L 9 KR 269/14 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 214/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 269/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zum Vergütungsanspruch eines Leistungserbringers gegen einen Versicherten für eine von der Krankenkasse bewilligte Behandlungspflege in einer stationären Pflegeeinrichtung
Die F-Klinik, S S R GmbH, vertreten durch ihre Geschäftsführerin Frau F T, Fstraße, B wird zu dem Verfahren beigeladen. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 2014 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin S wird abgelehnt.

Gründe:

1.) Nach § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet der Vorsitzende über die Beschwerde allein, weil es sich um einen dringenden Fall i.S.d. genannten Vorschrift handelt. Die Entscheidung duldet keinen weiteren Aufschub, weil die Fortsetzung der Versorgung des schwerstkranken Antragstellers in der Einrichtung der Beigeladenen ungewiss ist, wenn keine sofortige gerichtliche Klärung der Leistungs- und Vergütungsansprüche im Dreiecksverhältnis zwischen Versichertem, gesetzlicher Krankenkasse und Leistungserbringer erfolgt.

2.) Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 2014 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag des Antragstellers, ihm im Rahmen häuslicher Krankenpflege Behandlungspflege in Heimen für Wachkomapatienten/Apalliker zu gewähren, rechtsfehlerfrei abgelehnt. Denn der Antragsteller hat für sein Begehren kein rechtlich schutzwürdiges Interesse mehr, nachdem die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 20. Januar 2014, 21. Februar 2014 und 05. März 2014 die begehrte Leistung für den Zeitraum vom 01. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014 als Sachleistung bewilligt und die Übernahme der Kosten i.S.d. § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X) zugesichert hat. Diese Zusicherung erfasst auch die Höhe der Vergütung der streitigen Leistung entsprechend einer noch zu schließenden Vergütungsvereinbarung nach § 132a Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen bzw. entsprechend einer Vergütungsvereinbarung zwischen der AOK Nordost und der Beigeladenen (Schreiben vom 20. Januar 2014 bzw. Schreiben im vorliegenden Verfahren vom 21. Februar 2014 Seite 2). Zur Vermeidung weiterer Verfahren und zur Klärung der Rechtslage zwischen den Beteiligten weist der Senat auf Folgendes hin:

3.) Mit der Bewilligung der begehrten Behandlungspflege durch die Antragsgegnerin erwirbt der Antragsteller einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf diese Leistung als Sachleistung gegen die Antragsgegnerin. Diese bedient sich zur Erbringung dieser Leistung der Beigeladenen, der sie im Rahmen der bewilligten häuslichen Krankenpflege für diese Leistung täglich 35,00 EUR gezahlt hat und zahlt, die von der Beigeladenen entgegengenommen wurden und werden; wie etwa die bei der Akte befindlichen Schreiben der Beigeladenen vom 27. Januar 2014 und vom 13. März 2014 dokumentieren, hat die Beigeladene direkt mit der Antragsgegnerin über die Höhe der von dieser im Rahmen der Erbringung der häuslichen Krankenpflege zu zahlenden Vergütung verhandelt, auf die Vergütungsvereinbarung mit anderen gesetzlichen Krankenkassen verwiesen und die mit diesen ausgehandelten Pflegesätze auch von der Antragsgegnerin für die Erbringung der Behandlungspflege im vorliegenden Fall verlangt. Damit hat sie eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie die Behandlungspflege als Leistungserbringerin im Rahmen des SGB V für die Antragsgegnerin erbringt.

4.) Daraus folgt: Der Beigeladenen steht für die Erbringung dieser Leistung gegen den Antragsteller kein Vergütungsanspruch (mehr) zu; das gilt für den gesamten Zeitraum, in dem die Antragsgegnerin ihre Leistungspflicht anerkannt hat oder in der sie von den Sozialgerichten zur Erbringung dieser Leistung – sei es im Hauptsacheverfahren oder in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – verpflichtet worden ist. Der Vergütungsanspruch der Beigeladenen richtet sich - unbeschadet der zwischen ihr und dem Antragsteller geschlossenen Verträge – ausschließlich gegen die Antragsgegnerin und muss auch von ihr im Vergütungsstreit vor den Sozialgerichten gegen die Antragsgegnerin durchgesetzt werden. Denn sie erbringt die Behandlungspflege im Leistungsverhältnis mit der und für die Antragsgegnerin und nicht auf Grund des Vertrages mit dem Antragsteller (ständige Rechtsprechung des Senats: vgl. Urteil des Senats vom 08. Oktober 2008, L 9 KR 37/03 im Anschluss an BSGE 89, 39). Daraus folgt weiter: Erfüllt die Antragsgegnerin ihre Zahlungspflichten für die Behandlungspflege nicht (vollständig), kommt der Antragsteller mangels einer eigenen Zahlungspflicht für diese Leistung auch nicht in Verzug und ihm kann auch deshalb der Behandlungs- und Unterbringungsvertrag nicht gekündigt werden. Die Beigeladene kann diese Folgen nur vermeiden, in dem sie Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen, mit denen sie keine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen hat, nicht aufnimmt oder ausschließlich privat behandelt.

5.) Die Antragsgegnerin hat sich zur Erbringung der Behandlungspflege durch die oben genannten Schreiben, die Bescheide i.S.d. § 31 SGB X darstellen, verpflichtet; sie muss deshalb die dafür entstehende Vergütung an die Beigeladene zahlen. Diese erwirbt einen Vergütungsanspruch unmittelbar gegen die Antragsgegnerin. Die Höhe der Vergütung ist zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen in einer Vergütungsvereinbarung nach § 132a Abs. 2 SGB V zu regeln. Welche rechtlichen Konsequenzen es hätte, wenn zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen auf Dauer keine Vergütungsvereinbarung geschlossen würde, braucht hier nicht näher untersucht zu werden; die Klärung dieser Rechtsfrage wäre einem Vergütungsstreit zwischen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin vorbehalten. Zumindest hat die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren durch Schreiben vom 21. Februar 2014 zugesichert, dass sie der Beigeladenen für das Kalenderjahr 2014 die Vergütung zahlen werde, die sich aus der Vergütungsvereinbarung mit der AOK Nordost ergeben werde. Begründet die Antragsgegnerin Leistungsansprüche auf häusliche Krankenpflege durch entsprechende Bewilligungsbescheide in Einrichtungen, mit denen die keine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen hat, und spricht sie Zusicherungen für die Höhe der Vergütung aus, muss sie diese Vergütung auch zahlen. Diese Rechtsfolge kann sie nur durch den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen oder dadurch vermeiden, dass sie die Unterbringung ihrer Versicherten in Einrichtungen, mit denen keine Vergütungsvereinbarungen bestehen vermeidet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine hinreichenden Erfolgsaussichten bot (§ 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved