L 9 KR 67/12 KL

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 67/12 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Hersteller von Hilfsmitteln bzw. ihre Verbände werden durch die Festsetzung eines Festbetrags für bestimmte Hilfsmittel (hier: Hörhilfen) nicht in eigenen Rechten verletzt.
Die Klagen werden abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen vom Beklagten festgesetzte Festbeträge.

Der beklagte Spitzenverband Bund der Krankenkassen (Eigenbezeichnung: GKV-Spit-zenverband) beschloss am 12. Dezember 2011 folgendes "Festbetragsgruppensystem für Hörhilfen", welches am 1. Februar 2012 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde und am 1. März 2012 in Kraft trat:

I. Allgemeine Erläuterungen zum Festbetragsgruppensystem und zu den Festbeträgen

Der GKV-Spitzenverband bestimmt gemäß § 36 Abs. 1 SGB V Hilfsmittel, für die Festbeträge festgesetzt werden. Die Festbeträge für Hörhilfen wurden mit Wirkung vom 1. Januar 2005 auf der Bundesebene durch die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen festgesetzt und zum 1. Januar 2007 angepasst. Sie gelten bis zur Festsetzung von neuen Festbeträgen durch den GKV-Spitzenverband unverändert weiter.

Für die Versorgung von an Taubheit grenzenden Patienten wird eine neue Abrechnungsposition gebildet. Der neue Festbetrag tritt am 1. März 2012 in Kraft. Maßgeblich für die Anwendung des neuen Festbetrages ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung. Für das Festbetragsgruppensystem gelten die medizinischen, technischen und sonstigen Anforderungen der Produktgruppe 13 "Hörhilfen" des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 SGB V.

Der Festbetrag umfasst sämtliche Leistungen, die im Zusammenhang mit der Abgabe der Produkte entstehen. Ausgenommen hiervon sind Kosten, für die bereits separate Festbeträge existieren (zum Beispiel Ohrpassstücke). Der Festbetrag wird jeweils für eine Hörhilfe in einfacher Stückzahl festgelegt. Bei dem Festbetrag für an Taubheit grenzende Versicherte handelt es sich um einen Nettobetrag. Der Festbetrag gilt für die Versorgung von Erwachsenen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr.

Mit dem Festbetrag sind im Einzelnen folgende Leistungen abgegolten, die mit der Bereitstellung der Produkte an den Versicherten entstehen: • Anamnese, Daten zur Schwerhörigkeit, Erfassung der sozialen Umfeldsituation, Dokumentation durch den Hörgeräteakustiker • Betrachtung der äußeren Ohren, der Gehörgänge und der Trommelfelle • Ermittlung der Kenndaten, Audiometrie • Kontrollotoskopie • Gehörgangstamponade • Kontrollotoskopie • Voreinstellung der ausgewählten Geräte, Geräteeinstellung z.B. PC, AGC, Frequenzen, Kanaligkeit etc. • Filter im Hörkanal (Einstellung) • Rückkoppelungsmanagement (Einstellung) • Störgeräuschunterdrückende Software • Hörprogrammanpassung • Mehrmikrofontechnik-Anpassung • Vergleichende Hörgeräteanpassung • Toleranztest • Erste Einweisung im Rahmen der Hörgeräteauslieferung, Bedienung und Handhabung • Rezeptabrechnung

Die Definition der an Taubheit grenzenden Patienten erfolgt auf der Basis der WHO-Definition von 2001Table of grades of hearing impairment (Tonaudiogramm). Hörgeräte, die für die Versorgung von an Taubheit grenzenden Patienten abgegeben werden, müssen über folgende Features verfügen: • Digitaltechnik • Mehrkanaligkeit (mindestens 4 Kanäle) • Rückkoppelungs- und Störschallunterdrückung • Mindestens 3 Hörprogramme • Verstärkungsleistung &8805; 75 dB

Der GKV-Spitzenverband setzt gemäß § 36 Abs. 2 SGB V folgenden Festbetrag für die Versorgung von an Taubheit grenzenden Versicherten fest:

II. Festbeträge für Hörhilfen

Positionsnummer Bezeichnung Festbetrag

13.20.10 Hörgerät für an Taubheit grenzende Versicherte 786,86 EUR 13.99.99.1006 Abschlag in EUR für das zweite Hörgerät (13.20.10) bei beidohriger (binauraler) Versorgung 157,37 EUR

Dem ging Folgendes voraus: Mit Wirkung zum 1. Januar 2005 setzten die damaligen Spitzenverbände der Krankenkassen erstmals bundesweit geltende Festbeträge für Hörhilfen fest (Beschluss vom 1. Dezember 2004), für ein- und mehrkanalige Hinter-dem-Ohr-(HdO-) und Im-Ohr-(IO-)Gerä¬te (mit und ohne AGC [Automatic Gain Control = automatische Verstärkungsregelung]) auf 421,28 Euro je Gerät. Der Beschluss der Spitzenverbände vom 23. Oktober 2006 änderte hieran nichts. Aufgrund des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. Dezember 2009 (Az.: B 3 KR 20/08 R), dem der Kostenerstattungsantrag einer Versicherten mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit zugrunde lag, gelangte der Beklagte zum Schluss, dass das bisherige Festbetragssystem und der einheitliche Festbetrag für Hörhilfen für Versicherte mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit unzureichend seien. Er erfragte bei zahlreichen Herstellern die Abgabepreise für von ihnen produzierten Hörgeräte mit den im o.g. Beschluss genannten technischen Anforderungen (Schreiben vom 2. Juni 2010). Nach Eingang der Antworten – nicht alle angeschriebenen Hersteller reagierten auf die Anfrage – wählte der Beklagte 37 der erfragten Hörgeräte aus, ordnete sie nach der Preishöhe und ging davon aus, dass das untere Preisdrittel bei 485.- Euro ende. Zusätzlich berücksichtigte er bei der Kalkulation der Festbeträge auch einen zwischen den Beteiligten unstreitigen Festrabatt von 10 % sowie einen Dienstleistungsanteil, dem er eine Arbeitszeit von 254,50 Minuten und einen Stundenverrechnungssatz von 45,50 Euro zugrunde legte; diesen Wert entnahm er der von der Handwerkskammer Region Stuttgart herausgegebenen Broschüre "Wie viel kostet eine Handwerkerstunde?" (Stand: Februar 2010). Am 12. Mai 2011, veröffentlicht im Bundesanzeiger am 26. Mai 2011, machte der Beklagte das Stellungnahmeverfahren "zur Festsetzung von Festbeträgen für Hörhilfen für an Taubheit grenzende Schwer¬hö¬rige zum geänderten Festbetragsgruppensystem für Hörhilfen" bekannt. In der Folgezeit nahmen u.a. die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker (biha) und der Bundesverband der Hörgeräteindustrie e.V. Stellung (Schreiben vom 17. Juni 2011). Die biha verwies bezüglich der erforderlichen Arbeitszeit auf ihre Angaben in einem früheren Stellungnahmeverfahren (Schreiben vom 18. Oktober 2004), wonach bei erwachsenen Schwerhörigen über die gesamte Versorgungslaufzeit von 6 Jahren ein Arbeitsaufwand von 1.146 Minuten (19,12 Stunden) entstehe. Ferner machte sie geltend, technische Vorgaben wie Mehrmikrofontechnik, Mehrkanaligkeit (mindestens 4 Kanäle), mindestens 3 Hörprogramme, Verstärkungsleistung &8805; 75 dB und Filter im Hörkanal ließen sich dem o.g. Urteil des BSG nicht entnehmen. Daraufhin ging der Beklagte bei seiner Kalkulation von einem Arbeitsaufwand von 461 Minuten (1.146 Minuten abzüglich der mit der Nachbetreuung nach den Angaben der biha verbundenen 685 Minuten) aus.

Am 10. Juli 2013 hat der Beklagte nach Durchführung eines neuen Stellungnahmeverfahrens mit Wirkung zum 1. November 2013 folgenden weiteren Beschluss gefasst:

I. Festbetragsgruppensystem

Der GKV-Spitzenverband bestimmt gemäß § 36 Abs. 1 SGB V Hilfsmittel, für die Festbeträge festgesetzt werden. Dabei sollen unter Berücksichtigung des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 SGB V in ihrer Funktion gleichartige und gleichwertige Mittel in Gruppen zusammengefasst und die Einzelheiten der Versorgung festgelegt werden.

Für die Versorgung von schwerhörigen Versicherten mit Ausnahme der an Taubheit grenzenden schwerhörigen Versicherten wird eine neue Festbetragsgruppe gebildet.

Hörgeräte, die für schwerhörige Versicherte, ausgenommen für an Taubheit grenzend schwerhörige Versicherte, abgegeben werden, müssen über folgende Features verfügen: - Digitaltechnik - Mehrkanaligkeit (mindestens 4 Kanäle) - Rückkoppelungs- und Störschallunterdrückung - Mindestens 3 Hörprogramme - Verstärkungsleistung ( 75 dB

Mit dem Festbetrag sind im Einzelnen folgende Leistungen abgegolten, die mit der Bereitstellung der Produkte an den Versicherten und bei dessen Versorgung grundsätzlich erforderlich sind: - Anamnese, Erfassung der sozialen Umfeldsituation - Otoskopie im Rahmen der Statuserhebung (Betrachtung der äußeren Ohren, Gehörgänge und Trommelfelle) - Erhebung der Ton- und Sprachaudiometrie - Vorauswahl geeigneter Hörgeräte - Voreinstellung der ausgewählten Geräte entsprechend dem individuellen Hörverlust, z. B. Peak Clipping, Frequenzen, Kanaligkeit, Rückkopplungsmanagement, Störgeräuschunterdrückung [mittels Software und/oder Hardware (z. B. Mehrmikrofontechnik)], Hörprogrammanpassung - Vergleichende Hörgeräteanpassung - Toleranztest - Einweisung in die Bedienung und Handhabung - Feinanpassung - Dokumentation durch den Hörgeräteakustiker, auch der Messergebnisse im Störschall - Rezeptabrechnung

II. Festbeträge

Der Festbetrag wird jeweils für eine Hörhilfe in einfacher Stückzahl festgelegt. Bei dem Festbetrag handelt es sich um einen Nettobetrag. Der Festbetrag gilt für die Versorgung von Erwachsenen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr.

Der neue Festbetrag tritt am 1. November 2013 in Kraft. Bis dahin gelten die mit Wirkung vom 1. Januar 2005 auf der Bundesebene durch die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen festgesetzten und zum 1. Januar 2007 angepassten Festbeträge zu den Festbetragsgruppen 13.20.01, 13.20.02, 13.20.03, 13.99.99.1002, 13.99.99.1003 und 13.99.99.1004 unverändert weiter und verlieren anschließend ihre Gültigkeit. Maßgeblich für die Anwendung des neuen Festbetrages ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung.

Der GKV-Spitzenverband setzt gemäß § 36 Abs. 2 SGB V folgenden Festbetrag für die Versorgung von schwerhörigen Versicherten mit Ausnahme der an Taubheit grenzenden schwerhörigen Versicherten fest:

III. Festbetragsgruppen und Festbetrag

Festbetragsgruppe (Positionsnummer) Bezeichnung Festbetrag

13.20.12 Hörgerät für schwerhörige Versicherte, ausgenommen für an Taubheit grenzend schwerhörige Versicherte 733,59 EUR 13.99.99.1007 Abschlag in EUR für das zweite Hörgerät (13.20.12) bei beidohriger (binauraler) Versorgung 146,72 EUR

Dieser Beschluss wird u.a. von drei Versicherten vor dem 1. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg mit einer Klage angefochten (Az.: L 1 KR 241/13 KL), über die noch nicht entschieden ist.

Die Klägerinnen zu 1. bis 10. sind Herstellerinnen von Hörgeräten und Mitglied des als Verein organisierten Bundesverbandes (Kläger zu 11.). Zur Begründung ihrer am 29.Februar 2012 einzeln erhobenen und später verbundenen Klagen bringen die Kläger übereinstimmend vor:

Hörverlust bezeichne in der Audiologie eine Verringerung des Hörvermögens bei einem kranken Hörorgan im Vergleich zu einem gesunden. Der Hörverlust könne verschiedene Ursachen haben: starke oder langzeitliche Schalleinwirkungen auf das Ohr, Vergiftung, Infektionskrankheiten, Verletzung des Ohres oder genetische Vererbung. Anatomisch könne die Ursache des Verlustes an verschiedenen Stellen des Körpers liegen: am Außenohr, im Mittelohr, im Innenohr oder am Hörnerv. Zur Ermittlung des quantitativen Verlustes stünden verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Die präziseste Methode zur Ermittlung des Hörverlustes stelle die Gehörmessung mit der Anfertigung eines Tonaudiogramms dar. Dabei werde für jedes Ohr auf den verschiedenen Schallfrequenzen der Schalldruckpegel der Hörschwelle in dB HL (engl. hearing level), d.h. in Bezug zur Norm-Hörschwelle durchschnittlicher Normalhörender, ermittelt und aufgezeichnet. Diese Methode finde vor allem in der Hörgeräteakustik Verwendung zur Auswahl und Anpassung von Hörgeräten. Dabei spiele der Untersucher der Reihe nach bestimmte Töne in steigender Lautstärke über Kopf- oder Knochenleitungshörer ab, für bestimmte Fragestellungen auch über Lautsprecher. Die Erhöhung der Lautstärke erfolge bei den meisten Tonaudiometern in 5 dB-Schritten. Der Proband gebe das vereinbarte Signal (meistens durch Drücken eines Knopfes), sobald er den Ton höre. Dieser Vorgang werde wiederholt, bis die Hörschwelle genau festgestellt sei. Der festgestellte Dezibel-Wert werde für jede geprüfte Frequenz als Hörschwelle in ein geformtes Formular eingetragen. Auf der horizontalen Achse dieses Formulars sei die Tonhöhe (Frequenz in Hertz) angegeben, die senkrechte Achse gebe die Lautstärke in Dezibel an, bei der die Hörschwelle liege. Die Bezeichnung der Einheit sei dB HL, da ein frequenzabhängig auf die normale Hörschwelle bezogener Schalldruckpegel angegeben werde. In Audiogrammen sei ersichtlich, wie sehr ein Ton verstärkt werden müsse, damit er von einer Person wahrgenommen werden könne. Um den Grad der Hörschädigung zu bestimmen, werde ein Durchschnittswert dieser Messwerte bei verschiedenen Frequenzen gebildet. Hierbei würden für das Sprachverstehen wichtige Frequenzen berücksichtigt und die Verstärkungsleistung gemittelt. Der durchschnittliche Grad der Hörschädigung werde dann in Dezibel (dB) angegeben. Die World Health Organization (WHO) habe hierzu eine rein auf Größenbereiche der physikalischen Messwerte der Hörschwelle basierende Klassifizierung in fünf Stufen mit keine, leichte, mittlere, schwere und sehr schwere Hörverluste aufgestellt (table of grades of hearing impairment). Die audiometrischen ISO-Werte seien die Durchschnittswerte von 500, 1000, 2000 und 4000 Hz. Der Frequenzbereich von 500-4000 Hz sei wichtig, weil dieser als der Hauptsprachbereich der Vokale und Konsonanten fungiere. Die Hörverlustgrade 2, 3 und 4 würden als Behinderung eingestuft. Für die im vorliegenden Verfahren relevanten an Taubheit grenzenden Schwerhörigen gelte der Hörverlustgrad 4. Dies bedeute, dass der mittlere Hörverlust im besseren Ohr innerhalb des Frequenzbereiches 500-4000 Hz. 81 dB oder mehr betrage. Zum Ausgleich des Hörverlustes kämen vor allem Hörgeräte in Betracht. Bei Hörgeräten handele es sich um Medizinprodukte, die nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) der Risikoklasse lIa zugeordnet seien. Die gängigsten Versorgungsformen für die häufigsten Arten von Schwerhörigkeit seien HdO- und IO-Ge¬rä¬te. Letztere könnten und würden auch bei starken Hörschäden eingesetzt. Allgemein bestehe jedes Hörgerät aus einem Mikrofon, einem Verstärker und schließlich einem "Lautsprecher”, der über einen Schlauch bzw. ein Röhrchen die Schallsignale an das Trommelfell übermittele. Die Hörgeräte verwandelten alle Schallsignalwerte in sehr kurzen Zeitabständen (zum Beispiel 20.000mal pro Sekunde) zunächst in Zahlenwerte. Vom Computer im Hörgerät könnten diese dann mit spezieller Software analysiert werden, was eine frequenzabhängige Dynamikkompression und die Unterdrückung von Störgeräuschen ermögliche. Ein wesentliches Leistungsmerkmal eines Hörgerätes sei die größte einstellbare akustische Verstärkung, d.h. die Differenz zwischen Ausgangs- und Eingangspegel in dB, die man mit dem Hörgerät erreichen könne. Diese Verstärkung (= Vmax) werde zum Vergleich in der Regel gemessen bei einer Frequenz von 1600 Hertz. Die Hörgeräte geringer Leistung, die gleichwohl bei geringem Hörverlust die beste Wahl sein könnten, verfügten über eine Verstärkungsleistung ab etwa 30 dB, die Hörgeräte sehr hoher Leistung ("Power Hörgeräte”) über eine Verstärkungsleistung bis etwa 85 dB. Für die Wahl des Leistungsvermögens sei maßgebend nicht der mittlere Hörverlust des Hörgeräteträgers, sondern die Leistung, die für seine höchsten Hörschwellen im Sprachbereich (meistens bei höheren Frequenzen 2000-4000 Hz) verfügbar sein müsse (möglichst noch mit einer Reserve von 10 dB für den Fall eines fortschreitenden Hörverlustes), um auch diese Frequenzen für ihn deutlich hörbar zu machen, d.h. etwa 15-30 dB über diese Hörschwellen anzuheben. Dies erfordere oft leistungsstarke Hörgeräte mit mindestens zwei Kanälen. Ausweislich der Bekanntmachung der Spitzenverbände der Krankenkassen im Rahmen der Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 128 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch (SGB V) vom 19. Januar 1999 würden folgende Voraussetzungen an Geräte mit mehreren Kanälen gestellt: ,,Mehrkanalgeräte müssen folgende Merkmale aufweisen: different einstellbare Verstärkungen in mindestens zwei frequenzgetrennt arbeitenden Nutzsignalkanälen und mindestens eine AGC-Regelung, die durch die Frequenzkanäle getrennt gesteuert wird”. Mehrere Kanäle seien von besonderem Vorteil, wenn sich die Restdynamik in den verschiedenen Frequenzen erheblich unterscheide. Das Hörgerät könne dann bei Verstärkung und Kompression in den Kanälen unterschiedlich und frequenzspezifisch angepasst werden.

Die Klägerinnen zu 1. bis 10. seien als Herstellerinnen klagebefugt, auch wenn sie nicht Adressat der Regelung seien. Die Klagebefugnis ergebe sich aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Grundgesetz (GG) und dem sich daraus abzuleitenden Recht auf Wahrung der Wettbewerbsgleichheit. Die Grundrechtspositionen der Herstellerinnen könnten zwar nicht durch das Ob einer Festbetragsfestsetzung, wohl aber durch das Wie relevant betroffen werden. Im vorliegenden Fall resultiere die Wettbewerbsbenachteiligung daraus, dass für die genannte Gruppe von Hörgeschädigten die Hörgeräte über mindestens vier Kanäle, mindestens drei Hörprogramme sowie eine Verstärkungsleistung &8805; 75 dB verfügen müssten, was technisch und medizinisch nicht gerechtfertigt sei. Weder die Anzahl der Hörprogramme noch die der Kanäle lieferten Veränderungen, die bei den Betroffenen mit stark eingeschränkter Restdynamik, d.h. den o.g. Schwersthörigen, eine relevante Verbesserung des Hörvermögens ermögliche. Für diese Patienten sei stattdessen vor allem eine getrennte Programmierung im Tief- und Hochtonbereich von Bedeutung. Eine hohe Kanalzahl führe jedoch nicht zwingend zu mehr Sprachverständlichkeit. Wegen der vom Beklagten aufgestellten Anforderungen seien alle Hörsysteme mit drei Kanälen und einem Verstärkungsleistung &8804; 75 dB von der Versorgung ausgeschlossen, obwohl mit derartigen Geräten ausreichende Ergebnisse in der Versorgung im Sinne der BSG-Rechtsprechung erreicht worden seien und würden. Durch diesen Ausschluss werde die Zahl der für die Versorgung in Frage kommenden Geräte reduziert und die Wahlmöglichkeiten der Versicherten eingeschränkt. Soweit die Forderung nach mindestens vier Kanälen auf den Frequenzausgleich abziele, komme es stattdessen vielmehr auf das individuelle Hörempfinden an. Die Schwersthörigen wiesen regelmäßig keine nutzbare Wahrnehmung der hochfrequenten Signalanteile auf, so dass lediglich der tief frequentierte Anteil der Resthörigkeit ausgenutzt werden könne. Für die erforderliche Übertragung der Tieftöne genügten ein bis zwei Kanäle. Selbst für die Dynamikanpassung, d.h. die Lautheitsanpassung des Gerätes, genügten drei sogenannte Kompressionskanäle. Eine sehr feine Angleichung könne auch ohne Aufteilung in Kompressionskanäle, sondern z.B. durch verschiedene Filterbänke, mechanische Anpassungen, vor allem im Hochtonbereich, durch Zusatzbohrungen und Hörner vorgenommen sowie einzelne Frequenzbänder anstatt des Kompressionskanals verwendet werden. Multikanalige Kompressionssysteme hätten auch technische Nachteile, weil es aufgrund der Aufteilung in Bänder und die anschließende Kompression zu einer längeren Gesamtdurchlaufzeit komme und die Übertragung somit nicht mehr lippensynchron erfolge. Eine Vielzahl von Kanälen könne auch zu spektralen Verschmierungen führen. Durch diese nicht gerechtfertigten Produktanforderungen würden sie – die Klägerinnen – unzulässig benachteiligt. Für die Teilnahme am GKV-Markt müssten Geräte gefertigt, entwickelt und vertrieben werden, für die es keine sachliche Grundlage gäbe. Umgekehrt würden in wettbewerbsverzerrender Weise existierende Produkte und ganze Produktbereiche, welche bisher erfolgreich zur Versorgung eingesetzt würden, aber diese Anforderungen nicht mehr erfüllten, vom Markt ausgeschlossen. Die Klagebefugnis folge auch daraus, dass die gesetzliche Ermächtigung überschritten werde. Betroffen sei die Art und Weise der Festsetzung. Es sei satzungsmäßige Aufgabe des Klägers zu 11., die berufsständischen Interessen der Hörgerätehersteller als Berufsverband wahrzunehmen und zu pflegen; insoweit sei er mit einer Bundesinnung im Handwerksbereich vergleichbar und dürfe daher neben seinen eigenen subjektiven Rechten auch die subjektiven Rechte seiner Mitglieder geltend machen. Zu den vom Kläger zu 11. zu verfolgenden berufsständischen Interessen seiner Mitglieder zählten auch deren rechtliche Interessen. Eine Ungleichbehandlung zwischen einzelnen Herstellern entstünde dadurch, dass nicht-vierkanalige Geräte aus sachlich nicht nachvollziehbaren Gründen benachteiligt würden. Deren Anteil an der Produktion variiere bei den unterschiedlichen Herstellern.

Die Klage sei auch begründet. Ziel der Klage sei nicht, Festbeträge abzusenken. Aus der zugesandten Verwaltungsakte sei erkennbar, dass sich der Beklagte nicht in der von § 36 Abs. 1 Satz 3, 2. Halbsatz SGB V geforderten Art und Weise mit den Einwänden des Klägers zu 11. sowie der biha, insbesondere zu den technischen Anforderungen, auseinandergesetzt, geschweige denn diese in die Entscheidung einbezogen habe. Gleiches gelte für die Wahl der WHO-Definition der an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Allein die vielen Hinweise des Klägers zu 11. und der biha hätten den Beklagten zu umfangreichen Recherchen bewegen müssen. Der Beklagte habe auch die vom BSG entwickelten Maßstäbe zur Feststellung der objektiven Erforderlichkeit eines Hilfsmittels nicht beachtet. Eine ausreichende Versorgung sei auch mit weniger als vier Kanälen und drei Hörprogrammen erreichbar. Umgekehrt gewährleisteten selbst Hörgeräte, die über sämtliche der genannten Anforderungen verfügten, nicht zwingend eine "ausreichende" Versorgung. Die Festbetragsregelung sei auch nicht hinreichend bestimmt, weil sich die Gruppe der Versicherten mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit bisher nicht im Hilfsmittelverzeichnis finde. Es mangele auch an einer eindeutigen Definition, nach welcher Messmethode das Ausstattungsmerkmal "Verstärkungsleistung von mehr als 75 dB" zu ermitteln sei. Für die Messung der Verstärkungsleistung kämen mehrere Methoden in Betracht, die jeweils zu unterschiedlichen Ergebnissen führen könnten. Damit ein Hersteller prüfen könne, ob seine Geräte die von der Beklagten verlangte Verstärkungsleistung aufwiesen, oder ob er neue Geräte konstruieren und fertigen müsse, sei die Kenntnis der genauen Messmethode von Bedeutung. Es bestehe auch ein Widerspruch zwischen dem Indikationswert von 81 dB laut der in Bezug genommenen WHO-Klassifizierung und der im Festbetragsbeschluss geforderten Verstärkungsleistung von 75 dB. Eine Begründung, weshalb der Beklagte für die Definition der Patienten mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit die WHO-Defi¬ni¬ti¬on von 2001 heranziehe und weshalb die Hörgeräte die o.g. Aufstellungsmerkmale besitzen müssten, fehle. Die WHO-Definition sei zu weitgehend und schließe Hörminderungen ein, die mit technisch weniger aufwändigen Hörsystemen ebenfalls erfolgreich versorgt werden könnten, so dass es zu einer Fallzahlausweitung kommen werde. Die nach der WHO-Klassifizierung geforderte Verstärkungsleistung von 81 dB sei für die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit zu weitgehend, da diese Verstärkungsleistung Hörminderungen einschlösse, die mit technisch weniger aufwändigem Hörsystem ebenfalls erfolgreich versorgt werden könnten. Die Definition der an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit nach der WHO decke aber auch Hörverluste ab, bei denen ein noch deutlich höheres Hörvermögen gegeben sei. Bisher kämen bei derartigen Hörverlusten die Hörsysteme zum Einsatz, die im Hilfsmittelverzeichnis in der Produktuntergruppe 13.20.03. gelistet seien. Diese enthielten mehrkanalige HdO-Geräte über 70 dB. Diese Produkte könnten in diesen Fällen nunmehr nicht mehr zum Einsatz kommen. Die betroffenen Patienten seien damit mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Fehlversorgung ausgesetzt. Um die geforderte Verstärkungsleistung zu rechtfertigen, müsse deshalb eine andere Indikationsschwelle definiert werden. Alle in der Literatur genannten, jedoch nicht einheitlichen einschlägigen Definitionen lägen deutlich oberhalb der Stufe 4 nach der WHO-Definition. Insbesondere für die Gruppe der extrem Schwerhörigen mit einem Hörvermögen lediglich bis 2.000 Hz seien Geräte mit lediglich zwei oder drei Kanälen ausreichend; der Stand der Technik fordere insoweit eben gerade keine höhere Anzahl an Kanälen. Zwar würden aufgrund der Anforderungen im Hilfsmittelverzeichnis von keinem Hersteller mehr Produkte mit weniger als vier Kanälen vorgesehen, aber nach wie vor würden für ausländische Märkte Hörgeräte mit zwei Kanälen zur Versorgung der Versicherten mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit angeboten; auch diese Geräte entsprächen dem aktuellen Stand der Technik. Ginge man davon aus, dass die WHO-Gruppe 4 bei 80 dB anfange, sei eine Verstärkungsleistung von mindestens 75 dB nicht erforderlich. Nach den allgemein geltenden Regeln (half-gain-rule) sei von einer erforderlichen Verstärkungsleistung i.H.v. 40 dB auszugehen. Selbst bei einer Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages von 10 dB sei daher nur eine Mindestverstärkungsleistung von 50 dB erforderlich. Lege man nach neueren Regelungen eine Verstärkungsleistung von mindestens zwei Drittel zugrunde, ergebe sich unter Berücksichtigung des Sicherheitszuschlages von 10 dB eine Mindestanforderung von 63 dB. Insoweit bestünde ein Widerspruch zum Hilfsmittelverzeichnis und der darin genannten maßgeblichen DIN-Norm. Die im Hilfsmittelverzeichnis genannte Definition zur Berechnung der Verstärkung reiche jedoch nicht aus, da nach der genannten DIN-Norm verschiedene Verstärkungswerte gemessen werden könnten. Die starre Voraussetzung von mindestens drei Hörprogrammen – diese bezögen sich ausschließlich auf Mikrofonprogramme, ein Telefonprogramm als technische Anforderung fehle – sei für einen Behinderungsausgleich nicht geeignet. Das Vorbringen des Beklagten zur einschlägigen Messmethode belege, dass der angefochtene Verwaltungsakt gerade nicht ohne Hinzuziehung von anderweitigen Unterlagen "aus sich heraus verständlich" sei, sondern nur unter Verwendung weiterer Materialien, aus denen sich die Messmethode ergeben solle.

Die Kläger beantragen,

den Beschluss des Beklagten vom 12. Dezember 2011 betreffend die Hörgeräte aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, Hersteller von Hörgeräten seien nicht klagebefugt, weil mit den Festbeträgen keine Preise für Hörgeräte festgelegt würden, sondern auch die für die Hilfsmittelversorgung erforderlichen Dienstleistungen der Leistungserbringer (Hörgeräteakustiker) abgegolten würden. Hinweise dafür, dass die Klägerinnen mit den von ihnen bisher bzw. künftig herstellten Hörgeräten im Vergleich zu denjenigen anderer Hersteller gleichheitswidrig betroffen sein könnten, fänden sich nicht. Hierfür spreche schon die Tatsache, dass alle namhaften Hörgerätehersteller mit jeweils gleichen Begründungen Klage erhoben hätten. Dies belege, dass die produktbezogenen technischen Anforderungen alle auf dem Markt tätigen Hersteller gleichermaßen beträfen. Da die Klägerinnen von der Festbetragsfestsetzung allenfalls mittelbar betroffen würden, würden ihnen durch den Umfang des Versorgungsanspruchs auch keine subjektiven Rechte eingeräumt. Nach § 36 Abs. 3 SGB V, der auf § 35 Abs. 7 SGB V verweise, könne der Beschluss zur Änderung des Festbetragsgruppensystems allenfalls im Rahmen einer Klage gegen die Festbetragsfestsetzung inzident auf die Rechtmäßigkeit geprüft werden. Die Einwände der Klägerseite zur erforderlichen Mehrkanaligkeit seien nicht nachvollziehbar, weil eine Auswertung der Produktangaben von sechs großen Hörgeräteherstellern ergeben habe, dass von insgesamt 122 aktuellen Hörsystemen (Produktfamilien mit den jeweiligen Einzelprodukten) lediglich fünf Einzelprodukte weniger als vier Kanäle aufwiesen. Dies entspreche einem Anteil am Produktportfolio dieser Hersteller von gerade einmal vier Prozent. Nach der gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkasse (MDS) vom Dezember 2012 sei im Zeitraum von 2010 bis 2012 nach Auskunft des Deutschen Hörgeräteinstituts (DHI) – der einzige Gesellschafter dieser GmbH sei die biha – kein Hörgerät mit weniger als vier Kanälen zu der von ihm durchgeführten Bauartprüfung gebracht worden sei. Bei der Messung der Nennwerte eines Hörgeräts gemäß der einschlägigen DIN im Rahmen der vom DHI durchgeführten Bauartprüfung werde stets die "Akustische Verstärkung bei der Bezugs-Prüffrequenz und größter Verstärkungseinstellung" ermittelt. Diese werde auch in dem Prüfschein der Bauartprüfung eingetragen. Jeder Hersteller könne damit ohne weiteres prüfen, ob sein Hörgerät eine Verstärkungsleistung von mindestens 75 dB aufweise. Diese geforderte Verstärkungsleistung stehe nicht im Widerspruch zum Indikationswert von 81 dB entsprechend der WHO-Definition für die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit. Denn dieser Wert beziehe sich auf den Schwerhörigkeitsgrad der Gruppe 4 mit einem Hörverlust von mindestens 81 dB auf dem besseren Ohr, gemessen anhand des Tonaudiogramms. Bei der Verstärkungsleistung des Hörgerätes gehe es dagegen nicht um tonaudiometrische Daten des Patienten, sondern um die Verstärkungsleistung, mit der dieser im Sprachaudiogramm das beste Sprachverstehen erziele (sogenanntes dB opt). Bei der an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit sei das dB opt in der Regel nur sehr eingeschränkt oder gar nicht mehr messbar; es werde daher rechnerisch mit der Audiometergrenze von 130 dB zusammenfallend berücksichtigt. Hiervon ausgehend ergebe sich eine notwendige Verstärkungsleistung von 75 dB. Nach einer aktuellen Überprüfung der im Hilfsmittelverzeichnis (Produktgruppen 13.20.10 und 13.20.12) gelisteten Hörgeräte erfüllten über 3.000 Geräte die Anforderung von mindestens vier Kanälen, darunter auch 350 Geräte der Klägerin zu 5. OGmbH. Die Klägerseite verkenne, dass es zwar dreikanalige Analoggeräte (mit digitaler Steuerung) gebe, aber keine dreikanaligen Digitalgeräte. In analogen Hörgeräten könnten Störschallunterdrückungs-, Sprach- und Rückkopplungsalgorithmen nicht realisiert werden. Dass bei einer Hochtonschwerhörigkeit ein bis zwei Kanäle ausreichend seien, da hier nur der tief frequentierte Anteil der Resthörigkeit ausgenutzt werden könne, treffe nicht zu. Eine spezielle Hochtonschwerhörigkeit stelle kein charakteristisches Kennzeichen einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit dar. Im Übrigen gelte die sogenannte Tieftonversorgung bei einer speziellen Hochtonschwerhörigkeit schon seit längerem nicht mehr als der allgemein anerkannte Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, was durch die der Klagebegründung beigefügten Audiogramme bestätigt werde. Mit einem zweikanaligen Gerät könnten nur Teilbereiche der Schwerhörigkeit ausgeglichen werden; vier Kanäle verbesserten auch das Störschall- und Rückkopplungsmanagement deutlich.

Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 16. Januar 2015 erörtert.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbrin-gens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klagen sind unzulässig.

A. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Festbetragsfestsetzung für Hörhilfen ist § 36 SGB V. Diese Vorschrift lautet:

(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt Hilfsmittel, für die Festbeträge festgesetzt werden. Dabei sollen unter Berücksichtigung des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 in ihrer Funktion gleichartige und gleichwertige Mittel in Gruppen zusammengefasst und die Einzelheiten der Versorgung festgelegt werden. Den Spitzenorganisationen der betroffenen Hersteller und Leistungserbringer ist unter Übermittlung der hierfür erforderlichen Informationen innerhalb einer angemessenen Frist vor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen setzt für die Versorgung mit den nach Absatz 1 bestimmten Hilfsmitteln einheitliche Festbeträge fest. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend. Die Hersteller und Leistungserbringer sind verpflichtet, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Verlangen die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Satz 1 und nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erforderlichen Informationen und Auskünfte, insbesondere auch zu den Abgabepreisen der Hilfsmittel, zu erteilen.

(3) § 35 Abs. 5 und 7 gilt entsprechend.

Nach § 35 Abs. 5 und 7 SGB V gilt:

(5) Die Festbeträge sind so festzusetzen, daß sie im allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten; soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen. Die Festbeträge sind mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen. Der Festbetrag für die Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe nach Absatz 1 Satz 2 soll den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen. Dabei müssen mindestens ein Fünftel aller Verordnungen und mindestens ein Fünftel aller Packungen zum Festbetrag verfügbar sein; zugleich darf die Summe der jeweiligen Vomhundertsätze der Verordnungen und Packungen, die nicht zum Festbetrag erhältlich sind, den Wert von 160 nicht überschreiten. Bei der Berechnung nach Satz 4 sind hochpreisige Packungen mit einem Anteil von weniger als 1 vom Hundert an den verordneten Packungen in der Festbetragsgruppe nicht zu berücksichtigen. Für die Zahl der Verordnungen sind die zum Zeitpunkt des Berechnungsstichtages zuletzt verfügbaren Jahresdaten nach § 84 Abs. 5 zu Grunde zu legen. (6) (7) Die Festbeträge sind im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Klagen gegen die Festsetzung der Festbeträge haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung nach Absatz 1 Satz 1 bis 3, gegen die rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen nach Absatz 1 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Festsetzung der Festbeträge ist unzulässig.

B. Hieran gemessen erweisen sich die Klagen als unzulässig.

I. Statthafte Klageart ist die (isolierte) Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Denn Festbetragsfestsetzungen sind Verwaltungsakte in der Form von Allgemeinverfügungen nach § 31 Satz 2 Sozialgesetzbuch / Zehntes Buch - SGB X - (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 1 BvL 28/95, 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - ["Festbeträge"], BVerfGE 106, 275; BSG, Urteile vom 01. März 2011 - B 1 KR 7/10 R, B 1 KR 10/10 R und B 1 KR 13/10 R - ["Sortis"] und vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R -, juris, m.w.N.). Einer zusätzlichen Verpflichtungsklage bedarf es nicht. Hätte die Anfechtungsklage Erfolg, gälte für Versicherte mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit keinerlei Festbetrag. Dies ergibt sich aus Folgendem: Durch den Beschluss vom 1. Dezember 2004 wurden Festbeträge für Hörhilfen unbefristet – dies ist rechtlich zulässig (BSG, Urteil vom 22. November 2012 - B 3 KR 19/11 R - ["Festbeträge Einlagen"], juris) – festgesetzt. Mit einer neuen Allgemeinverfügung wird dann grundsätzlich die zeitlich vorhergehende Allgemeinverfügung für die Zeit ab Inkrafttreten der neuen Festsetzung aufgehoben. Wird jedoch die neue Allgemeinverfügung aufgehoben, wird die frühere unbefristete Festsetzung wieder wirksam (BSG a.a.O.; Urteil vom 01. März 2011 - B 1 KR 10/10 R - ["Sortis"], juris). Im vorliegenden Fall gilt die neue, hier streitige Festsetzung vom 12. Dezember 2011 nur für Versicherte mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit, d.h. einen Teil der von der früheren Allgemeinverfügung erfassten Gruppe (alle Versicherte). Nur insoweit hat die neue Festsetzung die frühere Allgemeinverfügung abgelöst. Die Festsetzung durch den Beschluss vom 1. Dezember 2004 hat jedoch durch die Allgemeinverfügung vom 10. Juli 2013 – wie in dieser ausdrücklich geregelt – nach dem 31. Oktober 2013 ihre Gültigkeit verloren. Mit der Aufhebung der Festbetragsfestsetzung vom 12. Dezember 2011 gälte daher weder die Allgemeinverfügung vom 1. Dezember 2004 noch die ausdrücklich auf "schwerhörige Versicherte mit Ausnahme der an Taubheit grenzenden schwerhörigen Versicherten" begrenzte Festsetzung vom 10. Juli 2013. Die Aufhebung der Festbetragsfestsetzung vom 12. Dezember 2011 hätte daher für Versicherte mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit den Wegfall jeglichen Festbetrags und somit das klägerseitig verfolgte Maximalziel zur Folge, ohne dass es eines weiteren Verpflichtungsantrags bedürfte.

II. Die Kläger verfügen aber nicht über die erforderliche Klagebefugnis. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein. Dies setzt voraus, dass die Verletzung der eigenen Rechte oder der in zulässiger Prozessstandschaft vertretenen Rechte eines Dritten geltend gemacht wird und die Verletzung dieser Rechte danach auch möglich erscheint (BSG, Urteil vom 22. November 2012 - B 3 KR 19/11 R - ["Festbeträge Einlagen"], juris, m.w.N.). Eine Verletzung eigener Rechte der klagenden Hörgeräteherstellerinnen bzw. ihres Berufsverbandes ist indes ausgeschlossen.

1. Die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG gewährt allen Deutschen das Recht, den Beruf frei zu wählen und frei auszuüben. Sie umfasst auch die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen oder mit den Interessenten auszuhandeln. In der bestehenden Wirtschaftsordnung umschließt das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG auch das berufsbezogene Verhalten der Unternehmen am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs. Die Reichweite des Freiheitsschutzes wird dabei durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Insoweit sichert Art. 12 Abs. 1 GG die Teilhabe am Wettbewerb. Die Wettbewerber haben aber keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinen Anspruch auf Er¬folg im Wettbewerb oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten. Vielmehr un¬terliegen die Wettbewerbspositionen und damit auch der Umsatz und die Erträge dem Risiko laufender Veränderung je nach den Marktverhältnissen.

Die Berufsfreiheit umfasst auch das Recht der am Markt Tätigen, die Bedingungen ihrer Marktteilhabe selbst festzusetzen. Insbesondere kann der Anbieter Art und Qualität sowie den Preis der angebotenen Güter und Leistungen selbst festlegen. In gleicher Weise ist aber auch das Recht der Nachfrager geschützt, zu entscheiden, ob sie zu diesen Bedingungen Güter erwerben oder Leistungen abnehmen. Soweit Marktteilnehmer in ihrem Marktverhalten durch gesetzliche Regeln beschränkt werden, ist dies an ihren Grundrechten zu messen, nicht an denen der anderen Marktteilnehmer. Regeln über die (Höchst-)Preise, zu denen die Träger der Krankenversicherung die Kosten von Hilfs¬mitteln für die Versicherten übernehmen, fallen in den Schutzbereich von Grundrechten der Versicherten, aber auch der Ärzte, soweit ihr Verhalten und die Therapiefreiheit betroffen sind. Demgegenüber wird der Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG bei den Herstellern oder Anbietern von Hilfsmitteln nicht berührt, wenn die Kostenübernahme gegenüber den Versicherten im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung geregelt wird. Dass Marktchancen betroffen werden, ändert hieran nichts.

2. Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht deshalb berührt, weil den zur Prüfung gestellten Gesetzesnormen (§§ 35, 36 SGB V) über die faktisch mittelbaren Folgen für Hersteller und Leistungserbringer hinaus eine berufsregelnde Tendenz zukäme. Die Auswirkungen auf deren Berufsausübung sind bloßer Reflex der auf das System der gesetzlichen Krankenversicherung bezogenen Regelung. Eine berufsregelnde Tendenz ist der gesetzlichen Ermächtigung auch nicht etwa deshalb zu entnehmen, weil die Verbände zu wirtschaftslenkenden Maßnahmen ermächtigt wären, denen ihrerseits eine berufsregelnde Tendenz zukäme. Eine solche Regelungsmacht haben die Verbände nicht.

a. Allerdings ordnet § 35 Abs. 5 Satz 2 SGB V an, dass die Festbeträge Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen haben, dass sie einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen sollen und sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten haben. Nach dem Wortlaut dieses Satzes soll der Preiswettbewerb wirksam sein. Die Hersteller von hochpreisigen Hilfsmitteln sollen sich veranlasst sehen, ihre Preise zu senken. Es wird erwartet, dass sich über solche Preissenkungen das gesamte Preisgefüge verändert. Die Orientierung an Bedingungen des Preiswettbewerbs ist der vom Gesetzgeber vorgesehene Weg, um den Gesetzesadressaten die Beachtung des ihnen rechtlich vorgegebenen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit zu ermöglichen. Dies dient dazu, das Leistungssystem der Krankenversicherung funktionsfähig zu halten. Durch die regelmäßige Überprüfung der Festbeträge soll gesichert werden, dass insoweit auch flexibel auf Veränderungen reagiert werden kann.

b. Den Verbänden ist keine über die Konkretisierung der wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten hinausgehende neue Aufgabe übertragen worden. Insbesondere gehört es nicht zu ihren Befugnissen, die Funktionsfähigkeit des Hilfsmittelmarktes als solche zu sichern. Die Festbetragsfestsetzung nach § 35 Abs. 5 Satz 1 SGB V greift die Grundentscheidung der gesetzlichen Krankenversicherung zum Leistungsumfang auf und verleiht ihr durch das einzuschlagende Verfahren Wirkkraft. Im Hinblick auf eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung korrespondiert die Norm mit § 12 Abs. 1 SGB V; soweit bei der Festbetragsfestsetzung Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen sind, entspricht dies § 4 Abs. 4 SGB V. Eindeutig ist der Gesetzesbefehl in § 35 Abs. 5 Satz 2 SGB V, dass sich die Festbetragsfestsetzung an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten ausrichten muss. Wie dies zu geschehen hat, ist wiederum vorgegeben, indem von den preisgünstigen – nicht von den niedrigsten – Abgabepreisen in der Vergleichsgruppe auszugehen und zugleich eine für die Therapie hinreichende Auswahl an Hilfsmitteln sicherzustellen ist. Diesem eng gezogenen Rahmen ist keine eigenständige – von den Primär¬zwecken losgelöste – Möglichkeit des Beklagten zur Gestaltung des Preiswettbewerbs zu entnehmen. Der Gesetzgeber verdeutlicht lediglich mit Absatz 5 Satz 2 der Norm, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot mit Hilfe von Preiswettbewerb verwirklicht werden kann und soll.

c. Allerdings hat jede Umgestaltung im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Folge, dass sich der Anspruch der Versicherten und damit auch der Umfang dessen verändert, woran die Leistungserbringer teilhaben. Das ist notwendiger und unvermeidbarer Reflex geänderter Leistungsansprüche. In diesem Punkt gelten für die Festbeträge keine Besonderheiten. Indem aber im Versicherungssystem Preise offen gelegt und Preisgrenzen für die Kostenübernahme festgesetzt werden, haben die Anbieter am Markt die Möglichkeit, sich darauf einzustellen und zu entscheiden, ob sie sich in der Folge auf den eingeschränkten Markt außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung konzentrieren wollen oder ob sie bei einer insgesamt unveränderten Abnahmemenge durch ihre Preisgestaltung weiterhin konkurrenzfähig bleiben und so versuchen wollen, ihre Marktanteile zu behalten und auszubauen. Solche Entscheidungen sind typisch für unternehmerisches Verhalten im Wettbewerb. Die Erstreckung des Preiswettbewerbs auf den Hilfsmittelmarkt der gesetzlichen Kran¬kenversicherung ist eine vom gesetzgeberischen Willen umschlossene Folgewirkung der Festbeträge, nicht aber ein eigenständiges Ziel des Gesetzes. Der Gesetzgeber hat lediglich verdeutlicht, dass der von ihm erwartete Preiswettbewerb ein Mittel der Umsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebots ist.

d. Demnach sind die Verbände der Krankenkassen nicht zu gestaltenden Eingriffen in den Markt ermächtigt, wohl aber zur Festlegung von Maßstäben für das Verhalten der Krankenkassen bei der Kostenübernahme, an denen sich auch die Anbieter von Hilfsmitteln bei ihrem Marktverhalten orientieren können. Wirtschaftslenkende Handlungsspielräume sind den Spitzenverbänden nicht eröffnet (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95, 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 – ["Festbeträge"], BVerfGE 106, 275ff).

e. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies: Die Festsetzung von Festbeträgen für Hörhilfen mag zwar zum Ergebnis haben, dass Hörgeräte, die die klagenden Herstellerinnen zwar für Personen mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit konzipiert haben, wegen der technischen Vorgaben durch den Beklagten künftig weniger nachgefragt und infolgedessen auch weniger oder überhaupt nicht mehr produziert werden. Dies stellt jedoch einen für die Grundrechtsbetroffenheit irrelevanten Rechtsreflex dar.

3. Soweit in der Folgezeit durch das BSG Rechtsschutzmöglichkeiten von Arzneimittelherstellern gegenüber Festbetragsfestsetzungen gleichwohl angenommen wurden, liegen deren Voraussetzungen bei den Klägerinnen nicht vor.

a. Grundsätzlich schließt die Rechtsprechung des BVerfG nicht aus, dass staatliche Maßnahmen, die auf eine Veränderung des Verhaltens von Unternehmen im Wettbewerb zielen oder den Wettbewerb der Unternehmen untereinander verfälschen, im Einzelfall die Berufsfreiheit beeinträchtigen können (BVerfGE 86, 28; BSGE 87, 95). Die Krankenkassen und ihre Verbände sind nach dem deutschen Krankenversicherungssystem Teil der mittelbaren Staatsverwaltung; ihre den Markt der Gesundheitsleistungen regelnden Maßnahmen sind damit "staatliche Maßnahmen" in diesem Sinne. Art. 12 Abs. 1 GG begründet ein Recht der Unternehmen auf Teilhabe am Wettbewerb, was zwar nicht vor der Zulassung von Konkurrenten, wohl aber vor ungerechtfertigter staatlicher Begünstigung von Konkurrenten schützt (BSG, Urteil vom 24. November 2004 - B 3 KR 23/04 R -, juris, m.w.N.). Insbesondere müssten die Klägerinnen eine Verschlechterung ihrer Absatzchancen durch ein willkürliches Vorgehen des Beklagten, z.B. bei der Gruppenbildung nach § 36 Abs. 1 SGB V, nicht hinnehmen. Auch wenn sie nicht unmittelbare Adressaten der Festbeträge sind und eine fehlerhafte Festbetragsfestsetzung nicht absichtlich und zielgerichtet erfolgt wäre, wäre ihr Grundrecht auf freie Berufsausübung jedenfalls i.V.m. dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt (BSG, Urteil vom 24. November 2004 - B 3 KR 10/04 R -, juris).

Mit anderen Worten: Einer staatlichen Stelle, die einen öffentlichen Auftrag vergibt, ist es aufgrund des Gleichheitssatzes verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Ver¬ga¬be willkürlich zu bestimmen (vgl. BVerfGE 116, 135); gleiches gilt für die Vorstufe von Vergaben, wie hier die Festbetragsfestsetzungen. Nach diesem Maßstab können staatliche Maßnahmen, die den Wettbewerb der Unternehmen untereinander willkürlich verfälschen, im Einzelfall eine Grundrechtsverletzung bedeuten. Wird eine Versorgungsalternative infolge willkürlicher Bewertung zu Unrecht als mit anderen Hilfsmitteln gleichwertig eingestuft, so kann dies eine Benachteiligung des betroffenen Hilfsmittelherstellers im Wettbewerb beinhalten (BSG, Urteil vom 01. März 2011 - B 1 KR 7/10 R - ["Sortis"], juris, m.w.N.). Im Bereich der Festbeträge läge eine solche verfassungswidrige Gleichbehandlung z.B. dann vor, wenn ein Hilfsmittel eines Herstellers offensichtlich aus therapeutischer Sicht so unterschiedlich ist, dass es durch ein Hilfsmittel eines anderen Herstellers nicht ersetzt werden kann, beide dennoch aber ohne Rechtfertigung in einer Festbetragsgruppe zusammengefasst sind.

b. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Weder nach dem klägerischen Vorbringen noch anderweitig ist ersichtlich, dass durch die Gruppenbildung oder die Benennung der technischen Anforderungen an Hörgeräte für Versicherte mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit im Beschluss des Beklagten vom 12. Dezember 2011 einzelne der klagenden Herstellerinnen willkürlich benachteiligt würden. Keine von ihnen hat sich darauf berufen, gerade im Vergleich zu anderen Herstellern ungleich behandelt zu werden. Soweit sie zu hohe technische Anforderungen beanstanden, lässt ihr Vortrag in keiner Weise erkennen, dass hiervon eine einzelne klagende Herstellerin in herausgehobenem Maß stärker als andere betroffen ist. Dass z.B. nur vier¬ka¬na¬li¬ge Geräte für die Versorgung von Versicherten mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit vorgesehen sind, betrifft grundsätzlich alle Produzenten von Hörgeräten mit weniger Kanälen, wenn auch wegen des – nicht detaillierter beschriebenen – variierenden Anteils an der Produktion in unterschiedliche Maße. Darin eine willkürliche Benachteiligung einzelner Herstellerinnen zu sehen, lässt das klägerische Vorbringen nicht zu.

4. Auf die eingeschränkten Wahlmöglichkeiten, die für Versicherte aus der angefochtenen Festbetragsfestsetzung resultierten, können sich die Kläger schon deshalb nicht berufen, weil sie insofern keine eigenen Rechte geltend machen.

5. Sofern sich der Kläger zu 11. wegen seiner innungs-ähnlichen Stellung für klagebefugt hält, überzeugt dies nicht. Der Kläger zu 11. verkennt, dass den Handwerksinnungen durch § 127 SGB V eigene Rechte in Gestalt der dort statuierten Vertragsabschlusskompetenz eingeräumt wurden. Hieran fehlt es bei Verbänden von Hilfsmittelherstellern. C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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