S 5 AS 99/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 5 AS 99/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 3.3.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.3.2009 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1.3.2009 bis 31.8.2009 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich EUR 300,00 zu gewähren. 2.Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die tatsächliche Nutzung einer Wohnung.

Die 57jährige Klägerin erhielt zunächst in Witten Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), seit März 2007 steht sie im Leistungsbezug bei der Beklagten.

Zum 1.3.2007 zog die Klägerin von Witten in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Kraft Vertrages vom 24.1.2007 mietete sie zum 1.3.2007 ihre jetzige 31 qm große Wohnung auf der zweiten Etage der Böllerts Höfe 6 in Mühlheim. Der Lebensgefährte der Klägerin, der 57jährige Zeuge R., mit dem sie seit ca. 8 Jahren eine Beziehung führt, besitzt eine ca. 75 qm große Eigentumswohnung in unmittelbarer Nähe zu der Adresse der Klägerin. Der Zeuge R. ist Angestellter bei der Deutschen Bahn und befindet sich derzeit in der Arbeitsphase der Altersteilzeit.

Die unstreitige Warmmiete für die Wohnung der Klägerin beträgt EUR 300,00, bestehend aus EUR 220,00 an Kaltmiete, einem Zuschlag von EUR 20,00 für Teilmöbilierung und EUR 60,00 an sonstigen Kosten. Das Warmwasser läuft in der Wohnung der Klägerin über den Haushaltstrom.

Die Klägerin ist in Mühlheim ehrenamtlich für die sogenannten "Grünen Damen und Herren" beim Evangelischen Krankenhaus, sowie für die Evangelische Kirchengemeinde in Saarn tätig.

Mit Bewilligungsbescheid vom 27.10.2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin zuletzt für den Zeitraum vom 1.6.2008 bis 28.2.2009 Grundsicherungsleistungen in Höhe von EUR 651,00.

Unter dem 22.10.2008 reichte die Klägerin eine Stromrechnung der RWE zu den Akten der Beklagten, anhand derer sich für den Zeitraum vom 7.9.2007 bis 5.9.2008 ein Stromverbrauch in Höhe von 193 Kw/h ergab. Der monatliche Abschlag für Strom wurde ab dem Oktober 2008 auf EUR 10,00 festgesetzt.

Am 6.11.2008 führte die Beklagte einen Hausbesuch bei der Klägerin durch. Nach dem Protokoll des Außendienstes vom 7.11.2008 habe ein Nachbar der Klägerin erklärt, dass die Klägerin bei ihrem Freund, dem Zeugen R., wohne. Die Wohnung sei unpersönlich und dekorationslos eingerichtet und habe nicht nach Nikotin gerochen, obwohl die Klägerin Raucherin sei. Ferner hätten sich fünf volle Umzugskartons und eine Kiste mit Küchenutensilien auf dem Boden befunden. Im Kühlschrank seien keinerlei Lebensmittel gewesen und der Wohn-/Schlafraum habe lediglich über einen Campingtisch verfügt ohne weitere Sitzmöglichkeit. Die Schlafcouch sei bezogen gewesen.

Mit Bescheid vom 10.11.2008 hob die Beklagte die unter dem 27.10.2008 bewilligten Leistungen mit Wirkung zum 1.12.2008 auf. Zur Begründung verwies sie auf den geringen Stromverbrauch der Klägerin und den durchgeführten Hausbesuch, der nahelege, dass die Klägerin tatsächlich nicht in ihrer Wohnung wohne.

Hiergegen legte die Klägerin unter dem 14.11.2008 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 4.12.2008 hob die Beklagte die ursprüngliche Bewilligung erneut - allerdings mit Wirkung zum 1.1.2009 - und den vorausgegangenen Aufhebungsbescheid vom 10.11.2008 aus formellen Gründen auf. Allein ein Kühlschrank verbrauche 300 kw/h im Jahr. Eine Leistungspflicht bestünde nur im Hinblick auf eine tatsächlich bewohnte Wohnung.

Hiergegen legte die Klägerin unter dem 6.12.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass sie tatsächlich in der Wohnung lebe. Sie sei extrem sparsam und habe nur einen Kühlschrank, den sie zudem nicht ganzjährig nutze, weil sie Lebensmittel im Winter auf dem Balkon kühle. Als alleinstehende Person brauche sie wenig Lebensmittel und würde die meisten Sachen frisch einkaufen. Die Umzugskartons würden nur unwichtige Sachen enthalten, die sie aus Platzgründen bei ihrem Sohn zwischengelagert habe. Der Sohn habe nun selbst keinen Raum mehr dafür. Sie habe nie vorgehabt, mit ihrem Lebensgefährten zusammenzuziehen, ihre eigene Wohnung sei ihr wichtig.

Mit Bescheid vom 12.12.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Mit Schriftsatz vom 19.12.2008 hat die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 4.12.2008 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 12.12.2008 erhoben und zugleich im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die genannten Bescheide anzuordnen. Die Verfahren waren bei der erkennenden Kammer unter den Aktenzeichen S 5 AS 490/08 und S 5 AS 478/08 ER anhängig.

Im Erörterungstermin vom 14.1.2009 haben die beiden Verfahren dadurch ihre Erledigung gefunden, dass sich die Beklagte verpflichtet hat, die angegriffenen Bescheide aufzuheben und die ursprünglich bewilligten Leistungen bis Ende Februar 2009 weiterzugewähren.

Unter dem 18.2.2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Fortzahlung ihrer Leistungen.

Am 3.3.2009 führte der Außendienst der Beklagten einen erneuten Hausbesuch bei der Klägerin durch. Im Besuchsprotokoll vom 3.3.2009 ist zu lesen, dass sich die Wohnverhältnisse nicht verändert hätten. Zwar seien Lebensmittel im Kühlschrank gewesen, jedoch alle ungeöffnet. Die Umzugskartons einschließlich der Küchenutensilien hätten nach wie vor unausgepackt im Wohnzimmer gestanden. Die Bildröhre des Fernsehers sei mit einer dicken Staubschicht überzogen gewesen. Erneut habe die Wohnung nicht nach Nikotin gerochen.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 3.3.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1.3 bis 31.8.2009 Grundsicherungsleistungen in Höhe der Regelleistung von EUR 351,00. Die Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung lehnte sie mit der Begründung ab, dass die Wohnung nach den jüngsten Ermittlungen des Außendienstes faktisch nicht genutzt würde. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin unter dem 9.3.2009 Widerspruch ein.

Unter dem 12.3.2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Unter dem 16.3.2009 hat die Klägerin sich hiergegen mit der streitgegenständlichen Klage und einem erneuten Eilantrag gewendet. Das Eilverfahren war bei der erkennenden Kammer unter dem Aktenzeichen S 5 AS 98/09 ER anhängig. Die Klägerin hat das Verfahren unter dem 30.3.2009 für erledigt erklärt, nachdem sich die Beklagte verpflichtet hat, die Kosten der Unterkunft und Heizung zumindest vorläufig gegen Rückzahlungsvorbehalt weiter zu übernehmen.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin weiterhin geltend, dass sie dauerhaft in ihrer Wohnung lebe. Sie habe keinerlei Absichten, mit dem Zeugen R. zusammenzuleben, der ein eingefleischter Junggeselle sei. Sie selbst wolle nach zwei schweren Enttäuschungen nicht mehr mit einem Mann zusammenwohnen. Man könne ihr nicht vorwerfen, dass sie als Empfängerin von Grundsicherungsleistungen äußerst sparsam lebe. Bezüglich des Stromverbrauches sei zu berücksichtigen, dass ihr Durchlauferhitzer nicht richtig funktioniere, was sie ihrem Vermieter bereits im Oktober 2007 mitgeteilt habe. Aus diesem Grunde dusche sie außerhalb. So gehe sie zweimal in der Woche im Südbad schwimmen. Ferner sei sie Mitglied des Besuchsdienstes der "Grünen Damen" im Evangelischen Krankenhaus in Mühlheim, wo sie dreimal in der Woche Dienst habe. Sie würde dort kostenlos verpflegt und dusche dort mindestens einmal in der Woche. Ihre Wäsche würde sie in der Gemeinschaftswaschmaschine im Keller waschen. Diese Kosten würden über die Nebenkosten abgerechnet. Sie habe erst seit Weihnachten 2008 einen Fernseher und als Herd nur zwei Kochplatten. Die unausgepackten Umzugskartons enthielten keine wesentlichen Gegenstände und würden im Wohnzimmer gelagert, weil der Keller feucht sei.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 3.3.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.3.2009 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1.3.2009 bis 31.8.2009 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich EUR 300,00 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Rechtsansicht fest. Ergänzend trägt sie vor, der Bund der deutschen Energiewirtschaft beziffere den jährlichen Stromverbrauch eines 1-Personen-Haushaltes mit 1.600 kw/h, der Verbrauch der Klägerin von 193 kw/h sei selbst mit der Tatsache, dass sie Transferleistungen erhalte, nicht zu erkären, da allein der Kühlschrank diesen Verbrauch abdecken würde. Nach ihren Ermittlungen habe sich der Stromverbrauch in 2009 nicht nennenswert gesteigert.

Das Gericht hat sich unter dem 22.7.2009 telefonisch bei der RWE nach dem aktuellen Stromverbrauch der Klägerin erkundigt: Danach hat die Klägerin in der Zeit vom 5.9.08 bis 21.7.2009 214 kw/h verbraucht. Die RWE hat bestätigt, dass ein 1-Personen-Haushalt normalerweise pro Jahr zwischen 1.600 und 1.800 kw/h verbraucht. Allein die Beleuchtung eines 1-Personen-Haushaltes sei mit 195 kw/h pro Jahr anzusetzen, ein Kühlschrank verbrauche 280 kw/h, ein Fernseher 120 kw/h.

Das Gericht hat die Vermieter der Klägerin und die für die Vermieter tätige Immobilienverwaltungsgesellschaft schriftlich nach den Heizkosten der Klägerin in den Heizperioden 2007 und 2008 befragt. Auf die Auskünfte der Vermieter vom 31.7.2009 und der Verwaltungsgesellschaft vom 29.7.2009 wird Bezug genommen.

Das Gericht hat im Verhandlungstermin vom 23.7.2009 Beweis erhoben durch Vernehmung des Vermieters der Klägerin, des Zeugen Horst R., sowie des Lebensgefährten der Klägerin, des Zeugen L. R ... Ergänzend ist noch am 23.7.2009 eine Inaugenscheinnahme der Wohnung der Klägerin durchgeführt worden. Auf die Sitzungsniederschrift und das Protokoll der Wohnungsbesichtigung vom 23.7.2009 wird Bezug genommen.

Das Gericht hat schließlich Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Stromverbrauch der Klägerin bei dem Sachverständigen für das Elektrotechniker-Handwerk R. B ... Auf das unter dem 10.8.2009 erstellte Gutachten wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat sich mit Schriftsatz vom 24.8.2009, die Beklagte mit Schriftsatz vom 8.9.2009, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den der beigezogenen Verfahren S 5 AS 98/09 ER, S 5 AS 478/08 ER, S 5 AS 490/08, und den der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Nach § 124 Sozialgerichtsgesetz (SGG) war das Gericht berechtigt, ohne mündliche Verhandlung durch Urteil zu entscheiden. Die Beteiligten haben der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich zugestimmt.

Die Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 3.3.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.3.2009 ist rechtswidrig im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Die Beklagte ist nicht berechtigt, die gegen Rückzahlungsvorbehalt geleisteten vorläufigen Zahlungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung wieder zurückzuverlangen. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von EUR 300,00 monatlich für die Zeit vom 1.3.2009 bis 31.8.2009.

Dies folgt aus §§ 19, 22 Abs. 1 i.V.m. §§ 7 bis 9 SGB II.

Die Klägerin ist insbesondere leistungsberechtigt im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II. Danach erhalten Personen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4).

Diese Voraussetzungen sind für den streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt. Die 57jährige Klägerin, mit gewöhnlichem Aufenthalt in Mühlheim, ist hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs 1 SGB II. Sie kann ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalten. Anhaltspunkte für eine Erwerbsunfähigkeit bestehen nicht.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.3.2009 bis 31.8.2009 in Höhe von EUR 300,00 monatlich.

Da sie zu dem Kreis der Leistungsberechtigten gehört, stehen der Klägerin grundsätzlich gem. § 19 Abs. 1 SGB II Arbeitslosengeld II Leistungen einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung zu. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die tatsächlich anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung belaufen sich auf insgesamt EUR 300,00 an Warmmiete. Diese Tatsache ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die Angemessenheit dieser Kosten im Sinne des Gesetzes (vgl. Sitzungsniederschrift vom 23.7.2009, Bl. 49 GA). Entgegenstehende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt der wirklichen Nutzung der Wohnung. Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur setzt § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal voraus, dass ein gegenwärtiger Wohnbedarf besteht und die Wohnung nicht nur tatsächliche Kosten verursacht, sondern vom Hilfebedürftigen auch tatsächlich genutzt wird. Unschädlich ist ein zeitlich überschaubarer anderweitiger Aufenthalt z.B. infolge Urlaub, Krankheit, Übernachtungen bei Dritten (LSG BRB, Beschluss v. 24.5.2006 - L 5 B 147/06 AS ER; LSG BRB, Beschluss v. 16.6.2006 - L 10 B 488/06 AS ER; LSG Hessen, Beschluss v. 8.10.2007 - L 7 AS 249/07 ER; LSG FST, Beschluss v. 15.4.2008 - L 9 AS 1438/07 ER; SG Detmold, Beschluss v. 2.10.2006 - S 13 AS 48/06 ER; SG Karlsruhe, Beschluss v. 12.1.2006 - S 5 AS 2/06 ER; SG Detmold, Beschluss v. 2.10.2006 - S 13 AS 48/06 ER; vgl. auch LSG NRW, Beschluss v. 1.3.2006 - L 20 B 52/05 SO ER, zitiert jeweils nach www.sozialgerichtsbarkeit.de, sowie bereits BVerwG, Urteil v. 22.12.1998 - 5 C 21/97 zitiert nach juris; Berlit in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007; Frank-Schinke in: Linhart/Adolph, Kommentar u.a. zum SGB II, Stand: Juli 2009, § 22 Rn. 10).

Eine weitergehende Definition für das Erfordernis der tatsächlichen Nutzung insbesondere in Abgrenzung zu unschädlichen temporären Abwesenheiten besteht nicht.

Die Kammer hat ihre Überlegung daher an die gesetzlichen Anforderungen zum gewöhnlichen Aufenthalt angelehnt. Nach § 30 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) hat jemand dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt. Maßgeblich hierfür ist in erster Linie der tatsächliche (nicht der rechtliche) Wille des Hilfeempfängers, einen Ort zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen. In zweiter Linie sind die objektiven Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung zu prüfen, insbesondere ist zu prüfen, ob die persönlichen Verhältnisse der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes nicht entgegenstehen (vgl. OVG Rheiland-Pfalz, Urteil v. 17.08.2000, 12 A 10912/99, FEVS 53, 171 (172); BVerwG, Urteil v. 18.3.1999, 5 C 11/98, FEVS 49, 434, Linhart/Adolph, Kommentar zum SGB II / SGB XII, Stand: Sept. März 2008, II B, § 7 SGB II, Rn.18 -25 m.w.N.). Auch die Bejahung der Frage der tatsächlichen Nutzung der Wohnung muss nach Ansicht der Kammer letztlich davon abhängen, ob der Hilfebedürftige dort seinen Lebensmittelpunkt hat.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Abgrenzungsmerkmale steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und Abwägung aller Umstände des Einzelfalles für die Kammer fest, dass die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt in ihrer Wohnung hat.

Maßstab der Beurteilung ist insoweit § 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach muss das Gericht seine Entscheidung auf Überzeugung im Sinne einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit stützen (vgl. Keller in: Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008).

Zwar trifft es zu, dass der Vorhaltebedarf für die Wohnung nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 26.11.1992 - 7 Rar 38/92, BSGE 71, 256,260; BSG, Urteil v. 29.1.1997 - 5 RJ52/94, BSGE 80,41,43) als für die Klägerin günstige Tatsache und Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme der Kosten der Unterkunft im Zweifel von ihr zu beweisen ist. Jedoch ist eine entsprechende Beweislastentscheidung in dem vom Amtsermittlungsgrundsatz getragenen sozialgerichtlichen Verfahren (§ 103 SGG) erst nach Ausschöpfung aller vorhandenen Erkenntnismittel zu fällen (Roller in: Handkommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2009, § 103 Rn. 33). Vorliegend haben indes bereits die vorhandenen Erkenntnisquellen eine Entscheidung ermöglicht, so dass keine mit der Beweislast aufzufangende Beweisunklarkeit (non-liquet) gegeben war.

Auch die Rechtsprechung des Landessozialgerichtes Hessen (Beschluss v. 8.10.2007, a.a.O.) liefert entgegen der Ansicht der Beklagten keine Rechtfertigung, vorliegend eine Beweislastentscheidung zu Ungunsten der Klägerin zu treffen. Denn im dortigen Fall stand fest, dass die Klägerin tatsächlich mietfrei in einer anderen Unterkunft wohnte und ihre eigene Wohnung nur für eine spätere Nutzung vorhalten wollte.

Vielmehr hatte die Kammer zu beachten, dass die Vermutung der Beklagten, dass die Klägerin ihre Wohnung nur vorhält und in Wirklichkeit - etwa zur Beibehaltung ungekürzter Grundsicherungsleistungen - beim Zeugen R. wohnt, im Ergebnis gleichbedeutend ist mit dem Vorwurf des (wenigstens grob fahrlässigen) Leistungsmissbrauchs. Ein menschenwürdiges Dasein und die freie Entfaltung der Persönlichkeit schließt das Recht auf ein Privatleben, insbesondere das Führen einer Liebesbeziehung, ein. Aus leistungsrechtlicher Sicht ist diese grundgesetzlich durch Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatsphäre daher nur dort zu begrenzen, wo die Ausgestaltung der privaten Beziehung die Schwelle zum Leistungsmissbrauch überschreitet. Die Kammer konnte hingegen nicht feststellen, dass die Klägerin einen Bedarf vorgetäuscht hat, der tatsächlich nicht existiert (ähnlich SG Detmold, Beschluss v. 2.10.2006, a.a.O., das von einer "Alibi-Wohnung" spricht und als Voraussetzung einer Leistungsversagung von der Behörde den Nachweis hierfür verlangt).

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass es sich bei der Beurteilung der tatsächlichen überwiegenden Nutzung einer Wohnung für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum um einen Grenzbereich der Justiziabilität handeln dürfte, da ein hierfür sicher geeignetes Beweismittel wie eine Observation von vornherein als illegal ausscheidet.

Mit den der Kammer zur Verfügung stehenden Mitteln und Indizien konnte die Frage der schwerpunktmäßigen tatsächlichen Nutzung der Wohnung hingegen nur bejaht und eine Überzeugung daher nur zu Gunsten der Klägerin gefunden werden.

Hat jemand eine Wohnung angemietet, spricht zunächst einmal bereits der Anschein dafür, dass er diese Wohnung auch tatsächlich bewohnt. Insbesondere das fortgeschrittene Alter der Klägerin und ihres Lebensgefährten lassen es dabei für die Kammer nachvollziehbar erscheinen, dass ein enges Zusammensein als Paar, das ein tägliches Zusammenleben in derselben Wohnung einschließt, nicht mehr unbedingt gewünscht war. Die Klägerin, die bereits einen erwachsenen Sohn hat, hat insoweit in Übereinstimmung mit ihrem Lebensgefährten glaubhaft bekundet, dass sie nach schlechten Erfahrung mit vorherigen Partnern, ihre Selbständigkeit nicht aufgeben wollte und der Zeuge R. auf der anderen Seite ein eingefleischter Junggeselle ist. Abgesehen davon, haben die Klägerin und der Zeuge R. auch bereits in den ca. 6 Jahren zuvor, als sie auch noch in unterschiedlichen Städten lebten, in getrennten Wohnungen gelebt. Es erschient der Klammer glaubwürdig, dass das Paar sich an diese Form der Beziehungsführung gewöhnt hat und die eigene Selbständigkeit nicht mehr ganz aufgeben will.

Vor allem aber die - unangekündigte - Inaugenscheinnahme der Wohnung der Klägerin im Zuge des Verhandlungstermines vom 23.7.2009 hat die Kammer hinreichend überzeugt, dass die Klägerin auch tatsächlich überwiegend in ihrer Wohnung lebt.

Die nur 31 qm große Wohnung der Klägerin ist grundsätzlich bescheiden - wie es den Mitteln eines Empfängers von Grundsicherungsleistungen entspricht - aber vollwertig eingerichtet. Im Wohn- und Schlafraum war das Bett ersichtlich benutzt, auf dem dort vorhandenen Beistelltisch befand sich ein benutzter Aschenbecher, ein halbvolles Glas Wasser und eine aktuelle Fernsehzeitung. Es roch nach Nikotin. Der Kleiderschrank enthielt sowohl Kleidung als auch Handtücher. Der Kühlschrank in der kleinen kitchenetteartigen Küche der Klägerin war sparsam gefüllt mit Lebensmitteln, auf dem Herd stand eine benutzte Teekanne, in der Spüle eine mit Wasser benutzte Tupperdose. In den Küchenschränken befand sich das Nötigste an Geschirr und Küchenutensilien. Insbesondere auch das Badezimmer der Klägerin vermittelte einen benutzten Eindruck: Es enthielt einen vollständig mit den üblichen Toilettenartikeln befüllten Alibertschrank, eine ersichtlich gebrauchte Zahnbürste und eine Haarbürste mit darin verhafteten ausgekämmten Haaren, sowie gebrauchte Unterwäsche und einen benutzten Schlafanzug.

Die Tatsache, dass sich nach wie vor - was den Außendienst der Beklagten alarmiert hatte - auch unausgepackte Kisten mit Anziehsachen und Küchenutensilien in der Wohnung der Klägerin befanden, lässt sich zum einen mit dem für die Kammer offensichtlichen Platzmangel in der sehr beengten Wohnung erklären, sowie mit dem persönlichen Eindruck von der Klägerin als einer eher burschikosen und tatkräftigen Frau, die ihren Lebenssinn nicht unbedingt ausschließlich in der Haushaltsführung sieht, sondern ihre Zeit zu einem großen Teil mit ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten für die "Grünen Damen" im Evangelischen Krankenhaus in Mühlheim oder für die Kirchengemeinde verbringt.

Hinsichtlich der Häufigkeit der Nutzung der Wohnung haben die Klägerin und ihr Lebensgefährte zudem übereinstimmend und einheitlich ausgesagt, dass sie sich nicht regelmäßig sehen, im Durchschnitt zwei- bis maximal dreimal in der Woche, aufgrund der Wechselschicht des Zeugen R. eher am Wochenende, und dass sie dann überwiegend beim Zeugen R. sind und grundsätzlich nicht beieinander übernachten. Dies reicht nicht aus, um davon auszugehen, dass die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt nicht in ihrer eigenen Wohnung hat, da sie sich dort nach wie vor an den überwiegenden Tagen in der Woche und des Nachts aufhält; die darüber hinausgehende gemeinsam verbrachte Zeit steht nach Ansicht der Kammer unter dem Schutz der Privatsphäre.

Die Kammer hat keinen Anlass, die Aussagen der Klägerin und ihres Freundes bezüglich ihrer Beziehungsintensität in Zweifel zu ziehen, zumal der Vermieter der Klägerin, der Zeuge R., überzeugend ausgesagt hat, dass er die Klägerin - als sie noch kein eigenes Handy hatte - nie bei ihrem Lebensgefährten persönlich erreicht hat, sondern dieser ihr stets die zu überbringenden Nachrichten ausgerichtet hat.

Dies wird von dem Gesamteindruck aus der Beweisaufnahme untermauert, dass die Klägerin und ihr Freund weitgehend ihr eigenes Leben leben, der noch berufstätige Zeuge R.
bedingt durch seine Arbeit bei der Deutschen Bahn im Schichtdienst, die Klägerin aufgrund ihrer ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass der Stromverbrauch, der die Beklagte auch letztlich zu ihren Zweifeln veranlasst hat, der Klägerin mit 193 kw/h für die Zeit vom 7.9.2007 bis 5.9.2008 und 214 kw/h für den Zeitraum vom 5.9.2008 bis 21.7.2009 in auffälliger Weise unterdurchschnittlich ist. Zum Vergleich sei angemerkt, dass der Stromdienstleister RWE auf telefonische Nachfrage der Kammervorsitzenden allein den Jahresverbrauch für einen Kühlschrank mit 280 kw/h im Jahresdurchschnitt veranschlagt.

Entscheidend war für die Kammer jedoch, dass der Sachverständige für das Elektrotechniker-Handwerk in seinem Gutachten vom 10.8.2009 (S. 14 f.) den Stromverbrauch von 193 kw/h für die Zeit vom 7.9.2007 bis 5.9.2008 und von 214 kw/h für den Zeitraum vom 5.9.2008 bis 21.7.2009 bei extrem sparsamem Verbrauch für realistisch hält. Das Gutachten ist folgerichtig und überzeugend strukturiert, die Kammer hatte keinen Anlass, die Berechnungen und Überlegungen in Frage zu stellen.

Auf Basis des Verbrauches der vorhandenen Elektrogeräte (einschließlich TV und Radio) und Zugrundelegung eines Zeitraumes von 1 Jahr schätzt der Sachverständige, dass ein normaler Verbrauch bei 585,05 kw/h läge, ein sparsamer Verbrauch bei 413,24 kw/h und ein extrem sparsamer Verbrauch bei 252,98 kw/h (Anlage 7 bis 9 des Gutachtens vom 10.8.2009).

Der geschätzte extrem sparsame Verbrauch weicht zwar um 59,98 kw/h von dem Jahreswert von 193 kw/h bzw. um 38,98 kw/h vom Wert für den 11-Monatszeitraum von 214 kw/h ab. Jedoch geht die Kammer davon aus, dass vorliegend nicht die Berechnungen einschließlich TV und Radio, sondern überwiegend die ohne TV und Radio zu Grunde zu legen sind, da die Klägerin glaubhaft durch alle Verfahren vorgetragen hat, dass sie diese Geräte erst seit Ende 2008 bzw. Anfang 2009 besitzt und die Kammer keine Anhaltspunkte hatte, diese Aussage zu bezweifeln.

Auf Basis des Verbrauches der vorhandenen Elektrogeräte ohne TV und Radio schätzt der Sachverständige jedoch, dass ein normaler Jahresverbrauch bei 534,82 kw/h läge, ein sparsamer Jahresverbrauch bei 363,01 kw/h und ein extrem sparsamer Jahresverbrauch bei 202,74 kw/h (Anlage 4 bis 6 des Gutachtens vom 10.8.2009). Der extrem sparsame Verbrauch liegt dabei annähernd in der Nähe des Jahreswertes von 193 kw/h bzw. sogar unterhalb des Wertes für den 11-Monatszeitraum von 214 kw/h. Die Tatsache, dass sich der Wert in dem 11-Monatszeitraum zwischen September 2008 und Juli 2009 im Vergleich zum Jahreszeitraum von September 2007 bis September 2008 erhöht hat, stützt dabei nur die Annahme, dass die Klägerin die verbrauchserhöhenden Geräte Radio und Fernseher erst seit Ende 2008 bzw. Anfang 2009 besitzt. Wenn man diese Tatsache berücksichtigt, dürfte der Verbrauch der Klägerin - bei unterstelltem äußerst sparsemen Nutzverhalten - sogar auch dem entsprechend zu reduzierenden Wert von 252,98 kw/h unter zeitweiser Berücksichtigung von TV und Radio entsprechen.

Die Kammer hält es auch für hinreichend erwiesen, dass die Klägerin ein extrem sparsames Nutzungsverhalten an den Tag legt.

Diese Überzeugung stützt sie zum einen darauf, dass die Klägerin nur sehr wenig Elektrogeräte und auch nur solche mit relativ schwachem Verbrauch besitzt, etwa einen Zwei-Platten-Herd statt eines Vier-Platten-Herdes mit integriertem Ofen und auch keine Waschmaschine. Ferner verfügt die Klägerin über einen Einbauvorratsschrank auf dem Balkon, der eine Kühlung von Lebensmitteln in Wintermonaten außerhalb des Kühlschranks ermöglicht. Dass der Kühlschrank bei der Inaugenscheinnahme vom 23.7.2009, also im Sommer, angeschaltet war, belegt entgegen der Auffassung der Beklagten gerade nicht, dass der Kühlschrank auch in den vergangenen Wintermonaten, als die Möglichkeit der Kühlung auf dem Balkon bestand, benutzt worden ist.

Die Sparsamkeit der Klägerin wird vielmehr unter anderem dadurch belegt, dass die Tür zwischen dem kleinen Flur und dem Wohn- und Schlafraum ausgehängt ist, um zwischen den Räumen Beleuchtungssynergieeffekte zu erzielen, wie sich das Gericht bei der Inaugenscheinnahme der Wohnung überzeugen konnte. Die Kammer geht auch bereits deswegen von einem deutlich sparsamen Stromverbrauch der Klägerin aus, weil diese bereits durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Evangelischen Krankenhaus, die von Seiten des Krankenhauses bestätigt wurde, dreimal wöchentlich tagsüber außer Haus ist.

Desweiteren hat die Klägerin glaubhaft ausgesagt, sich in der fraglichen Zeit hinsichtlich der Mahlzeiten zu einem großen Teil im Krankenhaus, wo sie mit der Essenszubereitung (Frühstück und Mittagessen) betraut war, versorgt zu haben und darüber hinaus maximal einmal in der Woche selbst zu kochen. Das Krankenhaus hat auf telefonische Nachfrage der Kammervorsitzenden auch die Aussage der Klägerin bestätigt, dass die Möglichkeit besteht im dortigen Schwimmbad für EUR 2,00 zu duschen. Die Klägerin hat gegenüber dem Gericht erklärt, dass sie von dieser Möglichkeit Gebrauch macht und daher nur einmal pro Woche zu Hause duscht. Die Kammer hält es für naheliegend, dass die Klägerin als Empfängerin von Transferleistungen die praktischen Vorzüge ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in Anspruch nimmt und sieht daher keinen Anlass, diese Aussage in Zweifel zu ziehen.

Bei der Beurteilung des Verbraucherverhaltens der Klägerin im Hinblick auf den Haushaltsstrom konnte die Kammer schließlich nicht unberücksichtigt lassen, dass die Haushaltsenergie gem. § 20 Abs. 1 SGB II in der Regelleistung enthalten ist (vgl. BSG, Urteil v. 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R unter www.sozialgerichtsbarkeit.de) und die Hilfebedürftigen auf diese Weise schon von Gesetzes wegen gezwungen sind, ihren Stromverbrauch gering zu halten. Dies kann ihnen letztlich nicht an anderer Stelle zum Vorwurf gemacht werden.

Die Kammer verkennt zwar nicht, dass im Sachvortrag der Klägerin Ungereimtheiten aufgetreten sind. Jedoch konnten diese Ungereimtheiten entweder plausibel erklärt werden oder aber sie waren nicht von einem solchen Gewicht, dass sie das Vorhalten einer "Alibi-Wohnung" (vgl. SG Detmold, Beschluss v. 2.10.2006, a.a.O.) belegt hätten.

So hat die Klägerin im Erörterungstermin vom 19.12.2008 (zum Aktenzeichen S 5 AS 478/09 ER) mitgeteilt, dass sie auch wegen eines defekten Durchlauferhitzers nicht zu Hause dusche, um sodann im Verhandlungstermin zum hiesigen Verfahren vom 23.7.2009 zu erklären, sie habe sich vertan, der Durchlauferhitzer sei nicht kaputt, sie habe ihn nur zu schwach eingestellt. Dieser Sachvortrag wurde jedoch vom Zeugen Rother dahingehend bestätigt, dass er persönlich den vermeintlichen Defekt behoben habe, indem er selbst den Durchlauferhitzer höher eingestellt habe. Auch der Vermieter konnte sich an eine Defektmeldung bezüglich des Durchlauferhitzers erinnern. Auf diese Weise kommt letztlich sogar auch die Niedrigeinstellung des Durchlauferhitzers als Grund für einen geringen Stromverbrauch in Betracht.

Entgegen dem Sachvortrag der Klägerin hat ferner der Zeuge R. im Verhandlungstermin nachhaltig bekräftigt, dass die Klägerin nicht schwimmen gehe. Auf Vorhalt dieser Aussage hat die Klägerin jedoch erklärt, dass das vermutlich daran liegt, dass sie jedenfalls nicht mehr zusammen schwimmen gingen und er es auf diese Weise gar nicht erfahre, wenn sie allein schwimmen ginge. Die Kammer hält dies bei einer weitgehend selbständigen Lebensführung für hinreichend wahrscheinlich, zumal sich bei der Inaugenscheinnahme der Wohnung in einem unausgepackten Koffer ein Badeanzug befand, der belegen dürfte, dass die Klägerin tatsächlich noch schwimmen zu gehen pflegt.

Nicht einzuordnen vermochte die Kammer hingegen die auf Vorhalt von der Klägerin bestätigte Aussage des Zeugen R. , dass er in seiner Eigentumswohnung nur eine Badewanne ohne Duschvorhang habe, und daher sogar gelegentlich ("ca. einmal alle 2 Wochen") bei der Klägerin dusche. Die Kammer hält es nach eigener Anschauung ohne weiteres für möglich in einer Badewanne zu duschen bzw. für einfach, eine Badewanne mit einer Duschabtrennung zu versehen. Auch müsste die Nutzung der Dusche durch eine weitere Person letztlich den Stromverbrauch erhöhen. Die Kammer kann jedoch nicht ausschließen, dass der Zeuge diese Äußerung getätigt hat, um zu untermauern, dass jedenfalls die Klägerin nicht bei ihm duscht. Als alleiniger Beweis für die Annahme, dass die Klägerin in der streitgegenständlichen Zeit ihren Lebensschwerpunkt nicht in ihrer Wohnung hatte, eignet sich diese Widersprüchlichkeit hingegen nicht.

Die Kammer war vielmehr im Gegenteil auch deswegen von einer schwerpunktmäßigen Nutzung der Wohnung durch die Klägerin überzeugt, weil nach dem Sachverständigengutachten nicht nur der Stromverbrauch bei äußerst sparsamer Nutzung möglich ist, sondern darüber hinaus auch die Heizkosten der Klägerin unauffällig waren. Nach Auskunft des Vermieters und der zuständigen Immobilienverwaltungsgesellschaft, sowie den vorgelegten Rechnungen der Firma Techem für die 156 Wohnungen der Böllerts Höfe, sind die Heizkosten der Klägerin aus 2007 und 2008 im Verhältnis zu vergleichbaren Wohnungen durchschnittlich und entsprechen auch den Verbrauchskosten der vorherigen Mieter der von der Klägerin bewohnten Wohnung.

Insgesamt lagen daher keine hinreichenden Beweismittel vor, die die Kammer veranlasst hätten, zu bezweifeln, dass die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt in ihrer Wohnung hat und ihr die Kosten für Unterkunft und Heizung zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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