Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 52 AL 2232/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 96/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. März 2014 sowie die Bescheide der Beklagten vom 16. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2011 werden aufgehoben. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger war mit einem Arbeitsvertrag vom 20. Juni 2005 in der Zeit vom 21. Juni 2005 bis 30. Juni 2005 bei der im April 2011 aus dem Handelsregister gelöschten P GmbH () beschäftigt. Laut Arbeitsbescheinigung vom 1. November 2005 erzielte der Kläger ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von (iHv) 419,75 EUR bei einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 30 Stunden/Woche. Mit Bewilligungsbescheid vom 14. März 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld (Alg) ab 1. März 2006 für 345 Tage und setzte für die Zeit vom 1. März 2006 bis 15. Februar 2007 einen täglichen Leistungsbetrag iHv 42,73 EUR fest. Am 15. Mai 2005 nahm der Kläger eine unbefristete Beschäftigung bei der Firma K auf. Nachdem er zum 3. Mai 2007 erneut eine Beschäftigung bei der P begonnen hatte, teilte er der Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2007 mit, dass er einen Arbeitsplatz habe und deshalb einen Termin bei der Agentur für Arbeit nicht wahrnehmen könne.
Im Rahmen eines vom Hauptzollamt Erfurt (HZA), Finanzkontrolle Schwarzarbeit P, geführten Ermittlungsverfahrens wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt wurden im Februar 2008 eine Vielzahl von Lohnzahlungsquittungen der P beschlagnahmt.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2011 teilte das HZA der Beklagten mit, dass entsprechend einer Quittung vom 7. Juli 2006 von der Pan den Kläger "Lohn 04/06" iHv 692,- EUR gezahlt worden sei. Mit Anhörungsschreiben vom 4. Februar 2011 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, er habe vom 1. April 2006 bis 30. April 2006 in einem Beschäftigungsverhältnis bei der P gestanden und gab ihm Gelegenheit, sich zur Aufhebung der Alg-Bewilligung und zur Erstattung der zur Unrecht erhaltenen Leistungen zu äußern. In seiner Stellungnahme vom 11. Februar 2011 gab der Kläger an, es treffe zu, dass er vom 1. April 2006 bis 30. April 2006 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Er hätte sich an einem Tag beim Arbeitsamt angemeldet gehabt, nach spätestens zwei Tagen einen Job gefunden und sich direkt wieder abgemeldet. Zu dieser Zeit sei er bei der BKK Union versichert gewesen. Die Beklagte hob mit Aufhebungsbescheid vom 16. Februar 2011 die Bewilligung von Alg ab 1. April 2006 wegen der Aufnahme einer Beschäftigung auf und forderte mit Erstattungsbescheid vom selben Tag die Erstattung des überzahlten Alg iHv 1.880,12 EUR sowie der Beiträge zur Krankenversicherung iHv 601,69 EUR und zur Pflegeversicherung iHv 65,99 EUR. Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger unter Vorlage einer Versicherungsbescheinigung der AOK Nordost vom 25. Februar 2011, auf die Bezug genommen wird, vor: Das Anhörungsschreiben sei wegen seiner "affirmativen Form" missverständlich. Da er vom 21. Juni 2005 bis 30. Juni 2005 bei der P beschäftigt gewesen sei, habe er nach so langer Zeit Zeiträume verwechselt und mit dem Ausfüllen des Formulars nichtsahnend unrichtige Angaben gemacht. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2011 zurück. Die Aufhebungsentscheidung beruhe auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Der Kläger habe die Aufnahme der Erwerbstätigkeit nicht mitgeteilt. Außerdem habe er wissen müssen, dass die Voraussetzungen für einen Alg-Anspruch nach den §§ 118 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, 119 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - SGB III) weggefallen seien. Die Erstattungsentscheidungen ergäben sich aus § 50 SGB X bzw. § 335 SGB III. Die vom Kläger vorgetragene Verwechslung der Daten mit der Beschäftigungszeit vom 21. Juni 2005 bis 30. Juni 2005 könne angesichts eines für diese Zeit bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts iHv 419,75 EUR nicht nachvollzogen werden. Mit Verfügung vom 16. Dezember 2011 stellte die Staatsanwaltschaft Berlin - 271 Js 7244/11 - das gegen den Kläger wegen Betrugs gerichtete Ermittlungsverfahren wegen Verjährung ein.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Er sei im April 2006 arbeitslos gewesen. Durch die tendenziösen Formulierungen des Anhörungsschreibens sei er dazu gebracht worden, leichtfertig auf die Fragen zu antworten. Dass er einer Verwechslung unterlegen sei, ergebe sich auch aus seiner falschen Angabe zum Versicherungsverhältnis. Statt bei der BKK Union sei er bei der AOK versichert gewesen. Auf den Lohn von der P für die Zeit vom 21. Juni 2005 bis 30. Juni 2005 habe er sehr lange warten müssen. Es sei davon auszugehen, dass die Arbeitgeberin den Zeitraum verwechselt habe. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage mit Urteil vom 27. März 2014 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Die Voraussetzungen für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides nach § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III in Verbindung mit (iVm) § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X für den Zeitraum vom 1. April 2006 bis 14. Mai 2006 seien erfüllt. Infolge der Aufnahme einer fünfzehn Stunden oder mehr wöchentlich umfassenden Beschäftigung sei die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit für den oben angegebenen Zeitraum entfallen. Der Kläger habe entsprechend der aufgefundenen Quittung ein Arbeitsentgelt iHv 692,- EUR im April 2006 bei der P erzielt. Dies ergebe sich nicht nur aus den Angaben im Anhörungsverfahren, sondern auch aus der Tatsache, dass der Kläger trotz mehrfachen Nachfragens im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht in der Lage gewesen sei, plausibel zu erklären, wieso er unbestritten die Quittung über Lohn 04/06 iHv von 692,- EUR unterschrieben habe. Aus der kurzen Tätigkeit im Juni 2005 bei der P habe er lediglich einen Gehaltsanspruch iHv 419,75 EUR erwirtschaftet, dh einen wesentlich niedrigeren Betrag als den in der Quittung bestätigten und auch tatsächlich erhaltenen. Der Kläger sei in Bezug auf die erhaltenen Alg-Leistungen auch bösgläubig gewesen. Durch die Aufnahme und Ausübung der fünfzehn Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung sei gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III die Wirkung der Arbeitslosmeldung erloschen, so dass dem bis zur erneuten Meldung bei der Beklagten kein Anspruch auf Alg zugestanden habe. Die Pflicht zur Erstattung des Alg iHv 1.880,12 EUR ergebe sich aus § 50 SGB X. Die aufgewendeten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien nach § 335 Abs. 1 und Abs. 5 SGB III zu erstatten.
Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger, der auf gerichtliche Anforderung hin eine Versicherungsbescheinigung der BKK Verkehrsbau Union vom 6. Juli 2015 - auf die Bezug genommen wird - vorgelegt hat, sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor: Die Angabe in der Quittung "Lohn 04/06" iHv 692,- EUR müsse keinesfalls bedeuten, dass er eine fünfzehn Stunden oder mehr wöchentlich umfassende Beschäftigung ausgeübt habe. Vielmehr sei wahrscheinlich, dass er – hätte er zu den gleichen Konditionen wie im Juni 2005 bei der P gearbeitet – diesen Betrag in einer wesentlich kürzeren Arbeitszeit verdient hätte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. März 2014 sowie die Bescheide vom 16. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Gerichtsakten, die Leistungsakten der Beklagten sowie die Ermittlungsakten 271 Js 7244/11 der Staatsanwaltschaft Berlin haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Der Senat hat durch den Berichterstatter am 8. Juli 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt, auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist begründet.
Die mit der statthaften Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) angefochtenen Bescheide vom 16. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2011 sind aufzuheben, weil sie rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen. Als Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten vom 14. April 2006 über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. April 2006 bis 14. Mai 2006 ist - wie vom SG zutreffend ausgeführt worden ist – allein § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III einschlägig. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bei einer wesentlichen tatsächlichen oder rechtlichen Änderung der Verhältnisse, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Kläger einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2) oder wusste bzw. nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Ermessen ist dabei auch in so genannten atypischen Fällen nicht auszuüben (§ 330 Abs. 3 SGB III).
Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass der Alg-Bewilligung vom 14. März 2006 vorgelegen haben, ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens bezogen auf den vorliegend streitigen Zeitraum vom 1. April 2006 bis 14. Mai 2006 mit der erforderlichen zweifelsfreien Gewissheit zur Überzeugung des Senats nicht feststellbar. Insbesondere vermochte der Senat im erforderlichen Vollbeweis keine Tatsachen festzustellen, die den Wegfall der Arbeitslosigkeit des Klägers und damit seines Alg-Anspruchs im Streitzeitraum zur Folge gehabt hätten.
Nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 – BGBl. I 2848 – (aF) setzte der Anspruch auf Alg ua Arbeitslosigkeit voraus. Es lässt sich mit hinreichender Sicherheit nicht feststellen, dass die hierfür erforderliche Beschäftigungslosigkeit iSv § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 SGB III aF des Klägers (mit der Folge des Erlöschens der Arbeitslosmeldung; vgl. § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III aF) zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des in Rede stehenden Zeitraums vom 1. April 2006 bis 14. Mai 2006 entfallen war. Beschäftigungslosigkeit liegt bei Personen vor, die vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, wobei die Ausübung einer weniger als fünfzehn Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung unschädlich ist; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens war nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass der Kläger im Streitzeitraum bei der P eine mindestens fünfzehn Wochenstunden umfassende Beschäftigung ausgeübt hatte. Zwar spricht die aufgefundene Quittung dafür, dass der Kläger entgegen seinem Vorbringen im April 2006 bei der P beschäftigt war. Soweit der Kläger behauptet, die Quittung könne seine Beschäftigung vom Juni 2005 betreffen, spricht hiergegen nicht nur das Datum der Quittung, sondern auch der Umstand, dass der quittierte Betrag höher ist als das in der Arbeitsbescheinigung vom 1. November 2005 angegebene Bruttoarbeitsentgelt. Es kann aber letztlich offen bleiben, ob der Kläger im April 2006 tatsächlich bei der P beschäftigt worden ist. Denn weder aus der Stellungnahme des Klägers vom 14. April 2011 zum Anhörungsschreiben vom 4. Februar 2011 noch aus der Quittung vom 7. Juli 2006 ergeben sich Erkenntnisse zum zeitlichen Umfang einer allfälligen Beschäftigung bei der P. Die Höhe des quittierten Betrages lässt nicht zwingend den Schluss zu, dass es sich um eine Tätigkeit im Umfang von mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich gehandelt haben muss. Bei Zugrundelegung einer wöchentlichen Arbeitszeit von fünfzehn Stunden (= 65 Stunden pro Monat) ergäbe sich zwar ein Nettostundenlohn von 10,65 EUR. Ausgehend von einem Bruttostundenlohn von 11,50 EUR, wie er zwischen der Kläger und der P für die Beschäftigung im Juni 2005 vereinbart worden war, wäre ein solch hoher Nettolohn dementsprechend nicht mit einer nur fünfzehn Wochenstunden umfassenden Beschäftigung erzielbar gewesen. Es liegt freilich fern, dass eine etwaige Beschäftigung des Klägers im April 2006 zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 20. Juni 2005 erfolgt wäre. Bei einer solchen – hier unterstellten – Schwarzarbeit, mit der durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer Sozialabgaben hinterzogen werden, hätte der Kläger zwangsläufig einen höheren Nettolohn, als es ihm bei einer angemeldeten Beschäftigung möglich gewesen wäre, erzielen können. Dementsprechend ist nicht auszuschließen, dass die quittierten 692,- EUR mit einer weniger als fünfzehn Wochenstunden umfassenden Beschäftigung zu erzielen waren.
Die Nichtfeststellbarkeit der die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Alg in dem hier streitigen Zeitraum rechtfertigenden Tatsachen trifft nach Ausschöpfung der verfügbaren Amtsermittlungsmöglichkeiten die Beklagte. Eine Beweislastumkehr dahingehend, dass der Kläger zu beweisen hätte, dass die in Rede stehende Tätigkeit bei der P weniger als fünfzehn Wochenstunden umfasst hatte, kommt vorliegend nicht in Betracht. Zwar kann in Fällen, in denen sich nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten ergibt, dass der Sphäre des Arbeitslosen zuzuordnende Vorgänge nicht aufklärbar sind, unter besonderen Umständen eine Beweislastumkehr erfolgen. Insbesondere kann sich dabei eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe daraus ergeben, dass er durch Unterlassung von Angaben im Zusammenhang mit den Antragstellungen eine zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts unmöglich gemacht hat (vgl. zu alledem BSG, Urteile vom 13. September 2006 - B 11a AL 19/06 R und B 11a AL 13/06 R -, juris; Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 49/05 R – juris; Urteil vom 28. August 2007 – B 7a AL 10/06 R – juris), maW muss der Arbeitslose die Beweisnot selbst herbeigeführt haben. Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen.
Eine Beweislastumkehr stets und in allen Fällen, in denen nicht zweifelsfrei geklärte Tatsachen die persönliche Sphäre des Arbeitslosen betreffen, besteht nicht (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2010 – B 11 AL 35/09 R –, juris). Die Grundsätze der Beweislastumkehr können jedoch dann eingreifen, wenn es um in der Sphäre des Arbeitslosen liegende Tatsachen geht, die die Beklagte in Ermangelung entsprechender Angaben des Arbeitslosen nicht kennt und nicht kennen muss (vgl. BSG SozR 4-1500 § 128 Nr. 5 Rn. 17 unter Hinweis auf BSGE 71, 256, 263 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 7). Auf dieser Linie liegt es, dass das BSG im Urteil vom 24. Mai 2006 und in den nachfolgenden Entscheidungen (aaO) als Beispiele für eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe, die eine Umkehr der Beweislast rechtfertigen kann, Verhaltensweisen des Arbeitslosen genannt hat, welche zu einer Erschwerung oder Verhinderung der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen führen, zB die fehlende Angabe von Vermögenswerten bei der Antragstellung auf Arbeitslosenhilfe oder Grundsicherungsleistungen (vgl. auch BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 89/12 R = SozR 4-4200 § 11 Nr. 62). Anhaltspunkte für ein solches Verhalten des Klägers sind nicht ersichtlich. Der Kläger war nicht verpflichtet, eine nicht anspruchsschädliche Beschäftigung mitzuteilen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Januar 2015 – L 18 AL 66/13 -, juris). Eine diesbezügliche Beweisnot hat er daher weder herbeigeführt noch kann sie allein ihm angelastet werden. Mangels Aufhebung der Bewilligung hat der Kläger auch die geforderten Erstattungsbeträge nicht zu zahlen (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X; § 335 Abs. 1 und Abs. 5 SGB III).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger war mit einem Arbeitsvertrag vom 20. Juni 2005 in der Zeit vom 21. Juni 2005 bis 30. Juni 2005 bei der im April 2011 aus dem Handelsregister gelöschten P GmbH () beschäftigt. Laut Arbeitsbescheinigung vom 1. November 2005 erzielte der Kläger ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von (iHv) 419,75 EUR bei einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 30 Stunden/Woche. Mit Bewilligungsbescheid vom 14. März 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld (Alg) ab 1. März 2006 für 345 Tage und setzte für die Zeit vom 1. März 2006 bis 15. Februar 2007 einen täglichen Leistungsbetrag iHv 42,73 EUR fest. Am 15. Mai 2005 nahm der Kläger eine unbefristete Beschäftigung bei der Firma K auf. Nachdem er zum 3. Mai 2007 erneut eine Beschäftigung bei der P begonnen hatte, teilte er der Beklagten mit Schreiben vom 11. Mai 2007 mit, dass er einen Arbeitsplatz habe und deshalb einen Termin bei der Agentur für Arbeit nicht wahrnehmen könne.
Im Rahmen eines vom Hauptzollamt Erfurt (HZA), Finanzkontrolle Schwarzarbeit P, geführten Ermittlungsverfahrens wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt wurden im Februar 2008 eine Vielzahl von Lohnzahlungsquittungen der P beschlagnahmt.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2011 teilte das HZA der Beklagten mit, dass entsprechend einer Quittung vom 7. Juli 2006 von der Pan den Kläger "Lohn 04/06" iHv 692,- EUR gezahlt worden sei. Mit Anhörungsschreiben vom 4. Februar 2011 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, er habe vom 1. April 2006 bis 30. April 2006 in einem Beschäftigungsverhältnis bei der P gestanden und gab ihm Gelegenheit, sich zur Aufhebung der Alg-Bewilligung und zur Erstattung der zur Unrecht erhaltenen Leistungen zu äußern. In seiner Stellungnahme vom 11. Februar 2011 gab der Kläger an, es treffe zu, dass er vom 1. April 2006 bis 30. April 2006 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Er hätte sich an einem Tag beim Arbeitsamt angemeldet gehabt, nach spätestens zwei Tagen einen Job gefunden und sich direkt wieder abgemeldet. Zu dieser Zeit sei er bei der BKK Union versichert gewesen. Die Beklagte hob mit Aufhebungsbescheid vom 16. Februar 2011 die Bewilligung von Alg ab 1. April 2006 wegen der Aufnahme einer Beschäftigung auf und forderte mit Erstattungsbescheid vom selben Tag die Erstattung des überzahlten Alg iHv 1.880,12 EUR sowie der Beiträge zur Krankenversicherung iHv 601,69 EUR und zur Pflegeversicherung iHv 65,99 EUR. Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger unter Vorlage einer Versicherungsbescheinigung der AOK Nordost vom 25. Februar 2011, auf die Bezug genommen wird, vor: Das Anhörungsschreiben sei wegen seiner "affirmativen Form" missverständlich. Da er vom 21. Juni 2005 bis 30. Juni 2005 bei der P beschäftigt gewesen sei, habe er nach so langer Zeit Zeiträume verwechselt und mit dem Ausfüllen des Formulars nichtsahnend unrichtige Angaben gemacht. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2011 zurück. Die Aufhebungsentscheidung beruhe auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Der Kläger habe die Aufnahme der Erwerbstätigkeit nicht mitgeteilt. Außerdem habe er wissen müssen, dass die Voraussetzungen für einen Alg-Anspruch nach den §§ 118 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, 119 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - SGB III) weggefallen seien. Die Erstattungsentscheidungen ergäben sich aus § 50 SGB X bzw. § 335 SGB III. Die vom Kläger vorgetragene Verwechslung der Daten mit der Beschäftigungszeit vom 21. Juni 2005 bis 30. Juni 2005 könne angesichts eines für diese Zeit bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts iHv 419,75 EUR nicht nachvollzogen werden. Mit Verfügung vom 16. Dezember 2011 stellte die Staatsanwaltschaft Berlin - 271 Js 7244/11 - das gegen den Kläger wegen Betrugs gerichtete Ermittlungsverfahren wegen Verjährung ein.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Er sei im April 2006 arbeitslos gewesen. Durch die tendenziösen Formulierungen des Anhörungsschreibens sei er dazu gebracht worden, leichtfertig auf die Fragen zu antworten. Dass er einer Verwechslung unterlegen sei, ergebe sich auch aus seiner falschen Angabe zum Versicherungsverhältnis. Statt bei der BKK Union sei er bei der AOK versichert gewesen. Auf den Lohn von der P für die Zeit vom 21. Juni 2005 bis 30. Juni 2005 habe er sehr lange warten müssen. Es sei davon auszugehen, dass die Arbeitgeberin den Zeitraum verwechselt habe. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage mit Urteil vom 27. März 2014 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Die Voraussetzungen für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides nach § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III in Verbindung mit (iVm) § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X für den Zeitraum vom 1. April 2006 bis 14. Mai 2006 seien erfüllt. Infolge der Aufnahme einer fünfzehn Stunden oder mehr wöchentlich umfassenden Beschäftigung sei die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit für den oben angegebenen Zeitraum entfallen. Der Kläger habe entsprechend der aufgefundenen Quittung ein Arbeitsentgelt iHv 692,- EUR im April 2006 bei der P erzielt. Dies ergebe sich nicht nur aus den Angaben im Anhörungsverfahren, sondern auch aus der Tatsache, dass der Kläger trotz mehrfachen Nachfragens im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht in der Lage gewesen sei, plausibel zu erklären, wieso er unbestritten die Quittung über Lohn 04/06 iHv von 692,- EUR unterschrieben habe. Aus der kurzen Tätigkeit im Juni 2005 bei der P habe er lediglich einen Gehaltsanspruch iHv 419,75 EUR erwirtschaftet, dh einen wesentlich niedrigeren Betrag als den in der Quittung bestätigten und auch tatsächlich erhaltenen. Der Kläger sei in Bezug auf die erhaltenen Alg-Leistungen auch bösgläubig gewesen. Durch die Aufnahme und Ausübung der fünfzehn Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung sei gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III die Wirkung der Arbeitslosmeldung erloschen, so dass dem bis zur erneuten Meldung bei der Beklagten kein Anspruch auf Alg zugestanden habe. Die Pflicht zur Erstattung des Alg iHv 1.880,12 EUR ergebe sich aus § 50 SGB X. Die aufgewendeten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien nach § 335 Abs. 1 und Abs. 5 SGB III zu erstatten.
Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger, der auf gerichtliche Anforderung hin eine Versicherungsbescheinigung der BKK Verkehrsbau Union vom 6. Juli 2015 - auf die Bezug genommen wird - vorgelegt hat, sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor: Die Angabe in der Quittung "Lohn 04/06" iHv 692,- EUR müsse keinesfalls bedeuten, dass er eine fünfzehn Stunden oder mehr wöchentlich umfassende Beschäftigung ausgeübt habe. Vielmehr sei wahrscheinlich, dass er – hätte er zu den gleichen Konditionen wie im Juni 2005 bei der P gearbeitet – diesen Betrag in einer wesentlich kürzeren Arbeitszeit verdient hätte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. März 2014 sowie die Bescheide vom 16. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Gerichtsakten, die Leistungsakten der Beklagten sowie die Ermittlungsakten 271 Js 7244/11 der Staatsanwaltschaft Berlin haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Der Senat hat durch den Berichterstatter am 8. Juli 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt, auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist begründet.
Die mit der statthaften Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) angefochtenen Bescheide vom 16. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2011 sind aufzuheben, weil sie rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen. Als Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten vom 14. April 2006 über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. April 2006 bis 14. Mai 2006 ist - wie vom SG zutreffend ausgeführt worden ist – allein § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X iVm § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III einschlägig. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bei einer wesentlichen tatsächlichen oder rechtlichen Änderung der Verhältnisse, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Kläger einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2) oder wusste bzw. nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Ermessen ist dabei auch in so genannten atypischen Fällen nicht auszuüben (§ 330 Abs. 3 SGB III).
Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass der Alg-Bewilligung vom 14. März 2006 vorgelegen haben, ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens bezogen auf den vorliegend streitigen Zeitraum vom 1. April 2006 bis 14. Mai 2006 mit der erforderlichen zweifelsfreien Gewissheit zur Überzeugung des Senats nicht feststellbar. Insbesondere vermochte der Senat im erforderlichen Vollbeweis keine Tatsachen festzustellen, die den Wegfall der Arbeitslosigkeit des Klägers und damit seines Alg-Anspruchs im Streitzeitraum zur Folge gehabt hätten.
Nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 – BGBl. I 2848 – (aF) setzte der Anspruch auf Alg ua Arbeitslosigkeit voraus. Es lässt sich mit hinreichender Sicherheit nicht feststellen, dass die hierfür erforderliche Beschäftigungslosigkeit iSv § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 SGB III aF des Klägers (mit der Folge des Erlöschens der Arbeitslosmeldung; vgl. § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III aF) zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des in Rede stehenden Zeitraums vom 1. April 2006 bis 14. Mai 2006 entfallen war. Beschäftigungslosigkeit liegt bei Personen vor, die vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, wobei die Ausübung einer weniger als fünfzehn Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung unschädlich ist; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens war nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass der Kläger im Streitzeitraum bei der P eine mindestens fünfzehn Wochenstunden umfassende Beschäftigung ausgeübt hatte. Zwar spricht die aufgefundene Quittung dafür, dass der Kläger entgegen seinem Vorbringen im April 2006 bei der P beschäftigt war. Soweit der Kläger behauptet, die Quittung könne seine Beschäftigung vom Juni 2005 betreffen, spricht hiergegen nicht nur das Datum der Quittung, sondern auch der Umstand, dass der quittierte Betrag höher ist als das in der Arbeitsbescheinigung vom 1. November 2005 angegebene Bruttoarbeitsentgelt. Es kann aber letztlich offen bleiben, ob der Kläger im April 2006 tatsächlich bei der P beschäftigt worden ist. Denn weder aus der Stellungnahme des Klägers vom 14. April 2011 zum Anhörungsschreiben vom 4. Februar 2011 noch aus der Quittung vom 7. Juli 2006 ergeben sich Erkenntnisse zum zeitlichen Umfang einer allfälligen Beschäftigung bei der P. Die Höhe des quittierten Betrages lässt nicht zwingend den Schluss zu, dass es sich um eine Tätigkeit im Umfang von mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich gehandelt haben muss. Bei Zugrundelegung einer wöchentlichen Arbeitszeit von fünfzehn Stunden (= 65 Stunden pro Monat) ergäbe sich zwar ein Nettostundenlohn von 10,65 EUR. Ausgehend von einem Bruttostundenlohn von 11,50 EUR, wie er zwischen der Kläger und der P für die Beschäftigung im Juni 2005 vereinbart worden war, wäre ein solch hoher Nettolohn dementsprechend nicht mit einer nur fünfzehn Wochenstunden umfassenden Beschäftigung erzielbar gewesen. Es liegt freilich fern, dass eine etwaige Beschäftigung des Klägers im April 2006 zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 20. Juni 2005 erfolgt wäre. Bei einer solchen – hier unterstellten – Schwarzarbeit, mit der durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer Sozialabgaben hinterzogen werden, hätte der Kläger zwangsläufig einen höheren Nettolohn, als es ihm bei einer angemeldeten Beschäftigung möglich gewesen wäre, erzielen können. Dementsprechend ist nicht auszuschließen, dass die quittierten 692,- EUR mit einer weniger als fünfzehn Wochenstunden umfassenden Beschäftigung zu erzielen waren.
Die Nichtfeststellbarkeit der die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Alg in dem hier streitigen Zeitraum rechtfertigenden Tatsachen trifft nach Ausschöpfung der verfügbaren Amtsermittlungsmöglichkeiten die Beklagte. Eine Beweislastumkehr dahingehend, dass der Kläger zu beweisen hätte, dass die in Rede stehende Tätigkeit bei der P weniger als fünfzehn Wochenstunden umfasst hatte, kommt vorliegend nicht in Betracht. Zwar kann in Fällen, in denen sich nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten ergibt, dass der Sphäre des Arbeitslosen zuzuordnende Vorgänge nicht aufklärbar sind, unter besonderen Umständen eine Beweislastumkehr erfolgen. Insbesondere kann sich dabei eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe daraus ergeben, dass er durch Unterlassung von Angaben im Zusammenhang mit den Antragstellungen eine zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts unmöglich gemacht hat (vgl. zu alledem BSG, Urteile vom 13. September 2006 - B 11a AL 19/06 R und B 11a AL 13/06 R -, juris; Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 49/05 R – juris; Urteil vom 28. August 2007 – B 7a AL 10/06 R – juris), maW muss der Arbeitslose die Beweisnot selbst herbeigeführt haben. Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen.
Eine Beweislastumkehr stets und in allen Fällen, in denen nicht zweifelsfrei geklärte Tatsachen die persönliche Sphäre des Arbeitslosen betreffen, besteht nicht (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2010 – B 11 AL 35/09 R –, juris). Die Grundsätze der Beweislastumkehr können jedoch dann eingreifen, wenn es um in der Sphäre des Arbeitslosen liegende Tatsachen geht, die die Beklagte in Ermangelung entsprechender Angaben des Arbeitslosen nicht kennt und nicht kennen muss (vgl. BSG SozR 4-1500 § 128 Nr. 5 Rn. 17 unter Hinweis auf BSGE 71, 256, 263 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 7). Auf dieser Linie liegt es, dass das BSG im Urteil vom 24. Mai 2006 und in den nachfolgenden Entscheidungen (aaO) als Beispiele für eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe, die eine Umkehr der Beweislast rechtfertigen kann, Verhaltensweisen des Arbeitslosen genannt hat, welche zu einer Erschwerung oder Verhinderung der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen führen, zB die fehlende Angabe von Vermögenswerten bei der Antragstellung auf Arbeitslosenhilfe oder Grundsicherungsleistungen (vgl. auch BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 89/12 R = SozR 4-4200 § 11 Nr. 62). Anhaltspunkte für ein solches Verhalten des Klägers sind nicht ersichtlich. Der Kläger war nicht verpflichtet, eine nicht anspruchsschädliche Beschäftigung mitzuteilen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Januar 2015 – L 18 AL 66/13 -, juris). Eine diesbezügliche Beweisnot hat er daher weder herbeigeführt noch kann sie allein ihm angelastet werden. Mangels Aufhebung der Bewilligung hat der Kläger auch die geforderten Erstattungsbeträge nicht zu zahlen (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X; § 335 Abs. 1 und Abs. 5 SGB III).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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