antrag muss das Gericht grundsätzlich den Wert ermitteln. Es kann dabei auf übereinstimmende Angaben der Beteiligten zurückgreifen, wenn diese vertretbar sind und Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit oder für einen Widerspruch zu eindeutigen gesetzlichen Regelungen nicht vorliegen, wobei überschlägige Berechnungen ausreichen können. Bei divergierenden Angaben kann auf die Angaben des Klägers zurückgegriffen werden, denn dieser könnte ohnehin durch die Bezifferung seines Antrages den Wert, insbesondere bei einer Geldleistung, festlegen. Lässt sich trotz aller Bemühungen des Gerichts ein Wert nicht bestimmen, muss im Ergebnis die Grundregel des § 143 SGG, wonach gegen die Urteile der Sozialgerichte und gegen deren Gerichtsbescheide, denn nach § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG gelten die Vorschriften über Urteile entsprechend, die Berufung stattfindet, greifen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Auflage, § 144 Rdnr. 15 b).
Davon ausgehend ist bei Erlass des Gerichtsbescheides völlig offen gewesen, ob eine Beschränkung der Berufung gegeben ist, so dass die vom Sozialgericht erteilte Rechtsmittelbelehrung, wonach die Berufung zulässig ist, sich als zutreffend erweist.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage neben der Erstattung der Kosten des Vorverfahrens höhere Grundsicherungsleistungen begehrt. Sie ist dabei davon ausgegangen, dass die Art und Weise der Ermittlung der Höhe der Regelbedarfe nicht mit dem GG zu vereinbaren ist. Ausdrücklich offengelassen hat sie die Frage, ob der angegriffene Bescheid noch aus anderen Gründen rechtswidrig sein könnte. Bei dieser Sachlage steht der Wert des Klagebegehrens, unabhängig davon, ob dies bereits mangels hinreichender Bestimmtheit des Streitgegenstandes die Unzulässigkeit der Klage zur Folge hätte, nicht fest. Die Klägerin hat auch in keiner Weise deutlich gemacht, weswegen die Regelbedarfe verfassungswidrig seien und ab welcher Höhe ein verfassungsgemäßer Zustand erreicht sei. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts einem Kläger darzulegen, ob und in welchem Umfang ein Gesetz verfassungswidrig sein könnte, und ihm vorzugeben, was dieser daher zu beanspruchen hätte. Vielmehr entscheidet das Gericht nach § 123 SGG über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. § 123 SGG ist Ausdruck der Dispositionsmaxime. Das Gericht gewährt Rechtsschutz nicht von Amts wegen, sondern nur und insoweit es der Kläger beantragt. Das Gericht darf somit nicht mehr zusprechen und nichts anderes zusprechen als vom Kläger gewollt (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 123 Rdnrn. 1 und 4). Ist jedoch der Kläger derjenige, der den Streitgegenstand durch Bezeichnung des erhobenen Anspruches festlegt, ist es insbesondere bei Geldleistungsansprüchen allein der Kläger, der den Wert des Klagebegehrens bestimmt (und bestimmen darf). Genügt er dieser Obliegenheit nicht, ergibt sich daraus Folgendes: Zum einen könnte seine Klage mangels hinreichender Bestimmtheit bereits unzulässig sein; bei gleichwohl zulässiger Klage ginge er zumindest das Risiko ein, dass seinem Begehren nach einer höheren Leistung bereits durch Zuerkennung eines Betrages von 0,01 Euro entsprochen wäre, ohne dass er insoweit weiter beschwert wäre. Zum anderen ist die Berufung zulässig, denn die Beschränkung der Berufung ist gesetzestechnisch als Ausnahmetatbestand formuliert, so dass die Voraussetzungen für eine Beschränkung der Berufung (positiv) festgestellt sein müssen. Der Wert des Klagebegehrens der Klägerin ist bei Erlass des Gerichtsbescheides jedoch nicht feststellbar gewesen, denn die Klägerin hat auch nach Aufforderung des Sozialgerichts die begehrte Höhe der Geldleistung nicht angegeben.
Jedoch kommt es für die Frage, ob die Berufung ohne Zulassung statthaft ist oder nicht, auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an, der danach zu bestimmen ist, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiterverfolgt wird. Maßgebender Zeitpunkt ist dabei grundsätzlich der Zeitpunkt der Einlegung der Berufung. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist somit niedriger als die Beschwer, wenn der Berufungskläger sein Begehren im Berufungsverfahren nicht in vollem Umfang weiterverfolgt (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 144 Rdnrn. 14 und 19).
Der danach maßgebende Wert des Beschwerdegegenstandes erreicht 750 Euro nicht, so dass die Berufung nicht statthaft ist.
Um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr geht es vorliegend nicht, denn mit den angefochtenen Bescheiden wurden Leistungen nach dem SGB II lediglich für den Zeitraum vom 01. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012 bewilligt.
Auch wenn alle im Berufungsverfahren geltend gemachten und nach dem vorliegenden Sachverhalt in Betracht kommenden Geldleistungen nach § 202 SGG i. V. m. § 5 erster Halbsatz Zivilprozessordnung (ZPO), wonach mehrere in einer Klage geltend gemachten Ansprüche zusammengerechnet werden, sofern die Ansprüche nicht wirtschaftlich identisch sind (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 144 Rdnrn. 16 und 18), zusammengerechnet werden, wird mit monatlichen Mehrleistungen in Höhe von ca. 50 Euro für sechs Monate zuzüglich einer Kostenerstattung im Vorverfahren in Höhe von 57,12 Euro und eines weiteren Betrages für Januar 2012 von 36,17 Euro, also mit insgesamt ca. 393,29 Euro der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro nicht erreicht.
Die danach nicht statthafte Berufung ist daher als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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