L 18 AS 1532/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 185 AS 25210/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 1532/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 15. Mai 2015 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Der Kläger wehrt sich mit seiner Berufung gegen die Aufrechnung von monatlich 39,10 EUR aus einem vom Beklagten gewährten Mietkautionsdarlehen in Höhe von insgesamt 600 EUR mit den ihm laufenden gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II.

Die Berufung des Klägers gegen den seine Klage abweisenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin (SG) vom 15. Mai 2015 ist bereits unzulässig und war daher entsprechend zu verwerfen.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) ausgeschlossen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes den Mindestwert von 750,01 EUR nicht erreicht. Zwar macht der Kläger geltend, er begehre eine Aussetzung der Tilgung der Darlehensschuld über eine Dauer von mehr als einem Jahr, so dass das Erfordernis eines Mindestbeschwerdewertes gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht gelte. Die in dieser Vorschrift geregelte Voraussetzung, dass die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, liegt hier jedoch nicht vor. Vielmehr begrenzt § 41 SGB II den jeweiligen Streitgegenstand in Rechtsstreitigkeiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende in zeitlicher Hinsicht auf die Dauer von sechs bzw. maximal zwölf Monaten (vgl. BSG, Beschluss vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 7/08 B – juris Rn 5). Denn die Leistungsbewilligung nach dem SGB II erfolgt in der Regel für längstens sechs Monate und ausnahmsweise für zwölf Monate und nicht auf Dauer (vgl. § 41 Abs. 1 Sätze 4 und 5 SGB II) angesichts des gesetzgeberischen Ziels, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern (vgl. § 2 SGB II). Mit dem angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 27. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2014 hat der Beklagte den Bewilligungszeitraum – entsprechend der vorgenannten Regelung – auf sechs Monate begrenzt.

Nichts anderes folgt hier für den Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht daraus, dass sich der Kläger auch gegen den Bescheid des Beklagten vom 26. Mai 2014 in der Gestalt des weiteren Widerspruchsbescheides vom 22. September 2014 wendet, mit dem der Beklagte ihm gegenüber gemäß § 42a Abs. 2 SGB II die Aufrechnung in Höhe von 10 vH des maßgebenden Regelbedarfs und zugleich erklärt hat, ab Juli 2014 würden monatlich 39,10 EUR als Tilgung mit der laufenden Leistung verrechnet werden. Denn diese Regelung (vgl. § 42a Abs. 2 Satz 2 SGB II) ist abhängig von der Dauer des (ununterbrochenen) Leistungsbezuges des Klägers, weil nach Beendigung des Leistungsbezuges der noch nicht getilgte Darlehensbetrag sofort fällig wird (vgl. § 42a Abs. 4 Satz 1 SGB II). Der gegenständliche Leistungsbezug umfasst allerdings – wie ausgeführt – einen Zeitraum, der ersichtlich die Dauer eines Jahres nicht übersteigt.

Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Auszahlung der SGB II-Leistungen aus dem Bescheid vom 27. Mai 2014 für die Monate Mai und Juni 2014 seitens des Beklagten ungekürzt – ohne Abzug der Tilgungsraten – erfolgte, nachdem die Leistungen im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides vom 26. Mai 2014 bereits ausgezahlt bzw. angewiesen waren. Schließlich sind vom Beklagten ausweislich der vorliegenden Verwaltungsakten auch die zunächst einbehaltenen Tilgungsbeträge für die Monate Juli bis Oktober 2014 unter Beachtung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage (arg e § 39 SGB II) an den Kläger ausgezahlt worden, so dass es dem Kläger hinsichtlich dieses (Bewilligungs-)Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2014 in Bezug auf die auch insofern allein gegenständliche Aufrechnung an der erforderlichen Beschwer fehlt.

Von dem Grundsatz, dass zur Wahrung des Rechts auf eine mündliche Verhandlung eine Verwerfung der Berufung – hier nach entsprechender Anhörung des Klägers – nicht durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG ergehen darf, wenn erstinstanzlich durch Gerichtsbescheid entschieden worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 8. April 2014 – B 8 SO 22/14 B – juris Rn. 7 f; BSG, Beschluss vom 8. November 2005 – B 1 KR 76/05 B – juris Rn 6 f.), konnte hier abgewichen werden. Der Kläger hat es im Hinblick auf die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung des SG in der Hand, noch fristgerecht (vgl. § 66 Abs. 1 und 2 SGG) einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG bei dem SG zu stellen, die dann zwingend durchzuführen ist. Damit sind die Rechte aus Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention vorrangig gewahrt. Im Übrigen würde in diesen Fällen die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht zu weitergehenden Verzögerungen im Verfahrensablauf führen (vgl. BSG, Beschluss vom 12. Juli 2012 – B 14 AS 31/12 B – juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Juni 2010 – L 10 AS 779/10 – juris). Schließlich kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) von der grundsätzlich von Art 6 Abs. 1 EMRK vorgeschriebenen mündlichen Verhandlung im Einzelfall abgesehen werden, wenn das Gericht nur über Rechtsfragen entscheiden muss, die nicht besonders schwierig und nicht von allgemeiner Bedeutung sind (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 10 ÜG 2/14 KL – juris Rn 16 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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