Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 210 KR 1132/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 265/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Eilverfahrens zu erstatten.
Gründe:
Nachdem sich das Eilverfahren anders als durch Beschluss erledigt hat - hier durch entsprechende Prozesserklärungen -, ist nach § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Antrag über die Kosten nach sachgemäßem Ermessen zu entscheiden.
Die Entscheidung über die Kostenerstattung nach § 193 Abs. 1 SGG erfolgt unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen.
Primär sind für die Ermessensentscheidung die Erfolgschancen des Antrages bis zum erledigenden Ereignis in summarische Beurteilung maßgeblich.
Hier sind die Erfolgschancen offen gewesen:
Der Antragsteller wollte im Wege einstweiliger Anordnung erreichen, dass ihn die Antragsgegnerin mit einem mobilen Flüssigsauerstoffsystem anstelle des vorhandenen Systems mit Druckflasche versorgt.
Er ist 1943 geboren und leidet unter anderem an COPD und einer progredienten Polyneuropathie mit Paresen beider Beine. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales stellte mit Bescheid vom dritten November 2014 einen Grad der Behinderung von 80 und die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Eintragung des Merkzeichens "G" erheblich gehbehindert fest. Der Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Gestützt auf eine Verordnung seines ihn behandelnden Lungenfacharztes G vom 9. Februar 2015 beantragte der Antragsteller ein Flüssigsauerstoffgerät zur Sauerstofflangzeittherapie zu Erhaltung der Mobilität, da es ihm aufgrund seiner Schwerbehinderung kaum zumutbar sei, Gasflaschen aufgrund ihres Gewichtes für längere Zeit zu transportieren bzw. damit das Treppensteigen bei Arztbesuchen zu bewältigen. Der eingeschaltete medizinische Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) forderte vom Behandler G Unterlagen an. Der ausführende Gutachter Dr. S gelangte in seiner Stellungnahme vom 3. März 2015 zu dem Ergebnis, dass die derzeitige Versorgung mit einem stationären Sauerstoffkonzentrator zur Durchführung einer Langzeittherapietherapie zu Hause sowie einem mobilen Sauerstofftherapiegerät medizinisch begründbar sei. Das zwingende medizinische Erfordernis einer Versorgung mit einem als Flüssigsauerstoffsystem sei jedoch nicht erkennbar. mit Bescheid vom 4. März 2015 lehnte daraufhin die Antragsgegnerin die Kostenübernahme für ein Flüssigsauerstoff-System ab.
Der Antragsteller erhob Widerspruch (18. März 2015): Zur Erhaltung der erforderlichen Mobilität bedürfe es zwingend einer Versorgung mit einem tragbaren flüssig Sauerstoff gerät. Ansonsten drohe eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Antragstellers.
Die Antragsgegnerin ermittelte beim Leistungserbringer, der V GmbH, dass der Antragsteller mit dem vorhandenen Demand-System bei einem Gewicht von vier bis fünf Kilogramm und einer 8,8-Liter-Flasche für ca. vier Stunden versorgt sei. Solche kleinen Flaschen habe der Antragsteller jedoch nur zweimal im Jahr 2014 geordert. Der erneut eingeschaltete MDK blieb in der sozialmedizinischen Stellungnahmen durch Dr. S vom 8. April 2015 bei seinem früheren Ergebnis, da der Behandler nach wie vor nicht die angeforderten Informationen übermittelt habe.
Der Antragsteller hat am 27. April 2015 beim Sozialgericht Berlin (SG) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er hat vorgebracht, eine der Flüssigsauerstofftherapie vergleichbare Therapieform existiere nicht. Er habe unter dem Gesichtspunkt des Behinderungsausgleiches einen Anspruch auf Versorgung mit einem Flüssigsauerstoffsystem. Mit der kleinen (Druck-)Sauerstoffflasche sei er für etwa drei bis vier Stunden mit Sauerstoff versorgt. Er sei jedoch bei dem Weg außerhalb der Häuslichkeit auf einen größeren Vorrat angewiesen, da er nur sehr langsam unterwegs sein könne. Er habe sich auch vom Leistungserbringer beraten lassen.
Das SG hat einen Befundbericht des Lungenarztes G angefordert. Dieser gab im Befundbericht vom 13. Mai 2015 unter anderem an, dass die COPD des Antragstellers mit Sauerstofftherapie (LOT) (=long-term oxygen therapy= Sauerstoff-Langzeittherapie) von zwei bis drei Litern O²/Minute behandelt werde. Zu Erhaltung der Mobilität über sechs bis acht Stunden sei zusätzlich zum Konzentrator Flüssig-Sauerstoff erforderlich. Die zur Verfügung gestellte 0,8 Liter Leicht-Sauerstoffdruckflasche ermögliche nur eine Nutzung über zwei bis zweieinhalb Stunden. Der MDK hat durch Frau Dr. V am 20.Mai 2015 erneut ein Sozialmedizinisches Gutachten abgegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2015 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers gegen den Ablehnungsbescheid vom 04. März 2015 zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 2. Juni 2015 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt: Nach der allein möglichen summarischen Prüfung sei nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller die begehrte Leistung zustehe. Sein Grundbedürfnis auf Mobilität und Erledigung der Alltagsgeschäfte sei durch die vorhandene so genannte Mobile Einheit ausreichend gewährleistet. Nach seinem eigenen Vortrag sei er nämlich noch in der Lage, seine Wohnung täglich ca. drei bis vier Stunden zu verlassen. Auch sei ein Gewichtsvergleich zwischen dem bislang vorhandenen bestehenden System und einem mit Flüssigsauerstoff nicht möglich. Der Vortrag des Antragstellers beschränke sich lediglich darauf, dass auch die kleinste Flaschen aufgrund ihres Eigengewichts für ihn zu schwer sei. Allerdings erschließe sich dann nicht, wie er in der Lage sein könnte, das Eigengewicht des Flüssigsauerstoffgerätes zu bewältigen. Daraus darüber hinaus sei fraglich, ob die Voraussetzungen für eine Flüssigsauerstoffversorgung erfüllt sein. Es fehle nach wie vor an einer Blutgasanalyse unter Belastung. Auch eine reine Folgenabwägung führe zu keinem anderen Ergebnis, weil der Antragsteller bereits mit einem Sauerstoffkonzentrator und mit einem mobilen Sauerstoffdrucksystem versorgt sei.
Gegen diesen am 3. Juni zugestellten Beschluss hat sich die Beschwerde des Antragstellers vom 3. Juli 2015 gerichtet: Sein Lungenarzt habe alles diagnostiziert, was erforderlich sei. Ein Flüssigsauerstoffgerät gebe es bereits ab 1,2 kg.
Die Beschwerde hätte vielleicht Erfolg gehabt.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung haben möglicherweise vorgelegen.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig, wenn anderenfalls die Gefahr besteht, dass ein Recht des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Voraussetzung sind das Bestehen eines Anordnungsanspruches und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird. Die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Entscheidungen dürfen dabei grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05 - ).
Hier hat das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend dargestellt, was gegen die Annahme eines Anordnungsanspruchs spricht. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird hierauf verwiesen, § 142 Abs. 2 S. 3 SGG.
Nach der Sachlage bis zur Erledigungserklärung ist ungeachtet dessen offen gewesen, ob dem Antragsteller ein Anspruch auf Versorgung mit einem mobilen Flüssigsauerstoffgerät zur Verfügung steht.
Nach § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, soll das mobile Sauerstoffgerät nicht eine ausgefallene Körperfunktionen als solche ersetzen, sondern mittelbar die bestehenden Atembeschwerden mildern. Nach der Rechtsprechung des BSG sind Hilfsmittel, welche lediglich auf einen mittelbaren Ausgleich von Behinderungen zielen, nur zu gewähren, soweit sie der Befriedigung sogenannter Grundbedürfnisse dienen (BSG, Urt. v. 18. Mai 2011 - B 3 KR 10/10 R - juris-Rdnr 14 mit weit. Nachw.).
Hier hat der MDK in seiner jüngsten Stellungnahme darauf hingewiesen, dass nach wie vor keine Angaben zu dem als erforderlich ermittelten Sauerstoffflow unter Belastung vorlägen. Deshalb ist es nicht möglich auszusagen, ob die bereits vorhandene mobile Sauerstoffeinheit als Sauerstoff-Druckgasflasche dem Antragsteller außer Haus Mobilität im Rahmen der Grundbedürfnisse gewährleisten.
Allerdings hält der Behandler des Antragstellers eine solche Untersuchung für unzumutbar.
Weiter ist von der Antragsgegnerin ungeprüft geblieben und damit als offen anzusehen, ob dem Antragsteller ein Anspruch auf die begehrte Versorgung nach §§ 5 Nr. 4, 6 Abs. 1 Nr. 7, 14 Abs. 2, 55 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch i. V. m. §§ 53 Abs. 1, 54 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch, § 9 Abs. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung zustehen könnte.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Nachdem sich das Eilverfahren anders als durch Beschluss erledigt hat - hier durch entsprechende Prozesserklärungen -, ist nach § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Antrag über die Kosten nach sachgemäßem Ermessen zu entscheiden.
Die Entscheidung über die Kostenerstattung nach § 193 Abs. 1 SGG erfolgt unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen.
Primär sind für die Ermessensentscheidung die Erfolgschancen des Antrages bis zum erledigenden Ereignis in summarische Beurteilung maßgeblich.
Hier sind die Erfolgschancen offen gewesen:
Der Antragsteller wollte im Wege einstweiliger Anordnung erreichen, dass ihn die Antragsgegnerin mit einem mobilen Flüssigsauerstoffsystem anstelle des vorhandenen Systems mit Druckflasche versorgt.
Er ist 1943 geboren und leidet unter anderem an COPD und einer progredienten Polyneuropathie mit Paresen beider Beine. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales stellte mit Bescheid vom dritten November 2014 einen Grad der Behinderung von 80 und die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Eintragung des Merkzeichens "G" erheblich gehbehindert fest. Der Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Gestützt auf eine Verordnung seines ihn behandelnden Lungenfacharztes G vom 9. Februar 2015 beantragte der Antragsteller ein Flüssigsauerstoffgerät zur Sauerstofflangzeittherapie zu Erhaltung der Mobilität, da es ihm aufgrund seiner Schwerbehinderung kaum zumutbar sei, Gasflaschen aufgrund ihres Gewichtes für längere Zeit zu transportieren bzw. damit das Treppensteigen bei Arztbesuchen zu bewältigen. Der eingeschaltete medizinische Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) forderte vom Behandler G Unterlagen an. Der ausführende Gutachter Dr. S gelangte in seiner Stellungnahme vom 3. März 2015 zu dem Ergebnis, dass die derzeitige Versorgung mit einem stationären Sauerstoffkonzentrator zur Durchführung einer Langzeittherapietherapie zu Hause sowie einem mobilen Sauerstofftherapiegerät medizinisch begründbar sei. Das zwingende medizinische Erfordernis einer Versorgung mit einem als Flüssigsauerstoffsystem sei jedoch nicht erkennbar. mit Bescheid vom 4. März 2015 lehnte daraufhin die Antragsgegnerin die Kostenübernahme für ein Flüssigsauerstoff-System ab.
Der Antragsteller erhob Widerspruch (18. März 2015): Zur Erhaltung der erforderlichen Mobilität bedürfe es zwingend einer Versorgung mit einem tragbaren flüssig Sauerstoff gerät. Ansonsten drohe eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Antragstellers.
Die Antragsgegnerin ermittelte beim Leistungserbringer, der V GmbH, dass der Antragsteller mit dem vorhandenen Demand-System bei einem Gewicht von vier bis fünf Kilogramm und einer 8,8-Liter-Flasche für ca. vier Stunden versorgt sei. Solche kleinen Flaschen habe der Antragsteller jedoch nur zweimal im Jahr 2014 geordert. Der erneut eingeschaltete MDK blieb in der sozialmedizinischen Stellungnahmen durch Dr. S vom 8. April 2015 bei seinem früheren Ergebnis, da der Behandler nach wie vor nicht die angeforderten Informationen übermittelt habe.
Der Antragsteller hat am 27. April 2015 beim Sozialgericht Berlin (SG) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er hat vorgebracht, eine der Flüssigsauerstofftherapie vergleichbare Therapieform existiere nicht. Er habe unter dem Gesichtspunkt des Behinderungsausgleiches einen Anspruch auf Versorgung mit einem Flüssigsauerstoffsystem. Mit der kleinen (Druck-)Sauerstoffflasche sei er für etwa drei bis vier Stunden mit Sauerstoff versorgt. Er sei jedoch bei dem Weg außerhalb der Häuslichkeit auf einen größeren Vorrat angewiesen, da er nur sehr langsam unterwegs sein könne. Er habe sich auch vom Leistungserbringer beraten lassen.
Das SG hat einen Befundbericht des Lungenarztes G angefordert. Dieser gab im Befundbericht vom 13. Mai 2015 unter anderem an, dass die COPD des Antragstellers mit Sauerstofftherapie (LOT) (=long-term oxygen therapy= Sauerstoff-Langzeittherapie) von zwei bis drei Litern O²/Minute behandelt werde. Zu Erhaltung der Mobilität über sechs bis acht Stunden sei zusätzlich zum Konzentrator Flüssig-Sauerstoff erforderlich. Die zur Verfügung gestellte 0,8 Liter Leicht-Sauerstoffdruckflasche ermögliche nur eine Nutzung über zwei bis zweieinhalb Stunden. Der MDK hat durch Frau Dr. V am 20.Mai 2015 erneut ein Sozialmedizinisches Gutachten abgegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2015 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers gegen den Ablehnungsbescheid vom 04. März 2015 zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 2. Juni 2015 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt: Nach der allein möglichen summarischen Prüfung sei nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller die begehrte Leistung zustehe. Sein Grundbedürfnis auf Mobilität und Erledigung der Alltagsgeschäfte sei durch die vorhandene so genannte Mobile Einheit ausreichend gewährleistet. Nach seinem eigenen Vortrag sei er nämlich noch in der Lage, seine Wohnung täglich ca. drei bis vier Stunden zu verlassen. Auch sei ein Gewichtsvergleich zwischen dem bislang vorhandenen bestehenden System und einem mit Flüssigsauerstoff nicht möglich. Der Vortrag des Antragstellers beschränke sich lediglich darauf, dass auch die kleinste Flaschen aufgrund ihres Eigengewichts für ihn zu schwer sei. Allerdings erschließe sich dann nicht, wie er in der Lage sein könnte, das Eigengewicht des Flüssigsauerstoffgerätes zu bewältigen. Daraus darüber hinaus sei fraglich, ob die Voraussetzungen für eine Flüssigsauerstoffversorgung erfüllt sein. Es fehle nach wie vor an einer Blutgasanalyse unter Belastung. Auch eine reine Folgenabwägung führe zu keinem anderen Ergebnis, weil der Antragsteller bereits mit einem Sauerstoffkonzentrator und mit einem mobilen Sauerstoffdrucksystem versorgt sei.
Gegen diesen am 3. Juni zugestellten Beschluss hat sich die Beschwerde des Antragstellers vom 3. Juli 2015 gerichtet: Sein Lungenarzt habe alles diagnostiziert, was erforderlich sei. Ein Flüssigsauerstoffgerät gebe es bereits ab 1,2 kg.
Die Beschwerde hätte vielleicht Erfolg gehabt.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung haben möglicherweise vorgelegen.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig, wenn anderenfalls die Gefahr besteht, dass ein Recht des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Voraussetzung sind das Bestehen eines Anordnungsanspruches und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird. Die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Entscheidungen dürfen dabei grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05 - ).
Hier hat das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend dargestellt, was gegen die Annahme eines Anordnungsanspruchs spricht. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird hierauf verwiesen, § 142 Abs. 2 S. 3 SGG.
Nach der Sachlage bis zur Erledigungserklärung ist ungeachtet dessen offen gewesen, ob dem Antragsteller ein Anspruch auf Versorgung mit einem mobilen Flüssigsauerstoffgerät zur Verfügung steht.
Nach § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, soll das mobile Sauerstoffgerät nicht eine ausgefallene Körperfunktionen als solche ersetzen, sondern mittelbar die bestehenden Atembeschwerden mildern. Nach der Rechtsprechung des BSG sind Hilfsmittel, welche lediglich auf einen mittelbaren Ausgleich von Behinderungen zielen, nur zu gewähren, soweit sie der Befriedigung sogenannter Grundbedürfnisse dienen (BSG, Urt. v. 18. Mai 2011 - B 3 KR 10/10 R - juris-Rdnr 14 mit weit. Nachw.).
Hier hat der MDK in seiner jüngsten Stellungnahme darauf hingewiesen, dass nach wie vor keine Angaben zu dem als erforderlich ermittelten Sauerstoffflow unter Belastung vorlägen. Deshalb ist es nicht möglich auszusagen, ob die bereits vorhandene mobile Sauerstoffeinheit als Sauerstoff-Druckgasflasche dem Antragsteller außer Haus Mobilität im Rahmen der Grundbedürfnisse gewährleisten.
Allerdings hält der Behandler des Antragstellers eine solche Untersuchung für unzumutbar.
Weiter ist von der Antragsgegnerin ungeprüft geblieben und damit als offen anzusehen, ob dem Antragsteller ein Anspruch auf die begehrte Versorgung nach §§ 5 Nr. 4, 6 Abs. 1 Nr. 7, 14 Abs. 2, 55 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch i. V. m. §§ 53 Abs. 1, 54 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch, § 9 Abs. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung zustehen könnte.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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