Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 115 AS 5406/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 AS 862/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Reinigungsarbeiten, die üblicher Weise vom Mieter im Rahmen des Mietverhältnisses ausgeübt oder bezahlt werden müssen, vermitteln jedenfalls dann keinen Bezug zum deutschen Arbeitsmarkt, wenn der ausführende Selbstständige oder Arbeitnehmer selbst der Mieter ist. Ein Aufenthaltsrecht als Selbstständiger oder Arbeitnehmer nach dem FreizügigkeitG/EU lässt sich so nicht begründen.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 30. April 2013; hierbei ist insbesondere streitig, ob der Kläger zu 1) in diesem Zeitraum den Status eines Selbstständigen hatte.
Die Kläger sind rumänische Staatsangehörige. Die Kläger zu 1) bis 4) sind im August 2010 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Seither wohnen sie in der aus dem Rubrum ersichtlichen Wohnung, für die sie im streitigen Zeitraum eine Nettokaltmiete in Höhe von 356,41 EUR zu entrichten hatten. Der Kläger zu 1) ist im Oktober 1978 geboren und der Ehemann der im April 1986 geborenen Klägerin zu 2). Die Kläger zu 3) bis 5) sind die im November 2006, im Juli 2009 bzw. im September 2012 geborenen Kinder der Kläger zu 1) und 2).
Das Wohnobjekt gehört einer Gesellschaft der Katholischen Kirche, die u. a. das zuvor marode Haus zum Vorzeigeobjekt für Roma-Familien gemacht hat. Das Projekt trägt den Namen "Arnold-Fortuin-Haus", benannt nach einem Priester, der in der Zeit des Nationalsozialismus Sinti-Familien versteckte. Damit die Roma sich auch für die Nachbarn öffnen, hat die Caritas ein Kiezbüro eingerichtet, in dem die Roma-Familien bei Schulden, Ausbildungs- oder Suchtproblemen und Konflikten mit Nachbarn beraten werden (vgl. Berliner Morgenpost vom 15. September 2012). Weiter wird den Mieter-Familien die Möglichkeit eingeräumt, Arbeiten im Objekt zu verrichten, die zwar nicht nur aber häufig mit der Miete verrechnet werden.
Am 31. August 2010 meldete der Kläger zu 1) ein Gewerbe für Kleintransporte bis 3,5 t Nutzlast an.
Einen ersten Antrag auf Leistungen nach dem SGB II vom 13. Mai 2011 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Mai 2011 ab und verwies auf den Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II.
Am 20. März 2011 meldete der Kläger zu 1) das Gewerbe um, er wollte ab 15. März 2011 auch Abrissarbeiten sowie Gebäudereinigungsarbeiten durchführen.
Einen erneuten Antrag der Kläger zu 1) bis 4) auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II vom 4. Juni 2012 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 4. Juni 2012 ab und verwies erneut auf den Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Aufgrund eines Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 23. Juli 2012 (Aktenzeichen S 157 AS 16734/12 ER) gewährte der Beklagte den Klägern zu 1) bis 4) mit Bescheid vom 8. August 2012 Leistungen ab 26. Juni 2012; diese betrugen vom 1. Juli 2012 bis 30. September 2012 monatlich 1198,00 EUR.
Am 6. September 2012 beantragten die Kläger zu 1) bis 4) die Weitergewährung der Leistungen nach dem SGB II über den 30. September 2012 hinaus. Ergänzend überreichte der Kläger zu 1) Quittungen "für Arbeits-/Reinigungsleistung" - für Oktober 2012 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für November 2012 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - vom 24. November 2012 über 100,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. Sperrmüll Keller", - vom 29. November 2012 über 100,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. Sperrmüll Keller", - für Dezember 2012 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. " sowie - vom 15. Dezember 2012 über 100,00 EUR mit dem Betreff: "M Str."
Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 erneut unter Berufung auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ab.
Im anschließenden Klageverfahren übersandte der Kläger weitere Quittungen (für Arbeits-/Reinigungsleistung" - für April 2012 über 175,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für Mai 2012 über 175,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für Juni 2012 über 175,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für Juli 2012 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für August 2012 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für September 2012 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - vom 13. September 2012 über 50,00 EUR mit dem Betreff: "Sonderreinigung H/T", - für Januar 2013 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für Februar 2013 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für Wachdienst O-S im Monat 15. 02. bis 15. 03. 2013 675,00 EUR, - für März 2013 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für "Leer-Whg. O-S im Monat 15. 04. bis 20. 04. 2013" 250,00 EUR, - für April 2013 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ".
Zu den diesen Quittungen zu Grunde liegenden Tätigkeiten hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2014 unter anderem ausgeführt: "Ich bin für die Firma H als Hausmeister tätig dort wo ich wohne. Ich habe für Kellerreinigung einmal pauschal 100,00 EUR bekommen. Der Vermieter hat die Firma H beauftragt. Mein Lohn wird und wurde mit der Miete verrechnet. Die Differenz habe ich dann noch selbst gezahlt. Ich arbeite seit über einem Jahr jetzt auch als Wachmann an zwei Orten für meinen Vermieter. Ich reinige außerdem Fenster. Ich mache genau was der Auftraggeber sagt. Wenn dort verschiedene Adressen in den Quittungen stehen, dann deshalb, weil ich an verschiedenen Orten auf Zuruf tätig war. Ich wurde angerufen und dann habe ich das gemacht. Als Hausmeister reinige ich die Treppenaufgänge. 2012 habe ich auch zwei Monate auf dem Flughafen für einen anderen Auftraggeber gearbeitet, aber nicht den ganzen Lohn bekommen. Ich vertraue der Firma H, denn die bezahlen uns auch. Ich besuche einen Deutschkurs. Ich arbeite aber sehr viel und habe daher wenig Zeit für den Kurs. Ich arbeite tagsüber als Hausmeister und dann von 17:00 Uhr bis 7:00 Uhr als Wachmann jede zweite Nacht. Dreimal wöchentlich reinige ich Treppenaufgänge. Bei dem Flughafen war es ein anderer Auftraggeber. Seit 2012 arbeite ich für H. Regelmäßig reinige ich die Treppenhäuser. Zusätzlich arbeite ich auf Zuruf. Für den Keller habe ich eine Pauschale von 100,00 EUR bekommen. Für die Treppenaufgänge jeweils 175 EUR, jetzt 225 EUR pro Aufgang und wir müssen jetzt die Materialien selbst stellen seit ca. einem Jahr. Als Wachschutz bekomme ich 675 EUR, davon gehen aber Materialien und Benzin ab. Ich habe ein Auto. Die Differenz zwischen Lohn und Miete bekomme ich ausgezahlt. In meinem Haus bin ich als Hausmeister ansprechbar für alle in meinem Treppenhaus. Wenn die Kinder nach Hause kommen, muss ich oft nachträglich putzen. Wenn etwas kaputt geht, dann macht das jemand anderes. Ich bin nur der mit dem Staubsauger."
Mit Urteil vom 14. März 2014 hat das Sozialgericht Berlin den Beklagten verurteilt, den Klägern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 30. April 2013 unter Anrechnung des erzielten Einkommens zu gewähren. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, zwar habe der Kläger zu 1) kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer oder Selbstständiger, sondern allein zum Zwecke der Arbeitssuche. Gleichwohl könnten die Kläger nicht wirksam von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen werden, denn der generelle Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sei bei einem Aufenthalt allein zum Zweck der Arbeitssuche nach Auffassung der Kammer nicht von der Ermächtigung in Art. 24 Abs. 2 Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38 gedeckt. Der Leistungsausschluss sei daher, da er europarechtswidrig sei, nicht anwendbar. Den Klägern seien Leistungen nach dem SGB II unter Anrechnung des erzielten Einkommens zu gewähren.
Gegen dieses ihm am 20. März 2014 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 3. April 2014 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Er hält den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf die Kläger für anwendbar.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen T S. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2015 verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 2014 ist rechtswidrig. Der Bescheid des Beklagten vom 01. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 mit dem Leistungen für die Zeit ab 01. Oktober 2012 abgelehnt wurden, ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Sie haben im hier streitgegenständlichen Zeittraum keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.
Zwar gehören die Kläger zu 1) und 2) im streitigen Zeitraum insoweit zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II, als sie - im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB II - das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, erwerbsfähig und hilfebedürftig waren und auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatten. Ein Anspruch für die Kläger zu 2) bis 5) würde sich – in Abhängigkeit von dem Anspruch des Klägers zu 1) - gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II ergeben, wenn der Kläger zu 1) leistungsberechtigt wäre, da die Kläger zu 2) bis 5) mit diesem im streitigen Zeitraum in einer Bedarfsgemeinschaft gelebt haben.
Der Kläger zu 1) ist jedoch gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Denn ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich für ihn im hier maßgeblichen Zeitraum allein aus dem Zweck der Arbeitssuche, das heißt zur Suche einer Arbeitstätigkeit oder Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit einschließlich der Erbringung von Dienstleistungen, Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b) Richtlinie 2004/38/EG, § 2 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alt. des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) in der bis zum 8. Dezember 2014 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F., jetzt: § 2 Abs. 2 Nr. 1 a FreizügG/EU).
Von dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II tatsächlich betroffen sind Unionsbürger bei erstmaliger Einreise zur Arbeitsuche oder nach dem Verlust des fortwirkenden Status als Arbeitnehmer oder selbständige Erwerbstätige.
Die Frage nach der Vereinbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europäischem Unionsrecht stellt sich damit bei denjenigen Unionsbürgern, die ihr Aufenthaltsrecht ausschließlich aus der - tatsächlichen und nicht bloß behaupteten - Arbeitssuche herleiten, ohne eine tatsächliche und noch andauernde Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt hergestellt zu haben. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU haben Verbindungen zum deutschen Arbeitsmarkt auf Dauer Arbeitnehmer oder Selbständige, die eine Tätigkeit von bereits mehr als einem Jahr aufweisen können. Darüber hinaus bleibt gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU ein entsprechender Status Arbeitnehmern und Selbständigen mit weniger als einem Jahr Beschäftigung für einen Zeitraum von sechs Monaten nach Beendigung dieser Beschäftigung erhalten.
Der Kläger zu 1) war im streitigen Zeitraum weder Arbeitnehmer noch Selbständiger und konnte sich auch nicht auf das Fortwirken einer solchen Tätigkeit berufen.
Der Senat verweist zunächst hinsichtlich der Ausführungen zur fehlenden Eigenschaft eines Arbeitnehmers oder eines Selbstständigen auf die ausführlichen Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung und sieht um Wiederholungen zu vermeiden gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab. Zutreffend hat das Sozialgericht ausführlich und unter Nennung und Beachtung der einschlägigen Literatur dargelegt, dass sich der Kläger zu 1) aufgrund des Fehlens einer Arbeitsgenehmigung nicht auf eine mögliche – dann aber arbeitsgenehmigungsrechtswidrige - Arbeitnehmereigenschaft berufen kann. Das Aufenthaltsrecht des Klägers zu 1) ergibt sich auch nicht aus der behaupteten selbständigen Tätigkeit. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die ausgeübte Tätigkeit keine selbständige, sondern allenfalls eine "scheinselbstständige" Tätigkeit war.
Die Beweisaufnahme des Senates hat nicht zu für die Kläger günstigen Erkenntnissen geführt. Im Hinblick auf die Hausreinigungen in dem Gebäude, in dem die Kläger auch Mieter sind, liegt schon keine Beschäftigung vor, die einen Bezug zum deutschen Arbeitsmarkt vermittelt, da die Reinigungstätigkeiten in der konkreten Ausgestaltung gar nicht auf dem Arbeitsmarkt angeboten werden. Sie sind den Mietern aus dem Kreis der Sinti- und Roma-Familien vorbehalten und Teil der gesellschaftlichen Integrationsbemühungen der Katholischen Kirche. Teil des regulären 1. und 2. Arbeitsmarktes sind sie dagegen nicht.
Ausschlaggebend für diese Einschätzung des Senats ist zum einen, dass Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung eine typische Mieterpflicht gegenüber dem Vermieter ist, zu erfüllen durch persönliche Arbeitsleistung als Nebenpflicht aus dem Mietvertrag bzw. durch Zahlung von Nebenkosten an den Vermieter, da Kosten der Hausreinigung ohne Zweifel auf den Mieter umlegbare Kosten im Rahmen der Nebenkostenabrechnung sind. Völlig unüblich ist dagegen, dass der Vermieter an den Mieter (Arbeits-)"Lohn" zur Erfüllung einer diesem ohnehin obliegenden Pflicht gewährt. Zum anderen spricht alles dafür, dass der Lohn ohnehin sofort mit der Miete verrechnet wurde, die Reinigungsarbeiten also letztlich der Erfüllung der Mietforderungen des Vermieters dienten, was eine Beauftragung von anderen Arbeitnehmern aus der Sicht des Vermieters schlechthin ausschloss. So hat der Kläger zu 1) auf Nachfrage des Gerichts bestätigt: "Es wird doch etwas verrechnet. Es hat ja keinen Sinn, dass ich von der "A" Geld kriege und es gleich wieder zurückzahlen muss." Damit fehlt es eindeutig an einem Bezug der Reinigungstätigkeiten zum Arbeitsmarkt, sie werden allein im Rahmen des Mietvertrags geleistet. Dabei macht es aus Integrationsgründen und in Erfüllung des kirchlichen Sozialauftrages durchaus Sinn, die Reinigungsarbeiten nicht von vornherein als Nebenpflicht aus dem Mietvertrag zu gestalten (sei es durch Nebenkostenvorauszahlung oder persönliche Leistung), sondern Beschäftigung gegen Entgelt zu "fingieren". So wird ein Mieter aus schwierigen sozialen und gesellschaftlichen Kreisen eher gewillt sein, seine Reinigungspflicht zu erfüllen, wenn er dafür Geld erhält, sei es auch "nur" in Verrechnung mit der Mietforderung. Für die Bezahlung der Reinigung durch den Vermieter im Rahmen der Nebenkosten dürfte eine weit geringere Motivation bestehen; gleiches dürfte für die Reinigung ohne Entgelt gelten.
Gegen diese Einschätzung des Senats spricht auch nicht die Einschaltung der Firma H. Der Kläger hat für den Senat sehr überzeugend bekundet, dass es keinen Sinn mache, von der "A", also dem Vermieter, Geld zu erhalten, was sofort zurückzugeben sei und damit die Verrechnung mit der Miete erklärt. Der Kläger sieht sich damit also keinesfalls als - angestellter oder selbstständiger - Auftragnehmer der Firma H, sondern erfährt die Situation durchaus so, dass der Vermieter verrechnet. Dem entspricht, dass der Zeuge S als Inhaber der Firma H bestätigt hat, keine Arbeitnehmer zu beschäftigen. Gegen die Aussage des Zeugen S, aus eigenem Budget selbstständige Reinigungsfirmen für die Reinigung der Häuser zu beschäftigen, sprach, dass er weder die Höhe des Entgelts angeben konnte, welches der Vermieter für die Reinigung der Häuser zur Verfügung stellt, noch den Umstand erklären konnte, warum er für den Vermieter auch Miete kassiere bzw. mit den Entgelten für die Reinigung verrechne, wenn er selbst nur Reinigungsunternehmer sei, der Subunternehmer beschäftige. Weiter konnte der Zeuge nicht erklären, warum er als "Ein-Mann-Reinigungs-Unternehmen" noch andere Objekte desselben kirchlichen Vermieters betreut und auch in diesen Objekten bevollmächtigt ist, Miete entgegenzunehmen. Damit spricht alles dafür, dass es sich bei den Reinigungsarbeiten letztlich um die dem Mieterkreis angepasste Umsetzung von Mieterpflichten gehandelt hat. Für diese Einschätzung spricht, dass wohl nahezu alle Mieter - jedenfalls wohl die, die keine feste Arbeit hatten - mit derartigen Arbeiten beschäftigt wurden. So hat der Kläger bekundet, dass in anderen Häusern andere Mieter mit Arbeiten beschäftigt wurden. Beschäftigungsverhältnisse oder selbstständige Auftragsarbeiten, die dem Arbeitsmarkt zuzuordnen wären, sind damit nicht ersichtlich.
Nichts anderes ergibt sich im Ergebnis aus der sporadischen Wahrnehmung von Wachtätigkeiten für weitere Objekte desselben Vermieters. Hierbei handelt es sich zwar nicht um "Mieterpflichten". Allerdings kann der Kläger wegen sporadisch erbrachter Tätigkeit nicht behaupten, insoweit selbstständiger Gewerbetreibender, für Tätigkeiten, für die er nicht einmal ein Gewerbe angemeldet hat, zu sein. Für eine Arbeitnehmertätigkeit fehlt es an der notwendigen Arbeitserlaubnis.
Der Nachweis einer selbständigen Tätigkeit lässt sich im Übrigen auch nicht durch Vorlage eines nicht unterschriebenen Werkvertrags erbringen in dem der Unternehmer als Arbeitnehmer bezeichnet wird.
Der Kläger zu 1) gehört damit zu dem zahlenmäßig überschaubaren Personenkreis, für den der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II tatbestandlich überhaupt greifen kann. Dieser setzt sich aus denjenigen Unionsbürgern zusammen, die sich - ohne eine tatsächliche noch andauernde Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt im Sinne der obigen, unschwer zu erfüllenden Voraussetzungen erlangt zu haben - zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik aufhalten und bei denen sich - in Abgrenzung zu den Fällen eines bloßen Sozialleistungsmissbrauchs - die Ernsthaftigkeit dieser Arbeitssuche konkret manifestiert.
Ist somit der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf den Kläger zu 1) anwendbar, so hat er auch nicht wegen Verstoßes gegen europarechtliche Vorschriften unberücksichtigt zu bleiben. Der Senat ist nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 11. November 2014 in der Rechtssache C 333/13 (Dano) und vom 15. September 2015 in der Rechtssache C 67/14 (Alimanovic) auch davon überzeugt, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II europarechtskonform ist.
Der Bundesgesetzgeber hat § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf die europarechtliche Regelung des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl. L 158 S. 77, 112), gestützt (BT-Drucksache 16/688, S. 13). Nach Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG ist der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des über diesen Zeitraum hinausgehenden längeren Zeitraums der Arbeitssuche nach Art. 14 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens zu gewähren (Urteil in der Rechtssache Dano, a.a.O. RN 65 sowie Urteil in der Rechtssache Alimanovis, a.a.O. RN 63). Damit dürfen die Mitgliedstaaten einem Unionsbürger die Sozialhilfe versagen, wenn er zum Zwecke der Arbeitsuche eingereist ist. Dies bestätigt die durch den EuGH in seinem Urteil vom 11. November 2014 (Dano - a. a. O. RN 76) vorgenommene Auslegung des Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/38, da diese Regelung nicht erwerbstätige Unionsbürger daran hindern soll, das System der sozialen Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaats zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Anspruch zunehmen. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist damit vom Europarecht gedeckt.
Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist auch nicht verfassungswidrig.
Das Bundesverfassungsgericht hat in den Beschlüssen vom 03. September 2014 (Aktenzeichen 1 BvR 1768/11, zitiert nach Juris) und vom 08. Oktober 2014 (Aktenzeichen 1 BvR 886/11, zitiert nach Juris) den Ausschluss von Leistungen nach SGB II für Auszubildende gemäß § 7 Abs. 5 SGB II gebilligt. Nach dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht ist der Leistungsausschluss schon deswegen nicht zu beanstanden, weil während eines Studiums die Arbeitskraft nicht, wie von § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB II verlangt, zur Beschaffung des Lebensunterhalts eingesetzt wird (BVerfG, 08. Oktober 2014 a.a.O.). Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht auf eine vorrangige Förderung durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz verwiesen, obwohl dieses in den betreffenden Fällen gerade nicht zum Tragen kam. Daraus folgt zur Überzeugung des Senates, dass ein Ausschluss von existenzsichernden Leistungen in bestimmten Lebenssituationen grundsätzlich möglich ist (so auch: Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 01. Oktober 2015, L 7 AS 627/15 B ER, Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 15. Oktober 2015, L 4 AS 403/15 B ER, zitiert nach Juris).
Soweit das Bundesverfassungsgericht in diesen Beschlüssen annimmt, dass Betroffene gezwungen sein können, ihre Lebensumstände gravierend zu ändern ("Der faktische Zwang, eine Ausbildung abbrechen zu müssen ..."), ist das vergleichbar mit dem faktischen Zwang, dass vom SGB II-Bezug ausgeschlossene Ausländer in ihr Heimatland zurückkehren und wie alle anderen dortigen Bewohner mit den Sozialleistungen bzw. Erwerbsmöglichkeiten im Heimatland zurechtkommen müssen bis sie ein neues Aufenthaltsrecht in einem anderen Mitgliedstaat begründen können. Hierin unterscheidet sich auch die Situation der hier Betroffenen grundlegend von der Situation der Asylsuchenden, die nicht auf eine solche Möglichkeit verwiesen werden können (vgl. hierzu BVerfG vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 zum Asylbewerberleistungsgesetz, zitiert nach Juris sowie zum Ganzen: bereits Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 01. Oktober 2015, L 7 AS 627/15 B ER, und sich ihm anschließend: Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 15. Oktober 2015, L 4 AS 403/15 B ER).
Damit besteht für den Kläger zu 1), der weder Arbeitnehmer noch Selbständiger ist, kein Leistungsanspruch nach dem SGB II, denn er unterfällt dem mit Europarecht vereinbaren Leistungsausschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Auch für die Klägerin zu 2) ist ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin oder als Selbstständige wegen vorgetragen noch ersichtlich, so dass sich auch für sie ein Aufenthaltsrecht lediglich zur Arbeitssuche ergibt. Ein eigener Anspruch der Klägerin zu 2) scheitert vorliegend daher ebenfalls an § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II.
Ansprüche nach dem SGB II ergeben sich für die Kläger zu 2) bis 5) auch nicht nach § 7 Abs.2 S. 1 SGB II, denn sie leben nicht mit einem Leistungsberechtigten nach dem SGB II in einer Bedarfsgemeinschaft.
Nach alledem war auf die Berufung des Beklagten das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG vorliegt.
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 30. April 2013; hierbei ist insbesondere streitig, ob der Kläger zu 1) in diesem Zeitraum den Status eines Selbstständigen hatte.
Die Kläger sind rumänische Staatsangehörige. Die Kläger zu 1) bis 4) sind im August 2010 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Seither wohnen sie in der aus dem Rubrum ersichtlichen Wohnung, für die sie im streitigen Zeitraum eine Nettokaltmiete in Höhe von 356,41 EUR zu entrichten hatten. Der Kläger zu 1) ist im Oktober 1978 geboren und der Ehemann der im April 1986 geborenen Klägerin zu 2). Die Kläger zu 3) bis 5) sind die im November 2006, im Juli 2009 bzw. im September 2012 geborenen Kinder der Kläger zu 1) und 2).
Das Wohnobjekt gehört einer Gesellschaft der Katholischen Kirche, die u. a. das zuvor marode Haus zum Vorzeigeobjekt für Roma-Familien gemacht hat. Das Projekt trägt den Namen "Arnold-Fortuin-Haus", benannt nach einem Priester, der in der Zeit des Nationalsozialismus Sinti-Familien versteckte. Damit die Roma sich auch für die Nachbarn öffnen, hat die Caritas ein Kiezbüro eingerichtet, in dem die Roma-Familien bei Schulden, Ausbildungs- oder Suchtproblemen und Konflikten mit Nachbarn beraten werden (vgl. Berliner Morgenpost vom 15. September 2012). Weiter wird den Mieter-Familien die Möglichkeit eingeräumt, Arbeiten im Objekt zu verrichten, die zwar nicht nur aber häufig mit der Miete verrechnet werden.
Am 31. August 2010 meldete der Kläger zu 1) ein Gewerbe für Kleintransporte bis 3,5 t Nutzlast an.
Einen ersten Antrag auf Leistungen nach dem SGB II vom 13. Mai 2011 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Mai 2011 ab und verwies auf den Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II.
Am 20. März 2011 meldete der Kläger zu 1) das Gewerbe um, er wollte ab 15. März 2011 auch Abrissarbeiten sowie Gebäudereinigungsarbeiten durchführen.
Einen erneuten Antrag der Kläger zu 1) bis 4) auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II vom 4. Juni 2012 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 4. Juni 2012 ab und verwies erneut auf den Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Aufgrund eines Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 23. Juli 2012 (Aktenzeichen S 157 AS 16734/12 ER) gewährte der Beklagte den Klägern zu 1) bis 4) mit Bescheid vom 8. August 2012 Leistungen ab 26. Juni 2012; diese betrugen vom 1. Juli 2012 bis 30. September 2012 monatlich 1198,00 EUR.
Am 6. September 2012 beantragten die Kläger zu 1) bis 4) die Weitergewährung der Leistungen nach dem SGB II über den 30. September 2012 hinaus. Ergänzend überreichte der Kläger zu 1) Quittungen "für Arbeits-/Reinigungsleistung" - für Oktober 2012 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für November 2012 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - vom 24. November 2012 über 100,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. Sperrmüll Keller", - vom 29. November 2012 über 100,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. Sperrmüll Keller", - für Dezember 2012 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. " sowie - vom 15. Dezember 2012 über 100,00 EUR mit dem Betreff: "M Str."
Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 erneut unter Berufung auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ab.
Im anschließenden Klageverfahren übersandte der Kläger weitere Quittungen (für Arbeits-/Reinigungsleistung" - für April 2012 über 175,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für Mai 2012 über 175,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für Juni 2012 über 175,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für Juli 2012 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für August 2012 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für September 2012 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - vom 13. September 2012 über 50,00 EUR mit dem Betreff: "Sonderreinigung H/T", - für Januar 2013 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für Februar 2013 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für Wachdienst O-S im Monat 15. 02. bis 15. 03. 2013 675,00 EUR, - für März 2013 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ", - für "Leer-Whg. O-S im Monat 15. 04. bis 20. 04. 2013" 250,00 EUR, - für April 2013 über 225,00 EUR mit dem Betreff: "H Str. ".
Zu den diesen Quittungen zu Grunde liegenden Tätigkeiten hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2014 unter anderem ausgeführt: "Ich bin für die Firma H als Hausmeister tätig dort wo ich wohne. Ich habe für Kellerreinigung einmal pauschal 100,00 EUR bekommen. Der Vermieter hat die Firma H beauftragt. Mein Lohn wird und wurde mit der Miete verrechnet. Die Differenz habe ich dann noch selbst gezahlt. Ich arbeite seit über einem Jahr jetzt auch als Wachmann an zwei Orten für meinen Vermieter. Ich reinige außerdem Fenster. Ich mache genau was der Auftraggeber sagt. Wenn dort verschiedene Adressen in den Quittungen stehen, dann deshalb, weil ich an verschiedenen Orten auf Zuruf tätig war. Ich wurde angerufen und dann habe ich das gemacht. Als Hausmeister reinige ich die Treppenaufgänge. 2012 habe ich auch zwei Monate auf dem Flughafen für einen anderen Auftraggeber gearbeitet, aber nicht den ganzen Lohn bekommen. Ich vertraue der Firma H, denn die bezahlen uns auch. Ich besuche einen Deutschkurs. Ich arbeite aber sehr viel und habe daher wenig Zeit für den Kurs. Ich arbeite tagsüber als Hausmeister und dann von 17:00 Uhr bis 7:00 Uhr als Wachmann jede zweite Nacht. Dreimal wöchentlich reinige ich Treppenaufgänge. Bei dem Flughafen war es ein anderer Auftraggeber. Seit 2012 arbeite ich für H. Regelmäßig reinige ich die Treppenhäuser. Zusätzlich arbeite ich auf Zuruf. Für den Keller habe ich eine Pauschale von 100,00 EUR bekommen. Für die Treppenaufgänge jeweils 175 EUR, jetzt 225 EUR pro Aufgang und wir müssen jetzt die Materialien selbst stellen seit ca. einem Jahr. Als Wachschutz bekomme ich 675 EUR, davon gehen aber Materialien und Benzin ab. Ich habe ein Auto. Die Differenz zwischen Lohn und Miete bekomme ich ausgezahlt. In meinem Haus bin ich als Hausmeister ansprechbar für alle in meinem Treppenhaus. Wenn die Kinder nach Hause kommen, muss ich oft nachträglich putzen. Wenn etwas kaputt geht, dann macht das jemand anderes. Ich bin nur der mit dem Staubsauger."
Mit Urteil vom 14. März 2014 hat das Sozialgericht Berlin den Beklagten verurteilt, den Klägern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 30. April 2013 unter Anrechnung des erzielten Einkommens zu gewähren. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, zwar habe der Kläger zu 1) kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer oder Selbstständiger, sondern allein zum Zwecke der Arbeitssuche. Gleichwohl könnten die Kläger nicht wirksam von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen werden, denn der generelle Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sei bei einem Aufenthalt allein zum Zweck der Arbeitssuche nach Auffassung der Kammer nicht von der Ermächtigung in Art. 24 Abs. 2 Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38 gedeckt. Der Leistungsausschluss sei daher, da er europarechtswidrig sei, nicht anwendbar. Den Klägern seien Leistungen nach dem SGB II unter Anrechnung des erzielten Einkommens zu gewähren.
Gegen dieses ihm am 20. März 2014 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 3. April 2014 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Er hält den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf die Kläger für anwendbar.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen T S. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2015 verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 2014 ist rechtswidrig. Der Bescheid des Beklagten vom 01. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 mit dem Leistungen für die Zeit ab 01. Oktober 2012 abgelehnt wurden, ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Sie haben im hier streitgegenständlichen Zeittraum keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.
Zwar gehören die Kläger zu 1) und 2) im streitigen Zeitraum insoweit zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II, als sie - im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB II - das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, erwerbsfähig und hilfebedürftig waren und auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatten. Ein Anspruch für die Kläger zu 2) bis 5) würde sich – in Abhängigkeit von dem Anspruch des Klägers zu 1) - gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II ergeben, wenn der Kläger zu 1) leistungsberechtigt wäre, da die Kläger zu 2) bis 5) mit diesem im streitigen Zeitraum in einer Bedarfsgemeinschaft gelebt haben.
Der Kläger zu 1) ist jedoch gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Denn ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich für ihn im hier maßgeblichen Zeitraum allein aus dem Zweck der Arbeitssuche, das heißt zur Suche einer Arbeitstätigkeit oder Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit einschließlich der Erbringung von Dienstleistungen, Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b) Richtlinie 2004/38/EG, § 2 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alt. des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) in der bis zum 8. Dezember 2014 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F., jetzt: § 2 Abs. 2 Nr. 1 a FreizügG/EU).
Von dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II tatsächlich betroffen sind Unionsbürger bei erstmaliger Einreise zur Arbeitsuche oder nach dem Verlust des fortwirkenden Status als Arbeitnehmer oder selbständige Erwerbstätige.
Die Frage nach der Vereinbarkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europäischem Unionsrecht stellt sich damit bei denjenigen Unionsbürgern, die ihr Aufenthaltsrecht ausschließlich aus der - tatsächlichen und nicht bloß behaupteten - Arbeitssuche herleiten, ohne eine tatsächliche und noch andauernde Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt hergestellt zu haben. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FreizügG/EU haben Verbindungen zum deutschen Arbeitsmarkt auf Dauer Arbeitnehmer oder Selbständige, die eine Tätigkeit von bereits mehr als einem Jahr aufweisen können. Darüber hinaus bleibt gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU ein entsprechender Status Arbeitnehmern und Selbständigen mit weniger als einem Jahr Beschäftigung für einen Zeitraum von sechs Monaten nach Beendigung dieser Beschäftigung erhalten.
Der Kläger zu 1) war im streitigen Zeitraum weder Arbeitnehmer noch Selbständiger und konnte sich auch nicht auf das Fortwirken einer solchen Tätigkeit berufen.
Der Senat verweist zunächst hinsichtlich der Ausführungen zur fehlenden Eigenschaft eines Arbeitnehmers oder eines Selbstständigen auf die ausführlichen Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung und sieht um Wiederholungen zu vermeiden gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab. Zutreffend hat das Sozialgericht ausführlich und unter Nennung und Beachtung der einschlägigen Literatur dargelegt, dass sich der Kläger zu 1) aufgrund des Fehlens einer Arbeitsgenehmigung nicht auf eine mögliche – dann aber arbeitsgenehmigungsrechtswidrige - Arbeitnehmereigenschaft berufen kann. Das Aufenthaltsrecht des Klägers zu 1) ergibt sich auch nicht aus der behaupteten selbständigen Tätigkeit. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die ausgeübte Tätigkeit keine selbständige, sondern allenfalls eine "scheinselbstständige" Tätigkeit war.
Die Beweisaufnahme des Senates hat nicht zu für die Kläger günstigen Erkenntnissen geführt. Im Hinblick auf die Hausreinigungen in dem Gebäude, in dem die Kläger auch Mieter sind, liegt schon keine Beschäftigung vor, die einen Bezug zum deutschen Arbeitsmarkt vermittelt, da die Reinigungstätigkeiten in der konkreten Ausgestaltung gar nicht auf dem Arbeitsmarkt angeboten werden. Sie sind den Mietern aus dem Kreis der Sinti- und Roma-Familien vorbehalten und Teil der gesellschaftlichen Integrationsbemühungen der Katholischen Kirche. Teil des regulären 1. und 2. Arbeitsmarktes sind sie dagegen nicht.
Ausschlaggebend für diese Einschätzung des Senats ist zum einen, dass Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung eine typische Mieterpflicht gegenüber dem Vermieter ist, zu erfüllen durch persönliche Arbeitsleistung als Nebenpflicht aus dem Mietvertrag bzw. durch Zahlung von Nebenkosten an den Vermieter, da Kosten der Hausreinigung ohne Zweifel auf den Mieter umlegbare Kosten im Rahmen der Nebenkostenabrechnung sind. Völlig unüblich ist dagegen, dass der Vermieter an den Mieter (Arbeits-)"Lohn" zur Erfüllung einer diesem ohnehin obliegenden Pflicht gewährt. Zum anderen spricht alles dafür, dass der Lohn ohnehin sofort mit der Miete verrechnet wurde, die Reinigungsarbeiten also letztlich der Erfüllung der Mietforderungen des Vermieters dienten, was eine Beauftragung von anderen Arbeitnehmern aus der Sicht des Vermieters schlechthin ausschloss. So hat der Kläger zu 1) auf Nachfrage des Gerichts bestätigt: "Es wird doch etwas verrechnet. Es hat ja keinen Sinn, dass ich von der "A" Geld kriege und es gleich wieder zurückzahlen muss." Damit fehlt es eindeutig an einem Bezug der Reinigungstätigkeiten zum Arbeitsmarkt, sie werden allein im Rahmen des Mietvertrags geleistet. Dabei macht es aus Integrationsgründen und in Erfüllung des kirchlichen Sozialauftrages durchaus Sinn, die Reinigungsarbeiten nicht von vornherein als Nebenpflicht aus dem Mietvertrag zu gestalten (sei es durch Nebenkostenvorauszahlung oder persönliche Leistung), sondern Beschäftigung gegen Entgelt zu "fingieren". So wird ein Mieter aus schwierigen sozialen und gesellschaftlichen Kreisen eher gewillt sein, seine Reinigungspflicht zu erfüllen, wenn er dafür Geld erhält, sei es auch "nur" in Verrechnung mit der Mietforderung. Für die Bezahlung der Reinigung durch den Vermieter im Rahmen der Nebenkosten dürfte eine weit geringere Motivation bestehen; gleiches dürfte für die Reinigung ohne Entgelt gelten.
Gegen diese Einschätzung des Senats spricht auch nicht die Einschaltung der Firma H. Der Kläger hat für den Senat sehr überzeugend bekundet, dass es keinen Sinn mache, von der "A", also dem Vermieter, Geld zu erhalten, was sofort zurückzugeben sei und damit die Verrechnung mit der Miete erklärt. Der Kläger sieht sich damit also keinesfalls als - angestellter oder selbstständiger - Auftragnehmer der Firma H, sondern erfährt die Situation durchaus so, dass der Vermieter verrechnet. Dem entspricht, dass der Zeuge S als Inhaber der Firma H bestätigt hat, keine Arbeitnehmer zu beschäftigen. Gegen die Aussage des Zeugen S, aus eigenem Budget selbstständige Reinigungsfirmen für die Reinigung der Häuser zu beschäftigen, sprach, dass er weder die Höhe des Entgelts angeben konnte, welches der Vermieter für die Reinigung der Häuser zur Verfügung stellt, noch den Umstand erklären konnte, warum er für den Vermieter auch Miete kassiere bzw. mit den Entgelten für die Reinigung verrechne, wenn er selbst nur Reinigungsunternehmer sei, der Subunternehmer beschäftige. Weiter konnte der Zeuge nicht erklären, warum er als "Ein-Mann-Reinigungs-Unternehmen" noch andere Objekte desselben kirchlichen Vermieters betreut und auch in diesen Objekten bevollmächtigt ist, Miete entgegenzunehmen. Damit spricht alles dafür, dass es sich bei den Reinigungsarbeiten letztlich um die dem Mieterkreis angepasste Umsetzung von Mieterpflichten gehandelt hat. Für diese Einschätzung spricht, dass wohl nahezu alle Mieter - jedenfalls wohl die, die keine feste Arbeit hatten - mit derartigen Arbeiten beschäftigt wurden. So hat der Kläger bekundet, dass in anderen Häusern andere Mieter mit Arbeiten beschäftigt wurden. Beschäftigungsverhältnisse oder selbstständige Auftragsarbeiten, die dem Arbeitsmarkt zuzuordnen wären, sind damit nicht ersichtlich.
Nichts anderes ergibt sich im Ergebnis aus der sporadischen Wahrnehmung von Wachtätigkeiten für weitere Objekte desselben Vermieters. Hierbei handelt es sich zwar nicht um "Mieterpflichten". Allerdings kann der Kläger wegen sporadisch erbrachter Tätigkeit nicht behaupten, insoweit selbstständiger Gewerbetreibender, für Tätigkeiten, für die er nicht einmal ein Gewerbe angemeldet hat, zu sein. Für eine Arbeitnehmertätigkeit fehlt es an der notwendigen Arbeitserlaubnis.
Der Nachweis einer selbständigen Tätigkeit lässt sich im Übrigen auch nicht durch Vorlage eines nicht unterschriebenen Werkvertrags erbringen in dem der Unternehmer als Arbeitnehmer bezeichnet wird.
Der Kläger zu 1) gehört damit zu dem zahlenmäßig überschaubaren Personenkreis, für den der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II tatbestandlich überhaupt greifen kann. Dieser setzt sich aus denjenigen Unionsbürgern zusammen, die sich - ohne eine tatsächliche noch andauernde Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt im Sinne der obigen, unschwer zu erfüllenden Voraussetzungen erlangt zu haben - zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik aufhalten und bei denen sich - in Abgrenzung zu den Fällen eines bloßen Sozialleistungsmissbrauchs - die Ernsthaftigkeit dieser Arbeitssuche konkret manifestiert.
Ist somit der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf den Kläger zu 1) anwendbar, so hat er auch nicht wegen Verstoßes gegen europarechtliche Vorschriften unberücksichtigt zu bleiben. Der Senat ist nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 11. November 2014 in der Rechtssache C 333/13 (Dano) und vom 15. September 2015 in der Rechtssache C 67/14 (Alimanovic) auch davon überzeugt, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II europarechtskonform ist.
Der Bundesgesetzgeber hat § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf die europarechtliche Regelung des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl. L 158 S. 77, 112), gestützt (BT-Drucksache 16/688, S. 13). Nach Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG ist der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des über diesen Zeitraum hinausgehenden längeren Zeitraums der Arbeitssuche nach Art. 14 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens zu gewähren (Urteil in der Rechtssache Dano, a.a.O. RN 65 sowie Urteil in der Rechtssache Alimanovis, a.a.O. RN 63). Damit dürfen die Mitgliedstaaten einem Unionsbürger die Sozialhilfe versagen, wenn er zum Zwecke der Arbeitsuche eingereist ist. Dies bestätigt die durch den EuGH in seinem Urteil vom 11. November 2014 (Dano - a. a. O. RN 76) vorgenommene Auslegung des Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/38, da diese Regelung nicht erwerbstätige Unionsbürger daran hindern soll, das System der sozialen Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaats zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Anspruch zunehmen. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist damit vom Europarecht gedeckt.
Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist auch nicht verfassungswidrig.
Das Bundesverfassungsgericht hat in den Beschlüssen vom 03. September 2014 (Aktenzeichen 1 BvR 1768/11, zitiert nach Juris) und vom 08. Oktober 2014 (Aktenzeichen 1 BvR 886/11, zitiert nach Juris) den Ausschluss von Leistungen nach SGB II für Auszubildende gemäß § 7 Abs. 5 SGB II gebilligt. Nach dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht ist der Leistungsausschluss schon deswegen nicht zu beanstanden, weil während eines Studiums die Arbeitskraft nicht, wie von § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB II verlangt, zur Beschaffung des Lebensunterhalts eingesetzt wird (BVerfG, 08. Oktober 2014 a.a.O.). Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht auf eine vorrangige Förderung durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz verwiesen, obwohl dieses in den betreffenden Fällen gerade nicht zum Tragen kam. Daraus folgt zur Überzeugung des Senates, dass ein Ausschluss von existenzsichernden Leistungen in bestimmten Lebenssituationen grundsätzlich möglich ist (so auch: Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 01. Oktober 2015, L 7 AS 627/15 B ER, Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 15. Oktober 2015, L 4 AS 403/15 B ER, zitiert nach Juris).
Soweit das Bundesverfassungsgericht in diesen Beschlüssen annimmt, dass Betroffene gezwungen sein können, ihre Lebensumstände gravierend zu ändern ("Der faktische Zwang, eine Ausbildung abbrechen zu müssen ..."), ist das vergleichbar mit dem faktischen Zwang, dass vom SGB II-Bezug ausgeschlossene Ausländer in ihr Heimatland zurückkehren und wie alle anderen dortigen Bewohner mit den Sozialleistungen bzw. Erwerbsmöglichkeiten im Heimatland zurechtkommen müssen bis sie ein neues Aufenthaltsrecht in einem anderen Mitgliedstaat begründen können. Hierin unterscheidet sich auch die Situation der hier Betroffenen grundlegend von der Situation der Asylsuchenden, die nicht auf eine solche Möglichkeit verwiesen werden können (vgl. hierzu BVerfG vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 zum Asylbewerberleistungsgesetz, zitiert nach Juris sowie zum Ganzen: bereits Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 01. Oktober 2015, L 7 AS 627/15 B ER, und sich ihm anschließend: Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 15. Oktober 2015, L 4 AS 403/15 B ER).
Damit besteht für den Kläger zu 1), der weder Arbeitnehmer noch Selbständiger ist, kein Leistungsanspruch nach dem SGB II, denn er unterfällt dem mit Europarecht vereinbaren Leistungsausschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Auch für die Klägerin zu 2) ist ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin oder als Selbstständige wegen vorgetragen noch ersichtlich, so dass sich auch für sie ein Aufenthaltsrecht lediglich zur Arbeitssuche ergibt. Ein eigener Anspruch der Klägerin zu 2) scheitert vorliegend daher ebenfalls an § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II.
Ansprüche nach dem SGB II ergeben sich für die Kläger zu 2) bis 5) auch nicht nach § 7 Abs.2 S. 1 SGB II, denn sie leben nicht mit einem Leistungsberechtigten nach dem SGB II in einer Bedarfsgemeinschaft.
Nach alledem war auf die Berufung des Beklagten das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
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