Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 4 R 354/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 175/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 09. Dezember 2011 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) die außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu erstatten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Potsdam, mit dem dieses ihren Bescheid, mit dem Versicherungspflicht in der Renten- und in der Arbeitslosenversicherung für eine Tätigkeit als Cutter und Berater bei der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 31. Juli 2007 bis 31. März 2008 festgestellt worden war, aufgehoben hat.
Der 1977 geborene Kläger stellte auf Wunsch der Beigeladenen zu 1) am 06. August 2007 einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. In dem beigefügten Formantrag gab er an, er sei freiberuflicher Cutter für Film/Artwork, und zwar seit dem 01. Dezember 2006. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit liege im Schnitt/Endproduktion von Film. Er sei für die Beigeladene zu 1), die U GmbH (jetzt U GmbH) in P tätig. Diese sei sein Auftraggeber. In dem Formantrag gab der Kläger weiter an, er arbeite am Betriebssitz des Auftraggebers, also der Beigeladenen zu 1), habe keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten und es würden ihm keine Weisungen hinsichtlich der Ausführung erteilt, der Auftraggeber könne sein Einsatzgebiet nicht ohne seine Zustimmung verändern, er könne aber nicht ohne Zustimmung des Auftraggebers Vertreter oder Hilfskräfte einstellen. Mit Schreiben vom 30. Juli 2007 erteilte die Beigeladene zu 1) eine Auftragsbestätigung für Cutter (tageweise) für den Beitrag/Magazin "Wissenshunger". Danach engagierte sie den Kläger am 31. Juli und 01. August und ggfs. für weitere Termine nach Absprache zu einer vereinbarten Pauschalgage von 240,- Euro. Die Abrechnung der Gage erfolge entweder als lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis oder gegen Rechnungslegung.
Die Selbständigkeit sei nachzuweisen durch eine Bestätigung des zuständigen Wohnsitzfinanzamtes für die in Rechnung gestellte Tätigkeit als Einkünfte aus selbständiger Arbeit bzw. Gewerbebetrieb und Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse, mit der bei der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeit oder Statusfeststellung der Beklagten bezüglich der bei der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeit.
Für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit (als Cutter) bezog der Kläger in der Zeit vom 01. Dezember 2006 bis 31. August 2007 einen Gründungszuschuss von der Beigeladenen zu 2).
Auf Anforderung der Beklagten übersandte der Kläger mit Eingang am 27. August 2007 verschiedene Unterlagen und gab folgende Tätigkeitsbeschreibung: Er sei für das Schneiden von gedrehtem Film und Fernsehmaterial zuständig, sowie für die bildliche und künstlerische Gestaltung. Er handle meist auf Weisung von einem Redakteur oder Regisseur. Er habe kein eigenes Kapital eingesetzt. Er habe bis jetzt genau vier Tage für die Beigeladene zu 1) gearbeitet; es bestünde keine Festanstellung.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 hörte die Beklagte den Kläger und die Beigeladene zu 1) zu einem beabsichtigten Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung für die Zeit ab dem 31. Juli 2007 an.
Mit Schreiben vom 25. September 2007 übersandte der Kläger den Bescheid der Künstlersozialkasse (KSK) vom 17. September 2007 über die Versicherungspflicht gemäß § 1 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) in der Rentenversicherung, der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung ab dem 19. Juni 2007.
Unter dem 08. Oktober 2007 bzw. 22. Oktober 2007 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) einen Beratungsvertrag (BV). Darin heißt es in § 1 (Vertragsgegenstand):
1. Der Berater übernimmt die Beratung von dem Produzenten auf dem Gebiet Begutachtung von Audio- und Videosendematerialien.
2. Zur Tätigkeit des Beraters gehört insbesondere: - professionelle Einschätzung der Endfertigung - beratende Tätigkeit bei der Fertigung der A + V Materialien - Beratung der technischen Konfiguration der Schnittplätze
3. Der Berater ist in der Bestimmung von Arbeitsort und Arbeitszeit frei.
In § 2 wurde der Beginn der Vertragszeit auf den 01. September 2007 festgesetzt und das Ende voraussichtlich auf Ende März 2008.
In § 3 (Vergütung) ist geregelt, dass der Vertragspartner für seine im Rahmen dieses Vertrages erbrachte Tätigkeit sowie für die gemäß § 4 dieses Vertrages eingeräumten Rechte ein pauschales Honorar in Höhe von 240,- Euro pro Arbeitstag zuzüglich Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe erhält.
In § 6 (Nennung) ist vereinbart, dass der Berater auf eine Nennung verzichtet (§ 13 Urhebergesetz).
Mit Schreiben vom 08. Oktober 2007 teilte der Kläger mit, dass er bei der U kein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis habe. Neben den Arbeiten für die Beigeladene zu 1) bearbeite er selbständig noch mehrere andere Projekte. Er übersandte Kopien, aus denen hervorgeht, dass er eine private Altersvorsorge betreibt und in die Riester-Rente einzahlt.
Mit zwei Bescheiden vom 23. Oktober 2007, adressiert an den Kläger und an die Beigeladene zu 1), stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) ab dem 31. Juli 2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit Aufnahme der Tätigkeit.
Zur Begründung des am 05. November 2007 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruches führte der Kläger aus, dass er keineswegs nur auf Weisung arbeite, sondern viel von seinem praktischen und künstlerischen Wissen einbringe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2008, laut Akte per Einschreiben abgesandt am 12. Februar 2008, hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Der Kläger sei in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Er sei in der Disposition seiner Arbeitszeit keineswegs frei. Er habe keinen Einfluss auf den Inhalt der Sendung, sondern wirke lediglich an der Gestaltung der Programminhalte mit. Er bekomme die Arbeitsmittel kostenfrei gestellt. Es sei kennzeichnend, dass er ausschließlich die eigene Arbeitskraft einsetze und funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig sei.
Mit der am 18. März 2008, einem Dienstag, bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe bei der Beigeladenen eine programmgestaltende Tätigkeit ausgeübt. Er habe das Material sichten und selbständig entscheiden müssen, wie und in welchem Umfang das Material Verwendung finden würde. Außerdem habe er die Produktionen bildgestalterisch optimal herstellen müssen. Es habe keine Dienstpläne gegeben. Er habe insofern seine Arbeitskraft selbständig einteilen können, es habe auch keine Dienstbereitschaft vorgelegen. Das wirtschaftliche Risiko habe darin gelegen, dass er nur für die von ihm erbrachten Leistungen vergütet worden sei, nicht aber schon, wenn er sich nur zur Arbeitsleistung bereitgehalten habe.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25. Mai 2010 unter anderem ausgeführt, dass der Kläger in Schichten für die Beigeladene zu 1) tätig gewesen sei. Dass er einen Einfluss auf das Produkt gehabt habe, stehe außer Frage. Einen programmgestaltenden Einfluss könne die Beklagte jedoch nicht erkennen. Der Kläger habe in seiner Stellungnahme zum Statusfeststellungsverfahren selbst angegeben, dass er meist auf Weisung von Redakteur oder Regisseur tätig werde. Auch werde der Kläger nach § 6 seines Vertrages auch nicht im Abspann als verantwortlicher Cutter genannt. Bei einer programmgestaltenden Tätigkeit sollte nicht auf eine Nennung verzichtet werden, da der Betreffende sich hierdurch für andere Auftraggeber empfehlen könne.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat der Kläger mitgeteilt, dass er in der Zeit von September 2007 bis März 2008 lediglich im Rahmen der Reihe "Wissenshunger" gearbeitet habe. Er sei zu keiner Zeit zu einer Art Dienstbereitschaft oder Ersatz für andere Cutter in demselben oder anderen Projekten verpflichtet gewesen.
Am 22. August 2011 hat die Beklagte zwei Bescheide erlassen, gerichtet an den Kläger und den Beigeladenen zu 1), in denen festgestellt wurde, dass für den Kläger in der Zeit vom 31. Juli 2007 bis 31. März 2008 in der ausgeübten Beschäftigung als Cutter bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. Mit Urteil vom 09. Dezember 2011 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 23. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2008 sowie den Bescheid vom 22. August 2011 aufgehoben. Es hat festgestellt, dass der Kläger im Rahmen der Tätigkeit für die Beigeladene (zu 1) in der Zeit vom 31. Juli 2007 bis 31. März 2008 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe. Es hat ausgeführt, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zwischen programmgestaltender Tätigkeit einerseits und Rundfunk- bzw. fernsehtypischer Mitarbeit an Sendungen andererseits unterscheide. Es komme auf die Umstände des Einzelfalles an. Der Kläger sei nicht abhängig beschäftigt gewesen, weil er keinen Anspruch auf Urlaub gehabt habe, keinen Honoraranspruch bei Ausfall der Tätigkeit, weil keine feste Eingliederung in den Betrieb der Beigeladenen (zu 1) bestanden habe und keine längere Bindung an die Beigeladene (zu 1) als für ein Projekt. Der Kläger sei als Unternehmer am Markt aufgetreten und habe noch andere Projekte betreut. Er sei programmgestaltend tätig gewesen. Nach dem Abgrenzungskatalog der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen seien Editor/Cutter selbständig tätig, wenn sie für eine Produktion einzelvertraglich verpflichtet würden und der eigenschöpferische Teil der Leistung überwiege. Beides sei bei dem Kläger der Fall.
Gegen das am 31. Januar 2012 an die Beklagte zugestellte Urteil hat sie am 28. Februar 2012 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Es bestünde eine Diskrepanz zwischen dem "Beratungsvertrag" und der Angabe, dass der Kläger als Cutter tätig sei. Um einen selbständigen Cutter handele es sich, wenn der den Inhalt der Sendung weitgehend bestimme durch vorwiegend schöpferische Eigenanteile. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall. Hinzuweisen sei hier vor allem auf die Aussage des Klägers in seinem Schreiben vom 27. August 2007, wonach er im Rahmen seiner Tätigkeit meist auf Weisung von einem Redakteur oder Regisseur gehandelt habe. Auch die beratende Funktion, die der Kläger nach dem Vertrag habe, bringe zum Ausdruck, dass der Redakteur oder Regisseur das Letztentscheidungsrecht über die maßgeblichen Punkte gehabt habe. Bestätigt werde dies wiederum durch den Kläger selbst, der mit Schreiben vom 18. August 2012 eingeräumt habe, dass grundsätzliche Vorgaben des Senders zu beachten seien. Er möge zwar zu einer künstlerischen Gesamtleistung beigetragen haben, habe jedoch weder eine vorwiegend eigenschöpferische noch eine abgrenzbare und im Vorfeld definierte Leistung erbracht, sondern sei Mitglied einer Gruppe gewesen, die eine Gesamtleistung erbracht habe, was notwendig seine Eingliederung in eine von fremder Seite vorgegebene Arbeitsorganisation und damit eine Weisungsbefugnis der Beigeladenen (zu 1) bedinge, denn die Beigeladene habe die Funktion, die Leistungen der einzelnen Gruppenmitglieder zu steuern. Bei der geleisteten weisungsgebundenen Teamarbeit sei der Kläger auch örtlich gebunden gewesen. Er habe die vereinbarte Leistung nur an einem von der Beigeladenen (zu 1) zur Verfügung gestellten Schnittplatz und nicht, wie bei Selbständigen regelmäßig üblich, an einem von ihm selbst angemieteten oder seinem eigenen Arbeitsplatz zu Hause erbringen können. Dementsprechend habe der Kläger mit Schreiben vom 18. August 2012 angegeben, er bekomme seitens der Beigeladenen bestimmte Schnittschichten zugeteilt, das heißt, ihm werde mitgeteilt, wann bei der Beigeladenen (zu 1.) ein freier Schnittplatz zur Verfügung stünde. Insoweit weiter ausgeführt worden sei, der Kläger sei frei, bei der Beigeladenen weitere Schichten in Anspruch zu nehmen, wenn er mit einer Schicht nicht auskomme, sei entgegenzuhalten, dass diese "Freiheit" wohl wiederum erst nach Einteilung in eine Schnittschicht wahrgenommen werden könne, da ansonsten die Schnittplätze belegt sein dürften. Es könne insofern nicht nachvollzogen werden, dass der Kläger nicht in den Betrieb der Beigeladenen integriert gewesen sein solle. Eigenes Kapital habe der Kläger nicht eingesetzt. Dass er gleichzeitig werbend am Markt aufgetreten sei, sei für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des strittigen Auftragsverhältnisses nicht relevant.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 09. Dezember 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat ausgeführt, dass die Beklagte seine Tätigkeit als Cutter/Editor in den Vordergrund stelle und angebe, dass er sich so geäußert habe, dass dies auch der Hauptbestandteil während seiner beratenden Tätigkeit gewesen sei. Dies stimme so nicht, in dem besagten Zeitraum sei er als Cutter/Editor und später als Berater tätig gewesen. Weiter hebe die Beklagte den Abgrenzungskatalog hervor, ohne auch nur einmal gesehen oder erlebt zu haben, wie seine Tätigkeit für die Beigeladene (zu 1) ausgesehen habe.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) sei ein Beratungsvertrag geschlossen worden. Ein Beschäftigungsverhältnis habe nicht bestanden, denn der Kläger habe ausdrücklich keinen Anspruch auf Urlaub oder sonstige Sozialleistungen und keinen Honoraranspruch, falls die Leistung aus persönlichen Gründen nicht erbracht werden könne, gehabt. Damit habe er das unternehmerische Risiko übernommen, denn eine Vergütung stünde ihm nur bei Erbringen der Leistung zu. Bei seiner Arbeit habe der eigenschöpferische Teil der Leistung überwogen. Er habe nicht weisungsgebunden gehandelt und sei nur für ein bestimmtes Projekt beauftragt gewesen. Eine örtliche Bindung habe nur aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten vorgelegen. Im Bereich Funk und Fernsehen sei es üblich, dass die entsprechende Technik von den Rundfunkanstalten bzw. den Produktionsfirmen zur Verfügung gestellt werde. Eine eigene Anschaffung könne aufgrund der hohen Kosten von den freien Mitarbeitern nicht verlangt werden. Auch eine Zuteilung der Schnittplätze sei lediglich aus organisatorischen Gründen erforderlich. Ein Rückschluss auf ein Arbeitsverhältnis lasse sich daraus nicht ziehen.
Die vom Senat mit Beschluss vom 26. Oktober 2012 beigeladene Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 09. April 2014 hat der Kläger auf Befragen des Gerichts mitgeteilt, dass er nicht mehr wisse, wann er den Widerspruchsbescheid erhalten habe. Er habe auch kein Eingangsdatum vermerkt. Der Vertreter der Beigeladenen zu 1) hat erklärt, dass die Beigeladene zu 1) den Widerspruchsbescheid am 18. März 2008 erhalten hat. Auf die Bitte des Gerichts, die Beklagte solle nachforschen, wann dem Kläger der Widerspruchsbescheid (per Einschreiben) zugestellt wurde, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 07. Mai 2014 mitgeteilt, dass die Feststellung des Zustellungszeitpunktes nicht mehr möglich sei. Mangels Nachweismöglichkeit gehe die Beklagte davon aus, dass der Kläger den Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2008 zu einem späteren Zeitpunkt als dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post erhalten habe, so dass die Klage fristgerecht eingelegt worden sei.
In dem Erörterungstermin vom 09. April 2014 hat die Berichterstatterin den Kläger gehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 09. April 2014 verwiesen.
Das Gericht hat den Redaktionsleiter der Redaktion "Wissenshunger", Herrn O(im Folgenden: der Zeuge), durch den ersuchten Richter bei dem Sozialgericht München vernehmen lassen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift der Nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts München vom 11. Februar 2015 verwiesen.
Die vorgesehene Vernehmung des weiteren Chefs vom Dienst, Herrn H, scheiterte daran, dass sich dessen aktuelle Anschrift nicht herausfinden ließ.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten hat dem Senat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 09. Dezember 2011 ist rechtmäßig. Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 22. August 2011 zu Recht aufgehoben und festgestellt, dass keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung vorliegt. Soweit es auch den Bescheid vom 23. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2008 aufgehoben und festgestellt hat, dass keine Versicherungspflicht in der Kranken- und sozialen Pflegeversicherung vorliegt, geht dies ins Leere. Der Bescheid vom 23. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2008 ist bereits durch den Bescheid vom 22. August 2011 ersetzt worden (vgl. zu einem gleich gelagerten Fall Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. September 2011, Az. B 12 R 17/09 R, juris Rdnr. 13) und hat sich damit gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt. Die Feststellung, dass keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und in der sozialen Pflegeversicherung besteht, geht ins Leere, weil die Beklagte in keinem ihrer Bescheide eine entsprechende Versicherungspflicht festgestellt hatte.
Die Berufung ist nicht deswegen begründet, weil die Klage unzulässig gewesen wäre. Der Zugang des Widerspruchsbescheides bei dem Kläger lässt sich nicht mehr feststellen. Da die Beklagte diesbezüglich beweispflichtig ist, den Beweis jedoch nicht erbringen kann, ist von einer fristgerechten Klageerhebung innerhalb der Monatsfrist des § 87 SGG auszugehen.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, aus der sich dann ggfs. die Versicherungsplicht gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Rentenversicherung und gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der Arbeitslosenversicherung ergeben könnte, ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Ob der Kläger in dem streitigen Zeitraum vom 31. Juli 2007 bis 31. März 2008 als Cutter und Berater selbständig tätig war oder ob er zu der Beigeladenen zu 1) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand, richtet sich nach den von der Rechtsprechung für die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung herausgearbeiteten Grundsätzen. Danach ist für die Wertung einer Beschäftigung als abhängig ausschlaggebend, dass sie in persönlicher Abhängigkeit verrichtet wird. Diese äußert sich regelmäßig in der Eingliederung des Beschäftigten in einen fremden Betrieb, sei es, dass er umfassend einem Zeit, Dauer und Ort der Arbeit betreffendem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, sei es auch nur, insbesondere bei Diensten höherer Art, dass er funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess des Arbeitgebers teilhat. Demgegenüber kennzeichnen eine selbständige Tätigkeit das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsfreiheit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Weist im Einzelfall eine Tätigkeit sowohl Merkmale der Abhängigkeit wie der Selbständigkeit auf, so kommt es bei der Beurteilung des Gesamtbildes darauf an, welche Merkmale überwiegen (vgl. Urteile des BSG vom 28. Januar 1999, Az. B 3 KR 2/98 R , juris Rdnr. 20 = SozR 3-5425 § 1 Nr. 5 m.w.N. und vom 25. April 2012, Az. B 12 KR 24/10 R, juris Rdnr. 16 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 15). Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung erfordert eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d.h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (vgl. Urteil des BSG vom 25. April 2012, aaO., juris Rdnr. 25).
Aus dem BV zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) ergibt sich zumindest für die Zeit ab dem 01. Oktober 2007, dass eine selbständige Tätigkeit gewollt war. Dies folgt zum einen aus der Bezeichnung als "Beratungsvertrag". Ein Berater wird typischerweise nicht beschäftigt, sondern soll von außen "einen Blick werfen". Weiter ist bestimmt, dass der Berater in der Bestimmung von Arbeitsort und Arbeitszeit frei ist (§ 1 Nr. 3 BV). Auch sollte der Kläger ein Honorar erhalten, also keinen Lohn oder Gehalt, und zwar pauschal pro Arbeitstag. In § 3 Nr. 1 BV versichert der Kläger, ein im Inland ansässiger Unternehmer zu sein und beim Finanzamt P geführt zu werden. Gleichzeitig verpflichtete er sich, eigenständig für die Abführung der Steuer zu sorgen. Es finden sich in dem Vertrag auch keine für Arbeitsverträge typischen Regelungen über eine Gewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder von bezahltem Urlaub und es wurde kein Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) begründet. Grundlage der Beurteilung, ob Versicherungspflicht vorliegt, sind jedoch die tatsächlichen Verhältnisse. Die in einer vertraglichen Vereinbarung gewählte Bezeichnung oder rechtliche Einordnung einer Tätigkeit ist dagegen nicht maßgebend, wenn sie davon abweicht (BSG, Urteil vom 28. Januar 1999, aaO., juris Rdnr. 20). Das ist hier jedoch nicht der Fall.
Der Kläger war nicht in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert, und zwar weder für die von Ende August 2007 bis Ende September 2007 allein ausgeübte Tätigkeit als Cutter noch für die als Berater, wobei der Senat davon ausgeht, dass die Tätigkeit des Cutters auch anschließend noch ausgeübt wurde, möglicherweise abwechselnd mit der Beratertätigkeit. Dies ergibt sich aus der Aussage des Zeugen, der eine Cuttertätigkeit des Klägers beschrieben hat. Der Kläger musste zwar Absprachen treffen, zu welchen Zeiten ein Schnittplatz frei war, und war auch insoweit an bestimmte Zeiten gebunden, als er Besprechungen mit dem Redakteur und dem Sprecher verabreden musste, war außerhalb dieser Besprechungen aber frei, seine Schnittzeiten einzuteilen, z.B. auch am Samstag oder Sonntag an den Schnittplatz zu gehen. Der Kläger hat sich auch vertraglich nicht für einen längeren Zeitraum an die Beigeladene gebunden, sondern es wurde projektbezogen für die Sendereihe "Wissenshunger" gearbeitet. Er hat, wie er im Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben hat, die Tätigkeit von sich aus beendet, weil er den Eindruck hatte, nicht mehr Neues einbringen zu können, also sich eine gewisse Routine eingeschlichen hatte.
Der Kläger hatte auch ein unternehmerisches Risiko zu tragen, da er mit der Beigeladenen zu 1) auf Honorarbasis zzgl. Umsatzsteuer abrechnete, wie sich z.B. aus der Rechnung Nr. 07-1006, die die Beklagte mit Schriftsatz am 09. April 2014 übersandt hat, ergibt. Urlaubsansprüche oder ein Ausfallhonorar bei ausfallenden Produktionen waren nicht vereinbart.
Als entscheidend für die Annahme des Vorliegens einer selbständigen Tätigkeit sieht der Senat jedoch an, dass der Kläger nicht weisungsgebunden war. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV entscheidet über das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung insbesondere das Ausüben einer Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Zwar hat der Kläger die von ihm verrichtete Tätigkeit etwas anders geschildert als der Zeuge. Aber auch unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen ist ein Weisungsrecht nicht erkennbar. Der Kläger hatte, wie der Zeuge angegeben hat, einen künstlerisch-eigenschöpferischen Gestaltungsspielraum. Er hat ausgeführt, dass sich Redakteur und Cutter typischerweise zusammensetzen und besprechen, wie sie das vorhandene Drehmaterial sinnvoll umsetzen. Zum Teil wird ein sogenanntes Skelett beschlossen, ein Grundgerüst, wie die Sendung aussehen soll. Die beiden sprechen sich dann üblicherweise ab über die Bildsprache, über visuelle Effekte, über die Musik und in der weiteren Folge ist dann der Cutter aufgerufen, dies alles umzusetzen. Wie er das zeitlich macht, ist seine Sache, solange er den vorgegebenen Abgabetermin einhält. Der Redakteur gibt dem Cutter vor, wie er sich eine Bildfolge vorstellt. Wie der Cutter dies dann im Einzelnen umsetzt ist durchaus Kunst.
Dass der Kläger sich mit dem Redakteur besprechen und dessen Rahmenvorgaben auch beachten musste, wie es der Zeuge bekundet hat, reicht für die Annahme einer Weisungsgebundenheit nicht aus. Das BSG hat im Fall einer Regieassistentin angenommen, dass eine Weisungsgebundenheit nur anzunehmen wäre, wenn die Produktionsfirma – hier die Beigeladene zu 1) - einseitige Vorgaben für die Produktion erteilt hätte, die über rein künstlerisch-fachliche Weisungen hinaus gegangen wären. Die künstlerisch-fachlichen Vorgaben stehen einer Einordnung als selbständige Tätigkeit nicht entgegen. Sie sind bei solchen Kunstwerken üblich und notwendig, die von einer Vielzahl von Beteiligten erstellt werden, etwa auch dann, wenn berühmte Solisten oder Schauspieler innerhalb eines festen Ensembles auftreten, wo sie den Anweisungen des Dirigenten oder Regisseurs unterliegen, ohne dass deswegen ihre eigene künstlerische Selbständigkeit in Zweifel gezogen werden könnte (BSG, Urteil vom 28. Januar 1999, aaO., juris Rdnr. 24). Die Tätigkeit des Klägers ging im vorliegenden Fall über das "einfache" Schneiden eines Films hinaus. Sie erschöpfte sich nicht in dem technischen Schnittvorgang, sondern er war maßgeblich für die künstlerische Gestaltung der von ihm bearbeiteten Sendereihe (mit-)verantwortlich (so auch jeweils für den Fall eines Cutters Landessozialgericht – LSG - Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04. April 2014, Az. L 1 KR 57/13, sowie Bayerisches LSG, Urteil vom 08. November 2011, Az. L 5 R 858/09, beide dokumentiert in juris). Dies entspricht auch, worauf das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, Punkt 3.3 des Abgrenzungskatalogs der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen.
Auch die Tatsache, dass der Kläger durch die Bindung an die Schnittstelle der Beigeladenen zu 1) doch einigen zeitlichen Vorgaben entsprechen musste, ändert nichts an der Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Diese Wertung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Abgrenzung von freier Mitarbeit und Arbeitnehmerstatus bei Rundfunk- und Fernsehanstalten (vgl. BVerfG AP Nr. 1 zu Art. 5 Abs. 1 GG Rundfunkfreiheit; BAG AP Nr. 74 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Danach ist selbst bei einer auf Dauer angelegten Tätigkeit für einen Fernsehsender, wie sie hier nicht einmal vorliegt, eine persönliche Abhängigkeit von programmgestaltenden Mitarbeitern nicht schon aus ihrer Abhängigkeit vom technischen Apparat der Sendeanstalt und ihrer Einbindung in ein Produktionsteam abzuleiten. Die programmgestaltenden Mitarbeiter stehen nur dann in einem Arbeitsverhältnis zur Sendeanstalt, wenn diese innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann. Dies ist anzunehmen, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang ohne Abschluss entsprechender Vereinbarungen zur Arbeit herangezogen werden kann; etwa wenn die Rundfunk- bzw. Fernsehanstalt einseitig, ohne Mitwirkung des Mitarbeiters, Dienstpläne aufstellt (BSG, Urteil vom 28. Januar 1999, aaO., juris Rdnr.23). Dies war im Fall des Klägers nicht gegeben.
Unter Berücksichtigung der genannten Kriterien lag im konkret zu entscheidenden Fall eine selbständige Tätigkeit vor, so dass das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2011 zu Recht aufgehoben hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Potsdam, mit dem dieses ihren Bescheid, mit dem Versicherungspflicht in der Renten- und in der Arbeitslosenversicherung für eine Tätigkeit als Cutter und Berater bei der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 31. Juli 2007 bis 31. März 2008 festgestellt worden war, aufgehoben hat.
Der 1977 geborene Kläger stellte auf Wunsch der Beigeladenen zu 1) am 06. August 2007 einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. In dem beigefügten Formantrag gab er an, er sei freiberuflicher Cutter für Film/Artwork, und zwar seit dem 01. Dezember 2006. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit liege im Schnitt/Endproduktion von Film. Er sei für die Beigeladene zu 1), die U GmbH (jetzt U GmbH) in P tätig. Diese sei sein Auftraggeber. In dem Formantrag gab der Kläger weiter an, er arbeite am Betriebssitz des Auftraggebers, also der Beigeladenen zu 1), habe keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten und es würden ihm keine Weisungen hinsichtlich der Ausführung erteilt, der Auftraggeber könne sein Einsatzgebiet nicht ohne seine Zustimmung verändern, er könne aber nicht ohne Zustimmung des Auftraggebers Vertreter oder Hilfskräfte einstellen. Mit Schreiben vom 30. Juli 2007 erteilte die Beigeladene zu 1) eine Auftragsbestätigung für Cutter (tageweise) für den Beitrag/Magazin "Wissenshunger". Danach engagierte sie den Kläger am 31. Juli und 01. August und ggfs. für weitere Termine nach Absprache zu einer vereinbarten Pauschalgage von 240,- Euro. Die Abrechnung der Gage erfolge entweder als lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis oder gegen Rechnungslegung.
Die Selbständigkeit sei nachzuweisen durch eine Bestätigung des zuständigen Wohnsitzfinanzamtes für die in Rechnung gestellte Tätigkeit als Einkünfte aus selbständiger Arbeit bzw. Gewerbebetrieb und Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse, mit der bei der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeit oder Statusfeststellung der Beklagten bezüglich der bei der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeit.
Für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit (als Cutter) bezog der Kläger in der Zeit vom 01. Dezember 2006 bis 31. August 2007 einen Gründungszuschuss von der Beigeladenen zu 2).
Auf Anforderung der Beklagten übersandte der Kläger mit Eingang am 27. August 2007 verschiedene Unterlagen und gab folgende Tätigkeitsbeschreibung: Er sei für das Schneiden von gedrehtem Film und Fernsehmaterial zuständig, sowie für die bildliche und künstlerische Gestaltung. Er handle meist auf Weisung von einem Redakteur oder Regisseur. Er habe kein eigenes Kapital eingesetzt. Er habe bis jetzt genau vier Tage für die Beigeladene zu 1) gearbeitet; es bestünde keine Festanstellung.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 hörte die Beklagte den Kläger und die Beigeladene zu 1) zu einem beabsichtigten Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung für die Zeit ab dem 31. Juli 2007 an.
Mit Schreiben vom 25. September 2007 übersandte der Kläger den Bescheid der Künstlersozialkasse (KSK) vom 17. September 2007 über die Versicherungspflicht gemäß § 1 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) in der Rentenversicherung, der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung ab dem 19. Juni 2007.
Unter dem 08. Oktober 2007 bzw. 22. Oktober 2007 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) einen Beratungsvertrag (BV). Darin heißt es in § 1 (Vertragsgegenstand):
1. Der Berater übernimmt die Beratung von dem Produzenten auf dem Gebiet Begutachtung von Audio- und Videosendematerialien.
2. Zur Tätigkeit des Beraters gehört insbesondere: - professionelle Einschätzung der Endfertigung - beratende Tätigkeit bei der Fertigung der A + V Materialien - Beratung der technischen Konfiguration der Schnittplätze
3. Der Berater ist in der Bestimmung von Arbeitsort und Arbeitszeit frei.
In § 2 wurde der Beginn der Vertragszeit auf den 01. September 2007 festgesetzt und das Ende voraussichtlich auf Ende März 2008.
In § 3 (Vergütung) ist geregelt, dass der Vertragspartner für seine im Rahmen dieses Vertrages erbrachte Tätigkeit sowie für die gemäß § 4 dieses Vertrages eingeräumten Rechte ein pauschales Honorar in Höhe von 240,- Euro pro Arbeitstag zuzüglich Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe erhält.
In § 6 (Nennung) ist vereinbart, dass der Berater auf eine Nennung verzichtet (§ 13 Urhebergesetz).
Mit Schreiben vom 08. Oktober 2007 teilte der Kläger mit, dass er bei der U kein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis habe. Neben den Arbeiten für die Beigeladene zu 1) bearbeite er selbständig noch mehrere andere Projekte. Er übersandte Kopien, aus denen hervorgeht, dass er eine private Altersvorsorge betreibt und in die Riester-Rente einzahlt.
Mit zwei Bescheiden vom 23. Oktober 2007, adressiert an den Kläger und an die Beigeladene zu 1), stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) ab dem 31. Juli 2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit Aufnahme der Tätigkeit.
Zur Begründung des am 05. November 2007 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruches führte der Kläger aus, dass er keineswegs nur auf Weisung arbeite, sondern viel von seinem praktischen und künstlerischen Wissen einbringe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2008, laut Akte per Einschreiben abgesandt am 12. Februar 2008, hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Der Kläger sei in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Er sei in der Disposition seiner Arbeitszeit keineswegs frei. Er habe keinen Einfluss auf den Inhalt der Sendung, sondern wirke lediglich an der Gestaltung der Programminhalte mit. Er bekomme die Arbeitsmittel kostenfrei gestellt. Es sei kennzeichnend, dass er ausschließlich die eigene Arbeitskraft einsetze und funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig sei.
Mit der am 18. März 2008, einem Dienstag, bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe bei der Beigeladenen eine programmgestaltende Tätigkeit ausgeübt. Er habe das Material sichten und selbständig entscheiden müssen, wie und in welchem Umfang das Material Verwendung finden würde. Außerdem habe er die Produktionen bildgestalterisch optimal herstellen müssen. Es habe keine Dienstpläne gegeben. Er habe insofern seine Arbeitskraft selbständig einteilen können, es habe auch keine Dienstbereitschaft vorgelegen. Das wirtschaftliche Risiko habe darin gelegen, dass er nur für die von ihm erbrachten Leistungen vergütet worden sei, nicht aber schon, wenn er sich nur zur Arbeitsleistung bereitgehalten habe.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25. Mai 2010 unter anderem ausgeführt, dass der Kläger in Schichten für die Beigeladene zu 1) tätig gewesen sei. Dass er einen Einfluss auf das Produkt gehabt habe, stehe außer Frage. Einen programmgestaltenden Einfluss könne die Beklagte jedoch nicht erkennen. Der Kläger habe in seiner Stellungnahme zum Statusfeststellungsverfahren selbst angegeben, dass er meist auf Weisung von Redakteur oder Regisseur tätig werde. Auch werde der Kläger nach § 6 seines Vertrages auch nicht im Abspann als verantwortlicher Cutter genannt. Bei einer programmgestaltenden Tätigkeit sollte nicht auf eine Nennung verzichtet werden, da der Betreffende sich hierdurch für andere Auftraggeber empfehlen könne.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat der Kläger mitgeteilt, dass er in der Zeit von September 2007 bis März 2008 lediglich im Rahmen der Reihe "Wissenshunger" gearbeitet habe. Er sei zu keiner Zeit zu einer Art Dienstbereitschaft oder Ersatz für andere Cutter in demselben oder anderen Projekten verpflichtet gewesen.
Am 22. August 2011 hat die Beklagte zwei Bescheide erlassen, gerichtet an den Kläger und den Beigeladenen zu 1), in denen festgestellt wurde, dass für den Kläger in der Zeit vom 31. Juli 2007 bis 31. März 2008 in der ausgeübten Beschäftigung als Cutter bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. Mit Urteil vom 09. Dezember 2011 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 23. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2008 sowie den Bescheid vom 22. August 2011 aufgehoben. Es hat festgestellt, dass der Kläger im Rahmen der Tätigkeit für die Beigeladene (zu 1) in der Zeit vom 31. Juli 2007 bis 31. März 2008 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe. Es hat ausgeführt, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zwischen programmgestaltender Tätigkeit einerseits und Rundfunk- bzw. fernsehtypischer Mitarbeit an Sendungen andererseits unterscheide. Es komme auf die Umstände des Einzelfalles an. Der Kläger sei nicht abhängig beschäftigt gewesen, weil er keinen Anspruch auf Urlaub gehabt habe, keinen Honoraranspruch bei Ausfall der Tätigkeit, weil keine feste Eingliederung in den Betrieb der Beigeladenen (zu 1) bestanden habe und keine längere Bindung an die Beigeladene (zu 1) als für ein Projekt. Der Kläger sei als Unternehmer am Markt aufgetreten und habe noch andere Projekte betreut. Er sei programmgestaltend tätig gewesen. Nach dem Abgrenzungskatalog der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen seien Editor/Cutter selbständig tätig, wenn sie für eine Produktion einzelvertraglich verpflichtet würden und der eigenschöpferische Teil der Leistung überwiege. Beides sei bei dem Kläger der Fall.
Gegen das am 31. Januar 2012 an die Beklagte zugestellte Urteil hat sie am 28. Februar 2012 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Es bestünde eine Diskrepanz zwischen dem "Beratungsvertrag" und der Angabe, dass der Kläger als Cutter tätig sei. Um einen selbständigen Cutter handele es sich, wenn der den Inhalt der Sendung weitgehend bestimme durch vorwiegend schöpferische Eigenanteile. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall. Hinzuweisen sei hier vor allem auf die Aussage des Klägers in seinem Schreiben vom 27. August 2007, wonach er im Rahmen seiner Tätigkeit meist auf Weisung von einem Redakteur oder Regisseur gehandelt habe. Auch die beratende Funktion, die der Kläger nach dem Vertrag habe, bringe zum Ausdruck, dass der Redakteur oder Regisseur das Letztentscheidungsrecht über die maßgeblichen Punkte gehabt habe. Bestätigt werde dies wiederum durch den Kläger selbst, der mit Schreiben vom 18. August 2012 eingeräumt habe, dass grundsätzliche Vorgaben des Senders zu beachten seien. Er möge zwar zu einer künstlerischen Gesamtleistung beigetragen haben, habe jedoch weder eine vorwiegend eigenschöpferische noch eine abgrenzbare und im Vorfeld definierte Leistung erbracht, sondern sei Mitglied einer Gruppe gewesen, die eine Gesamtleistung erbracht habe, was notwendig seine Eingliederung in eine von fremder Seite vorgegebene Arbeitsorganisation und damit eine Weisungsbefugnis der Beigeladenen (zu 1) bedinge, denn die Beigeladene habe die Funktion, die Leistungen der einzelnen Gruppenmitglieder zu steuern. Bei der geleisteten weisungsgebundenen Teamarbeit sei der Kläger auch örtlich gebunden gewesen. Er habe die vereinbarte Leistung nur an einem von der Beigeladenen (zu 1) zur Verfügung gestellten Schnittplatz und nicht, wie bei Selbständigen regelmäßig üblich, an einem von ihm selbst angemieteten oder seinem eigenen Arbeitsplatz zu Hause erbringen können. Dementsprechend habe der Kläger mit Schreiben vom 18. August 2012 angegeben, er bekomme seitens der Beigeladenen bestimmte Schnittschichten zugeteilt, das heißt, ihm werde mitgeteilt, wann bei der Beigeladenen (zu 1.) ein freier Schnittplatz zur Verfügung stünde. Insoweit weiter ausgeführt worden sei, der Kläger sei frei, bei der Beigeladenen weitere Schichten in Anspruch zu nehmen, wenn er mit einer Schicht nicht auskomme, sei entgegenzuhalten, dass diese "Freiheit" wohl wiederum erst nach Einteilung in eine Schnittschicht wahrgenommen werden könne, da ansonsten die Schnittplätze belegt sein dürften. Es könne insofern nicht nachvollzogen werden, dass der Kläger nicht in den Betrieb der Beigeladenen integriert gewesen sein solle. Eigenes Kapital habe der Kläger nicht eingesetzt. Dass er gleichzeitig werbend am Markt aufgetreten sei, sei für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des strittigen Auftragsverhältnisses nicht relevant.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 09. Dezember 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat ausgeführt, dass die Beklagte seine Tätigkeit als Cutter/Editor in den Vordergrund stelle und angebe, dass er sich so geäußert habe, dass dies auch der Hauptbestandteil während seiner beratenden Tätigkeit gewesen sei. Dies stimme so nicht, in dem besagten Zeitraum sei er als Cutter/Editor und später als Berater tätig gewesen. Weiter hebe die Beklagte den Abgrenzungskatalog hervor, ohne auch nur einmal gesehen oder erlebt zu haben, wie seine Tätigkeit für die Beigeladene (zu 1) ausgesehen habe.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) sei ein Beratungsvertrag geschlossen worden. Ein Beschäftigungsverhältnis habe nicht bestanden, denn der Kläger habe ausdrücklich keinen Anspruch auf Urlaub oder sonstige Sozialleistungen und keinen Honoraranspruch, falls die Leistung aus persönlichen Gründen nicht erbracht werden könne, gehabt. Damit habe er das unternehmerische Risiko übernommen, denn eine Vergütung stünde ihm nur bei Erbringen der Leistung zu. Bei seiner Arbeit habe der eigenschöpferische Teil der Leistung überwogen. Er habe nicht weisungsgebunden gehandelt und sei nur für ein bestimmtes Projekt beauftragt gewesen. Eine örtliche Bindung habe nur aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten vorgelegen. Im Bereich Funk und Fernsehen sei es üblich, dass die entsprechende Technik von den Rundfunkanstalten bzw. den Produktionsfirmen zur Verfügung gestellt werde. Eine eigene Anschaffung könne aufgrund der hohen Kosten von den freien Mitarbeitern nicht verlangt werden. Auch eine Zuteilung der Schnittplätze sei lediglich aus organisatorischen Gründen erforderlich. Ein Rückschluss auf ein Arbeitsverhältnis lasse sich daraus nicht ziehen.
Die vom Senat mit Beschluss vom 26. Oktober 2012 beigeladene Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 09. April 2014 hat der Kläger auf Befragen des Gerichts mitgeteilt, dass er nicht mehr wisse, wann er den Widerspruchsbescheid erhalten habe. Er habe auch kein Eingangsdatum vermerkt. Der Vertreter der Beigeladenen zu 1) hat erklärt, dass die Beigeladene zu 1) den Widerspruchsbescheid am 18. März 2008 erhalten hat. Auf die Bitte des Gerichts, die Beklagte solle nachforschen, wann dem Kläger der Widerspruchsbescheid (per Einschreiben) zugestellt wurde, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 07. Mai 2014 mitgeteilt, dass die Feststellung des Zustellungszeitpunktes nicht mehr möglich sei. Mangels Nachweismöglichkeit gehe die Beklagte davon aus, dass der Kläger den Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2008 zu einem späteren Zeitpunkt als dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post erhalten habe, so dass die Klage fristgerecht eingelegt worden sei.
In dem Erörterungstermin vom 09. April 2014 hat die Berichterstatterin den Kläger gehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 09. April 2014 verwiesen.
Das Gericht hat den Redaktionsleiter der Redaktion "Wissenshunger", Herrn O(im Folgenden: der Zeuge), durch den ersuchten Richter bei dem Sozialgericht München vernehmen lassen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift der Nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts München vom 11. Februar 2015 verwiesen.
Die vorgesehene Vernehmung des weiteren Chefs vom Dienst, Herrn H, scheiterte daran, dass sich dessen aktuelle Anschrift nicht herausfinden ließ.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten hat dem Senat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 09. Dezember 2011 ist rechtmäßig. Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 22. August 2011 zu Recht aufgehoben und festgestellt, dass keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung vorliegt. Soweit es auch den Bescheid vom 23. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2008 aufgehoben und festgestellt hat, dass keine Versicherungspflicht in der Kranken- und sozialen Pflegeversicherung vorliegt, geht dies ins Leere. Der Bescheid vom 23. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2008 ist bereits durch den Bescheid vom 22. August 2011 ersetzt worden (vgl. zu einem gleich gelagerten Fall Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. September 2011, Az. B 12 R 17/09 R, juris Rdnr. 13) und hat sich damit gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt. Die Feststellung, dass keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und in der sozialen Pflegeversicherung besteht, geht ins Leere, weil die Beklagte in keinem ihrer Bescheide eine entsprechende Versicherungspflicht festgestellt hatte.
Die Berufung ist nicht deswegen begründet, weil die Klage unzulässig gewesen wäre. Der Zugang des Widerspruchsbescheides bei dem Kläger lässt sich nicht mehr feststellen. Da die Beklagte diesbezüglich beweispflichtig ist, den Beweis jedoch nicht erbringen kann, ist von einer fristgerechten Klageerhebung innerhalb der Monatsfrist des § 87 SGG auszugehen.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, aus der sich dann ggfs. die Versicherungsplicht gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Rentenversicherung und gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der Arbeitslosenversicherung ergeben könnte, ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Ob der Kläger in dem streitigen Zeitraum vom 31. Juli 2007 bis 31. März 2008 als Cutter und Berater selbständig tätig war oder ob er zu der Beigeladenen zu 1) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand, richtet sich nach den von der Rechtsprechung für die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung herausgearbeiteten Grundsätzen. Danach ist für die Wertung einer Beschäftigung als abhängig ausschlaggebend, dass sie in persönlicher Abhängigkeit verrichtet wird. Diese äußert sich regelmäßig in der Eingliederung des Beschäftigten in einen fremden Betrieb, sei es, dass er umfassend einem Zeit, Dauer und Ort der Arbeit betreffendem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, sei es auch nur, insbesondere bei Diensten höherer Art, dass er funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess des Arbeitgebers teilhat. Demgegenüber kennzeichnen eine selbständige Tätigkeit das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsfreiheit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Weist im Einzelfall eine Tätigkeit sowohl Merkmale der Abhängigkeit wie der Selbständigkeit auf, so kommt es bei der Beurteilung des Gesamtbildes darauf an, welche Merkmale überwiegen (vgl. Urteile des BSG vom 28. Januar 1999, Az. B 3 KR 2/98 R , juris Rdnr. 20 = SozR 3-5425 § 1 Nr. 5 m.w.N. und vom 25. April 2012, Az. B 12 KR 24/10 R, juris Rdnr. 16 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 15). Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung erfordert eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d.h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (vgl. Urteil des BSG vom 25. April 2012, aaO., juris Rdnr. 25).
Aus dem BV zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) ergibt sich zumindest für die Zeit ab dem 01. Oktober 2007, dass eine selbständige Tätigkeit gewollt war. Dies folgt zum einen aus der Bezeichnung als "Beratungsvertrag". Ein Berater wird typischerweise nicht beschäftigt, sondern soll von außen "einen Blick werfen". Weiter ist bestimmt, dass der Berater in der Bestimmung von Arbeitsort und Arbeitszeit frei ist (§ 1 Nr. 3 BV). Auch sollte der Kläger ein Honorar erhalten, also keinen Lohn oder Gehalt, und zwar pauschal pro Arbeitstag. In § 3 Nr. 1 BV versichert der Kläger, ein im Inland ansässiger Unternehmer zu sein und beim Finanzamt P geführt zu werden. Gleichzeitig verpflichtete er sich, eigenständig für die Abführung der Steuer zu sorgen. Es finden sich in dem Vertrag auch keine für Arbeitsverträge typischen Regelungen über eine Gewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder von bezahltem Urlaub und es wurde kein Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) begründet. Grundlage der Beurteilung, ob Versicherungspflicht vorliegt, sind jedoch die tatsächlichen Verhältnisse. Die in einer vertraglichen Vereinbarung gewählte Bezeichnung oder rechtliche Einordnung einer Tätigkeit ist dagegen nicht maßgebend, wenn sie davon abweicht (BSG, Urteil vom 28. Januar 1999, aaO., juris Rdnr. 20). Das ist hier jedoch nicht der Fall.
Der Kläger war nicht in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert, und zwar weder für die von Ende August 2007 bis Ende September 2007 allein ausgeübte Tätigkeit als Cutter noch für die als Berater, wobei der Senat davon ausgeht, dass die Tätigkeit des Cutters auch anschließend noch ausgeübt wurde, möglicherweise abwechselnd mit der Beratertätigkeit. Dies ergibt sich aus der Aussage des Zeugen, der eine Cuttertätigkeit des Klägers beschrieben hat. Der Kläger musste zwar Absprachen treffen, zu welchen Zeiten ein Schnittplatz frei war, und war auch insoweit an bestimmte Zeiten gebunden, als er Besprechungen mit dem Redakteur und dem Sprecher verabreden musste, war außerhalb dieser Besprechungen aber frei, seine Schnittzeiten einzuteilen, z.B. auch am Samstag oder Sonntag an den Schnittplatz zu gehen. Der Kläger hat sich auch vertraglich nicht für einen längeren Zeitraum an die Beigeladene gebunden, sondern es wurde projektbezogen für die Sendereihe "Wissenshunger" gearbeitet. Er hat, wie er im Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben hat, die Tätigkeit von sich aus beendet, weil er den Eindruck hatte, nicht mehr Neues einbringen zu können, also sich eine gewisse Routine eingeschlichen hatte.
Der Kläger hatte auch ein unternehmerisches Risiko zu tragen, da er mit der Beigeladenen zu 1) auf Honorarbasis zzgl. Umsatzsteuer abrechnete, wie sich z.B. aus der Rechnung Nr. 07-1006, die die Beklagte mit Schriftsatz am 09. April 2014 übersandt hat, ergibt. Urlaubsansprüche oder ein Ausfallhonorar bei ausfallenden Produktionen waren nicht vereinbart.
Als entscheidend für die Annahme des Vorliegens einer selbständigen Tätigkeit sieht der Senat jedoch an, dass der Kläger nicht weisungsgebunden war. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV entscheidet über das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung insbesondere das Ausüben einer Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Zwar hat der Kläger die von ihm verrichtete Tätigkeit etwas anders geschildert als der Zeuge. Aber auch unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen ist ein Weisungsrecht nicht erkennbar. Der Kläger hatte, wie der Zeuge angegeben hat, einen künstlerisch-eigenschöpferischen Gestaltungsspielraum. Er hat ausgeführt, dass sich Redakteur und Cutter typischerweise zusammensetzen und besprechen, wie sie das vorhandene Drehmaterial sinnvoll umsetzen. Zum Teil wird ein sogenanntes Skelett beschlossen, ein Grundgerüst, wie die Sendung aussehen soll. Die beiden sprechen sich dann üblicherweise ab über die Bildsprache, über visuelle Effekte, über die Musik und in der weiteren Folge ist dann der Cutter aufgerufen, dies alles umzusetzen. Wie er das zeitlich macht, ist seine Sache, solange er den vorgegebenen Abgabetermin einhält. Der Redakteur gibt dem Cutter vor, wie er sich eine Bildfolge vorstellt. Wie der Cutter dies dann im Einzelnen umsetzt ist durchaus Kunst.
Dass der Kläger sich mit dem Redakteur besprechen und dessen Rahmenvorgaben auch beachten musste, wie es der Zeuge bekundet hat, reicht für die Annahme einer Weisungsgebundenheit nicht aus. Das BSG hat im Fall einer Regieassistentin angenommen, dass eine Weisungsgebundenheit nur anzunehmen wäre, wenn die Produktionsfirma – hier die Beigeladene zu 1) - einseitige Vorgaben für die Produktion erteilt hätte, die über rein künstlerisch-fachliche Weisungen hinaus gegangen wären. Die künstlerisch-fachlichen Vorgaben stehen einer Einordnung als selbständige Tätigkeit nicht entgegen. Sie sind bei solchen Kunstwerken üblich und notwendig, die von einer Vielzahl von Beteiligten erstellt werden, etwa auch dann, wenn berühmte Solisten oder Schauspieler innerhalb eines festen Ensembles auftreten, wo sie den Anweisungen des Dirigenten oder Regisseurs unterliegen, ohne dass deswegen ihre eigene künstlerische Selbständigkeit in Zweifel gezogen werden könnte (BSG, Urteil vom 28. Januar 1999, aaO., juris Rdnr. 24). Die Tätigkeit des Klägers ging im vorliegenden Fall über das "einfache" Schneiden eines Films hinaus. Sie erschöpfte sich nicht in dem technischen Schnittvorgang, sondern er war maßgeblich für die künstlerische Gestaltung der von ihm bearbeiteten Sendereihe (mit-)verantwortlich (so auch jeweils für den Fall eines Cutters Landessozialgericht – LSG - Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04. April 2014, Az. L 1 KR 57/13, sowie Bayerisches LSG, Urteil vom 08. November 2011, Az. L 5 R 858/09, beide dokumentiert in juris). Dies entspricht auch, worauf das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, Punkt 3.3 des Abgrenzungskatalogs der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen.
Auch die Tatsache, dass der Kläger durch die Bindung an die Schnittstelle der Beigeladenen zu 1) doch einigen zeitlichen Vorgaben entsprechen musste, ändert nichts an der Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Diese Wertung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Abgrenzung von freier Mitarbeit und Arbeitnehmerstatus bei Rundfunk- und Fernsehanstalten (vgl. BVerfG AP Nr. 1 zu Art. 5 Abs. 1 GG Rundfunkfreiheit; BAG AP Nr. 74 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Danach ist selbst bei einer auf Dauer angelegten Tätigkeit für einen Fernsehsender, wie sie hier nicht einmal vorliegt, eine persönliche Abhängigkeit von programmgestaltenden Mitarbeitern nicht schon aus ihrer Abhängigkeit vom technischen Apparat der Sendeanstalt und ihrer Einbindung in ein Produktionsteam abzuleiten. Die programmgestaltenden Mitarbeiter stehen nur dann in einem Arbeitsverhältnis zur Sendeanstalt, wenn diese innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann. Dies ist anzunehmen, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang ohne Abschluss entsprechender Vereinbarungen zur Arbeit herangezogen werden kann; etwa wenn die Rundfunk- bzw. Fernsehanstalt einseitig, ohne Mitwirkung des Mitarbeiters, Dienstpläne aufstellt (BSG, Urteil vom 28. Januar 1999, aaO., juris Rdnr.23). Dies war im Fall des Klägers nicht gegeben.
Unter Berücksichtigung der genannten Kriterien lag im konkret zu entscheidenden Fall eine selbständige Tätigkeit vor, so dass das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2011 zu Recht aufgehoben hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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