Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 109 AS 30155/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1565/15 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. April 2015 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Pflicht der Beklagten zur Erstattung der Aufwendungen der Klägerin für zwei Widerspruchsverfahren.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Urteil vom 13. April 2015 auf die Klage den Bescheid der Beklagten vom 11. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2012 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die notwendigen Aufwendungen der Klägerin in den Vorverfahren W 1595/12 und W 1596/12 zu erstatten, und hat zugleich festgestellt, dass die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten jeweils notwendig war. Der eingelegte Rechtsbehelf sei erfolgreich gewesen. Es habe insbesondere nicht die notwendige Kausalität gefehlt. Die Klägerin habe gegen beide wegen der von der Bundesagentur für Arbeit festgestellten Sperrzeit erteilten Bescheide (Sanktionsbescheid und ausführenden Leistungsbescheid) Rechtsbehelfe einlegen müssen, um deren Bestandskraft zu verhindern. Die Beklagte verkenne, dass sie mit den angefochtenen Bescheiden eine eigene Entscheidung nach den Vorschriften des SGB II getroffen habe. Die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung sei nicht einschlägig. Die Kausalität im Falle einer Abhilfe sei nur für solche Fälle verneint worden, in denen ein eigenes geändertes Verhalten des Betroffenen zur Abänderung geführt habe. Solche Konstellation habe hier nicht vorgelegen. Das Urteil wurde der Beklagten am 26. Mai 2015 zugestellt.
Mit ihrer Beschwerde vom 25. Juni 2015 gegen die Nichtzulassung der Berufung bezog sich die Beklagte auf ihre bisher vertretene Auffassung, dass nicht die Widersprüche ursächlich für die Abänderung gewesen seien, sondern vielmehr der Wegfall der Tatbestandswirkung des § 31 Abs 2 Nr 3 SGB II durch den zeitgleich erhobenen Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid. Da wegen der Aufhebung des Sperrzeitbescheides ein vorrangiger Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden sei, könne der Widerspruch gegen den Leistungsbescheid schon nicht als erfolgreich angesehen werden, weil ein niedrigerer Anspruch auf Arbeitslosengeld II aus der Entscheidung der Bundesagentur gefolgt sei. Grundsätzliche Bedeutung habe die Rechtsfrage, ob eine zum Widerspruch gegen die Sperrzeitentscheidung parallele Anfechtung der Minderung des Arbeitslosengeldes II überhaupt Erfolg im Kostensinne haben könne. Allein die zeitliche Abfolge Verwaltungsakt – Widerspruch – Rücknahme der Entscheidung führe nicht automatisch zu einem Kostenerfolg. Die Bewertung einer kausalen Verknüpfung von Widerspruch und Abänderung der Ausgangsentscheidung sei selbst für den Fall einer zwischenzeitlich erfolgten Rechtsänderung nicht abschließend geklärt.
II.
Die von der Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und erfolgte fristgerecht, führt jedoch nicht zur Zulassung der Berufung.
Die Beschwerde ist gemäß § 145 SGG statthaft. Die Berufung bedurfte der Zulassung, denn sie war nicht zulässiges Rechtsmittel im Sinne von § 144 Abs 1 SGG. Der Beschwerdewert erreicht angesichts der geltend gemachten Kostenforderung von 309,40 EUR nicht den Mindestbeschwerdewert für eine zulassungsfreie Berufung von 750,01 EUR (Abs 1 Satz 1 Nr 1) und betrifft auch keine wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr. Die Berufung ist nicht vom Sozialgericht zugelassen worden.
Keiner der nach § 144 Abs 2 SGG möglichen Gründe für die Zulassung der Berufung liegt vor.
Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Nach diesen gesetzlichen Vorgaben ist im Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen, ob das Sozialgericht den Rechtsstreit in der Sache richtig entschieden hat. Eine inhaltliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung stellt nach § 144 Abs 2 SGG keinen Grund dar, eine kraft Gesetzes ausgeschlossene Berufung zuzulassen.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (Nr 1), wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Diese Rechtsfrage muss im konkreten Rechtsstreit klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer in Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 144 RdNr 28). Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage, soweit sie im Falle der Zulassung der Berufung insbesondere entscheidungserheblich wäre (vgl. auch BSG, Beschlüsse vom 29.11.2006, B 6 KA 23/06 B; vom 27.07.2006, B 7a AL 52/06 B, vom 24.05.2007, B 3 P 7/07 B; vom 19.09.2007, B 1 KR 52/07). Keine grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie für die Beteiligten des jeweiligen Rechtsstreites zwar wichtig ist, über deren Einzelfall hinaus jedoch keine Rechtsfragen von allgemeinem Interesse aufwirft.
Eine Abweichung (Nr 2) liegt vor, wenn der Entscheidung des Sozialgerichts eine Rechtsauffassung zugrunde liegt, die zu einer aktuellen, inzwischen nicht überholten älteren Rechtsansicht eines dem Sozialgericht übergeordneten Gerichts im Widerspruch steht und die Entscheidung des Sozialgerichts auf dieser Abweichung beruht (Leitherer a a O, § 144 RdNr. 30, § 160 RdNr 10 ff).
Ein Verfahrensmangel ist gegeben, wenn infolge einer unrichtigen Anwendung oder Nichtanwendung einer Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, das Verfahren des Sozialgerichts bis zum Erlass einschließlich des Urteils fehlerhaft abgelaufen ist. Ein Verfahrensmangel liegt nicht vor, wenn unter anderem die Anwendung des materiellen Rechts oder die Beweiswürdigung fehlerhaft ist. Bei der Beurteilung, ob ein Verfahrensmangel unterlaufen ist, muss von der Rechtsansicht des Sozialgerichts bezüglich des materiellen Rechts ausgegangen werden. Der Verfahrensmangel ist nur beachtlich, wenn er vom Beschwerdeführer gerügt wird, wobei es genügt, dass Tatsachen substantiiert vorgetragen werden, aus denen sich schlüssig der Mangel des Verfahrens ergibt. Der Verfahrensmangel muss auch tatsächlich vorliegen. Bei einem heilbaren Mangel darf allerdings Heilung nicht eingetreten sein. Nicht erforderlich ist, dass das Urteil auf diesem Verfahrensmangel beruht; es genügt, dass das Urteil auf ihm beruhen kann, also die Möglichkeit besteht, dass er die Entscheidung beeinflusst hat (Leitherer a a O, § 144 RdNr 32, 34a, 32a, 36, 37, 35).
Zulassungsgründe nach § 144 Abs 2 Nr 2 und 3 SGG werden von der Beklagten nicht vorgetragen. Solche sind auch nicht ersichtlich. Sofern die Beklagte ausführt, das Sozialgericht habe eine Prüfung der Aktivlegitimation der Klägerin unterlassen, wendet sie sich gegen einen inhaltlichen Aspekt der Entscheidung und nicht gegen einen Verfahrensverstoß.
Nach den dargestellten Grundsätzen liegt auch keine grundsätzliche Bedeutung der Sache vor, sofern die Beklagte die Rechtsfrage anspricht, ob eine zum Widerspruch gegen die Sperrzeitentscheidung parallele Anfechtung der Minderung des Arbeitslosengeldes II überhaupt Erfolg im Kostensinne haben könne. Die Sache ist nicht klärungsbedürftig, weil alle entscheidungserheblichen Fragen bereits höchstrichterlich geklärt sind.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Erstattung ist § 63 Abs 1 S 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Ein Widerspruch hat im Regelfall immer dann Erfolg im Sinne des Gesetzes, wenn ihm die Behörde stattgibt (BSG, Urteil vom 02.05.2012, B 11 AL 23/10 R, RdNr 18 mwN). Für die in der Rechtsprechung zu § 63 Abs 1 S 1 SGB X geforderte ursächliche Verknüpfung zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung genügt, dass der Abhilfe eine vom Ausgangsbescheid abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage zugrunde liegt; einer Kausalität zwischen Widerspruchsbegründung und Aufhebung des angefochtenen Bescheids bedarf es nicht (BSG ebd RdNr 21 mwN). Eine während des Widerspruchsverfahrens eingetretene Rechtsänderung, die zu einem für den Widerspruchsführer günstigen Verfahrensausgang führt, lässt die erforderliche Ursächlichkeit im Rechtssinne grundsätzlich nicht entfallen (BSG, Urteil vom 13.10.2010, B 6 KA 29/09 R, RdNr 18 mwN). Das BSG hat in dieser Entscheidung insofern lediglich offengelassen, ob dies auch für den Fall eines ursprünglich offensichtlich unbegründeten Widerspruchs gilt (BSG ebd), und zum offensichtlich unzulässigen Widerspruch auf BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 5 verwiesen. Wenn und soweit der Widerspruchsführer im Verfahren von einer Rechtsänderung zu seinen Gunsten profitiert, ist neben dieser Änderung auch der Widerspruch ursächlich für den Erfolg iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X. Durch seinen Widerspruch hat der Widerspruchsführer dann die Bestandskraft der ablehnenden Verwaltungsentscheidung verhindert, die allein durch die Rechtsänderung nicht entfallen wäre. (BSG ebd RdNr 19) Schließlich lehnt das BSG nur in Fällen eine Kausalität ab, in denen die Kläger sich widersprüchlich verhalten, wenn sie die gebotene Handlung zunächst unterließen, dadurch den Erlass belastender Bescheide mitverursachten, erst im Widerspruchsverfahren die Handlung nachholten und dann die Erstattung der Vorverfahrenskosten verlangten. (BSG, Urteil vom 25.03.2004, Aktenzeichen: B 12 KR 1/03 R, JURIS-RdNr 17)
Angesichts dieser Maßstäbe stellt der vorliegende Fall keine klärungsbedürftige und –fähige Frage.
Die Anfechtung des Sanktionsbescheides durch die Klägerin war nach Maßgabe der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung erfolgreich, denn es erfolgte mit dem Bescheid vom 21. Mai 2012 die Aufhebung des angefochtenen Sanktionsbescheides. Diese Aufhebung erfolgte aufgrund einer vom Ausgangsbescheid abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage, nämlich aufgrund der Aufhebung der Sperrzeit mit Tatbestandswirkung durch die Bundesagentur. Der Kausalzusammenhang zwischen Erhebung des Rechtsbehelfs und dem Erfolg desselben liegt vor, denn die Klägerin hatte den Rechtsbehelf unter Verweis auf die Rechtswidrigkeit der Sperrzeitentscheidung erhoben und den Abhilfebescheid der Bundesagentur in das Widerspruchsverfahren eingebracht. Genau dieser Umstand hat sich in der Abhilfe realisiert. Damit bestand sogar ein (nicht einmal erforderlicher) Zusammenhang zwischen Widerspruchsbegründung und Abhilfe. Selbst wenn man im Wegfall der Tatbestandswirkung, eine Rechts- und keine Sachverhaltsänderung sehen wollte, würde diese nach der Rechtsprechung des BSG die Kausalität nicht ausschließen. Der Widerspruch war nicht offensichtlich unbegründet oder unzulässig. Die mit dem Sperrzeitbescheid vom 6. Februar 2012 verfügte Sanktion um 30 Prozent und die monatliche Absenkung des Leistungsanspruchs um 112,20 EUR begründeten eine Beschwer, die durch Wegfall der Sperrzeit zu entfallen hatte. Ein Fall widersprüchlichen Verhaltens der Klägerin lag ebenfalls nicht vor; die Rechtswidrigkeit des Sperrzeit- und des Sanktionsbescheides war nicht ihrer Sphäre zuzuordnen.
Anders als die Beklagte meint, ist die von ihr behauptete Frage nicht für die Kostenbeurteilung hinsichtlich des Widerspruchs gegen den Leistungsbescheid relevant. Der Widerspruch der Klägerin war insofern nicht erfolgreich, denn das ausdrücklich mit dem Widerspruch verfolgte Ziel einer höheren Leistung hat die Klägerin nicht erreicht. Insofern kommt es nicht darauf an, dass sie die Abwicklung wegen § 107 SGB X ausschließlich im Verhältnis zur Bundesagentur als Leistungs- und erstattungspflichtiger Träger im Sinne dieser Vorschrift hätte verfolgen dürfen (vgl BSG, Urteil vom 26.04.2005, B 5 RJ 36/04 R, RdNr 15) und der Widerspruch wohl insofern schon deswegen unzulässig gewesen sein dürfte.
Für eine lediglich unzutreffende sozialgerichtliche Entscheidung kann auf die Beschwerde keine Berufung zugelassen werden, so dass die Argumente der Beklagten zu der von ihr genannten Rechtsprechung des BSG hier rechtlich nicht erheblich sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.
Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Pflicht der Beklagten zur Erstattung der Aufwendungen der Klägerin für zwei Widerspruchsverfahren.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Urteil vom 13. April 2015 auf die Klage den Bescheid der Beklagten vom 11. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2012 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die notwendigen Aufwendungen der Klägerin in den Vorverfahren W 1595/12 und W 1596/12 zu erstatten, und hat zugleich festgestellt, dass die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten jeweils notwendig war. Der eingelegte Rechtsbehelf sei erfolgreich gewesen. Es habe insbesondere nicht die notwendige Kausalität gefehlt. Die Klägerin habe gegen beide wegen der von der Bundesagentur für Arbeit festgestellten Sperrzeit erteilten Bescheide (Sanktionsbescheid und ausführenden Leistungsbescheid) Rechtsbehelfe einlegen müssen, um deren Bestandskraft zu verhindern. Die Beklagte verkenne, dass sie mit den angefochtenen Bescheiden eine eigene Entscheidung nach den Vorschriften des SGB II getroffen habe. Die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung sei nicht einschlägig. Die Kausalität im Falle einer Abhilfe sei nur für solche Fälle verneint worden, in denen ein eigenes geändertes Verhalten des Betroffenen zur Abänderung geführt habe. Solche Konstellation habe hier nicht vorgelegen. Das Urteil wurde der Beklagten am 26. Mai 2015 zugestellt.
Mit ihrer Beschwerde vom 25. Juni 2015 gegen die Nichtzulassung der Berufung bezog sich die Beklagte auf ihre bisher vertretene Auffassung, dass nicht die Widersprüche ursächlich für die Abänderung gewesen seien, sondern vielmehr der Wegfall der Tatbestandswirkung des § 31 Abs 2 Nr 3 SGB II durch den zeitgleich erhobenen Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid. Da wegen der Aufhebung des Sperrzeitbescheides ein vorrangiger Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden sei, könne der Widerspruch gegen den Leistungsbescheid schon nicht als erfolgreich angesehen werden, weil ein niedrigerer Anspruch auf Arbeitslosengeld II aus der Entscheidung der Bundesagentur gefolgt sei. Grundsätzliche Bedeutung habe die Rechtsfrage, ob eine zum Widerspruch gegen die Sperrzeitentscheidung parallele Anfechtung der Minderung des Arbeitslosengeldes II überhaupt Erfolg im Kostensinne haben könne. Allein die zeitliche Abfolge Verwaltungsakt – Widerspruch – Rücknahme der Entscheidung führe nicht automatisch zu einem Kostenerfolg. Die Bewertung einer kausalen Verknüpfung von Widerspruch und Abänderung der Ausgangsentscheidung sei selbst für den Fall einer zwischenzeitlich erfolgten Rechtsänderung nicht abschließend geklärt.
II.
Die von der Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und erfolgte fristgerecht, führt jedoch nicht zur Zulassung der Berufung.
Die Beschwerde ist gemäß § 145 SGG statthaft. Die Berufung bedurfte der Zulassung, denn sie war nicht zulässiges Rechtsmittel im Sinne von § 144 Abs 1 SGG. Der Beschwerdewert erreicht angesichts der geltend gemachten Kostenforderung von 309,40 EUR nicht den Mindestbeschwerdewert für eine zulassungsfreie Berufung von 750,01 EUR (Abs 1 Satz 1 Nr 1) und betrifft auch keine wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr. Die Berufung ist nicht vom Sozialgericht zugelassen worden.
Keiner der nach § 144 Abs 2 SGG möglichen Gründe für die Zulassung der Berufung liegt vor.
Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Nach diesen gesetzlichen Vorgaben ist im Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen, ob das Sozialgericht den Rechtsstreit in der Sache richtig entschieden hat. Eine inhaltliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung stellt nach § 144 Abs 2 SGG keinen Grund dar, eine kraft Gesetzes ausgeschlossene Berufung zuzulassen.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (Nr 1), wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Diese Rechtsfrage muss im konkreten Rechtsstreit klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer in Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 144 RdNr 28). Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage, soweit sie im Falle der Zulassung der Berufung insbesondere entscheidungserheblich wäre (vgl. auch BSG, Beschlüsse vom 29.11.2006, B 6 KA 23/06 B; vom 27.07.2006, B 7a AL 52/06 B, vom 24.05.2007, B 3 P 7/07 B; vom 19.09.2007, B 1 KR 52/07). Keine grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie für die Beteiligten des jeweiligen Rechtsstreites zwar wichtig ist, über deren Einzelfall hinaus jedoch keine Rechtsfragen von allgemeinem Interesse aufwirft.
Eine Abweichung (Nr 2) liegt vor, wenn der Entscheidung des Sozialgerichts eine Rechtsauffassung zugrunde liegt, die zu einer aktuellen, inzwischen nicht überholten älteren Rechtsansicht eines dem Sozialgericht übergeordneten Gerichts im Widerspruch steht und die Entscheidung des Sozialgerichts auf dieser Abweichung beruht (Leitherer a a O, § 144 RdNr. 30, § 160 RdNr 10 ff).
Ein Verfahrensmangel ist gegeben, wenn infolge einer unrichtigen Anwendung oder Nichtanwendung einer Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, das Verfahren des Sozialgerichts bis zum Erlass einschließlich des Urteils fehlerhaft abgelaufen ist. Ein Verfahrensmangel liegt nicht vor, wenn unter anderem die Anwendung des materiellen Rechts oder die Beweiswürdigung fehlerhaft ist. Bei der Beurteilung, ob ein Verfahrensmangel unterlaufen ist, muss von der Rechtsansicht des Sozialgerichts bezüglich des materiellen Rechts ausgegangen werden. Der Verfahrensmangel ist nur beachtlich, wenn er vom Beschwerdeführer gerügt wird, wobei es genügt, dass Tatsachen substantiiert vorgetragen werden, aus denen sich schlüssig der Mangel des Verfahrens ergibt. Der Verfahrensmangel muss auch tatsächlich vorliegen. Bei einem heilbaren Mangel darf allerdings Heilung nicht eingetreten sein. Nicht erforderlich ist, dass das Urteil auf diesem Verfahrensmangel beruht; es genügt, dass das Urteil auf ihm beruhen kann, also die Möglichkeit besteht, dass er die Entscheidung beeinflusst hat (Leitherer a a O, § 144 RdNr 32, 34a, 32a, 36, 37, 35).
Zulassungsgründe nach § 144 Abs 2 Nr 2 und 3 SGG werden von der Beklagten nicht vorgetragen. Solche sind auch nicht ersichtlich. Sofern die Beklagte ausführt, das Sozialgericht habe eine Prüfung der Aktivlegitimation der Klägerin unterlassen, wendet sie sich gegen einen inhaltlichen Aspekt der Entscheidung und nicht gegen einen Verfahrensverstoß.
Nach den dargestellten Grundsätzen liegt auch keine grundsätzliche Bedeutung der Sache vor, sofern die Beklagte die Rechtsfrage anspricht, ob eine zum Widerspruch gegen die Sperrzeitentscheidung parallele Anfechtung der Minderung des Arbeitslosengeldes II überhaupt Erfolg im Kostensinne haben könne. Die Sache ist nicht klärungsbedürftig, weil alle entscheidungserheblichen Fragen bereits höchstrichterlich geklärt sind.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Erstattung ist § 63 Abs 1 S 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Ein Widerspruch hat im Regelfall immer dann Erfolg im Sinne des Gesetzes, wenn ihm die Behörde stattgibt (BSG, Urteil vom 02.05.2012, B 11 AL 23/10 R, RdNr 18 mwN). Für die in der Rechtsprechung zu § 63 Abs 1 S 1 SGB X geforderte ursächliche Verknüpfung zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung genügt, dass der Abhilfe eine vom Ausgangsbescheid abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage zugrunde liegt; einer Kausalität zwischen Widerspruchsbegründung und Aufhebung des angefochtenen Bescheids bedarf es nicht (BSG ebd RdNr 21 mwN). Eine während des Widerspruchsverfahrens eingetretene Rechtsänderung, die zu einem für den Widerspruchsführer günstigen Verfahrensausgang führt, lässt die erforderliche Ursächlichkeit im Rechtssinne grundsätzlich nicht entfallen (BSG, Urteil vom 13.10.2010, B 6 KA 29/09 R, RdNr 18 mwN). Das BSG hat in dieser Entscheidung insofern lediglich offengelassen, ob dies auch für den Fall eines ursprünglich offensichtlich unbegründeten Widerspruchs gilt (BSG ebd), und zum offensichtlich unzulässigen Widerspruch auf BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 5 verwiesen. Wenn und soweit der Widerspruchsführer im Verfahren von einer Rechtsänderung zu seinen Gunsten profitiert, ist neben dieser Änderung auch der Widerspruch ursächlich für den Erfolg iS des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X. Durch seinen Widerspruch hat der Widerspruchsführer dann die Bestandskraft der ablehnenden Verwaltungsentscheidung verhindert, die allein durch die Rechtsänderung nicht entfallen wäre. (BSG ebd RdNr 19) Schließlich lehnt das BSG nur in Fällen eine Kausalität ab, in denen die Kläger sich widersprüchlich verhalten, wenn sie die gebotene Handlung zunächst unterließen, dadurch den Erlass belastender Bescheide mitverursachten, erst im Widerspruchsverfahren die Handlung nachholten und dann die Erstattung der Vorverfahrenskosten verlangten. (BSG, Urteil vom 25.03.2004, Aktenzeichen: B 12 KR 1/03 R, JURIS-RdNr 17)
Angesichts dieser Maßstäbe stellt der vorliegende Fall keine klärungsbedürftige und –fähige Frage.
Die Anfechtung des Sanktionsbescheides durch die Klägerin war nach Maßgabe der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung erfolgreich, denn es erfolgte mit dem Bescheid vom 21. Mai 2012 die Aufhebung des angefochtenen Sanktionsbescheides. Diese Aufhebung erfolgte aufgrund einer vom Ausgangsbescheid abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage, nämlich aufgrund der Aufhebung der Sperrzeit mit Tatbestandswirkung durch die Bundesagentur. Der Kausalzusammenhang zwischen Erhebung des Rechtsbehelfs und dem Erfolg desselben liegt vor, denn die Klägerin hatte den Rechtsbehelf unter Verweis auf die Rechtswidrigkeit der Sperrzeitentscheidung erhoben und den Abhilfebescheid der Bundesagentur in das Widerspruchsverfahren eingebracht. Genau dieser Umstand hat sich in der Abhilfe realisiert. Damit bestand sogar ein (nicht einmal erforderlicher) Zusammenhang zwischen Widerspruchsbegründung und Abhilfe. Selbst wenn man im Wegfall der Tatbestandswirkung, eine Rechts- und keine Sachverhaltsänderung sehen wollte, würde diese nach der Rechtsprechung des BSG die Kausalität nicht ausschließen. Der Widerspruch war nicht offensichtlich unbegründet oder unzulässig. Die mit dem Sperrzeitbescheid vom 6. Februar 2012 verfügte Sanktion um 30 Prozent und die monatliche Absenkung des Leistungsanspruchs um 112,20 EUR begründeten eine Beschwer, die durch Wegfall der Sperrzeit zu entfallen hatte. Ein Fall widersprüchlichen Verhaltens der Klägerin lag ebenfalls nicht vor; die Rechtswidrigkeit des Sperrzeit- und des Sanktionsbescheides war nicht ihrer Sphäre zuzuordnen.
Anders als die Beklagte meint, ist die von ihr behauptete Frage nicht für die Kostenbeurteilung hinsichtlich des Widerspruchs gegen den Leistungsbescheid relevant. Der Widerspruch der Klägerin war insofern nicht erfolgreich, denn das ausdrücklich mit dem Widerspruch verfolgte Ziel einer höheren Leistung hat die Klägerin nicht erreicht. Insofern kommt es nicht darauf an, dass sie die Abwicklung wegen § 107 SGB X ausschließlich im Verhältnis zur Bundesagentur als Leistungs- und erstattungspflichtiger Träger im Sinne dieser Vorschrift hätte verfolgen dürfen (vgl BSG, Urteil vom 26.04.2005, B 5 RJ 36/04 R, RdNr 15) und der Widerspruch wohl insofern schon deswegen unzulässig gewesen sein dürfte.
Für eine lediglich unzutreffende sozialgerichtliche Entscheidung kann auf die Beschwerde keine Berufung zugelassen werden, so dass die Argumente der Beklagten zu der von ihr genannten Rechtsprechung des BSG hier rechtlich nicht erheblich sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.
Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
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