L 2 U 63/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 163 U 279/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 63/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Verfolgt der Bestohlene selbst den Dieb, sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 13 c SGB VII in der Regel nicht erfüllt, weil eine Handlung im Eigeninteresse und nicht im Allgemeininteresse vorliegen dürfte.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. März 2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung eines im Zusammenhang mit einem Überfall erlittenen Unfalls als Arbeitsunfall.

Der 1975 geborene Kläger ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Berlin-Brandenburger C an der C in B tätig. In der Zeit vom 8. bis 11. Juli 2009 nahm er an einem Kongress der "International Society for Stem Cell Research" in Bteil. Die folgenden Tage bis zu dem für den 14. Juli 2009 gebuchten Rückflug verbrachte er mit seiner Lebensgefährtin, der Zeugin B, noch in der Stadt.

In seiner Unfallanzeige vom 12. August 2009 teilte er der Beklagten folgenden Sachverhalt mit: Am 14. Juli 2009 um 00.30 Uhr seien er und die in seiner Begleitung befindliche Frau B in B an einer Kreuzung unweit ihres Hotels von zwei ihnen unbekannten männlichen Personen angesprochen und bedrängt worden. Als man weitergehen wollte, sei einer der Unbekannten hinterhergekommen und habe sie angerempelt und ihnen dabei, ohne dass dies sogleich bemerkt worden sei, das Portemonnaie entwendet und sich sodann schnell entfernt. Sowie er den Verlust wahrgenommen habe, sei er dem Täter nachgerannt, um ihn zu stellen. Ehe er ihn habe erreichen können, sei ihm die zweite männliche Person in die Beine gesprungen und habe ihn zu Fall gebracht. Bei dem Sturz habe er einen komplizierten Bruch des linken Armes im Bereich des Ellenbogens erlitten. Die Suche der herbeigerufenen Polizei nach den beiden Personen sei erfolglos geblieben. Seine Strafanzeige sei von der Polizei im Flughafen aufgezeichnet worden; diese wurde beigefügt.

Der Kläger wurde in der Zeit vom 14. bis 30. Juli 2009 in der C aufgrund der Diagnosen supradiakondyläre Humerustrümmmer-Fraktur mit horizontalen, vertikalen und saggitalen Gelenkfrakturen links und Weichteilschaden zweiten Grades stationär behandelt.

Die Beklagte befragte die Zeugin B schriftlich zum Unfall, die die Angaben des Klägers bestätigte. Ferner wurde eine Übersetzung des polizeilichen Protokolls der Flughafenpolizei aus B veranlasst. Hier ist u. a. wiedergegeben, dass sich dem Kläger zwei Männer genähert und Worte an ihn gerichtet gehabt hätten sowie weiter: " - Er verstand nicht, was sie sagten, aber sie begannen ihn zu stoßen. - Mit Gewalt stellten sie ihm ein Bein und stießen ihn mit einem Schlag zu Boden. - Er versuchte sich zu wehren, und sie traten gegen seinen Kopf. - Während er am Boden lag, entwendete einer von ihnen seine Brieftasche. In dieser Brieftasche waren folgende Gegenstände: - Die Männer nahmen die Brieftasche und liefen weg. - Er gibt an, dass er versuchte, ihnen zu folgen, dass er aber große Schmerzen am Arm hatte. - Vor Ort ließ er einen Krankenwagen und einen Beamten der Guardia Urbana kommen".

Mit Bescheid vom 7. Oktober 2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, dass nach den Aussagen des polizeilichen Protokolls der Kläger während des Überfalls zu Boden gestoßen worden sei und sich hierbei verletzt gehabt habe.

Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch, mit dem er ausführte, dass die Darstellung im Bericht der Flughafenpolizei in wesentlichen Teilen falsch sei. Er habe die hierin befindlichen Angaben u. a. zum Zeitpunkt der Straftat, zur Situation, in der er den Bruch am Ellenbogen erlitten habe, zu Tritten gegen den Kopf usw. tatsächlich nicht gemacht. Die Beamtin in der Polizeidienststelle des Flughafens B, die die Anzeige aufgenommen gehabt habe, habe nur sehr unbeholfen Englisch gesprochen. Es habe mehrfach Rück- und Verständnisfragen gegeben, die er so verständlich und so deutlich wie möglich zu beantworten versucht habe. Als schließlich keine Fragen mehr gekommen seien, habe er davon ausgehen müssen, richtig verstanden worden zu sein. Der Polizeibericht sei dann in Katalanisch geschrieben worden, eine Sprache, die er nicht verstehe. Eine Übersetzung ins Englische sei vor Ort nicht zu erlangen gewesen. So habe er den Bericht im Vertrauen darauf unterschrieben, dass seine Ausführungen zutreffend wiedergegeben worden seien. Eine Alternative habe nicht bestanden. Ohne einen polizeilichen Vermerk zum Verlust seiner Ausweispapiere hätte er für den Rückflug nicht einchecken können. Die aufgenommenen Angaben der Polizeidienststelle seien im Übrigen auch in sich widersprüchlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Voraussetzung für eine unfallversicherte Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 c Siebtes Buch Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) sei grundsätzlich immer, dass zum einen zumindest der Verdacht über eine den Tatbestand des Strafgesetzes verwirklichende Tat vorliege, sowie zum anderen der persönliche Wille, den Täter festzuhalten oder die Feststellung seiner Identität zu ermöglichen, um ihn den Strafverfolgungsbehörden zu überstellen. Es komme dabei entscheidend auf den erkennbaren (objektivierten) Willen des Verfolgers an. Es könne dahinstehen, ob bei fehlender Geltung des § 127 Strafprozessordnung (StPO) der Versicherungsschutz für Strafverfolger im Ausland überhaupt existieren könne, so dass § 2 Abs. 1 Nr. 13 c SGB VII insoweit teleologisch zu reduzieren wäre (so Leube in ZESAR 04/2009), da es jedenfalls am objektivierten Tatbestand des willentlichen Vorhabens, den Täter festzuhalten oder die Feststellung seiner Identität zu ermöglichen, um ihn den Strafverfolgungsbehörden zu überstellen, gefehlt habe. Ob die Verletzung bei einem Überfall oder aber beim Nachsetzen eingetreten sei, könne aufgrund der zwei verschiedenen, aber doch sehr detaillierten Aussagen nicht im erforderlichen Vollbeweis festgestellt werden. Selbst bei ausschließlicher Berücksichtigung der Angaben des Klägers ergäben sich keine Umstände, die neben dem eigenen Interesse am Wiedererlangen des Portemonnaies auch auf eventuelle Strafverfolgungsabsichten hätten schließen lassen. Weder der ausführlichen Widerspruchsbegründung noch der Aussage der Zeugin B oder dem Polizeibericht sei zu entnehmen, dass neben dem Interesse auf Wiedererlangung des Eigentums die Absicht gehegt worden sei, die Täter festzuhalten und der Polizei zu übergeben oder nähere Erkenntnisse zu gewinnen, die die Strafverfolgung ermöglicht hätten. So habe er im ersten Schreiben vom 12. August 2009 lediglich angegeben: "Sowie ich den Verlust wahrnahm, rannte ich dem Täter nach, ". Ausführungen zu einem Strafverfolgungswillen hätten sich weder hier noch in der Folgezeit gefunden. Das Verfolgen des Straftäters sei nach lebensnaher Betrachtung daher nicht von dem Willen der Festnahme zwecks Überstellung an die Polizei geprägt gewesen, sondern von dem verständlichen Willen des Wiedererlangens des wichtigen Eigentums in Form von Geldkarten, Führerschein und z. B. dem deutschen Personalausweis.

Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, dass es geradezu abwegig sei anzunehmen, dass er im Ausland vor den Augen anderer Straßenpassanten mit Gewalt sein Eigentum hätte zurückholen wollen. Es habe doch nur darum gehen können, den Täter bis zum Eintreffen der örtlichen Polizei festzuhalten. Auch habe er seine "Motivation zur Strafverfolgung" bereits im Betreff der ersten Unfallanzeige genannt: "Unfall bei Verfolgung und Festnahmeversuch eines Straftäters". Folge man den Schlussfolgerungen und Wertungen des Widerspruchsausschusses, so wären Maßnahmen zur Identifizierung und Überstellung eines Täters bei Eigentumsdelikten durch den Geschädigten selbst praktisch ausgeschlossen; eine derartige Einschränkung sähe § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchstabe c SGB VII aber nicht vor.

Im Termin vom 12. März 2013 hat das Sozialgericht Berlin den Kläger zur Sache gehört und seine Lebensgefährtin Frau B als Zeugin vernommen.

Mit Urteil vom 12. März 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die unfallbringende Verrichtung nicht dem Unfallversicherungsschutz aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unterfalle, weil es an einem Bezug zur versicherten Beschäftigung des Klägers als Biotechnologe fehle. Denn auch wenn der Kongress selbst in Ausübung seiner Beschäftigung besucht worden sei, sei dieser im Unfallzeitpunkt bereits seit deutlich mehr als einem Tag beendet gewesen. Der Kläger und die Zeugin hätten den Anschlussaufenthalt in B vielmehr erkennbar zu privaten Zwecken genützt, womit der innere Zusammenhang zur versicherten Beschäftigung gelöst gewesen sei.

Einzig in Betracht komme damit eine Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 c SGB VII. Der nach dieser Vorschrift begründete Versicherungsschutz erstrecke sich zunächst vorliegend dem Grunde nach auf den Fall der Verfolgung eines Straftäters im Ausland, was sich aus § 2 Abs. 3 Satz 5 SGB VII ergebe, wonach § 2 Abs. 1 Nr. 13 SGB VII auch für Personen gelte, die im Ausland tätig würden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hätten, dies sei vorliegend gegeben. Die Voraussetzungen des § 2 I Nr. 13 c SGB VII seien jedoch nicht erfüllt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die Kammer zunächst davon überzeugt, dass der vom Kläger geschilderte Unfallhergang, insbesondere in der zeitlichen Abfolge der Entwendung der Brieftasche, dem Nachsetzen des Klägers und dem erst hierbei eingetretenen Sturz zutreffe. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger den Sturz, also den Unfall, erlitten habe, als er dabei gewesen sei, einem der Täter nachzueilen, ferner, dass die Handlungstendenz des Klägers jedenfalls auch in der Verfolgung eines Straftäters bestanden habe. Als weitere Motivation komme vorliegend jedoch das Interesse hinzu, die geraubten Dokumente und das Geld wiederzubeschaffen. Diese Intention sei nach dem Tathergang dadurch objektiviert, dass der Kläger erst (und unmittelbar), nachdem er bemerkt gehabt habe, dass seine Brieftasche fehle, die Verfolgung aufgenommen habe. Somit sei von einer Verrichtung mit gemischter bzw. gespaltener Handlungstendenz auszugehen. Eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz stehe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dann im inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der versicherten Handlungstendenz finde. Insoweit sei nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und die objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es sei zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt worden sei, objektiv die verrichtungsbezogene Handlungstendenz erkennen lasse. Nach diesem Maßstab habe eine versicherte Verrichtung nicht festgestellt werden können. Denn der maßgebliche Auslöser der Verfolgung des Straftäters habe gerade im Feststellen des Verlustes der Brieftasche gelegen, dies sei der Grund für die dann aufgenommene Verfolgung gewesen. Dies sei in Anbetracht der hierin enthaltenen Dinge, vor allem der für die für den Nachmittag desselben Tages geplante Heimreise wichtigen Personaldokumente, die weit überwiegende Handlungsmotivation gewesen. Hypothetische Erwägungen, was der Kläger getan hätte, wenn jemand anderes Opfer des Raubes geworden wäre, seien irrelevant und müssten daher außer Acht bleiben. Die Motivation, die Brieftasche wiederzuerlangen, könne indes nicht hinweggedacht werden, ohne dass die Verfolgung entfiele. Auch wenn der Kläger angegeben habe, er habe vor allem den Täter festhalten wollen und auf Hilfe von Dritten gehofft, so stelle dies letztlich nur einen Zwischenschritt im erstrebten Endziel der Wiedererlangung der Brieftasche dar. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass bei dieser Würdigung Opfer von Eigentumsdelikten stets aus dem Schutzbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 13 c SGB VII ausschieden, obwohl eine derartige Einschränkung sich aus dem Tatbestand nicht ergebe. Denn zu diesem Ergebnis komme es auch bei den übrigen Versicherungstatbeständen immer, wenn eine Verrichtung mit gemischter Handlungstendenz vollzogen werde und der versicherte Anteil die Verrichtung nicht wesentlich präge.

Gegen dieses ihm am 2. April 2013 zugegangene Urteil richtet sich die am 19. April 2013 eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger trägt zur Begründung vor, dass die Erwägungen des Sozialgerichts zu Verrichtungen mit gemischter Handlungstendenz nicht zum Tragen gekommen seien und dass die Feststellungen des Gerichts unvollständig und teilweise, insbesondere, was seine innere Motivationslage betroffen habe, auch unzutreffend seien. Zwischen dem Gewahr werden, dass das Portemonnaie weggenommen worden sei, und dem spontanen Los- und Nachlaufen, sei kaum der Bruchteil einer Sekunde vergangen. In dieser Situation habe er sich die unterstellten Gedanken zur Wiedererlangung des Portemonnaies nicht gemacht. Soweit sein Wunsch, das Portemonnaie wiederzuerlangen, der Natur der Sache entsprechend mitgeschwungen haben möge, sei er kein wesentliches, geschweige denn leitendes Motiv für das Los- und Nachlaufen gewesen. Die Wertung des Gerichts, dass der Inhalt des Portemonnaies, insbesondere dessen persönliche Dokumente, wegen der für denselben Tag geplanten Rückreise von überragender Wichtigkeit gewesen sei, treffe schon rein tatsächlich nicht zu. Er habe sich derartige Gedanken nicht gemacht. Er sei spontan losgelaufen, um den Dieb zu verfolgen und festzuhalten. Den unterstellten gedanklichen Zwischenschritt, dass sich im Portemonnaie die für die Rückreise erforderlichen Dokumente befunden hätten und deswegen ein Nacheilen erforderlich gewesen sei, um des Portemonnaies habhaft zu werden, habe er gar nicht vollzogen, dies sei angesichts der Spontanität des Handlungsgeschehens auch objektiv lebensfremd. Es sei ihm allein darum gegangen, den Täter zu fassen und die Hilfe Dritter und der Polizei zu erlangen. Dieses Ziel sei auch realistisch gewesen, da sich tatsächlich Passanten in unmittelbarer Nähe befunden hätten. Auch objektiv habe das Portemonnaie und sein Inhalt die vom SG unterstellte Wichtigkeit nicht gehabt, was sich daran erweise, dass er problemlos auch ohne seine persönlichen Dokumente nach Berlin zurückgeflogen sei. Ohnehin sei § 2 Abs. 1 Nr. 13 c SGB VII auch dann anwendbar, wenn der Versicherte als Geschädigter im eigenen Interesse tätig geworden sei. Zu fordern sei allein, dass das Verhalten des Geschädigten zumindest auch der Realisierung des staatlichen Strafverfolgungsanspruches diene.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. März 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2010 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem am 14. Juli 2009 erlittenen Unfall um einen versicherten Arbeitsunfall gehandelt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist auf die erstinstanzlichen Ausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2010 und das erstinstanzliche Urteil sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass der von ihm am 14. Juli 2009 erlittene Unfall ein Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII war.

Rechtsgrundlage für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist § 8 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente. Dabei müssen die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Unfallereignis" und "Gesundheitsschaden" im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst recht nicht die bloße Möglichkeit - ausreicht (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 30. Januar 2007, Az.: B 2 U 23/05 R, Urteil vom 17. Februar 2009, Az.: B 2 U 18/07 R, Urteil vom 31. Januar 2012, Az. B 2 U 2/11 R, zitiert jeweils nach juris.de, m.w.N.).

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 c SGB VII als der einzig in Betracht kommenden Rechtsgrundlage für die Anerkennung des Unfallgeschehens als Arbeitsunfall sind kraft Gesetzes versichert Personen, die sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist, oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen.

Zunächst einmal stand dem grundsätzlichen Versicherungsschutz auf dieser Grundlage nicht entgegen, dass sich der streitige Unfall im Ausland ereignete. Nicht gefolgt werden kann zwar den diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen, denn aus § 2 Abs. 3 Satz 5 SGB VII folgt dessen Anwendungsbereich für den vorliegenden Fall nicht. Hier ist ausgeführt, dass Abs. 1 Nr. 13 auch für Personen gilt, die im Ausland "tätig" werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Der Bezug zur Tätigkeit des Klägers im Ausland war jedoch im Unfallzeitpunkt nicht mehr gegeben, wie erstinstanzlich zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII völlig zu Recht ausgeführt wurde. Die versicherte Tätigkeit des Klägers endete am 11. Juli 2009, der Unfall geschah am 14. Juli 2009, also mehrere Tage nach Beendigung der versicherten Tätigkeit. § 2 Abs. 3 Satz 5 SGB VII kann daher als Begründung für den Versicherungsschutz nicht mehr herangezogen werden, denn es kann hierfür nicht ausreichen, dass irgendwann in der Vergangenheit einmal eine versicherte Tätigkeit im Ausland ausgeübt worden ist. Es wurde auch nicht vorgetragen und dürfte angesichts der Häufigkeit von täglichen Flügen von und nach B als allgemein bekannt gelten, dass der Folgeaufenthalt jedenfalls am 13./14. Juli 2009 auch nicht mehr dem Umstand geschuldet war, dass lediglich der nächst mögliche Rückflugtermin abgewartet werden musste. Allenfalls könnte man § 2 Abs. 3 Satz 5 SGB VII im Umkehrschluss entnehmen, dass bei Fehlen einer Tätigkeit im Ausland § 2 Abs. 1 Nr. 13 SGB VII gerade nicht gelten soll, wofür die Entstehungsgeschichte der Vorschrift insgesamt jedoch nicht spricht (vgl. Riebel in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 2 Rdnr. 314 m.w.N.).

Allerdings folgt bereits aus § 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), dass § 2 Abs. 1 Nr. 13 c) vorliegend grundsätzlich Versicherungsschutz vermittelte. Denn danach gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, 1. soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt oder selbständig tätig sind, 2. soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit nicht voraussetzen, für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs haben. § 2 Abs. 1 Nr. 13 c SGB VII setzt – wenn man diese Voraussetzung nicht § 2 Abs. 3 Satz 5 SGB VII entnimmt - eine Beschäftigung nicht voraus, so dass die zweite Alternative anwendbar ist, für die der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches ausreicht; dies war im Falle des Klägers zweifelsfrei gegeben. Letztlich kann dies jedoch dahin stehen.

Denn das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil andere Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls auf der Grundlage des § 2 Abs. 1 Nr. 13 c SGB VII nicht erfüllt sind. Zur Begründung wird insoweit zunächst auf die erstinstanzlichen Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen, denen sich das Gericht nach eigener Prüfung anschließt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Auszugehen ist dabei von dem Hergang, wie ihn der Kläger geschildert hat und wie er durch die Zeugin B bestätigt wurde. Es gab keinen Grund, an diesem allgemein bekannt typischen Geschehensablauf zu zweifeln. Die Erklärungen des Klägers, wie es zu den abweichenden Angaben im Protokoll der spanischen Flughafenpolizei kam, waren in jeder Hinsicht glaubhaft.

Es fehlt jedoch an dem inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit bzw. dem Erfordernis, dass eine versicherte Verrichtung wesentlich zu dem Unfallereignis geführt hat. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 SGB VII besteht Versicherungsschutz zwar bereits "bei" der Verfolgung einer Person, die einer Straftat verdächtig ist, während der Zweck der Verfolgung in der Vorschrift nicht ausdrücklich genannt ist. Dennoch muss die Verfolgung bzw. Festnahme eines verdächtigen Straftäters oder der Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen wesentlicher Grund der Handlung gewesen sein, bei der der Unfall geschah. Denn aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich, dass die Verfolgung privater Interessen keinen Versicherungsschutz begründet. Denn der Grund für den Versicherungsschutz liegt überwiegend in der sozialpolitisch erwünschten Absicherung für Tätigkeiten im Allgemeininteresse, unter Schutz gestellt werden soll das Handeln im Interesse der Allgemeinheit; ferner bildet der Versicherungsschutz einen Ausgleich für die rechtliche Pflicht jedes Einzelnen zur Hilfeleistung, deren Verletzung strafbewehrt ist (Ricke in KassKomm, vor §§ 2-6 SGB VII, Rdnr. 2, Bieresborn in Schlegel/Voelzke, JurisPraxisKommentar, § 2 Rdnr. 294 m.w.N., Joussen, NZS 2003, 288, 294).

Zu Recht ist das Gericht vorliegend von einem Handeln mit gemischter Motivationslage ausgegangen. Bei diesem wird nur eine einzige Verrichtung ausgeübt, die aber gleichzeitig sowohl einen privatwirtschaftlichen als auch einen betrieblichen, auf die Erfüllung eines Versicherungstatbestandes gerichteten Zweck verfolgt. Daher wird auch von Tätigkeiten mit einer gespaltenen Handlungstendenz gesprochen. Eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz steht dann im inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenz, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014, Az. B 2 U 4/13 , Rdnr. 20, und BSG, Urteil vom 9.11.2010, Az. B 2 U 14/10 R, Rdnr. 24, jeweils m.w.N.zitiert nach juris).

Nach den objektiven Umständen lässt das Los- und Nachlaufen des Klägers einen sachlichen Zusammenhang mit der Versicherungsschutz vermittelnden Tätigkeit, hier dem Verfolgen des Straftäters im Allgemeininteresse, nicht deutlich werden. Feststellbar ist lediglich das Loslaufen des Klägers in dem Moment, als er den Verlust seines Portemonnaies bemerkte, in Richtung der vermeintlichen Diebe bzw. Räuber. Dies belegt objektivierbar aber noch keine gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 c SGB VII geschützte Handlung. Zu Recht hat bereits das erstinstanzliche Gericht maßgeblich darauf abgestellt, dass der Verlust des eigenen Eigentums und insbesondere der Personaldokumente Auslöser der Verfolgung war und dass das Motiv, diese wieder zu erlangen, nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Verfolgung entfiele. Dies allein war bei lebensnaher Betrachtung wesentlicher Grund für die unfallbringende Handlung.

Soweit der Kläger ausführt, dass er sich keine Gedanken über die Wiedererlangung des Portemonnaies gemacht habe, dieses habe die vom SG unterstellte Wichtigkeit nicht gehabt, so ist dies nicht glaubhaft. Auch wenn angesichts der Situation sicher kein langes Nachdenken und Abwägen erfolgt ist, so ist doch der für das Loslaufen verantwortliche Impuls zu bewerten. Allgemein bekannt und in Reiseführern nachzulesen gibt es in B einen sehr hohen Grad von so genannter Kleinkriminalität, wie er sich geradezu beispielhaft im Falle des Klägers gezeigt hat; diesen können realistischer Weise Privatpersonen im Urlaub durch die Verfolgung von Straftätern in keiner Weise reduzieren. Es musste ferner davon ausgegangen werden, dass sich die Straftäter keineswegs einfach so festhalten lassen würden, sondern es bestand die Gefahr, dass sie versuchen würden, sich einer Verhaftung zu entziehen, was sich im nicht unwahrscheinlichen Fall einer Bewaffnung der Straftäter oder sonstiger Anwendung von Gewalt als lebensgefährlich herausstellen konnte, zumal die Straftäter im Vergleich zum Kläger, wenn man seine weibliche Begleitung außer Betracht lässt, in der Überzahl waren. Auch war vollkommen unklar, ob und gegebenenfalls wann Polizei erscheinen würde. Die Inkaufnahme eines derart hohen persönlichen Risikos zur ohnehin aussichtslosen Bekämpfung von Kleinkriminalität in B ist abwegig, der entsprechende Vortrag daher nicht glaubhaft. Weiter hat sich die Ausreise aus S ohne Personaldokumente entgegen der klägerischen Darstellung auch keineswegs als "problemlos" dargestellt, vielmehr war das vorherige Einholen von Informationen über das weitere Prozedere, welches nach eigenen Aussagen die Lebensgefährtin des Klägers übernommen hatte, ebenso erforderlich wie eine polizeiliche Vernehmung in schwerverletztem Zustand. Es ist vor diesem Hintergrund nicht davon auszugehen, dass die konkrete Handlung auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre, auch ließ das Los- und Nachlaufen durch den Kläger nicht objektivierbar eine Verfolgung eines Straftäters im Allgemeininteresse erkennen. Zu Recht hat daher bereits das Sozialgericht dargelegt, dass bei lebensnaher Betrachtung die Wiedererlangung des eigenen Eigentums wesentliches Ziel des Los- und Nachlaufens war.

Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG lagen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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